Epheser-04: Führt euer Leben gemäss eurer Berufung

Das Haupt der Gemeinde ist Christus

 

 I.   Kapitel 4,1-16: Einheit und Aufbau des Leibes Christi

Thema: Wer sich mehr auf den zweiten Teil des Epheserbriefes konzentriert, der wird das Thema des Epheserbriefes mehr auf den Wandel im neuen Leben ausrichten. Schlüsselvers: „Wandelt als Kinder des Lichts“ (Eph. 5,8). Die praktischen Instruktionen sind eine ausgezeichnete Quelle, um die Frage zu beantworten: „Jetzt bin ich Christ geworden und was soll ich nun tun?“

Vers 1: „Nun bitte ich euch als einer, der für den Herrn im Gefängnis ist: Lebt so, wie es sich für Menschen gehört, die Gott in seine Gemeinde berufen hat.“
Paulus schreibt diesen Brief aus seiner ersten Gefangenschaft in Rom (Apg. 28,26-31). Wie schon gesagt, Paulus ist fast stolz darauf, um Christi Wille gefangen gehalten zu werden (siehe Kap. 3,1). Er betrachtete sich nicht als Gefangener Roms, sondern als Gefangener Christi. Er sagte mit andern Worten: „Ich werde gefangen gehalten, weil ich zu Christus gehöre, als meinem Herrn.“

Paulus ermahnt die Epheser, würdig zu wandeln. Das Wort „ermahnen“ (παρακαλέω) ist ein starker Ausdruck und bedeutet; herzurufen, herbeirufen, bitten. Ermahnungen setzen immer ein Vorwissen voraus, an das erinnert wird, mit dem Ziel der Befolgung. Wer einer Gemeinschaft beitritt, verpflichtet sich damit zu einer bestimmten Lebensweise mit anderen zusammen. Wer sich nicht an die Regeln dieser Gemeinschaft hält, behindert sie an der Durchführung ihrer geistlichen Ziele: 1. Pet. 2,11-12; Röm. 12,1. Das Wort „würdig“ (ἀξίως) bezieht sich nicht auf den Menschen, der würdig sein soll - sprich perfekt wandeln soll. Es heisst nicht, „wandelt, damit ihr würdig werdet“! Sondern: „wandelt, würdig eurer Berufung“ (als Weise: Eph. 5,15). Z. B. Wenn mir der König ein weisses Brautkleid schenkt, dann gehe ich mit diesem Kleid vorsichtig um, damit es nicht beschmutzt wird. Ich gehe damit nicht auf die Baustelle! Nachdem es angezogen wurde, bewegt man sich ganz anders und gibt acht, dass es nicht beschmutzt oder zerrissen wird. Würdig wandeln bedeutet, sich anständig zu benehmen, als Kinder des Königs im königlichen Palast: Heb. 13,21; Phil. 1,27-28; Kol. 1,10; Eph. 4,17.

Wie wurden die Epheser bekehrt? Sie hörten das Wort und liessen sich taufen (Apg. 19,1-20). Ihre Bekehrung brachte eine Frucht, die aufgrund der Busse (d. h. Umkehr) zustande kam: Mt. 3,8. Sie verbrannten die Bücher von ihren Zauberern und kehrten sich dem Wort Gottes zu (Apg. 19,13-20). Auch unsere Umkehr kann an den Früchten erkannt werden: Mt. 7,16.20. Welche Frucht wächst in einem bekehrten Menschen? In einem bekehrten Menschen wächst „die Frucht der Gerechtigkeit“: 2. Kor. 9,10; Phil. 1,11.

Vers 2: „Erhebt euch nicht über andere, sondern seid immer freundlich. Habt Geduld und sucht in Liebe miteinander auszukommen.“

Demut (ταπεινοφροσύνη): „In der Demut achte einer den andern höher als sich selbst“ (Phil. 2,3).
Demut entsteht durch die Einsicht der eigenen Schwächen (Schuld, Jak. 4,6). Demut entsteht durch die Erkenntnis der überragenden Grösse und Vollkommenheit Gottes (Ps. 19; Jes. 6,5; Offb. 1,17). Demütige Menschen sind unbedingt erforderlich, um die Einheit in der Gemeinde zu bewahren.

Sanftmut (πρᾳότης): „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige an dem guten Wandel seine Werke in Sanftmut der Weisheit!“ (Jak. 3,13)
Hat nichts mit einem Schwächling gemeinsam. In der Sanftmut steckt gebändigte Kraft, wie z. B. bei einem Pferd, das gelernt hat den Zügeln zu gehorchen (Mt. 21,5). Jesus spricht die selig, die auf Gewalt verzichten (Mt. 5,5). Nur durch sanftmütige Glieder kann die Einheit der Gemeinde bewahrt werden (4. Mos. 12,3: Sanftmut ist Demut unter Anfechtung).

Langmut (μακροθυμία): „So ziehet als Gottes heilige und geliebte Auserwählte mitleidsvolle Barmherzigkeit, Gütigkeit, Demut, Sanftmut, Langmut an, ertraget einander und vergebet euch gegenseitig, wenn einer wider den andern eine Klage hat; wie Christus euch vergeben hat!“ (Kol. 3,12)
Langmut bedeutet, ein langes Gemüt haben, in der Verfassung zu sein, warten zu können. Bedeutet auch Geduld, Beherrschung, Nachsicht, Duldsamkeit. Ausharren, Beharrlichkeit, standhaft und ausdauernd sein usw. Wie lernen wir Langmut oder Geduld? = durch Erprobungen (Jak. 1,4). Ohne Langmut untereinander kommt keine Einheit in der Gemeinde zustande (siehe Gottes Langmut mit uns: Röm. 2,4; 2. Pet. 3,9).

Liebe (ἀγάπη): „Die Liebe […] bläht sich nicht auf, […] sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, […] sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals“ (1. Kor. 13,4-8).
Der Schlüssel zur wahren Liebe ist bei Gott zu suchen. Gott ist die Quelle der Liebe und beruht nicht auf Zuneigung und auch nicht auf unsere Gegenreaktion (Lk. 15!). Wer Gott lieben lernt, der liebt sein Leben und seine Mitmenschen. An unserer Liebe untereinander können alle erkennen, dass wir Jesu Jünger sind (Joh. 13,35).

Vers 3: „Bemüht euch darum, die Einheit zu bewahren, die der Geist Gottes euch geschenkt hat. Der Frieden, der von Gott kommt, soll euch alle miteinander verbinden!“

Bemühend (σπουδάζω)
= befleissigend, eilend, eifrig bestrebend, die Einheit zu bewahren. Die Einheit muss nicht zuerst mühsam erarbeitet werden, sondern sie wurde uns von dem Heiligen Geist geschenkt und muss nur noch bewahrt werden in der Gemeinde!

Einheit des Geistes (ἑνότης)
Das Vorbild für vollkommene Einheit ist die Dreieinigkeit. Jesus bekannte: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh. 10,30; 12,44-50). Wenn die Einheit zerstört wird, dann ist der Leib Christi nicht mehr funktionsfähig (Mt. 12,25). Die Einheit unter uns Menschen ist dem Sohne Gottes ein grosses Anliegen. Deshalb bittet er auch den Vater, vor seinem Weggang, in seinem hohenpriesterlichen Gebet: Joh. 17,20-21 (1. Joh. 1). Wir sollen eins sein in der Liebe und der Wahrheit (Eph. 4,15). Wie fördern wir die Einheit? Indem wir das Gute suchen in unseren Glaubensgeschwistern! Nicht die Streitpunkte und die Unterschiedlichkeiten! Richtet eure Gedanken auf alles, was liebenswert ist und irgendein Lob verdient! (Phil. 4,8), Indem wir nichts Böses über unsere Geschwister bei andern sagen! Üble Nachrede, Verleumdung (Jak. 4,11). Allezeit bereit zur Aussprache und Versöhnung. Indem wir Ermutiger sind und Worte der Erbauung zueinander reden (Eph. 4,29).  Paulus ruft immer wieder zur Einheit in der Gemeinde auf: 1. Kor. 1,10. Hier wird nicht verlangt, dass alle Gläubigen genau gleich denken, in allen Angelegenheiten des Lebens. Paulus weiss auch, dass es in den Gemeinden Unterschiede geben wird, in Erkenntnis- und Lehrfragen, besonders dort, wo jeder einen anderen religiösen Hintergrund mitbringt.

Band des Friedens (εἰρήνη): „Jaget dem Frieden mit jedermann nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn schauen wird“ (Heb. 12,11).
Als Christen sind wir Pazifisten! Pazifismus verwirft jeglichen Kriegs- und Waffendienst und bemüht sich gleichzeitig, um Überwindung der Kriege und jeglicher Gewalt. Es ist unser grösstes Bestreben in der Gemeinde, dass niemand auf der Strecke zurückbleibt!

Verse 4-6: „Ihr alle seid ja ein Leib, in euch allen lebt ein Geist, ihr alle habt die eine Hoffnung, die Gott euch gegeben hat, als er euch in seine Gemeinde berief. Es gibt für euch nur einen Herrn, nur einen Glauben und nur eine Taufe. Und ihr kennt nur den einen Gott, den Vater von allem, was lebt. Er steht über allen. Er wirkt durch alle und in allen.“

Ein Leib (σῶμα)
Der erste von den sieben Grundpfeilern der Einheit, die wir festhalten sollen. Wie damals die Epheser, so bilden wir Gläubigen hier in St. Gallen als Gemeinde mit Christus einen Leib. Christus ist das Haupt seiner Gemeinde und jeder von uns ist Teil des Leibes Christi (Eph. 1,22). „Wenn ein Glied leidet, dann leiden alle Glieder mit; wenn einem Glied Herrliches zuteil wird, so freuen sich alle Glieder mit“ (1. Kor. 12,26).

Ein Geist (πνεῦμα)
„Denn wir alle, Juden wie Griechen, Menschen im Sklavenstand wie Freie, sind in der Taufe durch denselben Geist in den einen Leib, in Christus, eingegliedert und auch alle mit demselben Geist erfüllt worden“ (1. Kor. 12,13). Der heilige Geist Gottes wohnt in uns allen, durch die Taufe. Diesen guten Geist wollen wir keinesfalls betrüben oder gar hindern, durch Streit und Uneinigkeit, sondern wir wollen ihn vielmehr in uns wachsen und entfalten lassen. Wir wollen im Geist wandeln und die Frucht des Geistes hervorbringen! (Gal. 5,22, siehe "Der Wandel im Geist").

Eine Hoffnung (ἐλπίς)
Wir alle besitzen dieselbe Hoffnung auf das ewige Leben im Reich Gottes. Gott hat es uns durch sein Wort versprochen, deshalb hoffen wir auf seine Gnade (Röm. 15,4-6). Dieses gemeinsame himmlische Ziel, verbindet uns in Christus mit der gleichen Gesinnung!

Ein Herr Jesus Christus (κύριος)
Es gibt nur einer, der für die Menschheit am Kreuz gestorben und am dritten Tag auferweckt wurde, der Herr Jesus Christus. Ihm ist alle Macht gegeben, im Himmel und auf Erden (Mt. 28,18). Wir wollen nicht nur „Herr, Herr“ sagen, sondern Jesus beim Wort nehmen und ihm gemeinsam dienen, mit unseren besten Kräften (Mt. 7,21). (Siehe Jesus, der Christus)

Ein Glaube (πίστις)
Der Glaube ist uns ein für allemal, durch das von den inspirierten Aposteln und Propheten niedergeschriebene Wort Gottes, überliefert worden (Jud. 3). Wir brauchen keine zusätzlichen Bücher und auch keine neuzeitigen Apostel oder Propheten für unser Heil! Gott führt uns allein durch sein Bibelwort zur Einheit des Geistes Gottes!

Eine Taufe (βάπτισμα)
Wir wollen auch an der einen biblischen Taufpraxis festhalten, die uns durch Jesus und seine Apostel unmissverständlich überliefert wurde. Jesus befahl seinen Aposteln vor seiner Himmelfahrt: „Daum geht hin und macht alle Völker zu Jüngern indem ihr sie tauft …“ (Mt. 28,19). Als die Apostel hingingen, da verkündigten sie zu Pfingsten in Jerusalem das Evangelium und ordneten einstimmig folgendes an: „Tut Busse, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, damit ihr den Heiligen Geist empfangt“ (Apg. 2,38). Nirgends wird in den apostolischen Briefen von einer Kindertaufe, von einer Besprengung als Taufpraxis oder von einer zusätzlichen Erfahrung für bereits Gerettete geredet! Darum, lasst uns an der Einheit Christi festhalten und nicht an menschlich verstellten Lehren! (Siehe Thema "Taufe".)

Ein Gott und Vater (θεός καί πατήρ)
Es gibt nur einen Gott, „der allein Unsterblichkeit besitzt, der in einem unzugänglichen Licht wohnt, den kein Mensch je gesehen hat und kein Mensch jemals sehen kann“ (1. Tim. 6,16). Ihm allein gehört Ehre und Dank, Anbetung und Lobpreis jetzt und in alle Ewigkeit! Er ist es, der uns alle einst vor seinem Thron vereint und uns offenbart, was wahre Einheit ist.

Verse 7-10: „Jeder und jede von uns hat einen eigenen Anteil an den Gaben erhalten, die Christus in seiner Gnade ausgeteilt hat. Von ihm heißt es in den Heiligen Schriften: »Er ist in den Himmel hinaufgestiegen und hat gefangen genommen, was uns gefangen hielt. Er hat den Menschen Gaben ausgeteilt.« Wenn es heißt: »Er ist hinaufgestiegen«, dann setzt das voraus, dass er zuerst herabgekommen ist. Er ist auf die Erde herabgekommen und dann wieder hinaufgestiegen. Dabei hat er alle Himmel unter sich gelassen und durchdringt jetzt das ganze All samt allem, was darin lebt, mit seiner göttlichen Macht.“
In diesen Versen ist von den empfangenen Gnadengaben (nicht übernatürliche Gaben!!) die Rede. (Siehe "die bleibenden Gnadengaben") Bisher wurden die Eigenschaften aufgezählt, die notwendig sind, um die Einheit der Gemeinde zu bewahren und zu fördern. Nun werden die verschiedenen Aufgaben angesprochen, die jeder Gläubige verantwortungsbewusst anpacken soll, um der Gemeinde zu dienen und sie zu fördern.

Jeder Gläubige hat von Gott Gnadengaben empfangen (es ist hier nicht von übernatürlichen Gaben die Rede!): Römer 12,3-8. Es entspricht nicht dem Willen Gottes, dass jeder sich selbst hilft und ohne geschwisterliche Hilfe auskommt. Wahre Gemeinschaft bedeutet, dass wir voneinander abhängig sind, d. h. gezwungen sind, etwas vom andern anzunehmen. Gemeinschaft bedeutet nehmen und geben. Wenn jeder mit seinen Talenten zufrieden ist und entsprechend von den andern anerkannt wird, dann gibt es auch keine Rivalitäten. Jeder hat entsprechende Talente empfangen! 1. Pet. 4,7-11. Niemand ist talentfrei! Jeder soll sich Gedanken machen, wo seine Stärken liegen. Jeder hat Stärken und Schwächen. Die Stärken akzeptieren wir gerne und ohne Mühe. Wo liegen die Stärken meiner Glaubensgeschwister? Ein Talent ist auch erkennbar, wenn es immer wieder sein Ziel erreicht (z. B. wenn wir eine Person erfolgreich ermahnen, so dass sie vom falschen Weg umkehrt (2. Kor. 7,6-16; Mt. 7,28-29).

Rede aus Eingebung (προφητεία): 1. Kor. 14,3; Apg. 15,32.
Worte der Erbauung, der Ermahnung und des Trostes. Bedeutet Prophetie: Verkündigung des Willens Gottes, sei es durch direkte oder indirekte Eingaben. Dienstleistungen aller Art (διακονία): Apg. 6,3. (Siehe "Geistesgaben damals und heute")

Die Gabe des Dienens (Mt. 27,55; Joh. 13; Lk. 22,27; Jak. 1,26).
Gerne schöne Gastfreundschaft pflegend (Lk. 4,38-39; Röm. 12,13).

Gabe der Lehre (διδασκαλία): 2. Tim. 2,2.24; 4,2-16.

Gabe der Ermahnung (παράκλησις): 2. Tim. 4,2; Heb. 13,22.

Gebefreudigkeit (μεταδίδωμι): Röm. 12,13.

Leitungsfähigkeit (προΐ́στημι): 1. Pet. 5,1-4.

Barmherzigkeit (ἐλεέω): 1. Thess. 5,14-18; 1. Pet. 3,8.
Das heisst sich einer gefallenen Person zu erbarmen und nicht noch auf ihr herumzutreten. Das heisst auch, ein guter Zuhörer zu sein und ein inniges Mitgefühl an einer andern Person zu haben.

Was gibt es für weitere Gaben, die der Gemeinde dienen?
Die Gabe der Liebe, Freundlichkeit (grosse Liebesfähigkeit! 1. Kor. 13). Die Gabe der Grosszügigkeit, des Friedensstifters (z. B. in Bezug auf Vergebung oder darin, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen; Jak. 4,11-12). Die Gabe der Weisheit und Besonnenheit (Jak. 3,13-18). Die Gabe der Ermutigung und des positiven Denkens (Phil. 4,8), dazu gehört auch das Trösten und das gute Zureden. Die Gabe der Genügsamkeit, Enthaltsamkeit, Bescheidenheit. Die Gabe der Ausdauer und Beständigkeit (Heb. 12,1; Offb. 2,3). Die Gabe der Demut (Phil. 2,1-11). Die Gabe der Geduld (Jak. 5,7-11). Die Gabe der Treue (Lk. 16,10; Gal. 5,22; 2. Tim. 2,2; Lk. 12,35-48).

Christus beschenkt uns mit vielen Gaben!
Die folgenden Worte sind aus Psalm 68 entnommen und auf Christus umgewandelt worden. In diesem Psalm ist von der Rückkehr eines siegreichen Königs die Rede. Der siegreiche Feldherr führte die Schar der Gefangenen an; das heisst, er zog im Triumphzug durch die Strassen (siehe antike Triumphtore, -bogen), mit seinen gefesselten Gefangenen, die ihm folgten, er demonstrierte auf diese Weise seinen Sieg und seine Macht. Die höchste Ehre, die einem siegreichen römischen Feldherrn zuteil werden konnte, bestand in einem Triumphzug durch Rom. Der weltliche König kam mit seiner Siegesbeute und forderte den ihm zustehenden Tribut und das Lösegeld von seinen Gefangenen. Auch der siegreiche Kriegsheld des Alten Testaments, empfing Ehre und Gaben von seinen Volksgenossen, als er nach gewonnener Schlacht zurückkehrte (1. Sam. 18,6-7; Rich. 8,24-28).

Im Gegensatz dazu ist Christus vom Himmel herabgestiegen und wurde Fleisch wie wir. Er kam auf diese Welt, mit dem Ziel, im Kampf gegen seinen Feind zu siegen (Joh. 8,34-36; Röm. 7,6.23; 8,21). Die Gebiete unter der Erde bedeutet, von Gott verlassen, im Hades (Mt. 27,46; Apg. 2,27; Phil. 2,5-11). Nach seinem Sieg (= Auferstehung) triumphierte er über seinen Feind (Kol. 2,15). Dann wurde er in den Himmel entrückt und setzte sich zur Rechten Gottes, auf seinen Thron (Apg. 1,9; 2,34), Statt sich wie ein weltlicher König feiern zu lassen und vom Volk Abgaben einzufordern, beschenkt er alle Gläubigen mit vielen Gaben und Talenten (Apg. 2,33; Eph. 4,8b&10).

Verse 11-12: „Und auch die versprochenen »Gaben« hat er ausgeteilt: Er hat die einen zu Aposteln gemacht, andere zu Propheten, andere zu Evangelisten, wieder andere zu Hirten und Lehrern der Gemeinde. Deren Aufgabe ist es, die Glaubenden zum Dienst bereitzumachen, damit die Gemeinde, der Leib von Christus, aufgebaut wird.“

Apostel (ἀπόστολος) und Propheten (προφήτης):
Es gibt Apostel und Propheten in der Gemeinde, die das inspirierte Wort Gottes in mündlicher und schriftlicher Form verkündet haben (Eph. 3,5). Paulus wird als Heidenapostel bezeichnet und hat in der Gemeinde durch seine Briefe eine wichtige Aufgabe erhalten. Auch die neutest. Propheten sind am Aufbau der Gemeinde beteiligt: Apg. 2,17-18; 11,27; 13,1; 1. Kor. 12,28; 14,29; 2. Pet. 3,2. Vor falschen Propheten und Lehrer wird gewarnt: 2. Pet. 1,20; 2,1. Das Merkmal eines wahren Propheten: 1. Joh. 4,1-6.

Evangelisten (εὐαγγελιστής), Hirten (ποιμήν) und Lehrer (διδάσκαλος):
Zu den einzelnen Aufgaben und Diensten in der Gemeinde, siehe Tabelle aus Gemeindebauplan! Die Hirtenbriefe des Paulus werden auch Pastoralbriefe genannt, obschon Paulus kein Ältester oder Hirte der Gemeinde war. Die Hirten werden im Englischen „Pastor“ genannt, welches aus dem Lateinischen stammt. Ein Pastor ist im katholischen Sinn ein Pfarrer. Mit dem Begriff „Pfarrer“ wurde der biblische Begriff für Hirte entstellt. (Siehe dazu Kommentar zu 1. Timotheus 3!)

Im Gegensatz zu Römer 12 und 1. Korinther 12, geht es hier allein um Dienste an der Wahrheit Gottes! Die Apostel und Propheten offenbarten die Wahrheit. Die Evangelisten verkündigen die Wahrheit. Die Hirten bewahren und behüten die Wahrheit. Die Lehrer lehren die Wahrheit.

All diese Dienste dienen dem Aufbau der Gemeinde.
Es geht darum, dass alle Heiligen von Christus ausgerüstet werden, mit unterschiedlichen Gaben. Keiner hat seine Gaben von sich aus sich erworben, sondern jeder erhält seine Gaben von Gott, dem Vater, durch Jesus Christus. Mit diesen Gaben soll die Gemeinde aufgebaut und gefördert werden.

Vers 13: „So soll es dahin kommen, dass wir alle die einende Kraft des einen Glaubens und der einen Erkenntnis des Sohnes Gottes an uns zur Wirkung kommen lassen und darin eins werden - dass wir alle zusammen den vollkommenen Menschen bilden, der Christus ist, und hineinwachsen in die ganze Fülle, die Christus in sich umfasst.“

Es geht hier nicht um die Behauptung, dass wir vollkommene Menschen werden sollen. Es geht vielmehr um die Einheit des Glaubens! Durch all diese Gaben und Dienste in der Gemeinde, wird die Einheit des Glaubens gewährleistet, wie bei einem vollkommenen und reifen Mann (= nicht 20 jährig, sondern auch altersmässig erfahren, ev. ca. 50-60 jährig). Der Mann ist ein bildlicher Vergleich (ein Gleichnis) für das Ziel der Einheit in der Gemeinde Christi (siehe auch Kap. 2,14!)

Verse 14-16: „Wir sind dann nicht mehr wie unmündige Kinder, die kein festes Urteil haben und auf dem Meer der Meinungen umhergetrieben werden wie ein Schiff von den Winden. Wir fallen nicht auf das falsche Spiel herein, mit dem betrügerische Menschen andere zum Irrtum verführen. 15 Vielmehr stehen wir fest zu der Wahrheit, die Gott uns bekannt gemacht hat, und halten in Liebe zusammen. So wachsen wir in allem zu Christus empor, der unser Haupt ist. 16 Von ihm her wird der ganze Leib zu einer Einheit zusammengefügt und durch verbindende Glieder zusammengehalten und versorgt. Jeder einzelne Teil erfüllt seine Aufgabe, und so wächst der ganze Leib und baut sich durch die Liebe auf.“

Wie verhält sich ein reifer Mann? Er fällt nicht mehr so schnell auf Täuschungen hinein, wie ihm das früher in seinem jugendlichen Übermut geschah. Er ist erfahren und erprobt, so dass er sich auch nicht schnell einschüchtern oder erschüttern lässt, da er weiss, was das Leben zu bieten hat. Er vertraut auf Gott und hält unerschütterlich an seiner Wahrheit fest. Es gibt viele betrügerische Methoden, die angewandt werden, um Menschen zu täuschen und zu verführen.

Das folgende Beispiel ist eine typische Irreführung (aus Video „Fels im Wandel der Zeiten“): „Alle Menschen wollen von A nach B. Der eine reist mit dem Zug, der andere mit dem Auto, Schiff, Fahrrad, oder andere gehen zu Fuss und erreichen irgendwann das Ziel. So verhält es sich mit den verschiedenen Religionen durch die jeder einzelne das himmlische Ziel erreicht!“ Hat Jesus oder die Apostel je ein solches Beispiel benutzt, um den Menschen das himmlische Ziel schmackhaft zu machen? (Joh. 14,6; Apg. 4,12). Falsch angewandte Beispiele können sehr gefährlich sein und dazu führen, dass die Wahrheit missinterpretiert wird!

Bekanntes Bsp. vom Elefanten, um die Wahrheit zu relativieren: Zehn Männer werden mit verbundenen Augen zu einem Elefanten geführt. Jeder tastet einen andern Körperteil ab und beschreibt anschliessend, was er berührt hat. Obschon alle 10 dasselbe Tier berührten, stimmen sie in ihren Beschreibungen in keiner Weise überein. Falsche Schlussfolgerung: Alle haben - von ihrem speziellen Blickwinkel aus gesehen - Recht. Dieses relativistische Denken wird nun fälschlicherweise auf den Glauben an Gott übertragen. Dieses Denken ist aber nur dann logisch, wenn jede Religion sich mit demselben „Objekt“ befasst! Die grossen Weltreligionen haben unterschiedliche Quellen und unterschiedliche Ziele. Im Hinduismus befasst man sich mit Göttern; Götzen! Im Buddhismus ist das Ziel, die Erfahrung in den Zustand der Leerelosigkeit zu gelangen (Nirvana). Im Judentum befasst man sich gar nicht mit Gottes Plan des am Kreuz gestorbenen Messias. Im Islam hält man sich an die Aussagen Mohameds. Alle die unzähligen religiösen Teilerfahrungen der Menschen müssten mit Gott studiert werden, um so eine umfassende Vorstellung von unserem Schöpfer zu erfahren.

Einige appellieren an den Intellekt: Viele Menschen lassen sich leicht blenden durch Titel (Dr., Prof.). Viele durch intellektuelle (hochstehende oder komplizierte) Aussagen oder statistische Tabellen, die zwar nicht stimmen, aber logisch klingen (wie Arbeitslosenstatistik in Nachrichten betr. Ausgesteuerte). Das stärkste Argument gegen die Taufe, ist das Argument des Abverdienens, der Werkgerechtigkeit, die das NT deutlich ablehnt: 2. Pet. 3,16; Apg. 2,40; Gal. 1,7; Jud. 4.

Andere appellieren an die Gefühle: Ein junger Sohn, der seine Eltern umgebracht hatte, wird von einem Anwalt vertreten, der auf mildernde Strafe plädiert, da der arme Sohn ja jetzt elternlos sei. Die Lehre von der Hölle wird abgelehnt, weil dies ein Widerspruch stehe zum liebenden und gnädigen Gott: Apg. 20,30 Phil. 2,14-16.

Wiederum andere appellieren an die Traditionen: Es gibt göttliche und menschliche Traditionen (Mt. 15,9). Die Bibel ruft uns nicht dazu auf, die menschlichen Traditionen um jeden Preis beizubehalten (2. Thess. 2,15). Es gibt aber auch menschliche Traditionen, die besser nicht über Bord geworfen werden sollten.

Es ist Satan gelungen, nahezu alles Gute als etwas böses hinzustellen: Toleranz bedeutet nicht Gleichgültigkeit und Meinungslosigkeit, sondern Friedlichkeit, Güte und Rücksicht, trotz der Unterschiede! Ernsthaftigkeit bedeutet nicht Sturheit und Boshaftigkeit. Fundamentalismus wird mit Terrorismus gleichgestellt, so dass jeder sich nicht mehr auf das Fundament der Bibel beziehen will, kann, darf usw. Bsp. wenn wir einen Maissamen nehmen und ihn in den Boden legen, dann wird ein Maiskorn hervorwachsen, ob es nun in Amerika, Australien, Afrika oder in Europa angesät wird. Wenn aber dieser Samen genmanipuliert wird, dann mag er resistenter sein und schneller wachsen etc. Tatsache ist, dass der ursprüngliche Same verändert wurde. Wenn gar ein anderer Same in den Boden gelegt wird, dann entsteht ein anderes Produkt (z. B. Wassermelonen, Äpfel, Birnen oder der orangen Karottenfarbe). Genauso ist es mit dem Wort Gottes, das weder ersetzt noch verändert werden darf. Demzufolge muss das Bestreben eines ernsthaft nach Gott Suchenden immer der ursprüngliche geistliche Same Gottes sein (das ist biblischer und notwendiger Fundamentalismus).

Wichtig ist, dass wir alles analysieren, definieren und unterscheiden: Besonders in Diskussionen mit scheinbar unterschiedlichen Meinungen muss immer genau unterschieden werden, um was es geht, um nicht aneinander vorbeizureden (das ist Liebe!). Dabei spielt die Haltung und die Grundeinstellung eine wichtige Rolle. (κυβεία) = Würfelspiel, Arglist. (πανουργία) = List, Schlauheit, Klugheit, Schurkerei, Trug. Wir sollen die Wahrheit in Liebe festhalten. Wir können nicht das Wort Gottes für ungültig erklären, nur weil wir für eine Person ein tiefes Mitgefühl empfinden: Mt. 16,21-23; 13,57. Wir können aber auch nicht die Liebe ausser acht lassen, wenn wir die Wahrheit verkündigen (d. h. sie muss geträufelt werden, da viele Einsichten Wachstums- und Erkenntnisstufen sind: 1. Kor. 13,1; Röm. 12,9). Manchmal ist es fraglich, ob wir die Wahrheit reden sollen, wenn wir nicht gefragt wurden: Mt. 14,3-5. Wenn die Gemeinde auferbaut werden soll, dann darf die Agape-Liebe nicht fehlen. Alles läuft auf die Liebe hinaus!

Der Leib kann nur funktionieren, wenn alle Organe zusammenarbeiten (V. 16): Was passiert, wenn ein Körperteil nicht mehr funktioniert? Wir werden krank, sodass der Rest unseres Körpers leidet. Stellen wir uns einmal vor, die Leber würde sich entscheiden, alleine leben zu wollen: „Ich bin müde. Ich will dem Körper nicht mehr dienen. Ich will ein Jahr Pause machen. Ich muss tun, was das Beste für mich ist. Lasst jemand anderen meinen Teil übernehmen.“ Was würde passieren? Unser Körper würde sterben! Was passiert, wenn ein Glied des Körpers versuchen würde, seinen Schmerz zu verheimlichen? Es stirbt ab, weil es keine Unterstützung kriegt!

 

 II.   Kapitel 4,17-32: Zieht den neuen Menschen an

Verse 17-19: „Das aber sage ich euch im Auftrag des Herrn mit allem Nachdruck: Ihr dürft nicht mehr wie die Menschen leben, die Gott nicht kennen und deshalb von ihrem verkehrten Denken in die Irre geführt werden. 18 Ihr Verstand ist verdunkelt und sie haben keinen Zugang mehr zum wahren Leben, zu Gott. Das kommt von ihrer Unwissenheit und ihrem verhärteten Herzen. 19 Aus ihrer inneren Leere heraus überlassen sie sich dem Laster. Sie treiben jede Art von Unzucht und sind von unersättlicher Habgier.“

Wandeln wie die Heiden (περιπατέω καθώς ἔθνος)
Wandeln, wie all die ethnischen Gruppen es tun, die Gott nicht kennen. Nach dem Turm zu Babel (Gn. 11) zerstreute sich die Menschheit in die ganze Welt und versch. Religionen und Ethiken (griech. Lehre von den sittlichen Pflichten, den Ordnungen, der Moral) entstanden.

SEM:  Assyrer – Syrer - Araber - Hebräer.

HAM:  Afrikaner – Kanaanäer.

JAPHET:  Chinesen – Griechen - Römer (Europäer).

Was sind charakteristische Merkmale heidnischen Lebens?
Götzendienst (gottlose Religionen): Röm. 1,23-32. Ausschweifungen (gottlose Moral): 1. Kor. 6,9-11; Gal. 5,19-21. Gottlose Gesetze in der Politik, die eine gottlose Moral unterstützen.

Nichtigkeit ihres Sinnes (ματαιότης αὑτοῦ νοῦς)
Wie kommt es, dass menschliches Verständnis nichtig und nutzlos wird? Wenn unser Verstand (Nous = Sinn, Verstand, Vernunft) sich selbst zu gefallen lebt, statt den Sinn Gottes zu begreifen, für ein gesundes Leben (engl. vanity = Eitelkeit, Selbstgefälligkeit, Nichtigkeit, Leerheit): 1. Pet. 1,18.

Nous = Verständnis (Bibelstellen): Gott will, dass wir das richtige Verständnis für seinen Willen entwickeln (Lk. 24,45). Gott will, dass wir uns Christi Sinn aneignen (1. Kor. 2,16). Gott will, dass wir gemäss unseren Talenten uns bemühen, gemeinsam an derselben Meinung festzuhalten (1. Kor. 1,10). Jeder, der sich durch Gottes Geist erneuern lässt, findet das richtige Verständnis (Röm. 12,2).

Denken verfinstert (διάνοια σκοτίζω)
Während der Verstand als Organ bezeichnet werden kann, ist das Denken ausführend. Mit andern Worten; in unserem Verstand denken wir. Wenn das menschliche Denken verfinstert ist, wie kann sich daraus etwas Gutes entwickeln? Eph. 2,3. Was bedeutet verfinstertes Denken? Wir führten die Wünsche unseres Fleisches und die Neigungen unserer Gedanken aus (siehe Interlinear Griech. NT): Kol. 1,21. Unsere Neigungen sind verfinstert, egozentrisch, nutzlos (Jer. 17,9).

Ferngehalten vom Leben aus Gott (ἀπαλλοτριόω ζωή θεός)
Englisch „alienated“: Aliens, ausserirdisch, fern, fremd, entfremdet. Fern bedeutet auch Feind: Röm. 8,7-8 (Jak. 4,4). Satans einziges Ziel ist es, uns von Gott fernzuhalten.

Unwissenheit (ἄγνοια)
Englisch „ignorance“ (Ignoranz, Unkenntnis, unwissend, unkundig). In unserem Sprachgebrauch wird das Wort Ignoranz eher negativ verstanden, d. h. in ablehnender Haltung stehen gegenüber Tatsachen. Satan arbeitet so an uns, dass wir eine bewusste oder unbewusste Unwissenheit in Bezug auf Gottes Wille und Erlösung entwickeln: Bewusst unwissend sind alle, die sich dem Evangelium und jeglicher Zurechtweisung und Ermahnung verschliessen: Apg. 17,30 (Röm. 1,20). Unbewusste Unwissenheit herrscht in der gottlosen Welt: 1. Pet. 1,14 (Apg. 3,17).

Verstockung des Herzens (πώρωσις αὐτός καρδία)
Griechisch „Verhärtung“: Ableitung von poros, mit dem ursprünglich ein Gestein bezeichnet wurde, das noch härter als Marmor war (= undurchdringlich). Medizinische Bedeutung; zur vollständigen Versteifung führende Kalkablagerung in den Gelenken, und die sich bei der Heilung von Knochenbrüchen bildenden Verhärtungen. Englisch „blindness“ (blind für die Wahrheit): Mk. 3,5. Viele sind so verhärtet, dass sie ihre Not in keiner Weise einsehen: Z. B. Es geht aussergewöhnlich lange, bis ein Alkoholiker einsieht, dass er mit Alkohol ein Problem hat. Wenn wir manchmal unsicher werden, in Bezug auf die Wahrheit, dann erinnern wir uns daran; es ist Satans Ziel, unsere Herzen zu verstocken. Die Welt mag uns als Spiesser bezeichnen, gesetzlich, zu streng usw. Selbst in der Gemeinde wird man dazu neigen, sich viel lieber die Ohren kitzeln zu lassen, statt Worte der Wahrheit und der Zurechtweisung zu hören (2. Tim. 4,1-5).

Schamgefühl verloren (ἀπαλγέω)
Ärzte können bestätigen, dass gewisse Wunden dermassen schmerzhaft sein können, dass sie beim Patienten den Punkt von Unempfindlichkeit erreichen können. In gleicher Weise kann das Herz von Menschen derart verhärtet sein, dass jedes Schamgefühl abhanden gekommen ist. Die Entwicklung dieses natürlichen Schamgefühls geht folgendermassen: Am Anfang, wenn der Mensch sündigt, packt ihn Furcht und Schrecken. Später empfindet er „nur noch“ Gewissensbisse und Reue. Je mehr auf einem bestimmten Gebiet die Sünde zugelassen wird, desto mehr geht das Gefühl dafür verloren, etwas Unrechtes zu tun.

Paulus beschuldigt den gottlosen Lebenswandel der Heiden, die damit das Gewissen der Menschen so verhärtet, bis sie dabei nichts mehr empfinden. Z. B. die heutige Freiheit der Nacktheit, sich ausziehen und halb angezogen herumliegen, in der Öffentlichkeit schmusen usw. Christen hingegen schämen sich (wieder): Röm. 6,21; 2. Kor. 4,2.

Ausschweifung ergeben (ἀσέλγειαAselgeia)
Aselgia bedeutet Zügellosigkeit oder Unverschämtheit (gem. Plato). Der von Aselgei erfasste Mensch kümmert sich nicht einmal darum, seine Sünde zu verheimlichen oder zu verbergen, sondern er feiert sogar sein „Comingout“ (= Homosexualität). Es kümmert ihn nicht, wie sehr er mit seinem Verhalten das Schamgefühl anderer verletzt. Sünde kennt keine Genügsamkeit, sondern sie gibt sich immer mehr ihren unersättlichen Begierden und Trieben hin: 1. Pet. 4,3.

Jegliche Unkeuschheit (ἀκαθαρσία)
Sünde entwickelt sich zu jeglicher Unkeuschheit: Zu Unzucht, zu Homosexualität und Pädophilie, zu Sex mit Tieren und zur Gewalt und Quälereien. Paulus macht die Gläubigen in Thessalonich aufmerksam: 1. Thess. 4,3-5.

Gewinnsucht, Habgier (πλεονεξία): Kol. 3,5 (= Götzendienst).
Pleonexia ist der unwiderstehliche Drang nach etwas, worauf wir keinen Rechtsanspruch haben: Röm. 1,29. Die Griechen verstanden unter diesem Wort eine unverschämte und abscheuliche Besitzgier, ein widerrechtliches Verlangen nach etwas, was anderen gehört. Menschen, denen es gleichgültig ist, ob sie andere verletzen, denen jede Methode recht ist, wenn sie nur bekommen, was sie haben möchten.

Es gibt drei grosse Gefahren in unserer heidnischen Welt: Epheser 5,3.

1.  Die Gefahr, so verhärtet zu sein, dass der Mensch sich seiner Sünde nicht mehr bewusst ist (2. Pet. 2,3).

2.  Die Gefahr, dass die Sünde solche Macht über den Menschen gewinnt, dass jedes Schamgefühl verloren geht.

3.  Die Gefahr, dass es Menschen in ihrer Gier nach Unerlaubtem völlig gleichgültig ist, ob sie andere kränken, verletzen oder sie ihrer Unschuld berauben, Hauptsache, sie kriegen, was sie begehren.

Vers 20-24: „Ihr wisst, dass sich ein solches Leben nicht mit dem verträgt, was ihr über Christus gelernt habt. 21 Ihr habt doch von ihm gehört, ihr seid über ihn unterrichtet worden und habt an Jesus den Maßstab für euer eigenes Leben. 22 Legt also eure frühere Lebensweise ab! Ja, legt den ganzen alten Menschen ab, der seinen Begierden folgt! Die betrügen ihn nur und führen ihn ins Verderben. 23 Lasst euch in eurem Denken erneuern durch den Geist, der euch geschenkt ist. 24 Zieht den neuen Menschen an, den Gott nach seinem Bild geschaffen hat und der gerecht und heilig lebt aus der Wahrheit Gottes, an der nichts trügerisch ist.“

Dieser ganze Abschnitt in Epheser 4 gehört zu den eindringlichsten Stellen im ganzen Neuen Testament, wo das heidnische Leben so gottlos hingestellt wird. Es gilt, ein dringender Aufruf an alle Christen, das alte gottlose Leben hinter sich zu lassen. Niemand soll sich an dieser Stelle schlechter fühlen als ich mich fühlte, nachdem ich diese Verse gelesen und studiert habe! Sünde knechtet Menschen so stark, dass sie bereit sind, alles mögliche zu erleiden, statt umzukehren von dem Weg des Todes auf dem sie gehen (Z. B. Drogenabhängige, die mit Prostitution ihre Sucht bezahlen).

Damit wendet sich Paulus den Gläubigen zu: „Ihr aber, ihr Gläubigen …“ (Wie könnten wir hier weiterfahren?) Ihr habt Jesus nicht auf diese Weise kennengelernt! Ihr habt mit dem weltlichen Leben Schluss gemacht! Ihr lebt nicht mehr wie die Heiden, die Gott nicht kennen! Ihr habt den alten Menschen abgelegt, wie man ein altes Kleidungsstück ablegt! Ihr habt euch neu eingekleidet! Als Kinder von der Strasse, seid ihr in den königlichen Palast eingezogen und durftet euch waschen, parfümieren und neu einkleiden. Jetzt dient ihr am königlichen Hof als adoptierte Kinder. Ihr seid zum königlichen Hochzeitsmahl eingeladen und erhaltet dazu noch vollen Erbschaftsanspruch. Darum, benehmt euch auch so, nämlich als königliche Priesterschaft in Gottes Haus.

Wie lernen wir Christus kennen? Indem wir uns von ihm unterrichten lassen: Mt. 17,5; Lk. 10,16; Joh. 10,27; Apg. 3,22-23; 1. Joh. 5,10-12.20. In allem, was wir von und über Jesus hören, wird unsere Weltanschauung, unsere Moral und letztendlich unser tägliches Verhalten zum Guten verändert. Wir haben gelernt, dass Christsein bedeutet das zu tun, was unserem natürlichen und fleischlichen Willen widerspricht. Christsein bedeutet, unser altes „Sein“ aufzugeben und Christus anzuziehen (Röm. 6,6).

Vers 25-32 (NGÜ): „Legt das Lügen ab und sagt zueinander die Wahrheit; denn wir alle sind Glieder am Leib von Christus. Versündigt euch nicht, wenn ihr in Zorn geratet! Versöhnt euch wieder und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. Gebt dem Versucher keine Chance! Wer vom Diebstahl gelebt hat, muss jetzt damit aufhören. Er soll seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen und zusehen, dass er auch noch etwas für die Armen übrig hat. Lasst ja kein giftiges Wort über eure Lippen kommen! Seht lieber zu, dass ihr für die anderen, wo es nötig ist, ein gutes Wort habt, das weiterhilft und denen wohl tut, die es hören. Beleidigt nicht durch euer Verhalten den Heiligen Geist! Er ist wie ein Siegel, das Gott euch aufgedrückt hat, und er verbürgt euch die endgültige Erlösung. Weg also mit aller Verbitterung, mit Aufbrausen, Zorn und jeder Art von Beleidigung! Schreit einander nicht an! Legt jede feindselige Gesinnung ab! Seid freundlich und hilfsbereit zueinander und vergebt euch gegenseitig, was ihr einander angetan habt, so wie Gott euch durch Christus vergeben hat, was ihr ihm angetan habt.“

Was ist Lüge (ψεῦδος)?
Die Wahrheit herunterspielen ist in Gottes Augen Lüge. Meine Lehrerin (1. Klasse) hat gesagt, dass eine Notlüge in Ordnung sei: Z. B. eine Tafel Schokolade wurde geöffnet und ich frage in der Familie: „Wer hat Schokolade gegessen?“ Die Antwort ist niemand (1. Kön. 13,18). Halbwahrheiten sind auch Lügen: Z. B. ich werde gefragt, ob ich eine anvertraute Sache weitererzählt habe und ich antworte mit „Nein“, habe aber bereits etwas jemandem davon erzählt. Übertreibungen sind auch Lügen (Blöff!): Z. B. die Behauptung, dass ich einen riesengrossen Fisch gefangen habe, dabei war er kaum 5 cm lang. Lüge ist eine schwerwiegende Sünde, die zum ewigen Tod führt: Offb. 21,8; 22,15; Apg. 5,3-4; Kol. 3,9.

Wie reden wir die Wahrheit (ἀλήθεια)?
Die Wahrheit reden bedeutet nicht, dass wir alles in Worte fassen, was wir denken (Spr. 10,19), dass wir andere mit unserer Offenheit belehren und beleidigen, dass alles, was wir sagen, die absolute Wahrheit sein muss, sonst lüge ich (viele Dinge sind nur für mich wahr, aber nicht für andere). Es gibt nicht nur schwarz oder weiss, sondern auch Graustufen (d. h. dass nicht alles entweder wahr oder eine Lüge ist!). Vieles, was wir reden, kann eventuell durch bessere Argumente korrigiert werden. Wer die Wahrheit liebt, wird auch dann die Wahrheit reden, wenn sie gegen ihn lautet. Vorsicht geboten ist mit Leuten, die ihre Ansichten, Meinungen und Überzeugungen als Gottes Wahrheit definieren. Jeder, der dann etwas anderes behauptet, liebt die Lüge. Oft ist es so, dass Menschen die Wahrheit verändern, wenn sie persönlich betroffen oder gar angeklagt sind: Spr. 15,32; 27,5. Da ist es manchmal schwierig, zwischen menschlicher und Gottes Wahrheit zu unterscheiden (1. Thess. 5,21). Wahrheit muss oft geträufelt werden: Sprüche 10,14; 15,2.

Wann ist Zorn (ὀργίζω) eine Sünde?
Zorn ist dann eine Sünde, wenn er ausartet (in Jähzorn) und wenn er sich nicht am selben Tag abkühlt (gem. Eph.). Zornausbrüche, Jähzorn ist Sünde: 2. Kor. 12,20; Gal. 5,20; Spr. 22,24-25. Es ist Gewalt ausgeübt und seinen Willen durchgedrückt. Es entsteht Schaden am Zornigen, als auch an den Anwesenden.

Zorn muss aber nicht in jedem Fall zur Sünde führen. Auch Jesus war zornig, weil er betrübt war über die Uneinsichtigkeit der Menschen: Mk. 3,5 (Joh. 2,12-17). Gottes Zorn wird sich noch offenbaren am jüngsten Tag über alle Menschen, die in seiner Ablehnung und Auflehnung lebten: Ps. 7,11; Röm. 1,28; 2,5-8; Eph. 5,6; 1. Thess. 5,9. Alles, was Gott zornig macht, sollte auch uns zornig machen (z. B. Krieg, Hass, Ungerechtigkeit, Blasphemie, Lästerungen usw.)

Jeder Mensch kennt das Gefühl des Zorns. Es gibt Menschen, die unterdrücken ihre Gefühle. Wer zwar keine Ausbrüche hat, aber Zorn mit sich herumträgt, der versündigt sich genauso, wie der, welcher sich gehen lässt (Lk. 6,10-11). Zorn ist ein Gefühl, das richtige Behandlung erfordert. Wichtig ist, dass wir unseren Zorn auf konstruktivem Weg ausdrücken, wie? Sei nicht hastig und lass dich nicht gehen: Koh. 7,10; Eph. 4,31. Ehrlich und einsichtig sein und zu seinen Gefühlen stehen.

Zorn ist ein natürliches Gefühl und keine Sünde, Jähzorn schon! Gegen Jähzorn hilft die Offenheit über seine Gefühle zu reden ohne Anklagen. Z. B. Ein Mann hörte, dass eine Zwiebel viele Gerüche abtöten könne. Um die Gerüche im Kühlschrank abzutöten, nahm er eine ungeschälte Zwiebel und stellte sie über Nacht hinein, ohne seiner Frau etwas zu sagen. Da die Zwiebel am andern Tag zu stinken begann, musste die Frau den ganzen Kühlschrank putzen, sagte aber ihrem Mann nichts, sondern verwunderte sich bloss. Als ihr Mann sah, wie herrlich der Kühlschrank duftete, wiederholte er seine Zwiebelidee, ohne seiner Frau etwas zu sagen. So ging das über längere Zeit, bis die Frau eines Tages jähzornig wurde. Nach einer konstruktiven Lösung suchen und die richtige Balance zwischen negativ und positiv halten. Keine Drohungen machen, sondern eventuell die andere Seite anhören: Spr. 15,18. Ruhig und beherrscht reden und klare Worte der Wahrheit aussprechen: Jak. 1,19-20.

Warum ist es so wichtig, dass wir lernen, mit dem Zorn richtig umzugehen? Damit wir dem Teufel keinen Raum geben in unseren Herzen. Der Zorn ist ein gutes Mittel für den Teufel, um uns in die Sklavschaft der Sünde zurückzuführen (διάβολος = Durcheinanderwerfer!).

Wie wird das Stehlen abgelegt?
Stehlen hat viel mit krankhafter Eifersucht und Habgier zu tun, was in Gottes Augen Sünde ist. Stehlen beginnt dort, wo ich andere betrüge (z. B. Zollschmuggel, Zug- oder Busbillette nicht lösen usw.). Wer meint, er genüge Gott, wenn er das 8te Gebot einhalte, der versteht nicht, dass es um viel mehr geht. Gott will, dass wir lernen – genügsam zu sein (1. Tim. 6,6-10), dankbar zu sein, für das was wir haben (Eph. 5,20), gebefreudig zu sein und (Apg. 20,35; 2. Kor. 9,6-7).

Wie werden wir zu echten Ermutigern?
Ich habe in meiner Kindheit nie gelernt, ein echter Ermutiger zu sein. Das Argument lautete immer: Soll ich das Selbstwertgefühl des andern ermutigen und unterstützen, damit er noch mehr sündigt und sich über mich erhebt? Wer sich zu gut fühlt, könnte sich überheben und zu Fall kommen. Die Bibel sagt aber: Philipper 4,8-9. Je mehr wir uns von Gottes Liebe ermutigen lassen, desto mehr können wir auch andere ermutigen.

Wie betrüben wir den Heiligen Geist Gottes in uns?
Durch Halsstarrigkeit und Uneinsichtigkeit (Heb. 3,7-11). Durch Hochmut (Jak. 4,1-6), Hass und Bitterkeit, Geschrei (Gal. 5,15-17). Durch Unversöhnlichkeit (Mt. 18,21-35).

Weil wir im neuen Leben wandeln, wollen wir den dem Geist Gottes in unseren Herzen immer mehr Raum geben und das Böse verdrängen: Kol. 3,12-16