Die Vorrangstellung Christi
I. Kapitel 3,1-4: Ermahnung, himmelwärts zu blicken
Einleitung: In Kapitel 2 vom Kolosserbrief, haben wir von den verschiedenen Warnungen gelesen. Generell gesagt, waren es Warnungen gegen alle Irrlehren, die sich in Kolossä und auch in anderen Städten der damaligen Welt, verbreiteten. Paulus schreibt den Gläubigen, dass sie sich von allen menschlichen Geboten nicht irreführen lassen sollten, denn sie stammen von Menschen und nicht von Gott. In Kapitel 3 ruft Paulus die Kolossergemeinde auf, himmelwärts zu blicken, indem sie sich an Jesus und seinen Geboten festhalten: Kolosser 3,1-4 (gilt auch uns Gläubigen).
Verse 1-2: Mit Christus auferweckt.
In Kapitel 2, Verse 11-15 haben wir die Beschneidung Christi kennengelernt. Bei dieser geistlichen Beschneidung, werden die fleischlichen Leidenschaften weggeschnitten. Das heisst; der Fleischesleib der Sünde, wird in der Taufe ausgezogen. Wenn das Wasser über uns zusammenschlägt, sterben wir mit Jesus, dann werden wir begraben mit Jesus (heisst es in Röm 6,4-6). Wenn wir aus dem Wasser wieder auftauchen, dann auferstehen wir zum neuen Leben in Jesus. Dieser ganze Prozess wird in der Bibel „die Beschneidung Christi“ genannt. Die Taufe ist also eine rein geistliche Beschneidung, die an unseren Herzen geschieht (Röm 2,28-29). Weil wir an die Kraft Gottes glauben (2,12), die Christus von den Toten auferstehen liess, werden wir mit Christus zum neuen Leben auferweckt. Dies haben die Gläubigen in Kolossä offenbar verstanden und erfahren. Deshalb verkündigen auch wir heute die Wahrheit von der Taufe. Warum ist dieser ganze Taufakt notwendig? Was geschieht mit uns in der Glaubenstaufe? Worin besteht der Unterschied zwischen dem Zustand vor und nachher?
Das Sterben und Begräbnis muss geschehen, damit neues Leben entstehen kann! Paulus erklärt den Korinthern: 2. Korinther 5,17. In Christus Jesus sind wir neue Geschöpfe - neue Wesen geworden. Gott hat uns durch seinen Geist zum unvergänglichen Leben erweckt! Deshalb sagt Paulus den Kolossern mit andern Worten: „Wenn ihr nun mit Christus auferstanden seid, so sucht was droben ist, wo Christus ist …“ Dieses „wenn“ (εἰ) ist eine abgeschlossene Handlung, die sie in der Taufe erfuhren! Die Kolosser und alle, die sich heute taufen lassen, sind mit Christus so auferstanden zum neuen Leben. Der Unterschied vom alten - zum neuen Leben besteht darin, dass die Welt mit ihrer fleischlichen Lust keine Anziehungskraft mehr hat für uns (1Joh 2,15-16). Wir wandeln in den Fussstapfen Christi und schauen auf das himmlische Ziel, wie ein Bergsteiger im Schnee, der mit seinen Augen nur auf den Gipfel gerichtet ist, wo er hinwill. Wir forschen, streben und suchen (ζητέω) mit aller Kraft nach diesem ewigen Ziel. „Wir schauen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ist ewig“ (2Kor 4,18). Das Sichtbare wäre im übertragenen Sinn das Tal, der Abgrund. Bsp. Ein Bergkletterer schaut nicht hinunter, sonst wird ihm noch schwindelig, sondern hinauf zum Gipfel! Was mussten die Israeliten in der Wüste tun, um von den tödlichen Schlangenbissen verschont zu bleiben? Sie mussten zur ehernen Schlange hinaufschauen, die Mose errichtet hatte (Dtn 21)! Die eherne Schlange symbolisiert Jesus am Kreuz: Joh 3,14-16.
Zu der Zeit, als Paulus diesen Brief an die Gläubigen in Kolossä schrieb, war Jesus schon im Himmel! Denn nachdem Jesus, nach seiner Auferstehung, während 40 Tagen, vielen Menschen erschien, wurde er vor den Augen der Apostel in den Himmel entrückt (Apg 1,3.9-11). Jesus setzte sich im Himmel auf den Thron Davids, das heisst zur rechten Seite Gottes (Apg 2,34; Mt 22,44), was der höchste Ehrenplatz bedeutet (Hebr 1,13; 8,1; 10,12), damit gab Gott, der Vater seinem Sohn die Herrschaft über alle himm-lischen und irdischen Mächte und Kräfte (Eph 1,20-23; 1Petr 3,22). Bis zu seiner Wiederkunft wird Jesus auf dem Thron regieren, um dann das Reich dem Vater zu übergeben: 1. Korinther 15,24-26 (V. 23-28). Wenn alle politischen und religiösen Mächte und Systeme einst ausgedient haben und am Ende sind, werden sie zu Christi Füssen gelegt. Selbst der grösste Feind der Menschheit wird zerstört werden: der Tod. Dann wird Jesus das Reich dem Vater übergeben, sich mit seiner Braut (= Gemeinde) vermählen und eine riesige Hochzeit feiern (Offb 21,2).
Darum werden alle Gläubigen aufgerufen, ihren Sinn (φρονέω), d. h. ihr Denken, Urteilen und ihren Verstand auf das zu richten, was droben ist! Dabei geht es nicht so sehr um einen Ort, der fokussiert werden soll. Es geht vielmehr um das, was an diesem Ort ist! Was oder wer ist denn an diesem Ort? - Jesus Christus! Wenn wir Jesus hören, denken wir vorwiegend an eine Person? Oder denken wir an die Lehre Christi? Es ist falsch nur an die Person Jesu zu denken, denn wir kennen Jesus ja gar nicht nach dem Fleisch, da wir ihn nie gesehen und erlebt haben in dieser Welt. Wenn wir von Jesus Christus sprechen, dann können wir uns nur an das erinnern, was Jesus in der Bibel gesagt und getan hat.
Wenn wir also unsere Blicke himmelwärts richten, dann bedeutet das, dass wir alles nach einem neuen Wertmassstab beurteilen; nämlich nach den Prinzipien, die Jesus gelehrt hat. Unser ganzes Leben bekommt einen neuen Sinn für Proportionen; die weniger wichtig sind, weil sie vergänglich sind, die weniger wichtig sind, weil sie unvergänglich sind. Auf keinen Fall geht es darum, dass wir die Balance verlieren und extrem werden, indem wir uns von allem Tun und allen Aktivitäten des Lebens zurückziehen und an nichts anderes als die Ewigkeit denken. Es geht vielmehr darum, dass wir nicht mehr so leben, als ob es, ausser dieser Welt, nichts Wichtiges gäbe.
Was tut denn der himmelwärts Blickende? Der himmelwärts blickende Christ sieht z. B. - das Geben höher, als das Nehmen (Apg 20,35), das Dienen höher, als das Herrschen (Joh 13,15), das Verzeihen höher, als die Rache (Lk 23,34) usw. Als Christen sehen wir die Dinge dieser Welt nicht mit den Augen der Menschen, sondern mit den Augen Gottes. Unser Wertmassstab ist der Massstab Gottes, nicht der Massstab der Menschen: Hebräer 12,1-3.
In den Augen der ungläubigen Menschheit, ist das Kreuz Jesu eine Torheit, eine Schande (= Skandalos, 1Kor 1,23). Der Wertmassstab Gottes, in Bezug auf das Kreuz Christi, bedeutet Sieg, Triumph, Befreiung, Erlösung usw. In Gottes Augen sieht alles ganz anders aus! Deshalb war Jesus bereit, diesen Widerspruch über sich erdulden zu lassen! In Jesus Christus entwickeln wir eine völlig neue Lebensanschauung: Römer 12,2.
Wenn wir das Gute in uns siegen lassen wollen, dann ist es notwendig, dass wir täglich an das gute und Gott wohlgefällige denken. Das heisst, dass wir in Versuchungen z. B. - ein geistliches Lied singen, in der Bibel lesen, oder beten. Wir können über irgendetwas lobenswertes nachdenken, oder eine gute Tat planen, die wir verrichten wollen: Philipper 4,8.
Verse 3-4: Christus ist unser Leben.
Inwiefern ist unser Leben in Gott verborgen (κρύπτω)? Das AT spricht von Gott, als einer Zufluchtsstätte, einer Burg (Ps 46,1), einem Ort der Sicherheit und Geborgenheit: Psalm 61,1-5 (Ps 17,8; 27,5; 31,21; 64,3). Geborgen sein in Gott bedeutet, geschützt sein vor den listigen Anschlägen des Teufels (Eph 6,11).
Wir sind doppelt geschützt, indem wir mit Christus in Gott verborgen sind, d. h.: Wir sind der Welt abgestorben und befinden uns nun in Gott, wie in einer uneinnehmbaren Burg. Als königliche Kinder leben wir im sicheren Königspalast Gottes. Wir sind aber nicht alleine dort, sondern mit Christus. Christi Blut wäscht uns rein von aller Sünde. Mit Balsam werden unsere Wunden gepflegt von den Schlägen und Verletzungen, die wir uns draussen in der Welt zugezogen haben. In diesem Sinn ist unser Leben mit Christus in Gott verborgen.
Noch ist es nicht völlig offenbar (φανερόω), wo wir sein werden bei seiner Wiederkunft. Doch durch den Glauben an Jesus Christus und sein Wort wissen wir, dass wir Kinder Gottes sind: 1. Johannes 3,2-3.
Auch die Welt kann uns in einer gewissen Weise noch nicht erkennen, weil wir in Christus verborgen sind. Unser Zustand muss eben geistlich beurteilt werden (1Kor 2,14). Jesus sagte vor allen (Mt 11,25): „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Klugen verborgen, es Einfältigen aber offenbart hast.“ Selbstverständlich kann die Welt uns auch erkennen, weil wir als Abglanz Christi scheinen (Mt 5,14-16).
Was heisst das, „wenn Christus, unser Leben offenbar werden wird“? Das heisst, dass Christus unser Leben ist. Jesus ist die Quelle des Lebens! Jesus gibt uns nicht bloss das Leben, sondern, er ist das Leben! Jesus lehrt (Joh 11,25): „Ich bin die Auferstehung und das Leben ...“ (er sagt nicht: Ich gebe Euch die Auferstehung und das Leben!). Deshalb erklärt der Apostel Johannes in seinem ersten Brief (1Joh 5,12): „Wer den Sohn hat, der hat das Leben.“ Weil Christus unser Leben ist, brauchen wir ihn, um überleben zu können. Nur wer in Christus, dem Weinstock, bleibt, wird ewiglich leben (Joh 15,1). In Christus bleiben, bedeutet auch Glied seines Leibes zu sein; der örtlichen Gemeinde anzugehören (Eph 1,22). Es ist eine Lüge, wenn Menschen behaupten, dass man Christ sein kann ohne der Gemeinde anzugehören (das ist ein Widerspruch in sich selbst!). Die Gemeinde ist Christi Leib und Christi Leib ist ewiges Leben. Nur wer im Leib Christi ist, wird leben! Paulus drückt das im Galater so aus: Galater 2,19b-20. Wir können nicht Leben haben, ohne Christus! Leben gibt es nur im Leib Christi, indem Christus uns Leben schenkt!
Der Tag der Wiederkunft steht der Menschheit näher als je zuvor. An diesem Tag werden alle Menschen, die verstorben sind, auferstehen, die einen zum Gericht, die anderen zum ewigen Leben (Joh 5,28). An diesem Tag wird sich alles offenbaren, was Gott versprochen hat! Noch ist nicht völlig offenbar, wer in der ewigen Herrlichkeit stehen wird und wer nicht! Doch der grosse Tag des Herrn wird alles ans Tageslicht bringen! Dann werden die, welche in Christus gelebt haben, endlich ihr Leben mit ihm ungestört fortsetzen können.
Schlussfolgerung: Was sind Anzeichen dafür, dass wir heute schon in Christus leben?
Dass wir nicht mehr auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare schauen. Freiwillig und gerne lassen wir das Weltliche los und schauen auf Christus, der bereits im Himmel auf dem Thron sitzt. Jesus ist unser Ziel, unser Berggipfel, unsere rettende eherne Schlange!
Dass wir Gottes Wertmassstab in jeder Lebenslage versuchen anzuwenden, indem wir - geben, statt nehmen, dienen, statt uns bedienen lassen, verzeihen, statt Rache zu üben!
Dass wir in Christus, d. h. in seinem Leib, in seiner Gemeinde leben, bis zum Tag der Wiederkunft, wo Gott alles offenbaren wird!
II. Kapitel 3,5-11: Der Erneuerungsprozess des alten Menschen
Vers 5a: Tötet, was in euren Gliedern noch irdisch ist.
Paulus beginnt den Satz auffallend oft mit „so“ (2,16; 3,1.5.12), oder „darum“, mit dem eine Schlussfolgerung gezogen wird, in Bezug auf vorausgegangenen Aussagen.
Den Gläubigen in Kolossä wurde bestätigt, dass sie mit Christus auferweckt wurden, dass sie den weltlichen Prinzipien abgestorben sind und dass sie sich freuen dürfen auf den Tag, wenn Jesus in seiner Herrlichkeit allen erscheinen wird.
Weil diese Gläubigen neue Menschen geworden sind, werden sie aufgerufen, sich auch wie neue Menschen zu verhalten!
Die Ermahnung an die Kolosser bestätigt uns, dass die Bekehrung aus gläubig Gewordenen, zwar neue Menschen macht, aber dass keine automatische Veränderung stattfindet! Viele erwarten in ihrer Bekehrung ein göttliches Wunder und sind dann enttäuscht, wenn der Heilige Geist nicht mehr in ihrem Leben bewirkt (Eph 3,16). Paulus sagt ja selbst (Phil 3,13-14): „Ich bilde mir nicht ein, dass ich die Vollkommenheit schon ergriffen habe, aber ich jage diesem Ziel nach und vergesse was hinter mir liegt“ (= mit eigenen Worten). Auch Paulus wusste, dass vieles nach seiner Bekehrung noch nicht so war, wie es sein sollte. Die alten Lebensgewohnheiten besassen immer noch viel Macht und Einfluss über ihn. Trotzdem bemühte er sich mit aller Kraft, das Irdische an sich abzulegen und immer mehr das erhaltene neue Leben in Christus anzuziehen. Diese Gesinnung sollen auch wir, als Wiedergeborene, an den Tag legen!
Jesus lehrt: Matthäus 5,29-30. Verlangt Jesus von seinen Nachfolgern eine Selbstverstümmelung? Nein! Es geht vielmehr darum, dass das Fleisch nicht so gepflegt werden soll, dass böse Begierden erwachen (Röm 13,13-14): Römer 6,6; 8,13.
Paulus sagt (Gal 5,24): „Die aber zu Christus Jesus gehören, haben das Fleisch samt seinen Leidenschaften und Begierden gekreuzigt.“ Den Ephesern schreibt er: Epheser 4,17-19.23-24.
Der Heilige Geist kann uns in diesem Prozess des Ablegens helfen, aber nur, wenn wir uns auch helfen lassen (Joh 14,17a; Eph 3,16).
Die Verse (5-11) enthalten zwei Teile von Aufzählungen:
1. Der erste Teil betrifft fünf körperliche Leidenschaften.
2. Der zweite Teil bezieht sich auf sechs geistige Denkfehler, die zu falschen Verhaltensweisen führen.
Vers 5b: Fünf körperliche Leidenschaften.
Es gibt ähnliche Auflistungen im Neuen Testament, in denen diese Begriffe vorkommen.
Unzucht (πορνεία)
Dieses Wort kommt fast in allen Aufzählungen im Neuen Testament vor. Unzucht wird in der Bibel als Porneia (Porno) bezeichnet. Unzucht darf nicht nur auf die schlimmsten Szenen des Pornogewerbes oder auf die Hurerei im Rotlichtmilieu beschränkt werden. Unzucht ist laut der Bibel: Ehebruch (μοιχεία) (Mt 5,32; 19,9). Vor- oder ausserehelicher Sexualverkehr (1Kor 7,1-9). Homosexualität (gilt für Frauen und Männer) (Judas 7; Röm 1,24-28; Lev 18,22). Inzest (= Blutschande, z. B. Sohn mit Mutter) (1Kor 5,1-13). Für Unzucht gab es im AT keine Gnade oder Vergebung, sondern nur die Todesstrafe (1Kor 10,8; Num 22,21).
Unreinheit (ἀκαθαρσία), Unkeuschheit
Dieser Begriff ist eng mit Unzucht verbunden (Röm 1,24). Unkeuschheit kann ganz allgemein auf alles bezogen werden, von mündlichen Aussagen, die unkeuschen Gedanken entspringen, bis zu jeglicher Form von sexueller Perversion (z. B. Umgang mit Kleinkindern, Tieren, oder gar Toten usw.). Unreinheit steht in krassem Gegensatz zur Reinheit oder Keuschheit und soll unter allen Umständen in unserem Fleisch getötet werden (Kol 3,5)! Denn Gott hat uns zur Heiligung berufen: 1Petr 1,14-16 (Mt 5,8). Heiligung in Bezug auf die Partnersuche (1Thess 4,1-7). Heiligung in Bezug auf voreheliche Beziehungen (Mt 1,18-21). Heiligung in Bezug auf das Ehebett, das unbefleckt sein soll (Hebr 13,4).
Leidenschaft (πάθος)
Es geht hier um unmoralische Triebe, die leidenschaftliche Begierden hervorrufen und ausser Kontrolle geraten. Damit sind alle sexuellen Leidenschaften gemeint, die unzüchtig und unkeusch sind und uns zur Sünde verführen und uns versklaven (Röm 1,26).
Böse Lust (κακός ἐπιθυμία), Begierden
Gibt es auch gute Begierden? Als Jesus das letzte Mahl mit den Jüngern einnahm sagte er: „Mich hat sehnlich verlangt vor meinen Leiden mit euch dieses Passalamm zu essen“ (Lk 22,15 NZÜ). „Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe ich leide“ (Lk 22,15 Elb). In den Worten „sehnlich verlangt“ oder „Sehnsucht“ steckt der griechische Begriff Lust, Begierde (Epithümia). Wer in der Gemeinde den Dienst eines Ältesten anstrebt, der trägt Verlangen nach einer edlen Aufgabe (1Tim 3,1). Auch hier wird der Begriff in einem positiven Sinn verwendet.
Der textl. Zusammenhang entscheidet, ob eine Begierde gut oder böse ist. Grundsätzlich bedeutet das Wort; das Herz auf etwas festzulegen oder festzusetzen. Das kann auf etwas Positives oder auch auf etwas negatives sein. In Kolosser 3 wird von einer negativen Begierde gesprochen, die mit den anderen erwähnten Begriffen im Zusammenhang steht. Das heisst; eine unerlaubte sexuelle Lust. Diese Begierde ist böse, von der wir uns abwenden sollen (1Kor 10,6). Jesus sagt: „Jeder, der eine Frau ansieht und sie begehrt, hat in seinem Herzen schon Ehebruch begangen“ (Mt 5,28).
Habsucht (πλεονεξία)
Sie ist das Motiv zur Unzucht und Unkeuschheit jeglicher Art. Sie kann sich sehr wohl auf sexuelle Begierden beziehen. Es geht dabei um egoistische Fantasien zu befriedigen und nicht um den Dienst und die Hingabe zum andern Geschlecht.
Habsucht ist das Gegenteil von Genügsamkeit und Dienst (Kol 3,5). Habsucht ist eine gierige Gesinnung, mehr haben zu wollen, als uns geschenkt wird im Leben (Phil 4,11). Jesus lehrt: Christen sollen sich hüten vor jeglicher Habgier (Lk 12,15).
Sie kann sich aber auch auf das Geld beziehen (Mt 6,19). Sie ist eine Gier nach immer mehr, die von Geiz und Missgunst angetrieben wird (Hebr 13,5). Auch arme Menschen können habgierig, geizig und missgünstig sein! Die Folge von Habsucht kann bis zum Mord führen und ist begleitet von Unzufriedenheit, Einsamkeit und grossen Leiden (1Tim 6,6-10).
Im Epheserbrief wird die Definition von Habsucht erweitert: Eph 5,5. Unzucht, Unkeuschheit und Habsucht ist Götzendienst. Keiner, der Götzendienst verübt, hat Anteil am Reich Gottes. Wir wissen aus dem AT, dass Götzendienst eine Plage war, die sich langsam beim Volk Israel einschlich, von Gott aufs schärfste verurteilt und bestraft wurde (1Kor 10,7.14). Habsucht sollte in der Gemeinde der Heiligen nicht einmal genannt werden, d. h. in weite Ferne gerückt sein (Eph 5,3), völlig unbekannt sein, kein Thema sein (1Kor 5,13).
Es ist schrecklich, aber wahr: all diese fleischlichen Lüste stecken nach wie vor in unseren irdischen Gliedern, selbst nach der Bekehrung! Wenn das nicht so wäre, würde Paulus im Brief an die Kolosser kein Wort darüber verlieren. Denn die Kolosser sind ja bekehrt und geheiligt worden (1,22). Sie wurden der Macht der Finsternis entrissen (1,13). Trotzdem muss Paulus die Gläubigen dazu aufrufen, das zu töten, was nach wie vor in ihren Gliedern irdisch ist! Das ist kein Widerspruch!
Auch die Korinther werden aufgerufen: 2. Korinther 7,1. Die von Gott geschenkte Heiligkeit muss bewahrt werden. Christen sind unermüdlich bemüht, sich von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes reinzuhalten. Und zwar nicht, weil sie dazu von einer Person gezwungen werden, sondern freiwillig aus Liebe zu ihrem Herrn, der sie mit sich selbst versöhnt hat, durch seinen Tod am Kreuz (1,22).
Jesus hat uns mit einem weissen Linnen bekleidet und als königliche Kinder in seinen Palast geführt; welch grosses Vorrecht. Jetzt liegt es an uns, wie sehr wir uns würdig benehmen und uns durch gute Werke dankbar erweisen (1,10). Jeder, der auch nur ein bisschen begriffen hat, was mit ihm geschehen ist, wird niemals die Frage stellen: Was darf ich alles nicht mehr tun! Sondern: Was darf ich für den Herrn tun! Denn aus Strassenkindern sind neue Menschen geworden; Erben des Himmelreichs!
Verse 6-7: Gottes Zorn über die Ungehorsamen.
In der heutigen Zeit herrscht ein einseitiges Gottesbild, indem die Liebe und Gnade Gottes überbetont wird, dabei geraten Zorn und Wut in Widerspruch zur Gottheit.
So unglaublich es auch klingen mag, aber Zorn kann die Folge der Liebe sein. Bsp. Jeder Mann, der seine Frau innig liebt, wird mit Zorn und Wut erfüllt, wenn sie ihn wegen eines anderen Mannes verlässt. Nur, wenn er für sie nichts empfindet, wird er sie ohne Zorn und Wut gehen lassen können. Genauso ist Gott, der uns so sehr liebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben habe (Joh 3,16; Hebr 12,29). Jeder, der Jesu Opfer ablehnt und lieber in der Sünde verharrt, wird Gottes Zorn erfahren (1Joh 3,8, siehe Kommentar zu Eph 5,6). Der heilige Gott kann nur mit geheiligten Menschen Gemeinschaft pflegen, sonst würde er selbst unrein (Bsp. Wenn klares Wasser mit schmutzigem vermischt wird, ist es für den Menschen ungeniessbar): Röm 2,3-8. In Gottes Gemeinschaft hat keine Unzucht, Unkeuschheit, böse Begierden oder Habsucht Platz. Deshalb wird das Zorngericht Gottes über alle Ungehorsamen kommen (siehe Textvariante und Eph 5,6): Hebräer 2,2-3.
Weil Gott uns nicht für das Zorngericht bestimmt hat (1Thess 5,9), sollen wir uns heiligen lassen und die fleischlichen Begierden töten, indem wir den alten Menschen ablegen und den neuen anziehen. Weil wir königliche Kinder Gottes sind, sollen wir uns auch so benehmen (Bsp. Bild vom Palast!). Leider ist es eine traurige Tatsache, dass die fleischlichen Lüste nach wie vor in unseren Gliedern stecken, obschon wir Christus angezogen haben in der Taufe. Aber die Bekehrung macht aus uns nicht automatisch geistliche Menschen, die, wie durch ein Wunder, der Welt und ihrer Lust plötzlich den Rücken zu kehren.
Wenn die Bekehrung aus uns wirklich vollkommene „Heilige“ machen würde, dann müsste Paulus die damaligen Gemeinden (inkl. Kolossä) nicht immer wieder dazu aufrufen, würdig ihrer himmlischen Berufung zu wandeln. Die Frage stellt sich vielmehr: Wie gehen wir als Wiedergeborene mit all unseren fleischlichen Lüsten um? Die Antwort zu dieser Frage beschäftigen Theologen seit über 2000 Jahren. Denn sie ist der Schlüssel zum Christentum! Wie gehen wir mit dieser Doppelspurigkeit um? Es gibt die Möglichkeit vom Einsiedlertum, aber das ist nicht Gottes Wille, zudem bietet es keine Lösung des Problems. Wir können der Welt etwas vorspielen, aber Gott nicht!
Als Christen sind wir Doppelbürger: „Gott hat uns der Macht der Finsternis entrissen und uns versetzt ins Reich seines geliebten Sohnes“ (Kol 1,13). Wir leben aber auch nach wie vor in dieser Welt und sind umgeben von der Verführung und der Sünde (Kol 2,20). Der Aufruf des Heiligen Geistes, durch sein Wort an alle Gläubigen, lautet unmissverständlich: „Bemüht euch unermüdlich, nach eurer Bekehrung - den alten Menschen abzulegen und den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen wurde, anzuziehen!“
Nur, wer sich unermüdlich bemüht, indem wird Gottes Heiliger Geist wachsen und Frucht tragen: 1. Korinther 9,24-26 (NZÜ). Obschon wir alle zu den Gewinnern zählen, werden wir aufgerufen, im Glauben so zu laufen, als ob es nur um einen Siegespreis gehe! Wie ein sportlicher Wettkämpfer, verzichten auch wir auf viele Genüsse des Lebens, weil wir uns ganz dem Glauben an unseren Herrn verschrieben haben und widmen wollen. Wir kämpfen nicht ziellos und planlos als Gläubige, sondern durch die Zugehörigkeit zur Gemeinde, lassen wir uns zum Sieg ausbilden.
Verse 8-10: Sechs geistliche Denkfehler.
Weil wir mitten im Wettkampf des Glaubens stehen, arbeiten wir hart daran, alle Ungeistlichkeiten abzulegen, die uns und anderen Schaden zufügen:
Zorn (ὀργή) = grosser Ärger, Verdruss oder Unwille.
In der Bibel wird dieser Begriff meistens auf Gottes Urteilsspruch gegen Ungehorsam und Sünde angewandt (Ps 7,11; Röm 1,28; 2,5-8; Eph 5,6). Wenn Gott erzürnt, dann deshalb, weil wir ihm so unendlich viel bedeuten und er uns am liebsten retten und bei sich haben möchte (Hebr 12,29). Gottes Zorn ist positiv und hat nichts Ausfälliges an sich. Auch Jesus war zornig, weil er betrübt war über die Uneinsichtigkeit seiner Volksgenossen (Mk 3,5; Joh 2,12-17). Zorn ist also nicht in jedem Fall Sünde, sonst hätten sich Gott und sein Sohn längst versündigt: Epheser 4,26.
Zorn, um des guten Willens, ist keine Sünde. Wenn wir uns aber in unserer Ehre gekränkt fühlen und deshalb zornig werden, dann geht es um egoistische Selbstliebe. Zorngefühle können und sollen nicht unterdrückt werden. Gott verlangt von uns nicht, natürliche Gefühle zu unterdrücken. Problematisch wird es dann, wenn Gefühle ausser Kontrolle geraten, sodass der Zorn in Jähzorn ausartet.
Jähzorn ist Sünde, weil es ein Zustand ausser Kontrolle ist. Wir sagen oder tun Dinge, die nur ein Ziel haben: den andern zu verletzen (2Kor 12,20; Gal 5,20; Spr 22,24-25). Ein jähzorniger Mensch ist fähig, einen anderen umzubringen, wie z. B. Kain, der seinen Bruder erschlug (1Joh 3,11-18).
Wut (θυμός), Wutausbrüche, Zorn oder Grimm.
Eine genaue Begriffsunterscheidung von Zorn und Wut ist kaum möglich. Die Bedeutung dieses Begriffes reicht vom sehr Guten bis zum äusserst Bösen. Er kann eine gerechte Entrüstung gegenüber dem Bösen kennzeichnen (Offb 19,15; 16,19). Er kann auf wilde Tiere angewandt werden, die sich selbst und ihr Revier verteidigen. Er wird aber auch in Bezug auf den Teufel benutzt, der einen grossen Zorn hat, weil er weiss, dass ihm nur wenig Zeit übrigbleibt, um die Menschheit zu verführen (Offb 12,12). Paulus spricht hier von dieser Art der Wut, die einem andern Menschen durch böse Worte oder gar durch Handgreiflichkeiten Schaden zufügt. Deshalb erklärt er auch den Ephesern (4,31): „Alle Bitterkeit und Wut, Zorn, Geschrei und Lästerrede sei verbannt aus eurer Mitte, samt allem, was böse ist!“ Temperamentvollere Menschen haben keine Entschuldigung! Diese Leidenschaft kennzeichnet den alten Menschen, der mit der Kraft des Heiligen Geistes gezügelt oder getötet werden soll!
Bosheit (κακία)
In anderen Auflistungen gebraucht Paulus den Begriff Schlechtigkeit (πονηρία), der mit Bosheit fast sinngleich ist (Röm 1; Kol 3). Es geht um eine geringe und niederträchtige Gesinnung, Gehässigkeit, andern wehtun, Schaden zufügen, sie zum Schlechten verführen usw. Schon vor der Sintflut sah der Herr, „dass die Bosheit des Menschen gross war auf Erden und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens allezeit nur böse war“ (Gen 6,5; Jer 17,9). Jesus listet (in Markus 7) dreizehn böse Gedanken auf, die von innen aus den Herzen der Menschen kommen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns in Christus Jesus erneuern lassen, zu neuen Wesen nach dem Bild unseres Schöpfers. Diese Erneuerung geschieht nicht automatisch. Sie geschieht auch nicht bei unserer Bekehrung, sondern nur durch hartes, geistiges Training: durch Bibellesen und viele Gebete, durch Nachdenken über das Gute und Gottwohlgefällige, durch die Gemeinschaft der Gläubigen, in der wir angespornt werden zur Liebe und zu guten Taten (Hebr 10,24)!
Das Böse in unseren Herzen kann nur überwinden werden, wenn wir das Böse hassen und das Gute lieben, wenn wir das Böse mit Gutem vergelten: Römer 12,17-21.
Die folgenden Begriffe stehen in engstem Zusammenhang mit der unzähmbaren Zunge, die verheerende Waldbrände auslösen kann (Jak 3):
Lästerung (βλασφημία), Lästerrede, Schmähung, Blasphemie.
Bei diesem Begriff handelt es sich um kränkende und verletzende Worte gegen Gott, Jesus, den Heiligen Geist, oder Menschen. Die Juden warfen Jesus Gotteslästerung vor (Joh 10,33-36). Weil er Sünden vergab, machte er sich zu Gott und wurde von den Juden als Gotteslästerer zum Tod verurteilt (Mt. 26,65). Auch Stephanus wurde vorgeworfen, er habe Lästerreden wider Mose und Gott geführt, worauf die Todesstrafe lastete (Apg 6,11; Lev 24,16). Die Sünde der Lästerung kann vergeben werden, nur die Lästerung wider den Heiligen Geist kann nicht vergeben werden (Mt 12,32).
Schändliche Reden (αἰσχρολογία), üble Nachrede, Schmährede.
Unter schändliche Reden geht alles, was nicht dem Geist Christi entspricht. Es können üble Nachreden gemeint sein, aber auch schmutzige Witze oder obszöne Ausdrücke, wie sie heute in der modernen Rap Szene häufig vorkommen. Jesus lehrt:
Mt 12,34b: „Spricht doch der Mund nur aus, wovon das Herz überquillt.“
Mt 15,18: „Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein.“
Lüge (ψεύδομαι)
In der neuen Zürcherübersetzung fehlt das Substantiv Lüge (Pseudomai). Es heisst: „Macht einander nichts vor!“ Vielleicht behauptet jeder von uns, niemals zu lügen. Was fällt denn alles unter die Kategorie Lüge? Wenn der Zollbeamte fragt: „Haben Sie etwas zu verzollen?“ Und wir verneinen, obschon wir Ware mitführen, für die extra bezahlt werden müsste (das ist Lüge!). Auch eine Halbwahrheit ist Lüge! Wenn der Zollbeamte den Pfarrer fragt: „Haben Sie etwas zu verzollen?“ Und der Pfarrer antwortet: „Ich habe alles unter den Armen verteilt.“ Zur Kategorie Lüge gehören auch Übertreibungen (Prahlereien), z. B. dass ich einen riesengrossen Fisch gefangen habe, dabei war er kaum 5 cm lang, oder denken wir nur an Annanias und Saphira, die die Gemeinde belogen haben und durch ihre Übertreibung mit dem Tod bestraft wurden (Apg 5,3-4). In einer anderen Aufzählung (in der Offenbarung) steht: Offb 21,8. Lüge ist eine schwerwiegende Sünde in Gottes Augen, die zum ewigen Tod führt!
All diese Begriffe finden wir in den 10 Geboten wieder. Sie trennen uns von unserem Schöpfer. Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen Unzucht und Lüge, sondern all diese Dinge sind Sünde und gehören zum alten Menschen, den wir abgelegt haben in der Taufe. Darum, lasst uns Gottes Wort ernst nehmen und hören, was Gottes Geist den Gemeinden sagt! Lasst uns im Alltag diese Dinge nicht vergessen! Denn wir sind auf dem Weg der Heiligung und wollen den neuen Menschen immer mehr anziehen. Sündigen bedeutet, das Ziel unserer Berufung zu verfehlen, zurück in die Knechtschaft zu fallen; Sündigen bedeutet, uns selbst Schaden zu zufügen.
Die Sünde hat aber noch einen anderen wichtigen Aspekt! Wir sind nicht nur für uns selbst verantwortlich, sondern wir geben mit allem was wir sagen und tun ein Vorbild zum Guten oder zum Schlechten! Mit unserem Verhalten beeinflussen wir die Menschen um uns herum! Wenn ich z. B. Halbwahrheiten erzähle, dann kann ein anderer seine Lügen leichter rechtfertigen! Wenn ich z. B. mich mit einer anderen Frau vergehe, dann kann sich ein Unverheirateter mit seiner Unzucht vor der Ehe erst recht rechtfertigen: 1. Korinther 5,6b-8 (1Tim 1,16; 4,12; 2Tim 1,13).
Wir lassen uns nach dem Bild des Schöpfers erneuern (ἀνακαινόω im part. präs. pass.= durativ). „Ihr habt doch das alte Gewand ausgezogen - den alten Menschen mit seinen Verhaltensweisen - und habt das neue Gewand angezogen - den neuen, von Gott erschaffenen Menschen, der fortwährend erneuert wird, damit ihr Gott immer besser kennenlernt und seinem Bild ähnlich werdet“ (NGÜ).
Nachdem wir die Strassenkleider ausgezogen und das königliche Gewand angezogen haben, lassen wir uns nach dem Bild des Schöpfers fortwährend erneuern (ἀνακαινόω im part. präs. pass.= durativ). Das heisst, dass ein Christ konstante Bemühungen unternimmt, um dem Bild Gottes immer ähnlicher zu werden. Unser geistliches Leben ist wie ein neugeborenes Kind, das wächst und viele kleine Fortschritte macht. Jedes Kind, das nicht wächst, ist krank. Wie wächst ein Neugeborenes? = indem es ein unbändiges Verlangen nach der Muttermilch trägt! Auch wir sollen, wie neugeborene Kinder, nach der geistigen und unverfälschten Milch Verlangen tragen (1Petr 2,1-2). Durch die geistige Nahrung wachsen auch wir im Glauben! Dieses Wachstum nennt Paulus den fortwährenden Erneuerungsprozess, bis wir „zum vollkommenen Menschen heranwachsen und die volle Reife in der Fülle Christi erlangen“ (Eph 4,13).
Wie sieht denn dieser vollkommene Mensch aus, zu dem alle Gläubigen heranwachsen? Er sieht aus wie Jesus Christus, unser Anfänger und Vollender des Glaubens (Hebr 12,2). Er ist Jesus Christus, unser Gott und Schöpfer - den wir immer besser kennenlernen durch sein Wort, durch den wir uns fortwährend erneuern lassen, zu dem wir heranwachsen und die volle Reife erlangen.
Vers 11: Nationalität spielt keine Rolle.
In unserer Kultur würden wir heute sagen: „Da ist kein Deutscher, Österreicher, Italiener, Franzose oder Schweizer.“ Die Chinesen würden vielleicht sagen: „Da ist kein Russe, kein Tibeter, Mongole, Koreaner, Japaner, Philippiner, noch Vietnamese.“ Und Paulus sagte in der damaligen Zeit: „Da ist nicht Grieche und Jude, nicht Barbar, Skythe, Sklave oder Freier …“ Mit dieser Aufzählung will Paulus jedoch mehr sagen, als im ersten Blick ersichtlich ist.
Griechen und Juden:
Vermutlich erwähnt er die Griechen (= hellenistisch) zuerst, weil sie die Mehrheit in der Gemeinde zu Kolossä ausmachten und den grössten Einfluss hatten. In zwei anderen Listen nennt er nämlich die Juden zuerst und dann die Griechen (1Kor 12,13; Gal 3,28). An andern Stellen spricht er nur von zwei Gruppen von Leuten; Juden und Griechen (Röm 1,16; 2,9-10; 3,9.29-30; 9,24; 10,12), damit meint er generell - Juden und Nichtjuden oder die Beschnittenen und die Unbeschnittenen. Nationalität spielt in Christus keine Rolle mehr, denn alle Völker sind nun vor Gottes Augen gleich akzeptiert (Apg 10,34-35; 15,7-11).
Barbar und Skythe:
Die Barbaren und Skythen sind nicht zwei Kontrastgruppen, wie Juden und Nichtjuden. Die Neue Genferübersetzung macht dazu folgenden Kommentar: „Als Barbaren bezeichneten die Griechen Völker, die nicht unter dem Einfluss griechischer Kultur standen und daher in ihren Augen ungebildet und unzivilisiert waren.“ Sogar die Römer galten den Griechen ursprünglich als Barbaren. Für sie war jeder, der nicht griechisch sprach, ein Barbar, d. h. einer, der nur „bar-bar“ sagen konnte (sie hörten nur Bahnhof oder Barbar).
Die Skythen galten zu den Schlimmsten unter den Barbaren. Sie wurden nicht als Menschen betrachtet, sondern wie wilde Tiere, die mit ihren bestialischen Gräueltaten die zivilisierte Welt in Schrecken versetzten. Es waren Nomadenstämme im Nordosten Griechenlands, rund um das Schwarze Meer. Josephus (Geschichtsschreiber) schrieb über sie: „Sie tranken das Blut ihrer ersten Feinde, die sie im Kampf töteten und machten Servietten aus den Skalpellen (Kopfhäuten) und benutzten die Schädelhöhlen als Trinkgefässe.“
Sklave und Freier:
Auch mit diesen Begriffen macht Paulus eine revolutionäre Aussage. In der damaligen Zeit hatten Sklaven grundsätzlich keine Rechte. Sie waren menschliche Werkzeuge, Gegenstände und Eigentum ihrer Herren. Die Herren konnten ihre Sklaven verprügeln, brandmarken, verstümmeln, ja sogar töten. Ein Freier konnte ein früherer Sklave sein, oder einer, der nie Sklave war. Zwischen Sklaven und Freien gab es damals keine Gemeinschaft. Noch weniger wäre eine Gemeinschaft zwischen Sklaven und Herren denkbar gewesen.
Die Welt war damals genauso grausam und verachtend wie heute:
Juden blickten auf Nichtjuden herab, denn sie waren Gottes Volk. Griechen verachteten Nichtgriechen, denn sie waren die Aristokraten der Antike. In der Kolossergemeinde - gab es Heidenchristen, die, gemäss ihrer Zeit, griechisch geprägt waren, es gab aber auch Judenchristen, es gab vielleicht auch Barbaren, Skythen, Sklaven und Freie. Aus dem Philemonbrief entnehmen wir, wie Paulus für den gläubigen Sklaven Onesimus ein gutes Wort einlegte (Phlm 15-16; in welcher Gemeinde war er?). All diese Gruppen sollten nun in Christus zusammenleben in derselben Gemeinde: das war ein revolutionärer Gedanke!
In Christus wurden alle Schranken der Herkunft niedergerissen: Gal 3,26-29. Übrigens, gibt es heute viele, die diese Schriftstelle missbrauchen und zitieren, um zu rechtfertigen, dass Frauen für dieselben Aufgaben in der Gemeinde eingesetzt werden sollten wie Männer. Dazu ist zu sagen, dass Paulus auch Sklaven und Freie aufzählt und damit keineswegs meint, dass alle nun dieselben Aufgaben ausführen sollten. Jeder soll in seinem Stand bleiben, indem er berufen wurde (1Kor 7,20).
Es geht Paulus auch nicht darum, alle Völker der Erde ausserhalb des Leibes Christi zu vereinen! Auch für den Skythen, der einsichtig und an Christus gläubig wurde die trennende Wand der Feindschaft niedergerissen: Eph 2,14-16. Selbst der Vornehmste in der Gemeinde konnte sich einem Skythen nicht entziehen. Jesus ist für alle gestorben und verbindet alle Gläubigen, aus allen Nationen, miteinander, unabhängig von ihrem sozialen Stand, ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft. Alle sind durch den Glauben an Jesus, Abrahams Nachkommen und Erben des Reiches Gottes geworden! Dieser Gedanke war damals unglaublich und revolutionär und stellt bis heute die Menschheit vor eine riesengrosse Herausforderung. Viele konnten es kaum fassen: Spielte die Nationalität tatsächlich keine Rolle mehr, sondern waren alle Menschen, aus allen Nationen, gleichwertig akzeptiert in Gottes Augen? Ja, in Christus wurde dies möglich! „Christus ist alles und in allen.“ Er ist der Schöpfer und steht über allen (1,16). Er trägt das All mit dem Wort seiner Macht (Hebr 1,2). In ihm liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen (2,4).
Es nützt nichts, wenn wir verstandesmässig erfasst haben, dass Nationalität in Christus keine Rolle mehr spielt und wir - den Staat Israel bevorzugen, mit einem Ex-Mörder oder Ex-Verbrecher nicht das Mahl einnehmen wollen, Schwarze in unserer Gemeinde hinausekeln, Tessiner und Welsche gegen Deutschschweizer ausspielen, (oder kroatische Österreicher gegen Schweizer usw.), Handwerker gegen Bürolisten ausspielen, die Person ansehen, indem wir Gläubige in der Gemeinde mit einem sozial tieferen Niveau nicht annehmen, sondern Leute mit viel Geld bevorzugen (Jak 2). Alte oder Kranke, Behinderte, oder gar Kinder vernachlässigen usw.
III. Kapitel 3,12-17: Das Gemeindeleben
Verse 12-14: Mit geistlichen Werten bekleidet.
Einmal mehr beginnt Paulus den neuen Satz mit „so“, was auch „darum“ bedeutet und Bezug nimmt auf das Gesagte. Was beinhaltet denn das Gesagte? „Christus ist alles und in allen.“ Er allein hat es durch sein Opfer möglich gemacht, dass die Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität, in Frieden untereinander leben könnten. Leider ist dies in der Welt nicht möglich, weil Christus nicht in allen lebt. Überall dort, wo Gemeinden entstehen und Menschen sich unter die Herrschaft Christi stellen, ist dieser Friede trotz allen Unterschiedlichkeiten möglich.
Denn wie die Kolosser, werden alle Gläubigen aufgerufen sich mit geistlichen Werten zu bekleiden und gute Tugenden zu entwickeln, die für ein harmonisches Zusammenleben in der Gemeinde dringend notwendig sind.
Wir sind die auserwählten (ἐκλεκτός), heiligen (ἅγιος) und geliebten (ἀγαπάω) Gottes!
Alle drei Bezeichnungen waren ursprünglich den Juden vorbehalten. Nicht jeder, der berufen ist, ist auch auserwählt (Mt 22,14)! Berufen ist die ganze Welt, aber nur wenige lassen sich auserwählen, d. h. herausrufen, aus der Finsternis der Welt, in das Licht Christi (wie die Israeliten sich aus der Knechtschaft Ägyptens herausrufen liessen), heiligen, d. h. absondern von der vergänglichen Lust der Welt (1Petr 2,9). Zu wenige beanspruchen Gottes Liebe.
Es sind leider nur wenige, die diese geistlichen Werte anziehen und sich die folgenden Tugenden aneignen wollen:
Inniges Erbarmen (σπλάγχνον οἰκτιρμός)
Mit andern Worten: „ein Herz des Erbarmens,“ „herzliches Mitgefühl.“ Paulus gebraucht hier nicht das übliche griechische Wort für Herz (Kardia), sondern ein viel ausdrucksstärkeres (Splagchna). „Splagchna“ bezeichnet die wichtigsten inneren Organe des menschlichen Körpers, Herz, Lunge, Leber und die Därme (Judas Tod: Apg 1,18). Im klassischen Griechisch wird damit der Sitz der tiefsten Gefühle bezeichnet. Inniges Erbarmen bleibt aber nicht bloss ein intensives Gefühl, sondern es motiviert auch etwas Gutes zu tun! Wir sehen das bei Jesus: Matthäus 9,36 (Aufruf zum Gebet!). Sein inniges Erbarmen treibt ihn zum Handeln, indem er lehrt und predigt, Kranke heilt und Menschen speist usw. (Mt 9,35-36; 14,14; 15,32). Von diesem innigen Erbarmen spricht Paulus, das alle Gläubigen an den Tag legen sollen!
Güte (χρηστότης)
Wir alle kennen das Sprichwort: „Jeder Mensch hat einen guten Kern.“ Der Mensch der Bibel spricht aber eine ganz andere Sprache, indem er bekennt: „Ich weiss, dass in mir … nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18). Wir haben Gott nicht unsere guten Seiten zu bringen, sondern uns, wie wir sind: als Sünder (Ps 14). Unter Gottes Hand werden wir nicht besser, sondern neu. Auch gute Werke machen uns nicht gut vor Gott. Es ist einzig und allein der Heilige Geist, den Gott bei der Bekehrung in uns gelegt hat, der gut ist und uns zu guten Taten anspornt. Doch der Mensch trägt grundsätzlich keinen guten Kern in sich (Jer 17,9).
Nur Gott allein ist gut (Ps 86,5)! Sogar Jesus hat für sich die Bezeichnung „guter Meister“ zurückgewiesen, um so auf die einzigartige Güte Gottes hinzuweisen (Mk 10,18). Wie sieht denn diese Güte Gottes aus? Sie ist das Gegenteil von menschlichem Handeln und deshalb so schwer zu begreifen.
Was tun wir, wenn uns jemand nur im Geringsten angreift oder verletzt? Wir schlagen sofort zurück! Wir lassen uns das doch nicht gefallen! Die unbegreifliche Güte Gottes aber opfert sein liebstes für das Böse. Sie sucht nicht den verdienten Tod des Sünders, sondern seine Rettung, indem sie den höchsten Preis dafür zahlt (Eph 2,7; Tit 3,4). Auch wenn wir die göttliche Güte niemals ganz verstehen können, so lasst uns dennoch bemüht sein, sie immer mehr anzuziehen! Denn Jesus lehrt: Lukas 6,32-35.
Demut (ταπεινοφροσύνη)
Wann sind wir demütige Christen? Wenn wir das tun, was Paulus den Philippern schreibt (Phil 2,3): „In der Demut achte einer den andern höher als sich selbst.“ Demut entsteht durch die Einsicht der eigenen Schwächen (oder Schuld, Jak 4,6). Demut hat nichts zu tun, mit falscher Unterwürfigkeit, Kriecherei oder Schwachheit. Ein demütiger Mensch ist einer, der sich niemals über andere erhebt und sich besser, stärker, schneller usw. vorkommt. Demut ist die Fähigkeit, schwach zu sein und sich der Kraft Gottes völlig anzuvertrauen. Je grösser unsere Erkenntnis von der überragenden Grösse und Vollkommenheit Gottes ist (Ps 19; Jes 6,5; Offb 1,17), desto mehr kann unsere Demut wachsen. Demütige Menschen sind unbedingt erforderlich, um die Einheit in der Gemeinde zu bewahren.
Sanftmut (πρᾳότης)
Auch Sanftmut hat nichts mit einem Schwächling gemeinsam. Bsp. Ein sanftmütiger Mensch kann sehr stark sein. Er kann einen 50 Kilo Stein sanft vom Tisch auf den Boden setzen. Ein Schwächling könnte den Stein gar nicht erst tragen. Bsp. Ein Pferd ist stark und kann durch die Zügel gebändigt werden. Sanftmut ist also gebändigte oder disziplinierte Stärke. Bsp. Menschen können miteinander hart, unhöflich und respektlos umgehen. Selbst, wenn wir das auch könnten und gute, schlagfertige Antworten haben, aber uns beherrschen, dann sind wir sanftmütig.
Jesus kam als Gottheit und Herrscher auf diese Welt und ritt dennoch nicht auf einem Pferd, sondern auf einem Esel in die Stadt Jerusalem (Mt 21,5). Deshalb lehrt er zurecht in Matthäus 11,29. Jesus spricht alle selig, die auf Gewalt verzichten (Mt 5,5). Nur durch sanftmütige Glieder kann die Einheit der Gemeinde bewahrt werden (Dtn 12,3: Sanftmut ist Demut unter Anfechtung). Jakobus 3,13: „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige an dem guten Wandel seine Werke in Sanftmut der Weisheit!“
Geduld (μακροθυμία)
Auch als Langmut bezeichnet! Bedeutet auch standhaft und ausdauernd sein. Beherrschung, Nachsicht, Duldsamkeit, Ausharren, Beharrlichkeit. Langmut bedeutet ein langes Gemüt zu haben, in der Verfassung zu sein, warten zu können, beharrlich zu sein und sich nie mit einer Niederlage zufrieden zu geben. Weil Abraham geduldig ausharrte, konnte er endlich die Verheissung ererben (heisst es in Hebr 6,15). So wartet auch der Christ geduldig auf den Tag des Herrn. Dabei kann er vom Landwirt lernen, der geduldig auf die Ernte wartet (Jak 5,7). Er kann sich auch ein Beispiel nehmen, am Leiden und an der Geduld der Propheten (Jak 5,10). Geduld oder Langmut lernen wir durch Erprobungen: Jak 1,4. Ohne Langmut untereinander kommt keine Einheit in der Gemeinde zustande (siehe Gottes Langmut mit uns: Röm 2,4; 2Petr 3,9).
Für ein harmonisches und aufbauendes Gemeindeleben sind all diese geistlichen Werte lebensnotwendig. Darum, lasst sie uns anziehen und uns diese wunderbaren Tugenden aneignen. Denn wir sind Gottes auserwählte, heilige und geliebte Kinder! Wir wollen nicht der Welt gefallen, sondern allein Gott, unserem Schöpfer und Erlöser (Eph 4,1-3).
Paulus fährt fort mit drei weiteren Tugenden, mit denen wir uns in der Gemeinde geistlich bekleiden sollen. Was ist eine Tugend? Wie verhält sich ein tugendhafter Mensch? Er ist anständig, ehrbar, keusch, sittlich, züchtig. Tugend bedeutet Tüchtigkeit, Tauglichkeit, Unbescholtenheit. Die göttlichen Tugenden, die wir in der Bibel finden, sind eine Frucht des Heiligen Geistes und stehen in krassem Gegensatz zu den Werken des Fleisches (Gal 5,19.22). Die Glaubenstugenden (die in 2Petr 1,5 erwähnt werden) sind gute Werke, die für ein harmonisches und erfolgreiches Zusammenleben in der Gemeinde unbedingt erforderlich sind.
Einander ertragen (ἀνέχομαι)
Ertragen bedeutet (nicht Sünden zu tolerieren, meinungslose Gleichgültigkeit, sondern) die Andersartigkeit unserer Glaubensgeschwister anzunehmen, indem wir mit ihnen verständnisvoll umgehen. Das heisst; wo zusammen gearbeitet wird, da passieren Fehler, Missgeschicke usw. die wir tolerant angehen sollen. Es ist auch so, dass gerade in unserer heutigen Zeit, jeder z. B. ein unterschiedliches Ordnungsempfinden hat. In der Gemeinde wird die Ordnung im Gottesdienst von den Verantwortlichen bestimmt. Privat kann aber jeder selbst entscheiden, was Ordnung oder Unordnung im eigenen Haushalt bedeutet. Es müssen nicht alle so werden, wie zum Beispiel der Prediger oder die Leiter der Gemeinde. Zudem muss bei dem Ertragen auch beachtet werden, dass es in jeder Gemeinde stärkere und schwächere Glieder gibt: Römer 15,1-3.
Ertragen bedeutet aber auch, dass wenn wir manchmal sogar unfreundlich behandelt werden, stark sind und einander in der Liebe Christi ertragen (Eph 4,2), dass wir nicht gleich aufbrausen, wenn uns etwas befremdet, dass wir jedem freundlich begegnen und einander viel Bonus geben, um so das Zusammenleben in der Gemeinde zu begünstigen: Epheser 4,32.
Einander vergeben (χαρίζομαι)
Die Bedingung, um Gottes Gnade und Vergebung zu empfangen ist, dass auch wir bereit sind andern zu vergeben.
Jesus sagt in der Bergpredigt (Mt 6,14-15): „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird auch euer Vater eure Verfehlungen nicht vergeben.“ Das ist eine hohe Schule, denn in der Welt läuft es gerade anders! Menschen rächen sich für jedes Unrecht, das an ihnen geschieht. Als Christen hingegen sind wir berufen, selbst unsere Verfolger zu segnen (Röm 12,14).
Viele sind vielleicht noch bereit, jemandem zu vergeben, der sie um Entschuldigung bittet. Doch das ist nichts besonderes, keine aussergewöhnliche Leistung! Aus der Schrift geht zwar deutlich hervor, dass Gottes Liebe konditionell ist, d. h. Gott vergibt nur denen, die Busse tun (1Joh 1,9; Gal 6,1-2). Wir können aber nicht so vorgehen mit andern, weil wir nicht Gott sind. Jesus lehrt in Matthäus 5,38-39.43-45a: Wenn wir nur denen lieb begegnen, die uns liebreich gesinnt sind, dann haben wir keinen Lohn bei Gott. Wenn wir nur denen vergeben, die uns um Vergebung bitten, dann spielen wir uns als Gott auf. Im Leben gibt es viele „Pat-Situationen“ (= Unentschieden beim Schach), wo keiner der Gewinner ist.
Oft haben wir uns gegenseitig verschuldet und sollten dann auch bereit sein, unseren Teil einzugestehen. Wenn wir Opfer sind und vom Täter nicht um Entschuldigung gebeten werden, dann lehrt uns Jesus: Markus 11,25. Dies ist ein Beispiel, das uns zeigt, dass wir selbst dann vergeben sollen, wenn jemand nicht um Vergebung bittet. Als Jesus am Kreuz hing, betete er für die Uneinsichtigen (Lk 23,34): „Vater vergib ihnen! Denn sie wissen nicht was sie tun.“ Auch Stephanus zeigte bei seiner Steinigung denselben Geist (Apg 7,60). Wichtig ist, dass wir uns in keinem Fall verbittern lassen, sondern ein grosszügiges Herz an den Tag legen, indem wir nicht nachtragend sind, sondern vergebend wie Christus.
Bedeutet vergeben auch vergessen? Auch hier ist es bei Gott wieder ganz anders, als bei uns Menschen! Wenn Gott vergibt, dann kann er auch vergessen: Hebr 8,12. Wir Menschen können jedoch nicht in jedem Fall vergessen. Es kommt ganz darauf an, wie gross die Wunden sind. Auch fleischliche Wunden brauchen Zeit zur Heilung. Wichtig ist nur, dass wir ein Vergehen gegen uns nicht immer wieder hervorholen und dem andern anklagend vorhalten. Die oberste Pflicht für uns Christen ist, einander immer wieder zu vergeben, auch dann, wenn jemand uns sehr wehgetan hat (Mt 18,22).
Vergesst die Liebe (ἀγάπη) nicht!
„Die Liebe deckt die Fülle der Sünden zu!“ (1Petr 4,8). Gegen die Liebe ist kein Unkraut gewachsen! Die Liebe steht an der Spitze der Glaubenstugenden: 2. Petrus 1,5-7. Gottes Liebe gilt allen Menschen; denen, die liebenswert sind und auch denen, die schwieriger sind zu lieben. Wir bleiben allen Menschen diese göttliche Liebe schuldig: Röm 13,8-10. An unserer Liebe untereinander können alle Menschen erkennen, dass wir Jesu Jünger sind (Joh 13,35). „Die Agape-Liebe […] bläht sich nicht auf, […] sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, […] sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals“ (1Kor 13,4-8).
In der göttlichen Liebe besteht das Band der Vollkommenheit (τελειότης)! Wobei bei dieser Vollkommenheit nicht so sehr die Perfektion gemeint ist, als vielmehr die Vollständigkeit. Das Band (σύνδεσμος) schnürt alle anderen erwähnten Tugenden, wie ein Paket, zusammen. Alle menschlichen Institutionen (Ehe, Verein, Gemeinschaften usw.) haben die Neigung, früher oder später auseinanderzufallen. Warum? Weil das Band der Vollkommenheit fehlt! Die Liebe ist das einzige Band, das Menschen als Gemeinschaft zusammenhält. Darum, lasst uns lieben, denn Gott hat uns zuerst geliebt! Liebe kann gelernt werden! Wer lernt Gott zu lieben, der lernt sich selbst zu lieben und seine Mitmenschen!
Vers 15: Vom Frieden Christi regiert.
Wenn der Friede (εἰρήνη) Christi unsere Herzen regiert, dann können alle Bosheiten und alle Streitigkeiten im richtigen Licht gesehen werden. Jesus erklärt seinen Jüngern: Joh 14,27a. Die Welt versteht den Frieden Christi nicht! Sie erwartet fälschlicherweise, dass Christus den Weltfrieden herstellen werde. Doch das Reich Christi ist nicht von dieser Welt (Joh 18,36). Jesus trauerte um die Stadt Jerusalem, weil die Menschen schon damals seine Friedensherrschaft nicht richtig verstanden haben: Lk 19,41-42.
Es geht nicht um einen äusseren Frieden, sondern um den geistlichen Frieden! Die Friedensherrschaft Christi hat bereits begonnen. Auch wenn, äusserlich gesehen, die ganze Welt im Krieg steht und alles nach Zerstörung und grosser Not aussieht, so regiert dennoch der Friede Christi: Römer 5,1. Wer mit Christus versöhnt wurde, der hat wahren Frieden gefunden. Wer zum Frieden in Christus gefunden hat, der wird aufgerufen, diesen Frieden in seinem Herzen regieren zu lassen. Friede muss nicht mehr geschaffen werden, sondern er muss nur noch bewahrt werden, denn Christus ist unser Friede!
Der Friede Christi zieht sanft in unsere Herzen ein, wenn wir es zulassen, gerade so, wie wenn wir die Storen aufrollen und die Fenster öffnen, so dass das Sonnenlicht die ganze Wohnung erleuchten und erwärmen kann. Durch die Ruhe zum Gebet oder zur Anbetung und die Verbundenheit mit Gottes Gegenwart, tragen wir dankbar diesen Frieden in uns. Frieden kann nicht erzwungen werden, sondern wahrer Friede kommt von innen heraus - aus einem erfüllten, glücklichen und dankbaren Geist.
Der Mensch, der Frieden mit Gott gefunden hat, der hat auch Frieden mit sich selbst gefunden und Frieden mit seinen Mitmenschen, der ist bereit in allen Lebenssituationen Frieden zu stiften! Jesus verspricht (Mt 5,9): „Selig, die Frieden stiften - sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden.“
Alle diese aufgezählten Tugenden sind gute Werke vor Gott! Mit diesen Tugenden fördern wir das Gemeindeleben. Sie sind das Fundament für die Einheit und das Wachstum der Gemeinde. Darum, lasst uns dankbar sein in allem, was wir von Gott empfangen haben und uns bemühen, diese Tugenden, wie die Kolosser, als geistliches Kleid anzuziehen!
Vers 16: Vom Wort Christi erfüllt.
Wie lassen wir das Wort Christi unter uns wohnen (ἐνοικέω)?
Indem wir über Stellen in der Bibel Tag und Nacht nachdenken und gemeinsam diskutieren. Nachdem Mose gestorben war, sprach der Herr zu Josua: Josua 1,8. In Psalm 1,2 heisst es: „[Wohl dem, der]… seine Lust hat an der Weisung des Herrn und sinnt über seine Weisung Tag und Nacht.“ Das Wort Gottes soll sich bei uns zu Hause fühlen (Röm 8,11; 2Kor 6,16). Im Johannesevangelium, ganz am Anfang, lesen wir, dass Jesus das Wort ist, dass von Anfang an bei Gott war (Joh 1,1-2). Wenn wir uns also vom Wort Christi erfüllen lassen, dann lassen wir Christus in uns wohnen: Eph 3,17.
Bevor wir jedoch das Wort Christi unter uns wohnen lassen können, müssen wir zuerst seinen überschwänglichen Reichtum (πλουσίως) verstehen. Paulus war überwältigt, als er den Römern schrieb (Röm 11,33): „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!“ Wenn wir ergriffen und überwältigt sind, vom Wort Gottes, wie einer, der reiche Beute gemacht hat (Ps 119,162), dann sind wir vom Wort Christi erfüllt. In den Sprüchen wird die göttliche Weisheit als Baum des Lebens gepriesen: Sprüche 3,13-18.
Wie können wir aber das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum unter uns wohnen lassen, wenn wir die Bibel kaum lesen und keine Fragen zum Nachdenken und Diskutieren haben? wenn wir mit Abwesenheit glänzen, wenn die Gemeinde zusammenkommt und über das Wort Christi Gedanken austauscht? (Bsp. im Skiklub Mitglied, aber kein Interesse am Skifahren), wenn wir jedem Gespräch, das mit dem Wort Christi zu tun hat, aus dem Weg gehen?
Paulus ruft alle Gläubigen auf: „Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit!“ damit ihr diesen unschätzbaren Reichtum verstehen lernt. Dabei macht er uns auf einen weiteren Weg aufmerksam, die frohe Botschaft des Evangeliums unter uns wohnen zu lassen; durch den Gemeindegesang. Wie kann das Wort Christi einfacher eingeprägt werden, als durch die verschiedenen Lieder mit biblischen Texten und harmonischen Melodien? Die ersten Christen waren eine singende Gemeinde! Auch von den Juden ist uns bekannt, dass sie oft die ganze Nacht mit dem Singen von Hymnen und Liedern verbrachten. Nachdem Jesus und seine Jünger das Abendmahl zu sich genommen hatten, sangen sie dem Herrn Loblieder (Mt 26,30).
Der Gesang erfreut nicht nur das Herz und stärkt die Lungen!
Im Gesang drücken wir mit den Lippen unseren Glauben zum Herrn und unsere Freude und Dankbarkeit aus (Hebr 13,15; Phil 2,11)! Der Gesang ist eine andere Form des Lehrens, Ermahnens und des Gebets! Im Gesang preisen und verherrlichen wir Gott und bekennen uns zu IHM wie die vier Wesen, die Gott auf dem Thron „heilig, heilig, heilig“ zurufen (Offb 4,8). Im Gesang opfern wir dem Herrn ein liebliches Räucheropfer, indem wir ihm von Herzen danken für seine Gnade, Liebe und Güte usw. (Jak 5,13b)! Im Gesang bitten wir den Herrn aber auch um seine Hilfe!
Eine genaue Definition und Unterscheidung von einem Psalm (ψαλμός) zu einer Hymne (ὕμνος) oder zu einem geistlichen Lied (ᾠδή) ist leider nicht möglich. Mit „Psalmen“ könnten die Gedichte und Lieder aus dem Buch der Psalmen im AT gemeint sein. „Hymnen“ könnten Kompositionen von Christen sein, die im Besonderen die Gottheit Jesu und die Dreieinigkeit lobpreisen. „Geistliche Lieder“ könnte ein allgemeiner Begriff für alle christlichen Lieder mit biblischem Textinhalt sein. Alle Gesangsarten haben zum Ziel, die Einheit und den Frieden in der Gemeinde zu fördern, indem wir uns vom Geist Christi erfüllen lassen (Röm. 15,6). Der Gesang gehört zur heiligen Anbetung der neutestamentlichen Gemeinde! Deshalb soll das Liedgut für die Anbetung Gottes in aller Weisheit (σοφία) ausgewählt und gesungen werden, wie damals. Es ist bekannt, dass ein Gesangsleiter z. B. einen Vers voraussang und anschliessend die ganze Gemeinde einstimmig das Gehörte im Chorus nachsang (Ps 107). Oder, dass ein Gesangsleiter z. B. einen Vers sang und die Gemeinde das „Amen“ singend erwiderte oder „ja seine Güte währet ewig“ (Ps 136). Es besteht kein Zweifel, dass die Christen im ersten Jahrhundert niemals mit irgendwelchen mechanischen Instrumenten Gott anbeteten. Alles Materielle war alttestamentlich und hatte in der neutestamentlichen Anbetung nichts zu suchen. Zudem unterschied sich die heilige Gemeinde vom Götterkult der heidnischen Feste und Bräuche, die betrunken mit viel Musik und Lärm ihre Götter priesen. Vermutlich besassen die ersten Christen nicht einmal Noten, sondern sangen ihre Lieder auswendig oder lasen sie als Text ab. Damals waren die Lieder noch nicht vierstimmig, sondern einstimmig. Aus der Kirchengeschichte ist uns bekannt, dass die griech. Orthodoxe Kirche bis ins 20. Jahrhundert keine Musikinstrumente in ihren Gottesdiensten duldete. Während die Katholische Kirche erst im 10. Jahrhundert anfing, Musikinstrumente in die Gottesdienste miteinzubeziehen. Die Reformatoren Luther, Calvin, Wesley, Clark, Spurgeon und viele andere protestierten heftig gegen diese Erneuerungen.
Vom Geist Christi erfüllt sein bedeutet von seiner Gnade (χάρις) erfüllt sein, indem wir im Geist und in der Wahrheit anbeten (Joh 4,23), indem wir unserem Herrn singen und musizieren aus vollem Herzen (καρδία), ohne Zusatz (Eph 5,19).
Vers 17: In der Vollmacht Christi handeln.
Das Christentum ist eine aktive Religion! Es geht dabei um zwei Hauptmerkmale: Erkenntnis und Werke! Durch den offenbarten Willen Gottes erkenne und glaube ich, was wie zu tun ist (= Werke). Werke hinwiederum werden in zwei weiteren Arten ausgeführt: durch Worte (= Zunge, Mt 12,37), durch Taten (= ganzer Leib, Jak 2,24). Deshalb sagt Jakobus in seinem Brief (Jak 4,17): „Zu wissen nun, was es Gutes zu tun gäbe, und es doch nicht zu tun - das ist Sünde.“ Denn ein Glaube ohne Werke ist tot (Jak 2,26). Gott wird jedem vergelten nach seinen Worten und Taten, heisst es (Mt 12,37; Röm 2,6).
Darum gilt es für uns Christen, vorsichtig zu wandeln, indem wir alles was wir tun, sei es mit Worten (λόγος) oder mit Taten (ἔργον), im Namen des Herrn Jesus verrichten! Paulus sagt mit andern Worten: „Handelt in der Vollmacht Christi!“ Wie geschieht das?
In der Vollmacht Christi handeln?
Bsp. Wenn ein Botschafter im Auftrag seiner Regierung in ein fremdes Land zieht, wird er bevollmächtigt, im Namen seiner Regierung zu reden und zu handeln und sein Land in allem zu repräsentieren. Bsp. Ein Unternehmer, der einem Angestellten Prokura erteilt, gibt ihm die Vollmacht, im Auftrag der Firma Geschäfte zu tätigen, Verträge auszuhandeln und zu unterzeichnen. Genauso steht es mit unserer Vollmacht (griech. Exousia) in Christus! Es bezeichnet die Befugnis, die Amtsgewalt, die Macht, die etwas zu sagen hat. Diese Exousia, im Sinne von Vollmacht oder Ermächtigung, wird nicht für immer, sondern nur für eine bestimmte Zeit verliehen.
- Sie ist nicht eigenes, sondern übertragenes Recht.
- Sie ist nicht Besitz, sondern Geschenk, das verliehen wird, aufgrund des Vertrauens, das sich einer erworben hat.
- Sie ist eine geliehene Macht!
- Jesus erklärt seinen Jüngern (Lk 10,16): „Wer euch hört, der hört mich.“
- Der Apostel Paulus sagt: 2. Korinther 5,20.
Was bedeutet das, wenn Jesus verspricht, dass dort, wo zwei oder drei in seinem Namen zusammenkommen, er mitten unter ihnen sein werde (Mt 18,20)? Das bedeutet, dass er nur dann unter ihnen sein kann, wenn sie in seiner Befugnis oder seiner Vollmacht zusammenkommen und in seinem Geist und seiner Wahrheit anbeten! Wenn sie nach ihren eigenen menschlichen Vorstellungen anbeten, haben sie kein Anrecht auf Jesu Gegenwart! In diesem Sinne werden wir Gläubigen aufgerufen, im Namen Christi, d. h. in seinem Auftrag und Vollmacht als Botschafter des himmlischen Reiches zu reden und zu handeln und zwar mit Dankbarkeit (Joh 1,12). Denn nur ein dankbarer Botschafter des Reiches, verherrlicht Gott gebührlich! Jesus Christus hat es uns ermöglicht, Botschafter des Reiches Gottes zu sein und deshalb danken wir Gott durch IHN (Eph 5,20)! Im Namen Jesu sind wir als Botschafter auch ermächtigt worden, Gott den Vater direkt um etwas zu bitten (Joh 16,26).
Schlussfolgerungen:
Aus dem ganzen Abschnitt von Kapitel 3 lernen wir, wie wir den alten Menschen ausziehen (V. 5-11), wie wir als Gottes auserwählte, Heilige und Geliebte uns mit einer neuen Gesinnung bekleiden lassen und in der Gemeinde die Eintracht und den Frieden bewahren (V. 12-17).
Das Leben in der Gemeinde sieht ganz anders aus, als das Leben in der Welt! Darum, lasst uns erfüllt sein vom Wort Christi! Lasst uns mit aller Weisheit unserm Gott lobsingen und danken, durch Jesus Christus! Lasst uns alles was wir tun, mit Worten oder mit Taten, im Auftrag und in der Vollmacht Christi tun und als dankbare Botschafter des Reiches unseren Gott in der Welt verherrlichen!
IV. Kolosser 3,18 - 4,6: Leben als Christen in der Familie
Dieser ganze Abschnitt gehört zusammen. Im vorhergehenden Abschnitt war die Rede vom Leben in der Gemeinde und wie wir das Gemeindeleben fördern können. In diesem Abschnitt ist die Rede vom Leben als Christen in der Familie. An alle Frauen und Männer (V. 18-19). An alle Kinder und Väter (V. 20-21). An alle Sklaven (V. 22-25). An alle Herren (Kap. 4,1). An alle, im Gebet zu verharren (Kap. 4,2-4). An alle, in Weisheit zu wandeln (Kap. 4,5-6).
Es ist wichtig, dass wir einige Dinge in diesem Abschnitt beachten! Mit den Frauen und Männern sind offensichtlich Ehefrauen und Ehemänner gemeint. Die erwähnten Frauen und Männer können unter mehrere Kategorien fallen: Die Frauen z. B. zusätzlich unter Eltern und Kinder (d. h. Töchter). Die Männer z. B. zusätzlich unter Eltern, Kinder (d. h. Söhne), Sklaven und Herren. Ein Ehemann kann auch ein Sklave sein (d. h. ein Arbeitnehmer) oder ein Herr (d. h. ein Arbeitgeber). Sklaven dienten auch in Familien, deshalb werden sie hier wohl mit erwähnt und auf ihre häusliche Verantwortung aufmerksam gemacht.
Drei Gruppen werden zur Unterordnung aufgerufen.
Es sind dies:
Die Frauen (V. 18),
die Kinder (V. 20),
die Sklaven (V. 22-25).
Drei weitere Gruppen werden aufgerufen, ihre Autorität über andere nicht zu missbrauchen, sondern zum Guten einzusetzen.
Es sind dies:
Die Männer (V. 19),
die Väter (V. 21),
die Herren (d. h. Arbeitgeber in Kap. 4,1).
Hauptgedanke und Ziel bei allem bleibt Jesus Christus: Kolosser 3,24b. Die Unterordnung hat nicht in erster Linie gegenüber Menschen zu tun, sondern gegenüber Jesus Christus, unserem Herrn! Wenn Frauen, Kinder und Sklaven sich unterordnen, dann geschieht das in erster Linie um Christi Willen. Weil Jesus dies angeordnet hat, sind sie IHM darin gehorsam. Jeder, der dieser Unterordnung widerstrebt, widerstrebt nicht in erster Linie einem Menschen, sondern Christus (Joh 12,48-49). Genauso verhält es sich mit der Autorität, die Christus den Männern, Vätern und Herren zugewiesen hat. Weil sie von Christus verliehen wird, tragen die Bevollmächtigten gegenüber Christus die volle Verantwortung. Autorität wird von Christus niemals zum Missbrauch verliehen, sondern - zum Dienst, damit es den andern gut geht, zum Gehorsam gegenüber dem himmlischen Vater, der über uns allen steht und gerecht richten wird (Kol 3,24-25). Selbst Christus hat sich als gehorsamer Sohn dem himmlischen Vater in allen Lebenssituationen völlig unterworfen (wie es heisst in Phil. 2,8; Hebr 5,8; 10,9). Deshalb ist er uns Menschen zum grössten Vorbild geworden. Als Kind unterwarf er sich seinen leiblichen Eltern (Lk 2,51). Als Herr und Vorbild wusch er seinen Nachfolgern die Füsse (Joh 13,13). Jesus erklärte (Mt 20,28): „Ich bin nicht gekommen, um mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und mein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“
Es ist falsch anzunehmen, weil Gott uns allen, ohne Unterschied, das gleiche Erbe zukommen lässt (gem. Gal 3,28), dass wir auch in unseren Beziehungen und Aufgaben alle gleich sein müssen! Die Herren werden in der Bibel nicht aufgefordert, sich den Sklaven zu „unterwerfen“. Ebenso die Eltern ihren Kindern nicht, auch nicht der Ehemann seiner Ehefrau. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir also Christus nachfolgen, weil wir ihn über alles setzen, dann halten wir uns an seine - durch die Apostel verordneten - Gebote (1Joh 4,6).
Mit diesen einleitenden Gedanken wollen wir nun an den vorliegenden Abschnitt in Kolosser 3 herangehen.
In diesen Versen erklärt Paulus, was das heisst, „alles, … im Namen des Herrn Jesus zu tun“ (V. 17).
Vers 18: An alle Frauen.
Paulus spricht alle Frauen und Männer im Plural an, nicht etwa, weil sie in der Polygamie zueinander stehen. Jede Frau ist auch nur einem Mann verpflichtet, nämlich; ihrem Ehemann und nicht etwa allen Männern in der Welt. Es heisst; „ordnet euch euren Männern unter …“ Diese Unterordnung ist beschränkt auf den Ehebund. Dabei geht es nicht bloss um sexuelle Unterordnung (1Kor 7,3-5).
Es geht auch nicht um eine widerwillige und frustrierte Unterordnung, wie im Militär. Das wäre Gehorsam (ὑπακούω), wie er von den Sklaven gefordert wird, ihren Herren gegenüber (Tit 2,9; 1Petr 2,18). Die Frauen werden angeleitet, sich ihren Männern liebevoll „in allem“ unterzuordnen (ὑποτάσσω) (Eph 5,24). Wenn ein Ehemann von einer Frau jedoch etwas verlangt, was Gottes Wille verletzt, dann soll die Frau Gott mehr gehorchen als einem Menschen (Apg 5,29). Paulus diskutiert hier nicht, wie die gläubige Frau mit einem Ungläubigen zusammenwohnen soll. Das wird in 1Kor 7,12-16 behandelt. Christliche Frauen werden angeleitet, auch ungläubigen Ehemännern untertan zu sein (1Petr 3,1-6).
Es geht also um eine gesunde Gesamthaltung der Frau zu ihrem Ehemann, wie es sich im Herrn geziemt, „damit das Wort Gottes nicht in Verruf kommt“ (Tit 2,5), „wie auch das Gesetz sagt“ (1Kor 14,34b). In Genesis 3,16: „[Der Mann] wird über dich herrschen.“ Mit dem Gesetz ist oft das ganze AT gemeint. Diese Worte stammen weder von mir noch von einem Frauenfeind. Diese Worte dürfen auch nicht mit der damaligen Kultur gerechtfertigt und verharmlost werden, sondern sie sind Teil der ganzen Ordnung Gottes für uns Menschen (Mt 19,4-5; 1Kor 11,2-3). Da die Frau damals vom Mann und seinem Beruf viel abhängiger war, ergab sich diese Vorrangstellung von selbst. Gottes Prinzip bleibt aber nach wie vor dasselbe! Der Apostel Petrus erwähnt Sara als vorbildliches Beispiel: 1. Petrus 3,1.6. Eine gläubige Frau im neuen Bund wird ihrem Ehemann untertan sein, weil sie weiss, dass sie sich damit der Herrschaft Christi unterstellt. Denn Christus fordert im NT seinen Herrschaftsanspruch über Mann und Frau! Wer das Leben in Ehe und Familie von Gottes Ordnung bestimmen lässt, der dient damit Christus, dem Herrn (V. 24b)! Wenn die heutige Gesellschaft der Frau Aufgaben zuteilt, die ihr laut der Heiligen Schrift nicht zustehen, dann soll sie sich vom Einfluss der Welt absondern (Röm 12,2). Das Ziel einer gläubigen Ehefrau ist Christus zu dienen und seine Gebote anzunehmen, unabhängig vom jeweiligen Zeitgeist oder von der Kultur.
Vers 19: An alle Männer.
Der Apostel Petrus gibt auch Anweisungen für die Ehemänner: 1Petr 3,7. Wenn ein Ehemann bitter wird gegenüber seiner Frau, dann hindert er nicht nur sein Gebetsleben und seine Beziehung mit Gott. Ein bitter (πικραίνω) gewordener Ehemann neigt dazu, seinen Zorn und seine Frustration durch Gewalt auszuüben. Deshalb werden hier die Männer ermahnt, mit ihren Frauen verständnisvoll umzugehen, als dem schwächeren Geschlecht, und sie zu ehren. Die Rolle der Unterordnung ist für eine Frau viel leichter, wenn statt eines Tyrannen, ein liebender und verständnisvoller Mann an ihrer Seite steht. Übrigens, Frauen sind nicht in jeder Hinsicht ein schwächeres Geschlecht, sondern nur in Bezug auf die Muskelmasse. Frauen sind z. B. körperlich oft widerstandsfähiger, d. h. weniger krankheitsanfällig als Männer. Sie können auch andere Fähigkeiten besitzen, die sie stärker machen als Männer, z. B.: einen höheren IQ haben, gläubiger und liebreicher sein, bessere Führungsqualitäten und soziale Kompetenz besitzen ...
Paulus argumentiert im neuen Bund folgendermassen: 1Kor 11,8-9.
1Tim 2,13: „Denn Adam wurde zuerst geschaffen, danach erst Eva.“
1Tim 2,14: „Und nicht Adam hat sich verführen lassen, sondern die Frau liess sich verführen und wurde so zur Übertreterin.“
Diese Argumentationen waren schon damals anti-kulturell und unpopulär. Denn in der griechisch-römischen Kultur gab es etliche Frauen, die, wie die Männer, in der Gesellschaft führende Positionen innehatten.
Im Epheserbrief wird die Beziehung zwischen Mann und Frau mit der Beziehung von Jesus und seiner Gemeinde dargestellt: Epheser 5,22-33.
- Der Mann ist das Haupt der Frau, wie Jesus das Haupt der Gemeinde ist.
- Der Mann soll seine Frau lieben wie Jesus die Gemeinde liebt, d. h. wie seinen eigenen Leib.
- Der Mann soll sein Leben aufopfern für seine Frau, wie Jesus sein Leben für die Gemeinde hingab.
- Wir sehen also; das Geheimnis von Mann und Frau liegt in Jesus und seiner Gemeinde verborgen.
Bsp. Die Ehe ist wie ein Garten: Das unbrauchbare Unkraut wächst von selbst und die Schnecken fressen mit der Zeit alles Kostbare weg. Während die schönen Blumen und das köstliche Gemüse mit viel Arbeit und Liebe gepflegt und bewässert werden müssen. Diese liebevolle Pflege steht in erster Linie dem Mann zu, dem Gott die Verantwortung über die Ehe gegeben hat und der seine Frau lieben soll wie seinen eigenen Leib. Interessanterweise werden im ganzen Neuen Testament die Frauen nie angehalten, ihre Männer zu lieben. Diese Verantwortung hat Gott den Männern übertragen! Es steht nur im Titus, dass ältere Frauen die Jüngeren anleiten sollen, ihre Männer und Kinder zu lieben (Tit 2,4). Wenn die Männer mit ihren Frauen verständnisvoll umgehen und sie lieben und ehren, dann läuft der Motor der Ehe von alleine. Wer die göttliche Ordnung für seine Ehe im Glauben annimmt, der wird ein glückliches Eheleben führen. Über das Eheleben hinaus schenkt er Jesus Christus die gebührende Vorrangstellung, wie sie im Kolosserbrief betont wird und darf somit die Hoffnung des ewigen Lebens in sich tragen!
Einschub:
Im ganzen Abschnitt geht es um unsere Beziehung zum Herrn. Ehefrauen und Ehemänner, Kinder und Eltern, Sklaven und Herren, jeder steht in einer Beziehung zu einem anderen Menschen.
Diese Beziehungen sollten nicht isoliert betrachtet werden, sondern sie stehen in einem bestimmten Verhältnis zum Herrn. Alles, was wir tun, tun wir in erster Linie für den Herrn und nicht für Menschen. Wenn ich in einem Laden etwas gestohlen habe und dabei nicht erwischt worden bin, dann bin ich trotzdem vor Gottes Augen nicht unentdeckt geblieben. Auch in allem was wir Gutes tun, geht es nicht darum, ob Menschen es gesehen haben (z. B. der Gottesdienstbesuch), sondern, dass Gott alles sieht, vor dem wir einmal Rechenschaft ablegen werden.
In allem tragen wir die Verantwortung gegenüber der höchsten Instanz; und das ist unser allmächtiger Gott.
In diesem Sinn wollen wir den Aufrufen in Kolosser 3 folgen.
Vers 20: An alle Kinder.
Da wir alle Kinder bleiben, so lange unsere Eltern leben, stellt sich die Frage: Kinder, welchen Alters sind hier gemeint? Sobald ein Kind das Elternhaus verlässt und sein eigenes Zuhause gründet, ist es nicht mehr verpflichtet, seinen Eltern denselben Gehorsam zu leisten. Selbstverständlich soll ein Kind seinen Eltern gegenüber, ein Leben lang Respekt und Ehre entgegenbringen, unabhängig wie alt es ist (Spr 23,22).
Das fünfte Gebot forderte: „Ehre deinen Vater und deine Mutter ...“ (Ex 20,12).
Wer Vater oder Mutter fluchte, musste getötet werden, nach dem Gesetz Mose (Ex 21,17).
Kinder, die schon in jungen Jahren gelernt haben ihre Eltern zu respektieren und zu ehren, werden es in der Gesellschaft einmal leichter haben. Denn überall in der Gesellschaft gibt es Vorgesetzte und Rangordnungen. Eine korrupte Gesellschaft, wie wir sie heute kennen, entwickelt sich zu Hause, wo Kinder respektloses und ungehorsames Verhalten lernen. Paulus warnte schon damals vor den schweren Zeiten, die anbrechen werden: 2Tim 3,1-5. Das Verhalten und der Umgang mit Andern, wird bereits zu Hause anerzogen. Eine Gesellschaft steht oder fällt mit der Erziehung ihrer Kinder. Wo es an göttlichen Prinzipien mangelt, da herrscht Respektlosigkeit und Chaos. Gott hat uns als Eltern eine grosse Verantwortung für unsere Kinder übertragen.
Der Herr segnet gehorsame Kinder mit einem langen und glücklichen Leben (Eph 6,3).
Vers 21: An alle Väter.
Wie können Väter ihre Kinder reizen (ἐρεθίζω)? Sie können sie reizen oder ärgern, indem sie sie mutlos machen! Sie machen sie mutlos, indem sie zu streng mit ihnen umgehen, indem sie z. B. für ein kleines Vergehen masslos übertriebene Strafen verhängen und ihre Kinder tyrannisieren. indem sie z. B. ihre Kinder demütigen oder gar im Jähzorn schlagen ... In den Sprüchen finden wir ein paar interessante Anweisungen:
„Erzieh den jungen Mann am Anfang seines Wegs, dann weicht er auch im Alter nicht davon ab“ (22,6).
„Torheit haftet am Herzen des jungen Mannes, der Stock der Unterweisung treibt sie ihm aus“ (22,15).
„Stock und Ermahnung verleihen Weisheit, ein Knabe aber, der sich selbst überlassen bleibt, macht seiner Mutter Schande“ (29,15).
„Züchtige deinen Sohn, so wird er dich zufrieden machen und dir Freude bereiten“ (29,17).
„Denn wen der Herr liebt, den weist er zurecht, und er ist ihm zugetan wie ein Vater dem Sohn“ (3,12).
Gemäss diesen Bibelzitaten ist es nicht falsch, ein Kind zu schlagen. Wichtig ist nur, dass es massvoll und dem Alter entsprechend geschieht. Es gilt jedoch zu beachten, dass in der heutigen Zeit ein geschlagenes Kind den Eltern entzogen werden kann. In der römischen Welt hatten die Väter die Vollmacht über Leben und Tod ihres Kindes. Menschen fielen schon immer von einem Extrem ins andere, mit ihren Gesetzen und Regeln. Nichts desto trotz sind christliche Eltern auch dem Staat gegenüber verpflichtet (Röm 13,1). Christliche Väter sind von Christus neu bekleidet worden mit Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld (V. 8). Ihr grösstes Anliegen ist es, ihre Söhne und Töchter seelisch gesund zu erziehen und auszurüsten, damit sie einmal in einer kranken Gesellschaft überleben zu können. Die goldene Regel Jesu gilt auch für Väter, die lautet (Mt 7,12): „Wie immer ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um!“
Vers 22: An alle Sklaven.
„Gehorcht (ὑπακούω) euren irdischen Herren in allen Dingen!“ (V. 22a).
Das sind sehr harte Worte, wenn man sie in der damaligen Zeit betrachtet. Denn in der damaligen Zeit galten Sklaven nach dem Gesetz als Sache, nicht als Personen. Das Recht über Leben und Tod der Sklaven stand ihrem Herrn zu. Sie waren lebendige Werkzeuge, führten ein unmenschliches Leben und wurden oft misshandelt bis zum Tode. Sie waren Tiere, die zufällig sprechen konnten. Wenn sie alt oder krank wurden, so war es eine Verschwendung, sie mit den normalen Essrationen zu versorgen. Im römischen Reich gab es damals etwa 60 Millionen Sklaven. Trotz dieses elenden Zustandes und dieser Ungerechtigkeit in Bezug auf die Sklaverei, ruft Paulus die Sklaven nicht auf zum Aufstand gegen ihre Herren! In der modernen westlichen Welt gibt es keine Sklaven mehr, sondern nur wohlhabende Angestellte, die einmal sogar eine Rente kriegen. Angestellte sind in jeder Hinsicht bessergestellt, als die Sklaven damals. Trotzdem fordern sie oft mit Streiks noch mehr Lohn, noch mehr Ferien usw.! Sie sind nie zufrieden mit ihren Herren oder Vorgesetzten. Wenn Paulus den Sklaven unter den damaligen Umständen Gehorsam gebot, wie viel mehr würde er den heutigen Angestellten Respekt und Gehorsam „in allen Dingen“ auferlegen?!
„Fürchtet (φοβέω) den Herrn!“ (V. 22b).
In allem was wir tun, mit Worten oder Taten, das tun wir in erster Linie für den Herrn und nicht für Menschen. Im christlichen Leben geht es immer um den Herrn und nicht, um Menschen zu gefallen zu leben (Liebedienerei, Augendienerei = ὀφθαλμοδουλεία). Gott sieht, ob unsere Herzen aufrichtig sind, oder falsch! Deshalb wird uns durch den Kolosserbrief geboten mit lauterem Herzen unsere Arbeiten zu verrichten und unseren Vorgesetzten gehorsam zu sein.
Wie steht es aber dann, wenn wir von unseren Vorgesetzten ungerecht behandelt werden? Der Apostel Petrus gibt dazu folgende Antwort: 1Petr 2,18-20. Auch in dieser Stelle wird die Betonung auf Gott gesetzt, dem wir unser Verhalten am Arbeitsplatz zu verantworten haben und nicht Vorgesetzten. Es ist Gnade bei Gott, wenn wir Unrecht und Ungerechtigkeiten ertragen. Dabei denke ich gerne an das Beispiel Josephs im AT, der von seinen Brüdern ungerechterweise verkauft und bei Pharao ins Gefängnis geworfen wurde (Gen 39). Doch was heisst es über Joseph: „Der Herr aber war mit Josef, es gelang ihm alles wohl ...“ (V. 2). Und weiter: „Der Herr machte ihn beliebt und verschaffte ihm die Gunst des Gefängnisaufsehers“ (V. 21). Der gab ihm alle Gefangenen in seine Hand. Joseph tat alles im Glauben für den Herrn und nicht für Menschen! Auch Sklaven und Christen werden aufgerufen, im Glauben ihren Herren oder Vorgesetzten alle Ehre zu geben, die ihnen gebührt (1Tim 6,1). Wir sehen; gelebtes Christentum verändert völlig die Einstellung zur Arbeit.
„Dient (δουλεύω) Christus!“ (V. 23-25).
Protestaktionen und Arbeitsverweigerung wegen Lohnerhöhungen und Arbeitsstundenkürzungen usw. können vor Gott nicht gerechtfertigt werden. Unser Verhalten am Arbeitsplatz hat also sehr viel mit unserer Beziehung zu Christus zu tun. Alles soll im Dienst für den Herrn getan werden, und zwar mit Leib und Seele (ἐκ ψυχή), d. h. mit vollem Einsatz. In einer anderen Stelle lesen wir (2Thess 3,10): „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“ Wir werden aufgerufen, das Beste zu geben, wie unser Schöpfer, der, nach dem er die Welt erschuf, alles ansah und befriedigt feststellte (Gen 1,31; GN): „Es war alles sehr gut.“ Es nützt nichts, wenn wir aufbegehren und etwas murrend tun.
Warum verlangt Gott von uns, dass wir unseren Vorgesetzten und Arbeitgebern Unterordnung, Gehorsam und Ehre schulden (3 Gründe)? Weil wir vom Herrn eine himmlische Erbschaft empfangen (V. 24). Weil wir damit den Namen des Herrn nicht lästern (1Tim 6,1). Weil wir damit der Lehre Gottes eine Zierde sind (Tit 2,10). Alles, was wir tun, soll in dem Licht betrachtet werden, als wäre Jesus selbst unser Vorgesetzter oder Arbeitgeber. Im Titus wird folgendes gesagt: Titus 2,9-10. Wenn man längere Zeit in einem Betrieb arbeitet, dann ist man leichter dazu geneigt, etwas für private Zwecke zu gebrauchen. Christen werden jedoch aufgerufen, sich in allem treu zu erweisen und ihre Arbeitgeber in keiner Weise zu schädigen, durch Zeit, Geld, Material usw. Ob Sklave oder Herren, allen gilt, wer Unrecht tut, wird die Konsequenzen daraus zu tragen haben (V. 25). Gott richtet einen jeden ohne Ansehen der Person (Röm 2,11). Darum ist es wichtig, dass wir unsere Verantwortung nicht in erster Linie gegenüber Menschen sehen, sondern gegenüber Gott!
Kapitel 4, Vers 1: An alle Herren.
Übrigens, hier ist von christlichen Herren die Rede, die einer örtlichen Gemeinde dienten, in der es Sklaven und Herren gab. Paulus befahl diesen Herren nicht, ihre Sklaven in die Freiheit zu entlassen! Trotzdem ist es revolutionär, was Paulus in der damaligen Zeit von den christlichen Herren verlangte. Sklaven sollten wie Menschen und nicht wie Ware oder wie Vieh behandelt werden. Als Vorgesetzte sollten sie sich bewusst sein, dass sie alle demselben himmlischen Vater dienen und ihm für ihr Verhalten verantwortlich sind. Sie sollen ihren Sklaven nicht Drohen, sondern sie vielmehr freundlich behandeln (Eph 6,9). Sie sollen rücksichtsvoll mit ihren Sklaven umgehen, gerecht und fair sein, besonders dann, wenn ihr Sklave auch ein Bruder in Christus ist.
Wir sehen also, dass es in der Bibel nicht darum geht, dass Christen die Welt und ihre Gesetze verändern sollen (1Kor 7,20-24). Christen sollen vielmehr lernen, in einer ungerechten Welt zu leben und zurechtzukommen, weil sie Gott dienen in allem und nicht Menschen!
Schlussfolgerungen:
Als Christen (ob Herren oder Sklaven) sind wir Sklaven Christi geworden, d. h. wir gehören nicht mehr uns selbst! Wir sind auch gleichzeitig Söhne Gottes geworden, d. h. wir erben das Himmelreich. Deshalb gibt es keinen Unterschied, ob wir als reiche Arbeitgeber oder als arme Arbeitnehmer einmal sterben: Sterben werden wir alle! Alle werden vor Gottes Thron erscheinen, ob reich oder arm. Gottes Gericht wird gerecht sein und wird die Menschen nicht nach ihrer Stellung in der Welt richten. Gott wird jeden Menschen nach seinem Herzen beurteilen, ob jemand mit seinem Leben Christus gedient hat. Niemand wird bei Gott einen Vorzug haben oder sich das Reich mit Geld erkaufen können.
Darum, lasst uns in allem was wir reden und tun, im Namen des Herrn Jesus tun und ihm allein mit Dankbarkeit und Freude dienen!
WORTE DER WEISHEIT FÜR ELTERN & KINDER AUS DEN SPRÜCHEN
3,12 Elb: Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er wie ein Vater den Sohn, den er gern hat.
Zü: Denn wen der Herr liebt, den weist er zurecht, und er ist ihm zugetan wie ein Vater dem Sohn.
4,1 Elb: Hört, ihr Söhne, auf die Zucht des Vaters und merkt auf, um Einsicht zu kennen!
Zü: Hört, ihr Söhne, auf die Unterweisung durch den Vater, und gebt acht, damit ihr lernt, verständig zu sein.
6,20 Elb: Bewahre, mein Sohn, das Gebot deines Vaters, verwirf nicht die Weisung deiner Mutter!
Zü: Bewahre mein Sohn, das Gebot deines Vaters, und verwirf nicht die Weisung deiner Mutter.
13,24 Elb: Wer seine Rute schont, hasst seinen Sohn; aber wer ihn liebhat, züchtigt ihn beizeiten.
Zü: Wer seinen Stock schont, hasst seinen Sohn, wer ihn aber liebt, sorgt für seine Unterweisung.
15,20 Elb: Ein weiser Sohn erfreut den Vater, aber ein törichter Mensch verachtet seine Mutter.
Zü: Ein weiser Sohn macht seinem Vater Freude, aber ein dummer Mensch verachtet seine Mutter.
19,18 Elb: Züchtige deinen Sohn, solange [noch] Hoffnung da ist; aber las dich nicht dazu hinreißen, ihn zu töten!
Zü: Züchtige deinen Sohn, solange noch Hoffnung ist, doch lass dich nicht hinreissen, ihn zu töten.
22,6 Elb: Erziehe den Knaben seinem Weg gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er älter wird.
Zü: Erzieh den jungen Mann am Anfang seines Wegs, dann weicht er auch im Alter nicht davon ab.
22,15 Elb: Haftet Narrheit am Herzen des Knaben, die Rute der Zucht entfernt sie davon.
Zü: Torheit haftet am Herzen des jungen Mannes, der Stock der Unterweisung treibt sie ihm aus.
23,13 Elb: Entziehe dem Knaben die Züchtigung nicht! Wenn du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben.
Zü: Du sollst dem jungen Mann die Unterweisung nicht vorenthalten. Er wird nicht sterben, wenn du ihn mit dem Stock schlägst.
23,14 Elb: Du schlägst ihn mit der Rute, aber errettest sein Leben vom Scheol.
Zü: Du schlägst ihn zwar mit dem Stock, aber du rettest sein Leben vor dem Totenreich.
23,22 Elb: Gehorche deinem Vater, der dich gezeugt hat, und verachte deine Mutter nicht, wenn sie alt geworden ist.
Zü: Höre auf deinen Vater, der dich gezeugt hat, und verachte deine Mutter nicht, wenn sie alt geworden ist.
29,15 Elb: Rute und Ermahnung geben Weisheit; aber ein sich selbst überlassener Junge macht seiner Mutter Schande.
Zü: Stock und Ermahnung verleihen Weisheit, ein Knabe aber, der sich selbst überlassen bleibt, macht seiner Mutter Schande.
29,17 Elb: Züchtige deinen Sohn, so wird er dich erquicken und dir Freude machen.
Zü: Züchtige deinen Sohn, so wird er dich zufrieden machen und dir Freude bereiten.