Die Vorrangstellung Christi
I. Kapitel 2,1-3: Vier Wünsche des Paulus für alle Gläubigen
Es gilt zu erwähnen, dass im ursprünglichen Brief des Paulus hier kein neuer Abschnitt begann und kein neues Kapitel geschrieben wurde. Auch die Titel über jedem Abschnitt wurden später von den Übersetzern eingefügt. Auch wenn viele gute Gründe eine Einteilung der Bibelbücher in Kapitel und Verse rechtfertigen, so bleibt die Tatsache, dass der Text ursprünglich nicht so aussah. Denn Paulus fährt hier mit seinen Gedanken fort. Das indiziert das Wörtchen „Denn“ (γάρ).
Paulus wünscht (θέλω) vier Dinge: Er wünscht, dass er mit seinen Mitarbeitern noch viele Menschen mit dem Evangelium Christi reich machen kann (Kap. 1,29). Er wünscht, dass seine Leser wissen, welch grossen Kampf er für sie leidet. Er wünscht, dass die Herzen der Gläubigen getröstet werden. Er wünscht, dass die Gläubigen Einsicht ins Geheimnis Christi erhalten.
Den ersten Wunsch haben wir das letzte Mal diskutiert, nämlich: Paulus wünscht, dass er mit seinen Mitarbeitern noch viele Menschen mit dem Evangelium Christi reich machen kann (Kap. 1,29). Sein Ziel ist alle Menschen vollkommen in Christus vor Gott hinzustellen. Dafür ist er bereit hart zu arbeiten und zu kämpfen.
Seine Leser können in drei Gruppen eingeteilt werden: die Christen in Kolossä, die Christen in Laodizea (siehe auch Kap. 4,16). Aus der Offenbarung des Johannes wissen wir, dass diese Gemeinde später lauwarm wurde (Offb 3,14-22). Jesus hätte lieber gehabt, die Christen dort wären heiss oder kalt gewesen und nicht wie lauwarme Milch. Solche Nachfolger machen Jesus krank, so dass er sich aus lauter Übelkeit übergeben muss. Sie dachten, sie seien reich, doch Jesus erklärt ihnen, dass sie geistig arm, blind und nackt seien. Die dritte Gruppe: Christen, die Paulus noch nie gesehen haben. Offenbar haben ihn doch einige Glieder der Gemeinden in Kolossä, Laodizea, Hierapolis und anderen Städten im Lykustal gesehen. Vielen kennen den Apostel vermutlich aus Ephesus, wo er im Lehrsaal des Tyrannus zwei Jahre lang gelehrt hat und sich das Evangelium in ganz Asia verbreitete (Apg 19,9-10): Apg 19,11-12.
Den zweiten Wunsch hat Paulus auch schon im vorherigen Kapitel angesprochen, nämlich; dass seine Leser wissen, welch grossen Kampf er für sie erduldet. Worin bestand denn dieser Kampf? Könnte es sein, dass ein positiver Ausgang des Gerichtsprozesses allen Christen im römischen Reich mehr Rechte verschafft? Oder meint Paulus mit dem grossen Kampf seine intensiven Gebete für die Glieder, die er in den Gemeinden zurücklassen muss und nicht besuchen kann? Spricht er vielleicht von den Kämpfen gegen die unsichtbaren Mächte, die ständig seine Pläne durchqueren und ihn einschüchtern wollen?
Kampf (ἀγών) bedeutet Schmerz (engl. conflict, fight, race):
Seine Gefangenschaft, die Ungewissheit um die Zukunft und vieles mehr waren für Paulus eine grosse Herausforderung und ein geistiger Kampf. Er kämpfte für die Verbreitung des Evangeliums: Wurde oft von Juden vertrieben und verfolgt. Reiste als Gefangener quer durch das Mittelmeer (Schiffbruch). Wie sollte er sich nun in der Weltstadt Rom vor diesem autoritären Gericht rechtfertigen?
- Den Philippern sagt er in Philipper 1,30.
- Den Thessalonichern schreibt er in 1. Thessalonicher 2,2.
- Weitere Stellen, die vom Kampf sprechen: 1Tim 6,12; 2Tim 4,7; Hebr 12,1.
- Die Tragik seines Kampfes lesen wir in Galater 4,19-20.
Paulus war besorgt um den Zustand der jungen Gemeinden in Galatien. Kaum war er weg, da kamen auch schon die Irrlehrer wie Geier, um Gottes gepredigtes Wort zu verfälschen und zu verdrehen, so dass die Gläubigen verunsichert und irregeleitet wurden. Dem Paulus rannte die Zeit davon und ihm waren im wahrsten Sinne des Wortes, Hände und Füsse gebunden. Gottes Gnade liess es zu, dass Paulus für kurze Zeit für das Reich Gottes kämpfen und den Gemeinden dienen konnte. Dieser Gnade waren sich die Christen damals nicht genügend bewusst. Genauso steht es mit den Gliedern und den wenigen Predigern in den Gemeinden heute.
Der dritte Wunsch lautet: Paulus wünscht, dass die Herzen der Gläubigen getröstet werden. Wie konnten sie denn getröstet und ermutigt werden? Gott tröstet sie im Herzen, im inneren Menschen durch das Evangelium von Jesus. Mit dem Wort Herz (καρδία) wird in der Bibel fast ausnahmslos auf den geistigen Zustand eines Menschen hingewiesen. Nur einmal in der ganzen Bibel ist mit diesem Wort die physische Blutpumpe gemeint (AT: 2Sam 18,14). Das Herz ist das Zentrum von: Verstand (Mt 9,4; 13,15; Mk 2,6; 11,23; Lk 1,51; 2,19; 3,15; Röm 1,24; 10,10; 16,18; 1Joh 3,21). Gefühl (Mt 22,37; Mk 3,5; Joh 14,1; 16,6; Apg 2,26; 2Kor 2,4; Kol 4,8) und Wille (Apg 11,23; Hebr 4,12).
Paulus wünscht dieses Zentrum der Gläubigen mit geistlichen Gedanken zu füllen und zu stärken. Denn Gott beurteilt einen Menschen nicht nach dem Äusseren, sondern nach dem inneren Herzen (1Sam 16,7; 1Kön 8,39; Lk 16,15; Apg 1,24; Röm 8,27; Offb 2,23). Deshalb lehrt der Apostel Petrus (1Petr 3,4): „Der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Wesen des sanftmütigen und stillen Geistes! Das ist köstlich vor Gott.“ Deshalb rät der weise Salomo (Spr 4,23): „Wachsam behüte dein Herz; denn daraus quillt glückliches Leben.“ Das geistige Herz gilt es für uns Menschen zu bewahren! Davon hängt unser ganzes Glück ab. Leider meinen die meisten Menschen fälschlicherweise, dass es auf die schöne Haut, die glänzenden Haare und die kostbaren Kleider ankommt um glücklich zu sein; weit gefehlt!
Jesus bringt es auf den Punkt, als er mitten in der Versuchung dem Teufel antwortete (Mt 4,4): „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“ Das geistige Herz eines Menschen muss genährt und gepflegt werden! Kraft und Energie zum Leben kommen allein aus Gott und seinem Wort! Das Leben auf dieser Welt ist uns für eine ganz kurze Zeit gegeben, damit wir das wahre Leben in Gott begreifen lernen. Das Leben auf dieser Welt ist ein Sonderbonus Gottes, denn es enthält kein wirkliches, dauerhaftes Leben in sich. Nur das innere Herz wurde zum wirklichen und dauerhaften Leben geschaffen, deshalb muss ihm allein die volle Aufmerksamkeit geschenkt werden!
Wie wird dieses innere Herz getröstet (παρακαλέω) und zusammengehalten (συμβιβάζω)? Nur durch das Band der göttlichen Liebe (ἀγάπη), (Eph 4,16)! Sie verknüpft uns mit dem lebendigen Gott (Joh 10,16). Sie verknüpft uns mit unseren Glaubensgeschwistern (Eph 4,1-3). Ohne Liebe gibt es kein Leben, kein Trost, keine Gemeinschaft auf dieser Welt unter uns Menschen! Und durch die Einsicht (σύνεσις) wird das gläubige Herz zusammengehalten! Paulus wünscht so sehr, dass die Gläubigen überzeugt sind von dem, was sie glauben, und dass sie den unermesslichen Reichtum (πλοῦτος) erkennen können, der in Christus verborgen liegt. Einsicht bedeutet ein kritisches Urteilsvermögen zu haben, die Fähigkeit, das Grundsätzliche einer Situation zu erkennen. Es ist die Fähigkeit, die Lebenssituationen richtig einschätzen und die richtige Entscheidung treffen zu können.
Damit ist der vierte Wunsch des Paulus angesprochen, nämlich; dass alle Gläubigen Einsicht in das Geheimnis Christi erhalten (das letzte Mal ausführlich behandelt). Wo die Einsicht fehlt, da kann sich Unsicherheit und Zweifel vermehren und ausbreiten. Gottes Wort schenkt jedoch allen Gläubigen Einsicht in seine wunderbaren Pläne und Ziele mit Ewigkeitswert. Die Erkenntnis des Evangeliums von Christus schenkt allen Frommen Gewissheit, denn sie trägt die Verheissung des jetzigen und des zukünftigen Lebens in sich (1Tim 4,8). Christen dürfen überzeugt sein vom Wert des Glaubens an Christus! Der Reichtum in Christus bindet uns zusammen in Liebe und hilft uns Gottes Gedanken und Wesen zu verstehen.
Das richtige Verständnis vom Glauben ist ein grundlegendes Element im Aufbau unserer Beziehung zu Gott.
II. Kapitel 2,4-7: Niemand soll die Festigkeit eures Glaubens ins Wanken bringen
Wie kann die Festigkeit des Glaubens ins Wanken geraten?
Wenn Menschen mit überredenden Worten (πιθανολογία) uns betrügen wollen. Wenn sie z. B. sagen: „Nimm das Wort Gottes doch nicht so genau, denn Mitnichten wirst du sterben! (Gen 3,4). Gott ist gnädig und barmherzig. Er wird nicht jemand verloren gehen lassen.“ Oder wenn sie z. B. sagen: „Es kommt doch nicht so darauf an, was wir glauben und wen wir anbeten. Hauptsache ist, dass jeder in seinem Glauben glücklich wird.“
Es gibt Redner, die können mit ihrem Auftreten, ihrem Charme, ihrer Redegewandtheit und ihrem Überzeugungswillen andere Menschen leicht betrügen (sei es in der Welt oder in rel. Angelegenheiten). Deshalb erklärt Paulus z. B. den Korinthern, dass er nicht mit menschlicher Weisheit aufgetreten ist, um seine Zuhörer zu beindrucken und zu überzeugen (1Kor 2,1-2). Einer andern Gemeinde schreibt er, dass er nicht mit Schmeichelreden aufgetreten sei (2 Thess 2,5). Seinen Mitarbeiter Timotheus lehrt er: 2. Timotheus 4,3-4. Der Mensch neigt dazu, alles andere hören zu wollen, als die Wahrheit und die gesunde biblische Lehre. Viel lieber hört er sich Geschichten an und lässt sich leicht von Unwahrheiten beeindrucken. Der Durchschnittsmensch sucht auch nicht die Beratung, die ihm helfen könnte, sein Leben realistischer zu sehen und Kurskorrekturen vorzunehmen.
Der Glaube gerät ins Wanken, wenn wir uns im Wort zu wenig auskennen und Wahres von Unwahrem nicht genügend unterscheiden können, weil uns die biblischen Belege fehlen, wenn wir uns lieber der Mehrheit anpassen, statt den steinigen Weg mit einer Minderheit zu gehen (Mt 7,13), wenn wir uns lieber die Ohren kitzeln lassen und uns dabei selbst etwas vormachen über unseren gegenwärtigen Zustand. Wo die Liebe fehlt zur Gemeinde und die Einsicht das ganze Geheimnis Gottes zu begreifen, da gerät der Glaube leicht ins Wanken (Gal 1,8; Mt 7,24-27)!
Paulus kämpft dafür, dass dies verhindert wird und deshalb schreibt er auch den Kolosserbrief. Den Römern schreibt er folgendes: Römer 16,17-20. Es ist nicht getan mit Wohlreden und Schönreden, um damit niemand zu verletzen.
Wir lügen, wenn wir nicht die Wahrheit reden, z. B: Wenn ich sehe, dass mein Bruder oder meine Schwester im brennenden Haus sitzt, dann sage ich nicht: „Schön ist es bei dir, so kuschelig warm,“ und mache mich aus dem Staub. Sondern ich rufe: „Feueralarm, sofort raus hier!“
In der heutigen Zeit sind besonders die Prediger beliebt, die es verstehen, Ohren zu kitzeln und selbst in einem brennenden Haus etwas Positives zu erwähnen. Sie reden von Gnade, Gnade und wandern auf dem Lügenpfade. Sie richten Entzweiung und Ärgernisse an durch ihr Schönreden, indem sie die Wahrheit verwässern und gottloses Verhalten unterstützen.
Schlussfolgerung:
Wenn wir unser Herz wachsam behüten wollen, dann streben wir nach der göttlichen Weisheit wie nach den kostbarsten Perlen und Korallen (Spr 3). Die Festigkeit unseres Glaubens kann niemals ins Wanken kommen, wenn wir die göttliche Liebe in der örtlichen Gemeinde pflegen und wachsen lassen, und wenn wir an der Einsicht in das wunderbare Geheimnis Gottes treu festhalten.
Paulus schreibt diesen Brief, weil er für den Glauben der Kolossergemeinde kämpft. Dabei will er sie nicht mit menschlicher Weisheit und überzeugenden Worten beeindrucken. Er will sie ehrlich aufmerksam machen auf die Gefahren, die auf ihren Glauben lauern. Genauso ist es für uns heute wichtig, dass wir nicht bloss auf Lob und Trost ausgerichtet sind und jede Form eines Aufrufs oder einer Warnung als negativ ablehnen. Gott will, dass wir die Wahrheit reden, denn sie dient zu unserer Rettung.
Was meint Paulus damit, wenn er sagt, „wenn ich auch dem Fleische nach abwesend bin, so bin ich doch im Geiste bei euch …“ War er im Geiste bei den Kolossern, weil er göttliche Inspirationen über sie empfing? War er mit ihnen, wie ein Vater mit seinem Sohn ist, wenn er das Haus verlässt? War er mit ihnen, weil er von Epaphras informiert wurde, was in der Gemeinde in Kolossä alles läuft?
Beispiele:
Wenn sich Glieder für ihre Abwesenheit entschuldigen, dann sagen sie manchmal, dass sie im Geiste bei uns sind. Oder wir haben auch schon gebetet, der Herr möge ein verhindertes Glied wissen lassen, dass wir im Geiste mit ihm/ ihr verbunden sind.
Könnte es in diese Richtung gehen, was Paulus hier meint? Ich denke schon! (1Thess 2,17; 1Kor 5,3-4). Paulus hat Informationen erhalten, die ihn und seine Mitarbeiter zum Gebet veranlassen: Kolosser 4,12. Aber nicht nur Epaphras kämpft in den Gebeten für die Heiligen. Paulus schreibt den Thessalonichern z. B.: 1Thess 1,2; 3,10. Paulus und seine Mitarbeiter beten gemeinsam, vermutlich täglich für die Gemeinden und legen sie dem Herrn ans Herzen. Paulus freut sich, dass Timotheus ihm eine gute Nachricht von der Gemeinde überbrachte, und dennoch ist er besorgt um die Gläubigen. Es ist sein aufrichtiges Anliegen, dass die Gemeinden im Glauben und in der Liebe wachsen und dass die Mängel, die ihrem Glauben noch anhaften, abgelegt werden können.
Auch Jesus betete inständig, z. B. in seinem Hohen Priesterlichen Gebet, für seine 12 Apostel und für alle Gläubigen (Joh 17). Im Geiste anwesend zu sein bedeutet also nicht bloss, an jemanden zu denken, sondern für jemanden inständig zu beten wie Paulus und seine Mitarbeiter dies taten. Gleichzeitig lernen wir aus diesen Aussagen, dass Paulus, als auch Epaphras, sowie seine übrigen Mitarbeiter, fest an die Kraft des Gebets glaubten. Sie glaubten, dass es etwas nützt, wenn sie für andere beteten. Sie glaubten, dass wenn sie mit dem Geiste bei den Kolossern anwesend sind, dass der Heilige Geist sie bis zu einem gewissen Masse beschützen und ihnen beistehen konnte. Auch wir dürfen von der Kraft unserer Gebete und der Kraft des Heiligen Geistes überzeugt sein, denn es heisst (Jak 5,16b): „Viel vermag die Bitte eines Gerechten in ihrer Wirkung.“
Im Geiste bei einer andern Person anwesend zu sein bedeutet also, dass wir ihre Gedanken und Absichten kennen und für sie beten.
Paulus freut sich über den geordneten Zustand in der Gemeinde in Kolossä und über die Festigkeit ihres Glaubens. Was meint er mit dem geordneten Zustand (τάξις)? Die Korinther musste Paulus mit den Worten ermahnen (1Kor 14,33.40): „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.“ „Alles aber geschehe wohlanständig und in Ordnung!“ In Korinth herrschte eine Unordnung in Bezug auf die Geistesgaben, die nicht zur Auferbauung der Gemeinde ausgeübt wurden. Zudem redeten die Glieder durcheinander, besonders die Frauen hörten nicht zu, sondern dominierten die Brüder die vorne standen mit Fragen, die sie besser zu Hause ihren Männern hätten stellen sollen, sagte Paulus. In Kolossä war der Zustand oder Ablauf der Versammlung jedoch wohlanständig und geordnet, so wie es sein soll. Darüber freut sich Paulus.
Er freut sich über die Festigkeit (στερέωμα) ihres Glaubens an Christus. Wie erlangen wir die Festigkeit des Glaubens? Unser Glaube braucht eine Basis, einen Grundstein. Der Grundstein ist Jesus Christus, d. h.: Jesus als Erlöser und Mittler zum Vater, Jesus und seine Lehre, die er vom Vater uns überbrachte. Viele Menschen rufen „Jesus, Jesus“ oder „Herr, Herr“ aber tun nicht, was Jesus gesagt hat (Mt 7,21). Das ist nicht der Weg, um Festigkeit im Glauben an Christus zu erlangen! Festigkeit erlangen wir durch die Treue und Hingabe zu seinem Wort und zu seiner Gemeinde. Dieser Brief geht an die Gemeinde Jesu in Kolossä und nicht an die Einwohner der ganzen Stadt, die sich alle als gläubig betrachten aber keiner Gemeinde aktiv angehören! Die Tatsache, dass die Gemeinde Christi in Kolossä im Glauben an Jesus Festigkeit bewies, lässt Paulus in keiner Weise abhalten, sie zu warnen vor menschlichen Philosophien, Ritualen und weltlicher Lust.
Paulus musste nicht physisch anwesend sein, um zu wissen, welchen Prüfungen, Versuchungen und Irrlehren die Gläubigen in ihrer Region ausgesetzt waren.
Deshalb ermahnt er: „Wie ihr Christus empfangen habt, so wandelt auch in ihm …“ Mit andern Worten: „Ihr habt von uns über Christus gehört, als die einzige Quelle der Wahrheit.“ „Denn nur in Christus liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen.“ „Darum haltet am gehörten Wort Gottes fest und lasst euch nicht vom Weg der Wahrheit abbringen.“
Wir sehen, Jesus Christus im Glauben empfangen ist nicht das Ende unseres Gehorsams gegenüber Gott! Es ist vielmehr der Anfang unserer Glaubenswanderung. Nachdem wir Christus im Glauben erkannt und im Gehorsam angenommen haben, wandeln (περιπατέω) wir in ihm und mit ihm. In Christus wandeln bedeutet - im Licht wandeln und endlich den Weg sehen können wohin wir gehen.
Wie können wir erkennen, ob wir Christus wirklich erkannt haben und auch in ihm wandeln? Der Apostel Johannes schreibt: 1. Johannes 1,6; 2,3-5. In Christus wandeln bedeutet auf sein Wort hören und es befolgen. Es geht also nicht darum, dass wir stehen bleiben, sondern uns geistlich ständig weiterentwickeln. Um die Gebote Christi halten zu können, ist es notwendig, dass wir nach ihnen fragen und in unserer geistlichen Erkenntnis wachsen. Die Gebote im Neuen Bund können nicht so einfach aufgelistet werden wie die zehn Gebote im mosaischen Gesetz. Denn es geht um ein verändertes Leben, um einen neuen Lebenswandel in Christus. Es geht um die Definition und die richtige Umsetzung der göttlichen Liebe in jeder Lebenssituation. Wer die Gebote im Neuen Bund auf ein paar wenige Punkte reduziert, der hat den Geist Christi noch nicht richtig erkannt.
Es geht um die Verwurzelung (ῥιζόω) mit Jesus, nicht bloss um ein schlau eingeübtes äusserliches Verhalten. Bsp. Wenn wir ein Samenkorn in den Boden stecken, dann braucht es Zeit bis sich viele kleine Wurzeln bilden, die den nötigen Lebenssaft aus der Erde ziehen. Wurzelbildung ist etwas was normalerweise unter der Erde stattfindet und für uns Menschen nicht sichtbar ist (genauso ist es mit dem Glauben!). Gewurzelt zu sein in Christus bedeutet verstanden zu haben, was er uns gebietet, um im Glauben gesund zu bleiben und geistlich zu wachsen.
Bsp. Es ist wie mit wunderschönen Blumen: Viele Männer schenken ihrer Angebeteten Schnittblumen und verstehen nicht, dass dies eigentlich ein schlechtes Symbol für eine dauerhafte Liebe sein kann. Sie sehen zwar beim Schenken genauso schön aus wie die Blumen in der Erde, die noch ihre Wurzeln haben. Aber Schnittblumen sind tot, weil ihnen die Wurzel abgeschnitten wurde. Deshalb halten sie auch kaum eine Woche hin. Darum, lasst uns im Glauben keine toten Schnittblumen sein! Lasst uns gewurzelt sein in der Liebe Christi (Eph 3,17), damit sich daraus einen dauerhaften Glauben entwickeln kann, auferbaut (ἐποικοδομέω) (1Kor 3,10.14; 1Petr 2,5) und gefestigt (βεβαιόω) (Hebr 2,3; 13,9)!
Das war der Glaube, der sich in den Herzen der Kolosser entwickelte. Darum werden sie gelobt in diesem Brief. Paulus sagt weiter, bleibt in dem was ihr gelehrt (διδάσκω) worden seid! Genauso ruft er die Thessalonicher auf mit den Worten (2Thess 2,15): „Also stehet nun, ihr Brüder, und haltet die Überlieferungen fest, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein Wort, sei es durch einen Brief von uns.“ Jesus befahl seinen Aposteln (Mt 28,20): „… und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe …“ Deshalb schreibt der Apostel Johannes: 1. Johannes 4,6. Keiner der Apostel schlug neue Lehren vor, an die die Gläubigen sich nun zu halten hätten, sondern sie betonten immer wieder die Notwendigkeit am ein für allemal überlieferten Glauben festzuhalten (Jud 3).
Die grosse Frage ist nun: Wie kriegen wir die Ausdauer am Glauben lebenslänglich festzuhalten? Die Antwort ist ganz simpel und einfach: durch die Dankbarkeit (εὐχαριστία). Wenn unsere Dankbarkeit gegenüber Christus und seiner Erlösung zunimmt, dann bleiben wir gesund in unseren Seelen. Dankbarkeit üben wir in unserer ganzen Anbetung am Sonntagmorgen, im Herrnmahl und im alltäglichen Leben. Dankbarkeit ist gepaart mit Genügsamkeit und Freude über das Empfangene. Undankbarkeit schleicht sich dort ein, wo wir noch mehr einfordern wollen und es nicht erhalten. Darum, lasst uns dankbar sein im Herrn, wie die Kolosser, denn Gott hat uns zu den glücklichsten Menschen gemacht in Jesus Christus. Denn so wird nichts und niemand die Festigkeit unseres Glaubens ins Wanken bringen können: Philipper 4,4-7.
III. Kapitel 2,8-23: Warnung vor Irrlehren
Für die Hörer damals waren die Warnungen des Paulus klar und unmissverständlich. Für uns heute jedoch stellt sich die Frage: Mit was hatten die Kolosser denn genau zu kämpfen? Leider können wir nicht mit Bestimmtheit sagen, mit welchen Irrlehren die Gläubigen verunsichert wurden (2,20). Was wissen wir? Wir wissen, dass Paulus mit seinen Mitarbeitern samt Epaphras in der Gefangenschaft in Rom war und für die Kolosser inständig betete (Kap. 1,9). Zusätzlich wurde dem Timotheus diesen Brief diktiert, um die Gläubigen in Kolossä - zu loben für ihren Glauben und ihre Liebe, zu warnen vor den verschiedenen Irrlehren in der Region.
Es gibt kaum ein Brief im Neuen Testament, der keine Warnungen gegen Irrlehren und weltliches Denken enthält. Aus der Bibel geht ganz deutlich hervor, dass es Gott nicht egal ist, was wir glauben und wie wir unseren Glauben leben. Die Bibel warnt immer wieder vor den vielen Irrlehren in der Welt, die zum Ziel haben uns den Glauben zu rauben (συλαγωγέω).
Vers 8: Warnung vor Weltweisheiten (Philosophie)
Das griech. Wort für Weltweisheit ist Philosophia (φιλοσοφία). Philosophie bedeutet die Liebe zur Weisheit. In der damaligen Zeit war Erkenntnis und Weisheit gross geschrieben. Seit Sokrates (470-399 v.Chr.), Plato (427-347v.Chr.) und Aristoteles (384-322 v.Chr.) stellten sich die Menschen immer wieder Fragen in Bezug auf das Leben und den Geist usw. Deshalb waren die Menschen in Athen neugierig was Paulus auf dem Areopag zu berichten hatte, denn dort lehrten schon die alten Philosophen. Da kamen epikureische und stoische Philosophen und fragten (Apg 17,18): „Was will denn dieser Schwätzer sagen?“
Die Epikureer waren Jünger des Epikur (341-270 v.Chr.). Sie gelten bis heute als die, welche den Sinn des menschlichen Lebens definiert haben. Sie glaubten an viele Götter. Sie lehrten, dass der Genuss des Lebens darin bestehe, ohne Schmerz und Leid zu sein. Sie tendierten zur Zügellosigkeit und Ausschweifung (im ähnlichen Sinne wie 1Kor 15,32). Die Stoiker hingegen waren Jünger des Philosophen Zeno (-336-264) und betrachteten die Tugend und die Weisheit als oberstes Ideal im Leben. Sie betonten Selbstdisziplin und verleugneten den Leib. Für sie war Gott eine unpersönliche Kraft im Universum. Sie glaubten, dass das Schicksal alles im Leben bestimme und dass es gilt, das persönliche Schicksal ergeben anzunehmen. In ihrer Selbstgenügsamkeit und Selbstgefälligkeit fühlten sie sich stolz und tendierten zum Hochmut.
Es gibt zwei Zeno(n): der Ältere (490-430 v. Chr.), griech. Philosoph (Schüler des Parmenides), der Jüngere (336-264 v. Chr.) aus Kition, Zypern, Begründer der Stoa in Athen. Auch Zeno, der Jüngere, lehrte seine Theorien in Athen wo es immer noch einen festen Versammlungsort gab. Eines hatten beide Philosophien gemeinsam: Sie rühmten den Menschen für seine Fähigkeiten und brauchten deshalb keinen Gott. Sie glaubten nicht an ein bewusstes Weiterleben nach dem Tod. Sie fühlten sich unwohl bei dogmatischen Aussagen über die Wahrheit, wie Paulus sie machte (Apg 17,32-34). Der wohl bekannteste Philosoph dieser Zeit war ein Jude namens Philon von Alexandria (30 v. Chr. - 50 n. Chr.), der versuchte das Gesetz Mose mit der Philosophie zu versöhnen.
Paulus lehnt die Philosophie nicht grundsätzlich ab, so lange sie sich nicht mit der Lehre Christi widerspricht. Es ist nichts Falsches nach Weisheit zu streben, sich über das Leben, Gott und die Welt Gedanken zu machen! Die heidnischen und jüdischen Philosophen jener Zeit bemühten sich, Antworten zu finden in Bezug auf Gott, das menschliche Sein und ihre Weltanschauung. Viele schossen dabei über das Ziel hinaus, indem sie leere Behauptungen und Theorien aufstellten, die sich nicht beweisen liessen (sie aber zu grossen Gelehrten machten), und die sich mit der christlichen Lehre nicht vertrugen und somit keine Hilfe für die menschliche Not (= Sünde) anbot.
Paulus schrieb dem Timotheus in einem Brief, dass er „den heillosen, nichtigen Geschwätzen und Streitsätzen der fälschlich so genannten Erkenntnis“ aus dem Weg gehen solle (1Tim 6,20). Eigentlich sollte sich jeder Christ in der Philosophie ein auskennen, damit er die Entwicklung der Menschheitsgeschichte in Bezug auf die Religion und die Weltanschauung besser verstehen und definieren kann. Es ist äusserst wichtig, dass wir den Äon (Zeitgeist) unserer Zeit kennen, die Stärken und Schwächen definieren und die Tendenzen frühzeitig erkennen. Unser Gott und Schöpfer hat uns einen Verstand gegeben, damit wir ihn brauchen und uns nicht von jedem Wind der Lehre hin und her treiben lassen: Epheser 4,14-15.
Die Philosophen haben mit ihren oft gottlosen Ideen die Menschheit so stark geprägt, dass ihr Gedankengut heute noch in vielen Köpfen weiterlebt. Z. B. der nordafrikanische Mönch und Philosoph Augustinus (354-430 n. Chr.). Er holte die alte Theorie der Erbsündenlehre wieder hervor und prägte damit und mit vielen anderen Irrlehren den Katholizismus. Auch wir werden in der heutigen Zeit manipuliert und stark beeinflusst von vielen gottlosen Ideen und Philosophien, wie z. B.: „Die Menschheit ist aus einer Evolution entstanden.“ „Es gibt kein Weiterleben nach dem Tod.“ „Es gibt Menschen, die sind im falschen Körper auf die Welt gekommen.“ „Man braucht keine Kirche, um an Gott zu glauben.“ „Alles ist gut was du tust, wenn du dich dabei nur wohlfühlst“ usw.
Der Apostel warnt die Kolosser vor leeren Täuschungen oder Verführungen. Sie stehen in engem Zusammenhang - mit spekulativen philosophischen Behauptungen und mit menschlichen Überlieferungen. Paulus verurteilt alle intellektuellen Spekulationen, die sich mit der Lehre Christi widersprechen und sich als Norm in den Köpfen der Menschen einnisten. Jeder Philosoph, der sich in seiner Suche nach Weisheit nur auf die menschliche Vernunft verlässt und nicht dem Evangelium glaubt, ist ein Irrlehrer und Verführer vor dem gewarnt werden muss: 1Kor 1,21-23.
Verse 8-9: Warnung vor menschlichen Überlieferungen (παράδοσις)
Das lateinische Wort für Überlieferung (παράδοσις) ist Traditio (engl. Tradition). Es gibt gute und schlechte, menschliche und göttliche Überlieferungen. Die Frage ist jedoch: welche Traditionen sollen wir halten? Paulus lehrt, dass alle Gläubigen sich nur an die göttlichen Überlieferungen zu halten haben (1Kor 11,2.23; 2Thess 2,15; 3,6). Jede Gemeinde, die sich an die biblisch überlieferten Traditionen hält, wird von Paulus gelobt. Wer jedoch menschliche Gebote und Überlieferungen predigt, dessen Gottesdienst ist sinnlos (Mt 15,9; GN).
Jesus konfrontierte die Juden mit Absicht, indem er z. B. an einem Sabbat mit seinen Jüngern durch ein Ährenfeld ging und sie Ähren essen liess. Da klagten die Juden Jesus und seine Jünger heftig an (Mt 12,2), denn aufgrund ihrer menschlichen Überlieferungen, brachen sie das Gesetz. Auf dem Brechen des Sabbats lastete die Todesstrafe (Ex 31,15). Für Jesus waren diese menschlichen Traditionen ungültig, weil sie nicht Gottes Willen entsprachen, sondern von Menschen hinzugefügt wurden (Mk 7,7).
Jesus machte den Pharisäern klar, dass nur die göttlichen Überlieferungen bindend sind für die Menschen. Als Juden mussten Jesus und seine Jünger sich nur an das Gesetz Mose halten, das am Sabbat keine Arbeit erlaubte (Ex 20,8-11). Gemäss dem Gesetz zählte nur das Ähren einsammeln als Arbeit, aber nicht das Ähren pflücken und gleichzeitig essen. So ist es bis heute geblieben: Kein Mensch hat das Recht uns etwas aufzuerlegen, was menschlichen Geboten und Ideen entspricht. Durch die Apostel Jesu Christi werden wir im NT aufgerufen uns nur an das zu halten, was überliefert wurde. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit Gottes überliefertem Wort - der Bibel - auseinandersetzen, damit wir uns vor Irrlehren schützen können.
Dann warnt er vor den Naturmächten, oder Elementen (στοιχεῖον) der Welt. Früher war ich der Überzeugung, dass hier eine Andeutung auf die Astrologie gemacht werde. In unserer Zürcherbibel wird nämlich hier auf die Nr. 45 hinten bei der sachlichen Erläuterung hingewiesen. Dort heisst es: „die Naturmächte der Welt, d. h. die geistigen Wesen, die nach dem Glauben aller Völker des Altertums die einzelnen Dinge der Natur regieren …“ In Betracht kommen „insbesondere die Sterne“. Auch in einer Sonderausgabe vom Factum wird diese Bibelstelle mit der Astrologie in Verbindung gebracht. Auch bekannte Kommentatoren beziehen diese „Naturmächte“ auf die Astrologie. In der Guten Nachricht wird (Stoicheia) sogar mit „kosmischen Mächten“ übersetzt. Doch offenbar ist dieser griech. Begriff (Stoicheia) erst im dritten Jahrhundert nach Christus für Sterne und himmlische Gestirne verwendet worden. Mit den Naturmächten oder Elementen der Welt können menschliche Ansichten (Kulturen) gemeint sein, die weltlich sind und nicht von Gott stammen. Generell kann gesagt werden, dass Paulus vor elementaren und einschränkenden Regeln warnt, die von jüdischer als auch heidnischer Seite gemacht werden und die Menschheit prägen als seien sie von Gott.
Vers 10: Wichtig ist, dass der Leser des Kolosserbriefes erkennt, dass nur in Christus die ganze Fülle Gottes wohnt.
Jesus ist die Gottheit, auf dem sich die einzig wahre Religion gründet. Jedes Lebewesen das Denken kann, soll sich allein an Jesus Christus orientieren und nicht an keinem andern Religionsführer. Jede Lehre, die nicht in der Harmonie mit der Lehre Christi steht, ist eine Lüge (1Joh 2,22-26). Nur durch Jesus können wir den Weg zum Vater und somit zum ewigen Leben finden. Wenn wir in der Lehre Jesu bleiben, dann kann niemand und nichts uns den Glauben rauben.
Mit dieser Gottheit sind wir erfüllt (πληρόω) worden (V. 10). In einen vollen Becher Wasser kann man nichts weiter einfüllen. In diesem Sinne empfangen wir in Jesus alles, was notwendig ist zu unserem Heil. Es braucht keine weiteren Lehren, Philosophien und Ansichten mehr, die die Lehren Jesu in irgendeiner Form ergänzen (1Kor 3,11). Z. B. die Mormonen und die Katholiken und viele Menschen verleugnen die Vollständigkeit der Bibel.
Weil die Menschheit nur die sichtbare Welt kennt, ist sie sehr eingeschränkt in Bezug auf die Erkenntnis und Weisheit des Lebens. Jesus aber, der im Himmel thront und über jede Gewalt und Macht gesetzt worden ist, sei sie im Himmel oder auf Erden, bietet uns weit mehr an Erkenntnis und Weisheit als es die grössten Gelehrten der Welt vermögen. In Christus Jesus liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen (V. 4)!
Darum, lasst uns nicht mit dem Strom der Zeit schwimmen und alle menschlichen Überlieferungen und Philosophien übernehmen, die oft nur leere Täuschungen sind, mit dem Ziel uns des Glaubens zu berauben! Lasst uns alles anhand Gottes Plan und Wille überprüfen und uns absondern von der Welt mit ihrem Trug: 1. Johannes 5,10-12.
Verse 11-15 (Teil A): Warnung vor der Beschneidung (περιτομή) für Christen.
Diese Stelle zählt zu den wichtigsten biblischen Belegen, die uns zur Erkenntnis der Glaubenstaufe führt. Klarer kann es von Paulus kaum gesagt werden! Die Beschneidung im AT begann mit Gottes Verheissung an Abraham.
Gott versprach Abraham, der Gott aller Beschnittenen zu sein (Gen 17,7-13). Diese Verheissung galt allen Hebräern, die sich beschneiden liessen. Sie galt nicht den unbeschnittenen Heiden! Erst im Neuen Bund verspricht Gott, dass er allen Menschen Gott ist, die geistlich beschnitten sind (Gal 3,26-29). Jeder Mensch, der auf Christus getauft worden ist, hat Christus angezogen. Ob Amerikaner, Europäer oder Chinese ist; spielt keine Rolle. Wer getauft ist gehört zu Christus und somit zu den himmlischen Erben.
Menschen, die die Glaubenstaufe verleugnen argumentieren manchmal so: Paulus sage doch ausdrücklich, dass keine menschlichen Hände nötig seien, um Christ zu werden. Eine Taufe könne nicht ohne menschliche Hände durchgeführt werden. Deshalb brauche es keine Taufe, sondern nur Glauben an Christus. Ist es das, was Paulus hier den Kolossern sagte? - Nein, sicher nicht!
Paulus bestätigt den Kolossern, dass sie bei ihrer Taufe am Herzen beschnitten worden sind und nicht am Fleisch, wie das bei der jüdischen Beschneidung geschah. Bei der jüdischen Beschneidung wurde die Vorhaut weggeschnitten. Bei der Beschneidung Christi in der Taufe werden die fleischlichen Leidenschaften weggeschnitten. Somit wurde der Fleischesleib der Sünde ohne menschliche Hände ausgezogen, d. h. entfernt.
Was ist mit dem Fleischesleib (τοῦ σώματος τῆς σαρκός) gemeint? Ein schwieriger Begriff, der kurz definiert werden muss. Zuerst muss der Vers 11 richtig gelesen werden. Die Elberfelderbibel hat hier eine verständlichere Übersetzung. Elb.: „… [sondern] im Ausziehen des fleischlichen Leibes …“ Es geht nicht um die Entfernung des menschlichen Körpers (das würde den physischen Tod zur Folge haben), sondern um den Leib des Fleisches. Leib (σῶμα) bezieht sich hier nicht auf den menschlichen Körper, sondern auf den sündhaften Zustand. Fleisch (σάρξ) bezieht sich hier auch nicht auf den menschlichen Körper, sondern auf die Sünde. Bsp. Indem Adam und Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatten, versündigten sie sich. Die Entfernung dieses sündhaften Zustandes hätte sie so unschuldig gemacht, wie sie am Anfang waren, bevor sie von der Frucht assen. Sie hätten sich ihrer Nacktheit nicht mehr geschämt. Genauso verhält es sich mit dem Leib des Fleisches, der ausgezogen wird, um den alten und reinen Zustand wiederherzustellen.
[Einschub] Im Neuen Testament bezieht sich das Wort Fleisch oft auf die sündhafte Natur, aber aufgepasst, nicht immer! Denken wir an die Stelle im Johannes 1,14 wo es heisst: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns ...“ Die Tatsache, dass Jesus als Gottheit Fleischesgestalt annahm, bedeutet nicht, dass er sündhaft wurde. Hier bezieht sich das Wort Fleisch nicht auf die sündhafte Natur, sondern auf den menschlichen Körper. Oder denken wir an die Stelle im Johannes 6,51! Die Gläubigen werden hier aufgefordert das Fleisch Christi zu essen, weil es das Brot des ewigen Lebens ist. Wenn dieses Fleisch nun sündhaft wäre, dann würden wir uns versündigen, wenn wir auf Jesus hören.
Es gibt noch einige Stellen im NT, wo das Fleisch nicht auf die sünd-hafte Natur bezogen wird (Apg 2,31; Röm 1,3; 9,5; 1Tim 3,16). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit dem Fleischesleib oder mit dem Leib des Fleisches hier „der Leib der Sünde“ gemeint ist, der in der Taufe ausgezogen oder entfernt wird wie die Vorhaut bei der Beschneidung (Römer 6,4-6). Hier wird ein weiteres Bild gebraucht, um zu erklären, wie „der Leib der Sünde“ kraftlos gemacht wird (Röm 6,6); es geht um den Tod, das Begräbnis und die Auferstehung.
Der Leib der Sünde ist unser verlorener Zustand, der alte Mensch, der zuerst gekreuzigt werden muss, um ihm die Kraft zu nehmen. In der Taufe stirbt unser alter Mensch und wird als sündhafter Leib mit Christus begraben. Gleichzeitig auferstehen wir in Christus mit einem geistigen Leib zum neuen Leben. Dies lassen wir in der Taufe zu, weil wir an „die Wirkungskraft Gottes“ glauben, die auch Christus von den Toten auferstehen liess. Dieser ganze Prozess bezeichnet Paulus die „Beschneidung Christi“ (περιτομή Χριστός). Nicht menschliche Hände, sondern Gott allein ist es, der an unseren Herzen diese geistige Beschneidung vornehmen kann.
Schon im AT war es Gottes Wunsch, dass die Menschen sich am Herzen beschneiden liessen, deshalb verkündigten seine Diener folgendes: Mose lehrte das Volk mit den Worten (Dtn 10,16): „So beschneidet nun eure Herzen und seid fortan nicht mehr halsstarrig.“ Der Prophet Jeremia forderte dasselbe mit den Worten (Jer 4,4): „Beschneidet euch für den Herrn und entfernt die Vorhaut eures Herzens, ihr Männer von Juda und ihr Bewohner Jerusalems …“ Hesekiel wirft dem Volk Israel vor, dass sie „Unbeschnittene an Herz und Leib“ ins Land hereinkommen liessen und so das Heiligtum entweihten (Ez 44,7.9).
Ist somit die Taufe eine perfekte Parallele zur Beschneidung im AT? - Nein! Die Ähnlichkeit dieser beiden Praktiken bedeutet nicht, dass es eine perfekte Parallele gibt. Denn die Taufe dient einem anderen Zweck als die Beschneidung. Die Beschneidung war das jüdische Siegel des Bundes mit Gott, das sie daran erinnerte, dass Jahwe ihr Gott war, der sie ins Land Kanaan führte (Gen 17,7-8). Die Taufe hingegen macht aus Menschen Söhne Gottes, geistige Söhne Abrahams (Gal 3,26-29). Während das AT vorwiegend mit der physischen Realität zu tun hatte, geht es im NT um geistige Zusammenhänge.
Die folgende Skizze soll dies veranschaulichen:
Altes Testament:
Kinder wurden in eine hebräische Familie hineingeboren durch die physische Geburt. Die Knaben wurden am 8. Tag beschnitten. Die Beschneidung galt als Siegel für den Bund, den Gott mit seinem Volk abschloss. Die Beschneidung galt als Zeichen des Bundes für Abrahams Nachkommen.
Neues Testament:
In der Taufe werden wir geistig in die Familie Gottes hineingeboren. Sie ist eine freiwillige Entscheidung eines reifen Menschen. In der Taufe empfangen wir den Heiligen Geist, der das Siegel der Gotteskindschaft ist.
Wenn die Taufe eine perfekte Parallele zur Beschneidung darstellen würde, so könnte das zu folgenden Widersprüchen in der Lehre Christi führen: Die Taufe wäre an Kleinkindern durchzuführen wie die Beschneidung am 8. Tag (Gen 17,12). Die Taufe wäre nur an Knaben durchzuführen (Gen 17,10). Menschen, die sich erst als Erwachsene taufen liessen, hätten nicht denselben Status, wie die Kinder der Abstammung. Jeder, der in der Familie wohnt und lebt müsste getauft werden und zwar ohne besondere Bedingungen (Gen 17,27). Man müsste sich von jedem Familienmitglied, Diener usw. trennen, der die Taufe ablehnt (Gen 17,14). Die Verheissung wäre das Land Kanaan und nicht der Himmel (Gen 17,8). Aus diesen Gründen ist die Taufe keine perfekte Parallele zur Beschneidung im Alten Testament!
Bei der neutestamentlichen Taufe muss ein Mensch - zuerst einmal das Wort Gottes hören (Apg 2,41; 18,8), an Christus glauben (Mk 16,15-16; Apg 8,12; 18,8), vor der Taufe seine Sünden einsehen (Busse tun: Apg 2,38).
Nur so kann er schliesslich auferweckt werden zum neuen Leben (Röm 6,4).
Fassen wir zusammen, was Paulus die Kolosser lehrt und aus was für einem Hintergrund heraus er diese Worte schreibt: Eine geistige Beschneidung geschieht durch Gottes Hand dann, wenn sich ein Mensch für ein gläubiges Leben mit Christus entscheidet, wenn er von seinem fleischlichen Leben Abschied nimmt, wenn er sich taufen lässt. In der Taufe lassen wir unseren Willen kreuzigen mit Christus und werden begraben mit Christus und auferstehen mit Christus zum unvergänglichen Leben. Damit wird einmal mehr bestätigt, dass alles in und mit Christus erfüllt ist. Wir brauchen keine anderen Lehrer oder keine weiteren Lehren, sondern in Christus wohnt die ganze Fülle Gottes, die uns zum ewigen Leben führt. Die Glaubenstaufe wird von Paulus als „Beschneidung Christi“ bezeichnet. Es kann im Neuen Bund gar nicht mehr um eine fleischliche Beschneidung gehen. Den Römern erklärt Paulus folgendes: Römer 2,28-29. Auch hier wird deutlich, dass die Taufe niemals ein ritueller Akt sein kann, wie die Beschneidung im Alten Bund. Es geht vielmehr um eine Beschneidung am Herzen, die nur durch eine freiwillige Entscheidung aus Glauben an die Wirkungskraft Gottes durchgeführt werden kann. Am Herzen beschnitten worden sein bedeutet, im Gewissen gereinigt und auferstanden zum neuen Leben in Christus (1Petr 3,21-22).
Verse 11-15 (Teil B): Warnung vor der Beschneidung (περιτομή) für Christen.
Unser Zustand vor der Beschneidung, d. h. vor der Taufe, war in Gottes Augen tot. Wir waren tot durch unsere Übertretungen (παράπτωμα). Wir waren tot durch unsere Unbeschnittenheit (ἀκροβυστία). Wir waren tot durch unsere Schuldurkunde (χειρόγραφον), die gegen uns lautete.
Der Jude als auch der Heide besitzt eine Schuldurkunde. Beim Juden entstand die Schuldurkunde auf Grund des Gesetzes Mose. Der Jude wusste genau, was er zu tun hatte (Ex 24,3). Mose legte dem Volk Segen oder Fluch vor (Dtn 28,1-2.15). Weil die Juden das Gesetz Mose nicht in allen Dingen einhalten konnten, wurde es ihnen zum Fluch, zur Schuld (Gal 3,10). Bei den Heiden entstand die Schuldurkunde auf Grund der Stimme des Gewissens, an das auch sie sich nicht hielten: Römer 2,14-15.
Die ganze Menschheit wurde vor Gott als schuldig und strafwürdig erklärt. Jeder besitzt eine persönliche Schuldurkunde (Röm 3,23), die gegen ihn lautet (= die feindlich ist). Ob Jude oder Heide, es gibt nur eine Tatsache, die es zu bekennen gibt: Alle haben sich schwer verschuldet vor Gott und sind zahlungsunfähig geworden. Die Höhe der Schuld ist zu gross, als dass sich jemand freikaufen könnte. Mit keinem Tieropfer der Welt und keiner Geldsumme kann unsere Schuld je austilgt werden.
Durch das Opfer Jesu besteht nun die Möglichkeit, dass Juden und Heiden freigesprochen werden können von ihrer Schuld, durch die Beschneidung am Herzen. Christus Jesus hat „das Gesetz der in Satzungen bestehenden Gebote abgetan“ und Juden und Heiden zu einem Leib mit Gott versöhnt (Eph 2,15). Dabei hat er nicht etwa das Gesetz ans Kreuz genagelt, sondern nur unseren Schuldschein, der unsere Bosheit aufweist. Denn das Gesetz ist nach wie vor heilig, gerecht und gut (Röm 7,12). Christus hat das Gesetz nur insofern abgetan, als dass er uns von den Satzungen (δόγμα) erlöste, die wider uns waren. Den verunsicherten Galatern erklärt Paulus, dass wer sich als Christ am Fleisch beschneiden lässt, dem wird Christus nichts nützen (Gal 5,2). Nur durch eine geistige Beschneidung in der Taufe auf Christus erhalten wir die Vergebung von unseren Sünden.
Gott verspricht in seinem Wort, dass er gegen unsere Ungerechtigkeiten gnädig sein wird und unserer Sünden nicht mehr gedenken wird (Hebr 8,12). Gleichzeitig bedeutet die geistige Beschneidung aber auch, dass unser neues Leben in Christus nun heilig ist im ganzen Wandel. Das heisst; die Beschneidung Christi bedeutet für alle Gläubigen, dass sie nicht mehr in der Sünde verharren. Sünde ist für mich so beschämend geworden, wie wenn ich z. B. als Mann Frauenkleider tragen müsste, denn sie passen nicht zu meiner Identität, weil ich ein Mann bin. Die Gnade darf auf keinen Fall Anlass zur Sünde sein, sonst stimmt etwas nicht mit unserer Beschneidung am Herzen (= Bekehrung, Röm 6,1-6). Gnade und Vergebung sind die grösste Motivation, die Gott uns beschert, um uns von der Sünde fernzuhalten! (1Joh 2,1). Durch das Opfer Christi wurde diese Vergebung möglich und der Sieg über den Tod ist vollbracht: 1 Kor 15,55-56.
Mit der Auferstehung Jesu Christi triumphierte Gott über alle Gewalten und Mächte.
Was meint Paulus mit den entwaffneten Gewalten (ἀρχή) und Mächten (ἐξουσία)? Jesus triumphierte über die jüdischen Herrscher, die ihn den Römern auslieferten. Jesus triumphierte über die römische Herrschaft, die ihn zum Tod verurteilte. Jesus erklärte seinen Jüngern nach der Auferstehung (Mt 28,18): „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ Das heisst, dass weder Satan noch irgendein himmlisches Wesen grössere Autorität besitzt als Jesus. Das heisst, dass weder Könige noch der grösste Machthaber auf Erden grössere Autorität besitzt als Jesus. Jesus herrscht über jeden Feind, selbst über den Tod, der seit dem Sündenfall zum grössten Feind der Menschheit geworden ist (1Kor 15,26). „Alles hat Gott seinen Füssen unterworfen“ (1Kor 15,27). Gott lässt auch uns in Christus triumphieren (2Kor 2,14).
Paulus gebraucht hier das Bild eines römischen Triumphzugs (θριαμβεύω), das ein öffentliches Schauspiel war: Wenn ein General mit seinen Truppen von einer siegreichen Schlacht nach Rom zurückkehrte, gab es einen riesigen Triumphzug durch die Stadt: Ganz an der Spitze marschierten die Trompeter. Ihnen schloss sich die Gruppe derer an, die Trophäen und Kriegsbeute aus dem eroberten Land trugen. Nach ihnen kamen die Gefangenen mit ihren Fürsten, Feldherrn und Führern, die meistens gefesselt waren und anschliessend ins Gefängnis geworfen wurden, um später hingerichtet zu werden. Anschliessend kamen die Musiker und die heidnischen Priester, die ihren duftenden Weihrauch hin und her schwenkten. Ganz hinten kam der römische General auf einem mit vier weissen Pferden bespannten Wagen in einem Purpurgewand. Er hielt ein Elfenbeinzepter mit dem römischen Adler in der Hand. Ihm folgten seine berittenen Truppen, die geschmückt waren mit Auszeichnungen und Ehrenabzeichen, die ihren Anführer priesen. Links und rechts rief eine jubelnde Menschenmenge aus der ganzen Stadt den Siegern zu.
Der Triumphzug Christi bei seiner Auferstehung war tausendmal grösser. Die ganze Welt hatte gesehen, dass der Sohn Gottes vor den Toren Jerusalems am Kreuz hing. Dieser Jesus ist nun auferstanden und führt seine Feinde öffentlich zur Schau vor. Niemand hätte an eine solch siegreiche Wende geglaubt. Himmel und Erde sind Zeugen der Auferstehung des unvergänglichen und grössten Herrschers den es je gab. Alle Gläubigen sind an diesem Triumphzug Christi beteiligt und preisen ihren mächtigsten König über Himmel und Erde. Deshalb sagt Paulus (1Kor 15,57): „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus.“
Verse 16-17: Warnungen vor Vorschriften (richten: κρίνω), die nicht geboten sind.
Nachdem die Satzungen aus dem Weg geräumt wurden und alle feindlichen Mächte besiegt wurden, kommt Paulus hier zu einer Schlussfolgerung mit dem Wörtchen „so“ (oder „darum“). Statt auf Weltweisheiten, leere Täuschungen und Überlieferungen der Menschen zu hören, sollen alle Gläubigen auf Christus schauen. Er ist der einzige, allmächtige und ewige König. Kein anderer Weg führt uns zum allmächtigen Gott, als der Weg über Jesus! Denn in Jesus ist die ganze Fülle der Gottheit enthalten (Kol 2,9). Christen sollen sich allein an die Lehre Christi halten, auch wenn sie in ihrer Zeit damit völlig allein stehen. Deshalb ruft Paulus auf (2,6): „Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, [so] wandelt in ihm …“
Paulus listet fünf Punkte auf, die von Judenchristen nach wie vor streng eingehalten und beachtet wurden. Es sind dies: Speise und Trank, jüdische Feste, Neumonde und Sabbattage. Diese Aufzählung ist nicht als vollständige Liste gedacht. Die folgenden fünf Traditionen sind gute Beispiele, um zu zeigen, dass niemand mehr den Kolossern solche Auflagen zu machen hatte. Denn diese Dinge haben nichts mit ihrer Beziehung zu Gott zu tun.
Speise (βρῶσις)
In Leviticus 11 und Dtn 14 macht Gott den Israeliten genaue Essvorschriften - in Bezug auf die reinen Tiere, die sie essen durften und die unreinen Tiere, die sie nicht essen durften. Jesus machte mit all diesen Essvorschriften Schluss: Mk 7,18-19. Auch der Apostel Petrus musste dieses jüdische Gebot durch eine Vision von Gott mit einem Tuch, das aus dem Himmel kam, endlich ablegen (Apg 10,10-16). Als Paulus mit den Aposteln in Jerusalem zusammenkam, diskutierte er mit ihnen, wie sie sich gegenüber den Heidenchristen verhalten sollten, da sie ja ganz andere Gewohnheiten hatten: Apg 15,19-20. Im Neuen Bund werden die Gläubigen nicht eingeschränkt in Bezug auf Speise und Trank.
Trank (πόσις)
In Bezug auf die Getränke wird im AT nicht viel gesagt ausser, dass sich die Priester von alkoholischen Getränken enthalten sollen (Lev 10,19). Betrunkenheit verurteilte alle Israeliten (Spr 20,1; Jes 5,11; 28,1). In Römer 14,17 erklärt Paulus: „Das Reich Gottes besteht nicht aus Essen und Trinken, sondern in Gerechtigkeit und Frieden und Freude im heiligen Geist.“ Im Neuen Bund gibt es also keine besonderen Trinkvorschriften ausser, dass auch hier die Betrunkenheit als Sünde verurteilt wird (Eph 5,18).
Feste (ἑορτή)
Im AT gab es einige Feste, die es einzuhalten gab (Dtn 16,16). Da war das Fest der Ungesäuerten Brote (Ex 23,15; 34,18; Lev 23,6). Da war das Wochenfest, sieben Wochen nach der ersten Weizenernte (Ex 34,22; Dtn 16,10), im NT als Pfingstfest bekannt (Apg 2,1). Da war das Laubhüttenfest, das die Israeliten an die Wüstenwanderung erinnerte, wo sie in Zelten und unter Laubhütten lebten (Lev 23,34; Esr 3,4). Viel später (536-458 v. Chr.) kam das Purimfest dazu: Es begann, nachdem Esther das jüdische Volk vor der Ausrottung bewahrte. Das Pur war das Los, durch das die Feinde die Juden umbringen lassen wollten (Est 9,24-26). All diese Feste sind im Neuen Bund abgetan, weil sie keine Bedeutung mehr haben für uns Christen. Das einzige Fest, das biblische Christen feiern je am ersten Tag der Woche, ist die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Jesus ordnete es am Passafest seinen Nachfolgern an, indem er sagte (Lk 22,19): „Dies tut zu meinem Gedächtnis!“ Sonst gibt es kein christliches Fest, das es laut der Bibel einzuhalten und zu beachten gilt!
Neumonde (νουμηνία)
Der israelitische Kalender richtete sich stark nach dem Mond. An jeden Neumond im Jahr brachen sie dem Herrn Brandopfer dar und bliesen in die Trompeten (Num 28,11-15; 10,10; Ps 81,4). Durch den Propheten Jesaja lässt Gott später seinem Volk verkünden, dass er all die Neumondfeste mit ihren „Gräuelopfern“ nicht mehr mag, weil sie nicht von Herzen kommen (Jes 1,10-17). Sie entarteten zu einem rein zeremoniellen Gottesdienst.
Sabbattage (σάββατον)
Auch der Sabbat war den Israeliten heilig und das war ja auch gut so (Ex 31,14). Denn Gott führte den Sabbattag als viertes Gebot für sein Volk als ewigen Bund ein (Ex 20,8-11; 31,14-16). Sabbat (Schabbat) ist hebräisch und bedeutet „aufhören“, ruhen. Auch Gott ruhte am siebten Tag von seinem Schöpfungswerk (Gen 2,3). Am siebten Tag der Woche, d. h. am Samstag durfte in ganz Israel keinerlei Arbeit getan werden; darauf lastete die Todesstrafe (Ex 31,14, Num 15,32-36). An diesem Tag erinnerte sich das Volk dankbar an die Befreiung aus der ägyptischen Sklavschaft (Dtn 5,12-15). Ein Tag zuvor war der Rüsttag, an dem man alles Mögliche bereitstellte, um am Sabbat ganz für den Herrn da zu sein. Es ist wichtig zu wissen, dass der Sabbat kein Tag der Anbetung war, sondern in erster Linie ein Tag der Ruhe.
Zusammenfassung:
Paulus erklärt den Kolossern in diesen Versen, dass alle diese alttestamentlichen Praktiken nichts zu tun haben mit der Erlösung und der Gerechtigkeit in Christus! Die Beschneidung am Fleisch nützt niemandem etwas, denn nur die Beschneidung am Herzen ist entscheidend für unsere Erlösung in Christus (Gal 5,2). Ess- und Trinkgebote können das geistliche Leben nicht zum wachsen bringen, sondern allein Jesus Christus kann es - denn er ist die Speise, die uns ewiges Leben schenkt; er ist das Wasser, das den Durst unserer Seelen für immer stillt, er ist das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist, um unsere Seelen für immer zu sättigen: Johannes 4,13-14; 6,27.35. Auch die unzähligen Opferungen unter dem Gesetz vermochten die Sünden des Volkes Israel nicht zu tilgen, sondern nur das einmalige Opfer Jesu Christi am Kreuz vermag die Sünden der ganzen Menschheit zu entfernen (Hebr 10,4.10).
Es geht im neuen Bund auch nicht mehr darum, einen bestimmten Ruhetag einzuhalten, sondern es geht nur noch um die verheissene ewige Ruhe im Himmel (Hebr 4,9; 1Petr 1,3-4). Diese ewige Ruhe ist viel besser als der Sabbat! Deshalb besitzt Jesus auch grössere Herrlichkeit als Mose (Hebr 3,3). Jesus ist der Garant eines besseren Bundes (Hebr 7,22.28); nämlich eines ewigen Bundes. Sein Priestertum steht über dem levitischen Priestertum im alten Bund (Hebr 7).
All diese alttestamentlichen Gebote sind bloss ein Schatten (σκία) der zukünftigen Herrlichkeit in Jesus Christus (Lk 1,79; Apg 5,15; Hebr 8,5; 10,1): Matthäus 4,16. So wie ein Schatten nicht die wirkliche Gestalt sein kann, so verhält es sich mit dem alten Testament und Christus. Jesus Christus ist der wahre „Körper“ (σῶμα), das wahre Wesen, um das es geht. Er ist die Grundbasis für die Versöhnung zwischen Gott und Mensch (Kol 1,20). Alles wurde durch ihn und auf ihn hin erschaffen und hat allein in ihm seinen Bestand (Kol 1,17). Jesus Christus ist der Höhepunkt der ganzen Schöpfung. Alles was zählt, in Bezug auf die Lehre und den christlichen Wandel, ist in ihm allein enthalten! Ihm allein gehört Lob und Preis und Anbetung, jetzt und in alle Ewigkeit! Amen.
Verse 18-19: Warnung vor Engelverehrung (θρησκεία).
Es mag sein, dass die Kolosser keine Engel anbeteten (gem. Irenäus, der 182-188 n. Chr. schrieb), aber diese Praxis war im Lykustal weit verbreitet. Es gab viele Lehrer, die behaupteten Visionen gehabt zu haben. Dies könnten Engelvisionen gewesen sein, die ihnen vielleicht neue Gebote und Anweisungen gegeben hatten. Es könnten aber auch allgemeine Visionen gewesen sein, die sich auf ihren geheimnisvollen Anbetungskult mit Engeln bezogen.
Aus der Bibel geht deutlich hervor, dass die Anbetung und Verehrung nur Gott und Jesus Christus vorbehalten ist! Schon in den 10 Geboten lesen wir, dass Gott allein angebetet werden will und dass es den Israeliten strengstens untersagt war, andere Götter zu haben (Dtn 5,6). Bei der Versuchung in der Wüste antwortet Jesus dem Teufel: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10b). Jesus selbst liess es zu, dass er angebetet wurde, weil er die Gottheit ist (Mt 1,23; 4,11; 8,2; 9,18; 14,33; 15,25; 20,20, 28,9.17; Mk 5,6; Lk 24,52). Die Engel liessen es nicht zu, von Menschen angebetet zu werden (siehe z. B. der Apostel Johannes in Offb. 19,10; 22,8-9). Zu allen Zeiten gab es immer wieder Menschen, die vorgaben, Jesus oder Engel gesehen zu haben und göttliche Botschaften empfangen zu haben: Muhammed - Islam, Joseph Smith - Mormonen, Ellen G. White - Adventisten, Uriella - Fiat Lux, usw. Menschen, die angeblich Engelvisionen hatten, wurden von vielen als besonders religiös und spirituell bewundert. Man hörte mehr auf sie, weil sie angeblich göttliche Autorität besassen. Doch falsche Visionen sind nichts neues unter der Sonne! Schon Jeremia sagte: Jeremia 23,25-27.
Um ihre Glaubwürdigkeit zu untermauern spielen sich Religionsführer mit falscher Demut auf (ταπεινοφροσύνη) und gefallen sich dabei selbst (θέλω, ἐθέλω) in ihrer Rolle. Sie beeindrucken die Welt und besitzen einen grossen Einfluss. Mit ihrem Benehmen gelten sie in der Gesellschaft als besonders heilig und geistlich. Sie geniessen es, wenn sie in ihrer Selbsterniedrigung bewundert werden. Zu allen Zeiten gab es Religionsführer, vor denen Jesus warnte (Mt 7,15-23): Z. B. Juden, die von Jesus als Heuchler bezeichnet werden, weil sie ihre eigene Ehre suchen (Joh 5,44), statt Gott die Ehre zu geben, weil sie ihre Almosen so entrichten, dass alle Welt staunend zusehen kann (Mt 6,1-4), weil sie an den Strassenecken beten, um von den Leuten gesehen zu werden (Mt 6,5-8), weil sie ihr Gesicht verstellen, sich nicht waschen, sondern Asche auf ihren Kopf streuen, um aufzufallen wenn sie fasten (Mt 6,16-18) usw.
Die Mehrheit der Menschen fällt leicht auf Verführer herein. Warum? Weil für sie der Glaube mehr eine mystische Erfahrung ist, als eine vernünftige Überzeugung aus der heiligen Schrift. Weil sie dazu tendieren, Menschen anzuhangen, statt Gott. Obschon sie von biblischer Demut nicht viel verstehen, bewundern sie das Benehmen derer, die ihnen besonders demütig und geheimnisvoll vorkommen. Gerne vergleichen sie solche Führer, die sich mit falscher Demut aufspielen, mit Jesus Christus oder sonst mit einer Gottheit (Dalai-Lama, Papst usw.). In der heutigen Zeit gibt es falsche Religionsführer wie Sand am Meer.
Jesus sagte voraus, dass viele falsche Propheten auftreten und viele irreführen werden (Mt 24,11). Mit ihren eigenen Visionen und angeblich göttlichen Inspirationen halten sie sich nicht an Christus, dem Haupt der Gemeinde, sondern sie sind von sich selbst aufgeblasen (φυσιόω). Denn sie behaupten oft Dinge gesehen oder erkannt zu haben, die weiter gehen als die Lehre Christi. Wie können wir Christen uns heute vor solchen falschen Propheten oder Geistern bewahren? 1. Johannes 4,1-2.5-6. Falsche Lehrer wenden ihre Zuhörer ab von dem was Jesus und seine Apostel lehrten. Ihre angeblichen Visionen, Gefühle und falschen Behauptungen sind bedeutender als das biblische Wort. Sie suchen ihre eigene Ehre und unterstellen sich nicht dem Haupt der Gemeinde, das Jesus Christus ist (Eph 4,15-16, 5,24).
Wenn also diese Irrlehrer in der Region von Kolossä sich nicht an das Haupt der Gemeinde halten, sondern falsche Lehren verbreiten, dann schaden sie dem Wachstum des ganzen Leibes, d. h. der örtlichen Gemeinde. Sie spalten die Gemeinde und zerstören ihre Einheit. Nur wer am Weinstock Jesu Christi bleibt, kann im Glauben wachsen und geistliche Frucht tragen (Joh 15,1-8). Erst wenn die örtliche Gemeinde sich einheitlich in der Lehre an das Haupt Christi hält, kann sie wachsen und viel Frucht tragen. Jesus als das Haupt vereint uns mit sich und miteinander zu einem Leib, der so geistlich funktionstüchtig ist. Dabei kommt hinzu, dass nicht menschliche Kraft oder Willkür das Wachstum des Leibes erzeugen kann, sondern allein Gott!
Verse 20-23: Warnung vor selbsterwähltem Gottesdienst (ἐθελοθρησκεία).
Es gibt verschiedene griechische Begriffe, die für Gottesdienst stehen:
Verehren, gottesfürchtig sein (εὐσεβέω)
Apg 17,23: „Was ihr nun, ohne es zu kennen, verehrt, das verkündige ich euch.“
Heilen, dienen (θεραπεύω)
Apg 17,25: „noch lässt er sich von Menschen-händen Dienst erweisen …“
Gottesdienst, Religion (θρησκεία)
Jak 1,26: „… dessen Gottesdienst ist nichtig.“
Jak 1,27: „Ein reiner und unbefleckter Dienst vor Gott …“
Kol 2,18: „der sich gefällt in [unterwürfiger] Demut und Verehrung der Engel …“
Selbsterwählter Gottesdienst (ἐθελοθρησκεία)
Kol 2,23: „was zwar den Ruf der Weisheit hat in selbsterwähltem Gottesdienst …“
Anbeten, fussfällig verehren (προσκυνέω)
Mt 4,10b: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.“
Joh 4,23-24: „… wo die wahren Anbeter … Gott ist Geist, und die ihn anbeten…“
Dienen (λατρεύω)
allgemein, kann sich auf Gott oder andere Götter beziehen (Lk 4,8 = Parallelstelle zu Mt 4,10), Apg 7,7: „Und über das Volk, dem sie dienen werden, will ich Gericht halten …“
Religiöse Verehrung erweisen (σεβάζομαι)
Röm 1,25: „… und den Geschöpfen Anbetung und Verehrung darbrachten statt dem Schöpfer …“
Verehren, scheu zurücktreten (σέβω, σέβομαι)
Mt 15,9: „Vergeblich verehren sie mich, indem sie Lehren vortragen, welche Gebote von Menschen sind.“
Apg 18,13: „Dieser überredet die Leute, auf gesetzwidrige Weise Gott zu verehren.“
Hier erscheint wieder dieser Begriff „Naturmächte der Welt“ (στοιχεῖων τôυ κόσμου), kosmische Elemente wie in Vers 8: Mit den Naturmächten oder Elementen der Welt können menschliche Ansichten (Kulturen) gemeint sein, die weltlich sind und nicht von Gott stammen. Paulus spricht von elementaren und einschränkenden Regeln, die von jüdischer als auch von heidnischer Seite gemacht werden und die Menschheit prägen als seien es Gebote von Gott (Apg 18,15): Aberglaube kann z. B. so eine Regel sein (schwarze Katze). Astrologie kann z. B. so eine Regel sein (Deutung des Charakters oder der Zukunft durch entsprechende Konstellation der Sterne). All die menschlichen Regeln und Traditionen, die wir in Vers 16 gelesen haben können hier auch miteinbezogen werden.
Paulus erklärt, dass alle Gläubigen diesen weltlichen Mächten abgestorben sind mit Christus durch die Beschneidung Christi - d. h. durch die Taufe. Der Begriff „abgestorben“ (ἀποθνήσκω) steht im Griechischen im Aorist, was bedeutet, dass diese Erfahrung komplett abgeschlossen ist. Paulus macht hier den Kolossern keine Vorwürfe, indem er die Frage stellt: „Warum lasst ihr euch … Satzungen vorschreiben?“ Er macht hier bloss eine Feststellung, indem er sagt: „Wenn ihr all diesen weltlichen Satzungen abgestorben seid, dann lasst euch keine menschlichen Vorschriften mehr machen!“ Christen leben in der Welt, aber nicht mit der Welt (Röm 12,2)! Was der Menschheit wichtig und heilig ist, aber nicht mit dem Willen Gottes übereinstimmt, ist für uns bedeutungslos geworden. Z. B. Das Einhalten von bestimmten Festtagen. Z. B. Die unterwürfige Demut in Bezug auf die Engel, Maria, oder sonst irgendwelche Heiligen.
Damals wie heute ist es nicht die Mehrzahl der sogenannt Gläubigen, die das wahre Christentum ausmachen! Die falschen Lehrer hatten damals eine Liste von Unterlassungsregeln: „Fasse nicht an!“ „Koste und berühre nicht!“ usw. Paulus erklärt dem Timotheus detaillierter, was die irreführenden Geister der damaligen Zeit lehrten: 1Tim 4,1-5.8-9. Obschon die Versuchungen durch unseren Leib an uns herantreten, so ist unser Körper nicht die Quelle des Bösen! Wir können uns nicht durch äusserliches Anfassen, Kosten oder Berühren verunreinigen (Apg 15,19-20). So können wir uns auch nicht durch eine leibliche Übung in der Enthaltsamkeit rein halten vor Gott (z. B. Homoöpathieverbot!). Bei der wahren Frömmigkeit geht es in erster Linie um das Herz, das sich versündigen und verführen lassen kann zum Bösen und nicht um äusserliche Dinge, die uns verunreinigen (Mt 15,19).
Ein gutes Beispiel für dieses Problem ist das, was Paulus versucht den Römern zu erklären: Römer 14,1-3.17.21-23. Es geht nicht um Äusserlichkeiten im Reich Gottes! Es geht in erster Linie um den Zustand unseres Glaubens! Das heisst nicht, dass wir in Christus keine Regeln und Prinzipien kennen. Wer das NT vorsichtig liest, dem wird klar, dass Jesus z. B. lehrt, dass wir nicht schwören sollen (Mt 5,34), dass die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut, wenn sie Almosen gibt (Mt 6,3), dass wir beim Beten kein unnützes Geschwätz machen sollen (Mt 6,7), dass wir uns keine Schätze auf Erden sammeln sollen (Mt 6,19), dass wir andere nicht richten sollen (Mt 7,1), usw. Positives Lehren ist recht und gut und erklärt den Menschen was wichtig ist zu tun, aber genauso muss auch das Verbotene erwähnt werden, wie das Jesus tat.
Vieles in der Welt hat den Ruf eines wahren Gottesdienstes oder einer echten Frömmigkeit, aber in Gottes Augen ist es nichts anderes als selbsterwählt. Schon Jesaja und Jesus predigte den Juden, dass Gott klagte (Mt 15,9): „Vergeblich verehren sie mich, indem sie Lehren vortragen, welche Gebote von Menschen sind.“ Der allmächtige Gott mag keinen selbsterwählten Gottesdienst, noch eine äusserliche Frömmigkeit! Gott will in Geist und Wahrheit angebetet werden (Joh 4,23) und nicht nach den Traditionen und Lehren der Menschen! Zudem wird wahrer Gottesdienst in der Bibel folgendermassen definiert: Jakobus 1,26-27. Auch über die Frömmigkeit heisst es mit andern Worten (1Tim 4,8; GN): Sich in körperlichen Entbehrungen zu üben bringt nur wenig Nutzen. Hingegen sich im Gehorsam gegen Gott zu üben hilft uns zum ewigen Leben. Was die Welt oft unter Christentum versteht, hat in Wirklichkeit sehr wenig mit dem Willen Gottes, noch mit der Lehre Christi zu tun. Viele meinen sie dienen Gott, während sie nur ihrem eigenen Fleisch dienen, d. h. ihrer Selbstsucht und Eitelkeit (GN). Die Mehrheit in der Welt kennt nur das von Menschen entstellte Christentum, weil sie nie die Bibel gelesen und sich erkundigt hat, was der Wille des Herrn ist.
Schlussworte:
Darum, lasst uns unser Gottesbild anhand der Bibel in allem überprüfen und korrigieren, damit wir Gott nach seinem Willen dienen und nicht nach dem Willen der Menschen!
Bsp. Als ich in die Pubertät kam, wollte ich kein Kind mehr sein, sondern ein erwachsener Mann. Fast täglich ging ich in meinem Zimmer auf und ab und suchte nach Gegenständen, die noch von meiner Kindheit zeugten (Teddybär, Zeichnungen aus der frühen Schule, Figuren und Spielsachen usw.). Ich wollte, dass die Besucher, die mein Zimmer betraten in einen Raum kamen, indem kein Kind, sondern ein Mann wohnte. Genauso ist es doch im geistigen Bereich!
Paulus ruft die Gläubigen in Kolossä auf, alles Weltliche hinter sich zu lassen. Alles, was sie an das frühere Leben erinnerte, dürfen sie ablegen. All die Lügen und Lehren der Menschen, die sie in Angst und in Knechtschaft versetzte, weil sie der Meinung waren, dass sie gegen Gottes Gebot verstossen, sollen fortgeworfen werden!
Christus hat auch uns von all den Regeln der Menschheit und von dem falschen Bild des Christentums befreit! In der Politik mag die Mehrheit darüber entscheiden, was das Gesetz in Zukunft sagt. Aber in Jesus Christus bestimmt nicht die Mehrheit über das, was Wahrheit und Gerechtigkeit ist in Gottes Augen! Nur die Bibel - Gottes Wort besitzt die Autorität darüber, uns zu sagen was geistlich ist und welche praktischen Auswirkungen das Leben in Christus für uns hat. Jesus Christus und seine Lehre ist die Quelle unseres Heils! Jesus ist das Haupt der Gemeinde und wir bilden den Leib, der durch ihn zusammengehalten wird und seine Weisungen empfängt, zum geistlichen Wachstum, das Gott schenkt!
Alle diese Warnungen stehen im Gegensatz zur Vorrangstellung Christi. Mit diesen Warnungen versucht Paulus die Augen der Gläubigen in Kolossä von der Knechtschaft der Welt und des Teufels zu befreien und auf Christus zu lenken. Die falsche Frömmigkeit und die Gesetzlichkeit der Menschen damals wie heute stehen im krassen Widerspruch zu Jesus und seiner Lehre. Es sind bloss – schwere Bürden (Mt 23,4), leibliche Übungen (1Tim 4,8), dämonische Lehren (1Tim 4,2), die nichts mit dem Willen Christi gemeinsam haben.
Viermal ruft Paulus in Kapitel 2 die Kolosser auf, indem er sagt:
„Lasst euch nicht betrügen mit überredenden Weisheitsworten“ (V. 4)!
„Lasst euch eures Glaubens nicht berauben“ (V. 8)!
„Niemand soll euch richten in Bezug auf Dinge, die nur ein Schatten des Zukünftigen sind“ (V. 16)!
„Lasst euch durch niemand um euren Kampfpreis (καταβραβεύω) bringen“ (V. 18)!
Oder: „Niemand soll euren Kampfpreis aberkennen - euch verdammen!“
Diese Aufrufe sind ein klarer Hinweis dafür, dass Menschen keine Marionetten sind in Gottes Hände, sondern über einen freien Willen verfügen. Wir Menschen haben die freie Wahl, ob wir uns von falschen Lehrern beeinflussen lassen wollen oder nicht. Durch Nichtinteresse in Glaubensfragen lassen wir uns leicht von der Mehrheit beeinflussen. Deshalb ist es von grösster Wichtigkeit, dass wir uns alle eifrig mit Jesus und seinem Wort befassen. Diese Aufrufe gelten auch uns Christen besonders in der heutigen Zeit. Vielleicht verstehen wir jetzt ein bisschen besser, warum das Hauptthema des Kolosserbriefes „Die Vorrangstellung Christi“ ist. Paulus bemüht sich darum, dass alle Gläubigen allein auf Jesus Christus schauen und nur in seinem Wort Hilfe suchen.