Geistesfrucht-04: Geduld

Frucht des Geistes

 

 Einleitung

Im Herbst gibt es allerlei Früchte, die man oft für wenig Geld im Migros kaufen kann. Doch nicht alle Früchte sind so geniessbar, wie sie im ersten Moment aussehen. Wenn das Wetter zu warm ist, können sie auch schnell verderben.

Jesus lehrte seine Jünger, dass sie an den Früchten erkennen können, ob jemand wirklich Christus dient, oder nicht (Mt 7,16.20). Viele Menschen machen gegen aussen hin einen sehr religiösen Eindruck, aber wenn man sie näher kennenlernt, dann kommt ihre Verdorbenheit zum Ausdruck. Jesus verspricht, dass jeder Mensch, der auf die Dauer keine guten Früchte bringt, früher oder später umgehauen wird wie ein Baum, d. h. er wird in der Gemeinde des Herrn nicht bestehen.

Wir sind dazu wiedergeboren, um eine geistliche Frucht zu bringen! Fruchtbringen ist keine Option, sondern ein Gebot des Herrn. Als Christen werden wir aufgerufen, z. B. der Geduld nachzujagen, sie zu pflegen und in unserem täglichen Leben anzuwenden. Wie sieht denn diese geistliche Frucht aus, die Gott von uns fordert? Es gibt verschiedene Stellen und Anweisungen im Neuen Testament, die uns motivieren, die geistliche Frucht hervorzubringen. Eine wichtige Stelle finden wir im Galater 5,22-25. Alte Zürcher Übersetzung = Langmut. Neue Zürcher Übersetzung = Geduld.

 

 I.   Wie wird Langmut oder Geduld in der Bibel definiert?

Langmut, Geduld
Der griechische Begriff für Langmut ist ein zusammengesetztes Wort: (μακρο) räumliche und zeitliche Ausdehnung oder Entfernung. (θυμία) Leidenschaft, Verlangen, Zorn oder Wut. Wer Makrothümia besitzt, der wird mit Menschen und Aufgaben langmütig oder geduldig umgehen (engl. longsuffering, patience). Im Deutschen definieren wir Langmut mit Geduld, Beherrschung, Nachsicht, Duldsamkeit, eventuell sogar mit Toleranz und Güte usw. Auch im Deutschen ist es ein zusammengesetztes Wort bestehend aus Lang und Mut (= langes Gemüt). Mit andern Worten: Langmut ist ein langes Gemüt, das in der Verfassung ist, warten zu können.

In der Bibel wird das Adjektiv vorwiegend auf Gott bezogen, z. B. im AT.

Ex 34,6: „Der Herr, der Herr, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und von grosser Gnade und Treue.“

Ps 86,15: „Du aber, Herr, bist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Güte und Treue.“

Im Neuen Testament kommt das Wort als Substantiv und als Adjektiv an folgenden wichtigen Stellen vor:

Röm 2,4: „Oder verkennst du den Reichtum seiner Güte, Langmut und Geduld? Weisst du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr leitet?“ Hier wird uns gleichzeitig auch klar, was die Langmut Gottes für ein Ziel im Auge trägt. Gottes Langmut soll uns Menschen Zeit geben umzufallen und aus der Erfahrung etwas zu lernen, d. h. mehr auf Gott zu vertrauen.

2Petr 3,9: „Der Herr zögert nicht, die Verheissung zu erfüllen, wie einige meinen, sondern ist geduldig mit euch; er will nicht, dass einige zugrunde gehen, sondern vielmehr, dass alle den Weg der Umkehr einschlagen.“ Gott schaut lange zu und hofft auf die Umkehr des Menschen. Sehr oft ist es so, dass der Herr die Menschen zuerst warnt, dann droht er mit dem Gericht und erst als letzte Konsequenz beschliesst er die Bestrafung (siehe Offenbarung!).

Geduld besonders auf Menschen bezogen
Hüpomone ist ein weiterer Begriff im NT für Geduld. Gemeint ist Ausharren, Harren, Beharrlichkeit, Geduld, ertragen, erdulden, standhaft und ausdauernd sein. Hiob wird oft mit Standhaftigkeit in den Leiden in Verbindung gebracht (siehe: Jak 5,11). Im Jakobus 5,7 werden wir alle zum geduldigen Ausharren aufgerufen. Der Jakobusbrief spricht davon, dass die Erprobung sehr wichtig ist, weil sie Geduld (ὑπομονή) bewirkt (Jak 1,4). Die Geduld aber macht uns zu ganzen Menschen. Paulus erklärt den Korinthern: „Die Liebe erduldet alles“ (1Kor 13,7). Im Hebräerbrief lässt uns der Heilige Geist sagen: Hebr 10,35-36. Im Gegensatz zu Makrothümia ist Hüpomone aktiv ertragend, erduldend.

 

 II.   Wie wächst die Geduld als geistliche Frucht hervor?

Indem wir uns in der Geduld üben.
Geduld darf nicht gleichgesetzt werden mit Faulheit oder Nachlässigkeit. Geduld wächst nicht von selbst, sondern fordert unseren Einsatz: Hebr 6,11-12. Geduld bedeutet im Glauben und im Eifer für die Hoffnung auf das ewige Leben nicht stumpf zu werden. Wer glaubt, der wartet geduldig und vertraut auf den Herrn, bis er seine Verheissungen erfüllt. Geduld ist also nicht passiv, sondern aktiv. Warten ist vielleicht das schwierigste im Leben. Warten und im Glauben wachsam bleiben, wenn scheinbar nichts geschieht, das kostet viel Kraft. Doch der Herr will, dass wir warten können, selbst wenn alle Umstände scheinbar nur Enttäuschungen bringen. Unser Leben soll nicht durch spontane Reaktionen oder Entscheidungen geprägt sein, sondern wohlüberlegt. Auch Gott trifft keine hastigen Entscheidungen, denn hastig bedeutet oft unüberlegtes und falsches Handeln.

Indem wir geduldig sind in Bezug auf Ereignisse und Umstände.
In unserer materialistischen Welt haben wir kaum gelernt zu warten, sondern wollen alles heute und jetzt, was auf nichts anderes als auf Habsucht hinausläuft. Statt uns von Gott beschenken zu lassen, beschleunigen wir mit unserem Eigenwillen und den finanziellen Mitteln die Ereignisse und Umstände. Viele können und wollen nicht warten und das ist oft auch der Grund für ihre Fehlentscheidungen im Leben. In der Ungeduld ist die Torheit des weltlichen Menschen zu erkennen! Ungeduld macht habsüchtig, egozentrisch, arrogant. Gott lehrt uns durch sein Wort geduldig und langmütig zu sein. Nicht jedes aufkommende Bedürfnis soll sofort gedeckt werden im Leben. Bedürfnisse sind oft fleischlicher Natur und können uns ganz schön auf Abwege führen. Deshalb ist die Geduld eine geistliche Frucht, die in uns heranreifen soll durch das Warten. Warten auf Besserung! Warten auf Erfolg! Warten auf die Erfüllung unserer Hoffnung und Ziele!

Wie bei David, so will der Herr, dass auch wir warten, bis er uns das Zeichen zum Angriff gibt: Sprüche 16,32. Gott will, dass wir im Leben lernen uns selbst zu beherrschen und langmütig zu sein. Wer keine Geduld hat, der rechnet nicht mit Gott. Der fleischlich denkende Mensch neigt dazu viel zu zielorientiert vorzugehen ohne Rücksicht auf Verluste. Hat er erst einmal sein Ziel erreicht, dann braucht er ein neues. So jagt er von einem Ziel zum andern, ohne Gott jemals in seine Pläne und Ziele miteinzubeziehen. Je geistlicher aber ein Mensch denkt, desto geduldiger ist er und desto besser trifft er gute Entscheidungen im Leben, die im Einklang mit dem Willen Gottes stehen. Salomo erkannte in seiner Weisheit, dass nichts wichtiger ist, als mit der Zustimmung des Herrn Entscheidungen zu treffen (Ps 127,1-2).

Was ist der Grund, warum wir Mühe haben zu warten und geduldig zu sein?
Ein Grund liegt sicher darin, dass wir nicht leiden wollen. Wir versuchen die Leiden im Leben mit allen Mitteln abzuwehren oder zu umgehen und treffen deshalb oft zu kurzfristige Entscheidungen. Schnelle Entscheidungen sind oft der Grund für viele Fehlentscheidungen, z. B. dass wir aufbrausend und zornig reagieren, z. B. dass wir zu hastig und unüberlegt vorgehen, z. B. dass wir unseren Entscheid im Nachhinein bereuen. Gott ist kein Gott des schnellen Handelns und der kurzfristigen Pläne. Gott hat den ganzen Heilsplan in Christus Jesus sorgfältig durchdacht und geplant, bevor er die Welt und uns Menschen erschuf (Eph 1,3). Gottes Weisheit liegt in der Geduld und im Durchdenken von Plänen und Entscheidungen und nicht im spontanen und gefühlsorientierten Handeln. Gott lässt sich nicht von seinen Gefühlen manipulieren! Gott weicht auch den Niederschlägen und Leiden nicht aus. Der Herr gibt nicht auf, sondern erträgt alles geduldig und führt so alles zum sicheren Ziel.

Wenn der Herr von einer Sache überzeugt ist, dann zieht er sie geduldig durch, selbst wenn sich die ganze Welt gegen seinen Plan stellt (Bsp. die Geburt Mose oder Jesu). Darum lasst uns auf Gott schauen und uns nicht von unseren vielfältigen fleischlichen Gelüsten hin und her treiben lassen! Lasst uns erkennen ob das, was wir tun, auch ein Plan Gottes ist, damit es Bestand haben kann! Lasst uns keine voreiligen, hastigen und unüberlegten Entscheidungen treffen, sondern geduldig und langmütig in allem auf Gott vertrauen: Psalm 27,14; 31,24-25.

Indem wir uns Mühe geben mit unseren Glaubensgeschwistern und mit allen Menschen.
Wir alle sind auf dem Weg zum besseren Leben in Christus. Keiner von uns hat die Vollkommenheit erreicht. Sei es in der Tat oder sei es in der Erkenntnis; wir alle sind Lernende. Wir mögen heute so entscheiden und morgen erkennen wir erst, dass wir zu hastig und unüberlegt handelten. Wir mögen heute diese oder jene Erkenntnis haben in Bezug auf eine bestimmte Bibelstelle und in ein paar Jahren sehen wir sie vielleicht in einem grösseren Zusammenhang anders. Jeder soll und darf sein Wachstum haben und seine Fehler machen, solange er im besten Gewissen vor dem Herrn wandelt (Apg 23,1). Gott hat mit mangelnder Erkenntnis und mit vielen Fehlentscheidungen von uns Menschen gerechnet; dafür ist Christus gestorben. Deshalb sollen auch wir uns nicht grämen, wenn wir Fehler gemacht haben. Wichtig ist der Lerneffekt und dass wir auf dem Weg der Besserung bleiben! Lasst uns deshalb geduldig sein mit denen, die die Gemeinde prüfen oder die im Glauben erst begonnen haben! Jeder Mensch braucht unterschiedlich viel Zeit zum Wachsen und zur positiven Veränderung! Wenn Gott uns Menschen diese Zeit schenkt, wie viel mehr sollten auch wir einander diese Zeit zum Wachsen schenken.

Im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht lernen wir geduldiger miteinander umzugehen (Mt 18,21-35). Das Gleichnis könnte auch heissen: Vom ungeduldigen Knecht. Jesus lehrt seine Nachfolger mit andern Worten: „Wie kannst du es wagen, mit deinen Glaubensgeschwistern so ungeduldig und rüpelhaft umzugehen, und gleichzeitig mich um Geduld zu bitten!?“

Kolosser 3,12-15:
Wir alle werden hier durch den Heiligen Geist Gottes ermahnt, die neue Bekleidung ganz anzuziehen, d. h.: Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld. Gott verlangt von uns, dass wir einander geduldig ertragen, so wie Gott uns erträgt und annimmt! (Gal 6,2). Denn die Liebe Gottes rechnet das Böse nicht zu! (1Kor 13,5b). Nur durch diese göttlichen Tugenden kommt wahre Einheit und friedliche Gemeinschaft zustande (Eph 4,2). Anpassungsfähigkeit und Teamfähigkeit ist gefragt, nicht geistige Vergewaltigung, Rechthaberei, und das Stellen eines Ultimatums!

Weil wir es so oft erfahren haben an uns selbst, dass wir ständig Stolpern, wollen wir uns üben (Jak 1,19), schnell zu sein im Zuhören, hingegen langsam zum Reden und langsam zum Zorn.

Jeder, der andere Menschen belehrt, wird aufgerufen den richtigen Zeitpunkt abzuwarten, bis gewisse biblische Themen auf den Tisch gelegt werden können (Feinfühligkeit ist hier gefragt wie bei unseren eigenen Kindern!). Schliesslich soll mit aller Weisheit und Geduld zurechtgewiesen, ermahnt und belehrt werden! (2 Tim 4,2). Die Geduld ist dazu da, um eine heilende Wirkung in unseren Beziehungen zu erzielen. Ungeduld hingegen liegt in der sündhaften Natur, die mit uneinfühlsamen Worten zurückschlägt, nach dem Prinzip: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, bei der der Stärkere gewinnt und bei der es um Macht und Dominanz über andere geht.

Wenn wir auf Jesus schauen, dann lernen wir langmütig und geduldig zu sein: Immer wieder sagte er zu seinen Jüngern (Joh 7,5): „Meine Zeit ist noch nicht da“ (bis sie schliesslich nahe gekommen war: Mt 26,18). Er erklärte dem ungeduldigen Johannes, als er den Dämonenaustreiber mit Gewalt stoppen wollte: Lukas 9,49-50. Leider verstanden die Jünger Jesu Worte nicht, weil sie ungeduldig waren und den Plan Gottes noch nicht verstanden. Im selben Kapitel, als die Samariter Jesus nicht aufnahmen, fragten sie den Herrn: Lk 9,54-55 (typisch Mensch, immer schnell zur Gewalt).

 

 Schlussfolgerungen

Die Geduld ist nur ein Aspekt des ganzen Reifeprozesses eines geistlichen Menschen. Sie ist aber ein sehr wichtiger Teil unseres Glaubens. Deshalb gilt es sie zu pflegen in allen Lebenssituationen. Jakobus empfiehlt uns ein Vorbild zu nehmen an den Propheten (Jak 5,10).

Die Geduld wird nicht in Zeiten der Entspannung oder der Freude gelernt. Sie wächst mit viel Schmerzen und Kampf gegen das fleischliche „ich“. Sie ist eine Frucht, die aus dem Geist Gottes wächst, der in uns wohnt. Darum lasst uns diese Frucht pflegen und alles, was ihrem Wachstum im Weg steht, entfernen!