Kolosser-04: Leben als Christen

Die Vorrangstellung Christi

 


 I.   Kapitel 3,18 - 4,6: Leben als Christen in der Familie (Fortsetzung)

Vers 1: An alle Herren.
Übrigens, hier ist von christlichen Herren die Rede, die einer örtlichen Gemeinde dienten, in der es Sklaven und Herren gab. Paulus befahl diesen Herren nicht, ihre Sklaven in die Freiheit zu entlassen! Trotzdem ist es revolutionär, was Paulus in der damaligen Zeit von den christlichen Herren verlangte. Sklaven sollten wie Menschen und nicht wie Ware oder wie Vieh behandelt werden. Als Vorgesetzte sollten sie sich bewusst sein, dass sie alle demselben himmlischen Vater dienen und ihm für ihr Verhalten verantwortlich sind. Sie sollen ihren Sklaven nicht Drohen, sondern sie vielmehr freundlich behandeln (Eph 6,9). Sie sollen rücksichtsvoll mit ihren Sklaven umgehen, gerecht und fair sein, besonders dann, wenn ihr Sklave auch ein Bruder in Christus ist. Wir sehen also, dass es in der Bibel nicht darum geht, dass Christen die Welt und ihre Gesetze verändern sollen (1Kor 7,20-24).

Christen sollen vielmehr lernen, in einer ungerechten Welt zu leben und zurechtzukommen, weil sie in allem Gott dienen und nicht Menschen!

Verse 2-4: An alle, im Gebet zu verharren.
Für Paulus gehört das Gebet (προσευχή) zum festen Bestandteil eines verantwortungsbewussten und gottverbundenen Christen. Regelmässig kam er mit seinen Mitarbeitern zusammen, um für die Kolosser zu beten und für sie zu bitten (1,3.9; 4,12). Die Hauptaufgabe eines jeden Gemeindeleiters ist es, für andere zu beten (Hebr 13,17). Wir lesen von Mose, wie er oft für das Volk Fürsprache bei Gott erhob (Ex 33,7-11). Auch Samuel bekennt (1Sam 12,23): „Von mir sei es fern, mich am Herrn zu versündigen und davon abzulassen, für euch zu beten, sondern ich werde euch den guten und geraden Weg lehren.“ Es wäre für ihn Sünde gewesen, nicht für das Volk Israel zu beten. Der Prophet sah das Gebet als seine Pflicht und Verantwortung. Alle grossen Gottesmänner waren „online“ mit Gott. Deshalb sollen die Gemeindeleiter als gutes Vorbild im Gebet vorangehen.

Paulus ruft alle Gläubigen auf, am Gebet festzuhalten, denn das Gebet ist der Atem unseres geistlichen Lebens. Z. B. wie ein Jongleur täglich stundenlang mit seinen Gegenständen um sich wirft, so üben wir Christen uns bei jeder guten Gelegenheit im Gebet. Denn im Gebet stärken wir unsere geistigen Muskeln, unseren Glauben und unser Vertrauen auf Gott (Mt 26,39.41).

- Im Gebet richten wir unsere Blicke himmelwärts und schauen auf die unvergänglichen Werte (3,1).

- Im Gebet überwinden wir Versuchungen, Niederschläge, Ängste, Enttäuschungen und vieles mehr.

- Im Gebet halten wir unsere Sinne wach (γρηγορεύω).

- Die ganze Waffenrüstung Gottes nützt uns nichts, wenn wir nicht wachsam sind zum Gebet (Eph 6,18).

Warum sollen wir denn so viel beten?
Weil wir mitten in einem geistigen Krieg stehen, indem eine konstante Lebensgefahr droht. Denn unser Widersacher, „der Teufel geht um wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1Petr 5,8). Weil es heisst: „Seid nüchtern, seid wachsam! denn der Geist ist willig, das Fleisch aber schwach“ (Mt 26,41). Und: „Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt“ (Mt 24,42), erklärt Jesus.

Es gibt also mindestens zwei Dinge, die uns Christen motivieren, geistig wach zu bleiben:

1. Der Widersacher, der Teufel.

2. Die Wiederkunft des Sohnes Gottes.

Paulus ruft auf zu einer Gebetsgesinnung der Danksagung (εὐχαριστία)! Unsere Gebete sollen nicht allein durch den Widersacher und die Wiederkunft angetrieben werden. Unsere Gebete sollen auch nicht einseitig sein, indem sie alle möglichen Bitten und Forderungen an Gott enthalten (Jak 4,3). Der Grundton des christlichen Lebens ist nicht darauf abgestimmt, dass wir von allem verschont und geheilt werden, sondern darauf, dass wir lernen im Glauben zu überwinden. Wenn wir Bitten an Gott richten, dann sollten wir um Stärke und Kraft bitten und seltener darum, vor etwas verschont oder geheilt zu werden! All unsere Gebete sollen mit Danksagungen erfüllt sein (1Thess 1,2)! Wer im Kleinen dankbar ist, kann mit grösserem vertraut gemacht werden. Ein von Christus erlöster Mensch erkennt täglich tausend Dinge, für die er dem Herrn unendlich dankbar sein kann. Paulus erwähnt bereits das siebte Mal die Danksagung im Kolosserbrief (siehe 1,3.12; 2,7; 3,15.16.17; 4,2).

Paulus bittet, trotz aller Danksagung, um Gebete für ihn und seine Mitarbeiter! Er wünscht sich so sehr, dass der Herr eine Tür öffnen möge, für das Wort. An verschiedenen Orten schlugen Juden und Heiden dem Paulus die Tür zu, indem sie die Verkündigung des Evangeliums unmöglich machten (Apg 13,50; 14,5-6; 17,10.13; 1Thess 2,14-16). Paulus berichtet davon, dass sogar Satan selbst ihn daran hinderte, nach Thessalonich zu gehen (1Thess 2,18). Es gab aber auch Orte, wo zwar viele Widersacher am Werk waren, wo sich aber trotzdem eine Tür für das Wort öffnete (1Kor 16,9; 2Kor 2,12; Apg 14,27). Paulus ist sich bewusst, dass wenn er und seine Mitarbeiter das Geheimnis Christi verkündigen, dass sie dafür verfolgt und gefangen genommen werden konnten! Bedenken wir, dass Paulus von Rom aus schreibt, wo er zwei Jahre in einer Mietwohnung gefangen gehalten wird und trotzdem das Evangelium ungehindert weiterverkündigt (Apg 28,30-31; Phil 1,12-14). Deshalb bittet er die Kolosser um ihre Gebete! Es geht ihm nicht so sehr um seine Bewahrung, sondern um die Mission, die er vom Herrn empfangen hat (Kol 1,24; 4,7-9.18)!

Der Wunsch des Paulus enthält zwei Bitten:

1. Die Gelegenheit, das Wort Gottes zu verkündigen.

2. Die Fähigkeit, das Wort Gottes so zu verkündigen, dass es alle Menschen auch verstehen können.

Paulus ist sich seiner grossen Verantwortung und Mission bewusst, nämlich; mit dem Wort Gottes alle Menschen zu erreichen, denn:

- Das Wort ist mächtig und schenkt Leben, ewiges Leben (Joh 6,63; Hebr 4,12; Apg 11,14; Jak 1,21).

- Das Wort ist die Quelle der Befreiung von der Sünde (Joh 8,32).

- Das Wort ist die Basis der Heiligung (Joh 17,17).

- Das Wort ist die Quelle unseres Glaubens (Röm 10,17).

- Das Wort reinigt unsere Seelen (1Petr 1,22).

- Das Wort führt uns zur Wiedergeburt (1Petr 1,23).

Gott will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1Tim 2,4). Wenn Paulus vom Heiligen Geist inspiriert wurde, warum musste er dann noch andere Gläubigen um ihre Gebete bitten? Die Kraft der Erlösung geht vom Inhalt der Verkündigung aus und nicht vom Verkündiger selbst (Apg 11,14; Röm 1,16)! Auch Paulus brauchte Bücher, um sich weiter zu bilden (2Tim 4,13).

Verse 5-6: An alle, in Weisheit zu wandeln.

Wir haben in der letzten Betrachtung das Wort Weisheit (σοφία) behandelt. Die Griechen kannten drei grosse Begriffe, um den Verstand eines Menschen zu beschreiben. Wenn jemand diese drei Eigenschaften aufwies, besass er einen wohl ausgerüsteten Verstand. Da ist die Sophia, welche Weisheit und Erkenntnis von Gott oder von der Welt bedeutet (theoretischer Natur). Phronesis bedeutet Klugheit oder Vernunft und ist im Unterschied zu Sophia auf das Praktische ausgerichtet. Da ist schliesslich die Synesis, der menschliche Verstand der die Fähigkeit besitzt Tatsachen sinnvoll zu kombinieren - d. h. die Theorie mit der Praxis zu verbinden und in die Tat umzusetzen.

Paulus fragt in Jakobus 3,13-18:
Hier sehen wir, dass es eine Sophia gibt, die von oben kommt und eine Sophia, die irdisch, menschlich, ja sogar als dämonisch bezeichnet wird. Die göttliche Weisheit aber ist - lauter, friedsam, freundlich, wohlwollend, voller Barmherzigkeit und voller guter Früchte, unparteiisch und fern jeder Heuchelei oder Verstellung.

Christen sollen allen Menschen, die nicht zur Gemeinde gehören mit der göttlichen Weisheit begegnen. Das heisst, indem wir die Zeit auskaufen und die günstigen Gelegenheiten nutzen, um von Christus zu zeugen (sei es durch Worte oder durch Taten). Wichtig ist, die Ungläubigen nicht zu bedrängen! Es geht nicht darum, dass sie „zu uns“ kommen, sondern dass wir Jesus bekennen vor den Menschen (Mt 10,32). Wir sollen als Lichter in dieser Welt leuchten: Phil 2,14-15. Hier wird gesagt, dass die Welt mit ihrer Lebensweise und Moral verkehrt und verdreht ist vor Gott. Darum, lasst uns nach Gottes Weisheit fragen, damit wir nicht zur Mehrheit gehören, die verloren gehen.

Unsere Reden sollen allezeit mit Salz gewürzt sein (Zü-alt: Kol 4,6!), d.h. so dass sie einen Geschmack haben und einen Sinn ergeben. Dabei gilt zu beachten, dass ein fades Essen schnell versalzen werden kann; denn das Salz wird nur körnchenweise eingesetzt. Mit andern Worten; wir sollen niemand verletzen oder einen unnötigen Anstoss sein: Eph 4,29. Paulus schreibt den Korinthern (1Kor 10,32): „Gebt niemandem Anstoss, weder Juden noch Griechen noch der Gemeinde Gottes.“

Wichtig ist auch, dass wir mit unserer Art, wie wir uns geben, niemals den Eindruck der Überheblichkeit und der Besserwisserei erwecken. Gottes Weisheit ruft uns zur Demut auf (1Petr 5,5): „Gürtet euch mit Demut! Macht euch die Demut zu eigen!“ Jakobus 4,6: „Gott widersteht den Hochmütigen, nur den Demütigen schenkt er seine Gnade.“ Auch wenn nicht jeder Christ als Evangelist eingesetzt ist, so sollen wir uns doch alle ausrüsten lassen, damit wir jederzeit Rede und Antwort stehen können für unseren Glauben an Jesus Christus! Gottes Geist spricht durch Petrus folgendes: 1Petr 3,15-16. Es geht nicht immer darum, dass wir (wie die Welt) schlagfertig sind und bei jeder Gelegenheit eine „gescheite“ Antwort bereit haben: Jakobus 1,19.

Es gibt zwei Lektionen, die wir aus diesem Abschnitt (Verse 2-6) lernen können:

1.  Alle Christen werden aufgerufen, im Gebet zu verharren!

2.  Alle Christen wandeln in Weisheit, indem sie als Licht in dieser Welt scheinen und als Abglanz Jesu Christi Verlorene zu Christus führen.

Wenn Christus in unserem Leben die Vorrangstellung hat, dann beten wir ohne Unterlass (1Thess 5,17). Wir beten für die, die das Geheimnis Christi verkündigen, damit sich eine Tür für das Wort öffnen möge und von den Hörern im richtigen Sinn verstanden werden kann. Wir verharren im Gebet, um wachsam zu bleiben im Kampf gegen Ver-suchungen und bereit zu sein, für den grossen Tag der Wiederkunft Christi. Wir beten mit einer dankbaren Gesinnung, weil es tausend Dinge gibt, für die wir dem Herrn dankbar sein dürfen!

Wenn Christen in Weisheit wandeln, dann zeugen sie von Gott und seinem Sohn Jesus Christus. Sie scheinen als Lichter in dieser Welt! Sie kaufen die Zeit aus, um von Christus zu zeugen, in Wort und in Tat! Ihre Reden sind gewürzt, aber nicht verletzend, bedrängend oder gar überheblich.

Lasst uns in unserem ganzen Wandel Christus die Vorrangstellung geben!

 

 II.   Verse 7-18: Persönliche Grüsse und Empfehlungen

Dieser Brief enthält mehr persönliche Hinweise und Empfehlungen als üblich. Mit diesen Namen will Paulus in keinem Fall sich selbst, noch andere als eine besondere Elite hinstellen, die besonders geehrt werden müssten, weil sie eine höhere Stelle in der Gemeinde einnehmen. Schon Jesus sprach gegen eine solche Rangordnung, indem er sagte (Mt 23,12): „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Paulus beanspruchte keine Titel (z. B. Dr., Pfarrer, Pastor, Bischof, Kardinal usw.). Er betrachtete auch seine Mitarbeiter als Mitknechte und Diener (1,7; 4,7.12).

Trotzdem muss gesagt werden, dass diese Männer ganz besonderen Glauben und Mut an den Tag legten. Sie bekannten sich eindeutig zum gefangenen Paulus, der auf einen richterlichen Prozess, vor der höchsten Instanz in der Welt, wartete. Sie waren ihm ein Trost und eine Ermutigung, in den bangen Stunden des Wartens (Mt 25,34-40). Das ist nicht eine Liste von gewöhnlichen Menschen; das ist eine Liste von Glaubenshelden!

Tychikus und Onesimus werden alles berichten (V. 7-9).
Im NT stellen wir immer wieder fest, dass zwei Personen ausgesandt wurden. Schon von Jesus heisst es, dass er die zwölf Apostel berief und sie jeweils zu zweit aussandte (Mk 6,7).

Bei den Juden beruhte der Wahrheitsgehalt einer Aussage, auf zwei oder drei Zeugen (2Kor 13,1). Zudem war die Sicherheit damit besser gewährleistet, wie wenn einer allein auf eine so grosse Reise ging.

In der Apostelgeschichte (20,4) wird Tychikus aus Kleinasien das erste Mal als treuer Reisegefährte des Paulus erwähnt. Im Kolosserbrief bezeichnet Paulus ihn als -

„mein lieber Bruder“,

„treuer Diener“,

„Mitknecht“ und

als ausführlicher Berichterstatter, dem man trauen kann, einen Trost (4,11).

Er wurde von Paulus als Mitarbeiter besonders hoch geachtet und war bei beiden Gefangenschaften in Rom mit dabei. Er liess sich von Paulus nach Ephesus aussenden, um dem Timotheus zu helfen oder ihn abzulösen (2Tim 4,12). Später wurde er oder Artemas auf die Insel Kreta gesandt, um Titus abzulösen (Tit 3,12). Nun sollte er zusammen, mit dem früheren Sklaven Onesimus, mindestens drei Gefangenschaftsbriefe des Paulus übermitteln (Eph 6,21; Phlm 12): Den Epheser- und den Kolosserbrief, sowie den Brief an Philemon. Der vierte Gefangenschaftsbrief, an die Philipper, wurde vermutlich durch Epaphroditus überbracht (Phil 2,25.28).

Aus dem Philemonbrief entnehmen wir, dass Onesimus ein entronnener Sklave in der Gemeinde zu Kolossä war. Offenbar bekehrte Paulus ihn in Rom und sandte ihn reumütig zurück zu Philemon, seinem Herrn. Mit einem „Schutzbrief“ ausgestattet, eben mit dem Philemonbrief, empfiehlt Paulus den Onesimus auf herzlichste Art (Phlm 10-12). Die Kolosser kannten Onesimus (= nützlich) nur als unnützen, ungläubigen und entronnenen Sklaven, der jedoch jetzt, laut Paulus, besonders nützlich geworden sei.

Drei jüdische Brüder sind dem Paulus ein grosser Trost (V. 10-11):
Da ist Aristarchus, der aus Thessalonich in Mazedonien stammt (Apg 20,4). Er und Gajus standen in den vordersten Reihen, als Paulus zum Volk in Ephesus sprach. Als die Stadt in Aufruhr geriet, wurden sie mit Paulus gefangen genommen (Apg 19,29).

Da ist Markus (griech.), der auch Johannes (= hebr.) genannt wurde (Apg 12,25). Es gibt Kommentatoren, die behaupten, dass Markus der junge Mann war, der am Leinengewand festgehalten wurde und nackt floh (Mk 14,51-52), doch dieser Mann kann nicht mit Bestimmtheit identifiziert werden. In der Apostelgeschichte lesen wir, dass Gläubige sich im Haus der Maria versammelten, um für den gefangengenommenen Petrus zu beten (Apg 12,12). Maria war die Mutter von Markus und die Schwester von Barnabas. So ist Markus der Neffe (Vetter) des Barnabas. Barnabas aber ist der Onkel von Markus.

In der Apostelgeschichte lesen wir, dass der Heilige Geist Paulus und Barnabas zur ersten Missionsreise aufrief (Apg 13,1-4). Auf dieser ersten Missionsreise war Markus mit dabei. In der Apg 13,5b heisst es: „… zu ihrer Unterstützung hatten sie Johannes (griech. Markus) bei sich.“ Später trennte sich Markus von den beiden, aus uns unerklärlichen Gründen, und kehrte nach Jerusalem zurück (Apg 13,13). Als Barnabas seinen Neffen auf die zweite Missionsreise mitnehmen wollte, kam es zu einem bitteren Streit zwischen ihm und Paulus (Apg 14,36-40), so dass sich ihre Weg trennten. Barnabas nahm seinen Neffen mit nach Zypern, wo er aufgewachsen ist (Apg 4,36). Paulus durchzog mit Silas Syrien und Cilicien (Apg 15,40). Nun taucht Johannes Markus bei Paulus in Rom auf. Was ist passiert?

Inzwischen wurde, aus dem vermutlich unerfahrenen Markus, ein nützlicher Mitarbeiter für Paulus (Phlm 24; 2Tim 4,11). Offenbar sandte Paulus den Kolossern bereits einen Empfehlungsbrief, wie es damals üblich war (2Kor 3,1). In diesem Brief gab er ihnen Anleitung, Johannes Markus freundlich zu empfangen und aufzunehmen. Dies war nötig, da andere Glieder misstrauisch auf diesen Mann schauten, den Paulus einst abgelehnt hatte. Doch Markus hat sich zunehmend zum Segen und zur grossen Ermutigung erwiesen (1Petr 5,13).

Von Jesus Justus wissen wir ausser seinem Namen nicht mehr, als hier steht. Er war ursprünglich ein Jude, der sich zum Christentum bekehrte und einer unter wenigen war, der im Reich Gottes in Rom arbeitete. Justus ist, zusammen mit den zwei andern jüdischen Brüdern, dem Paulus eine grosse Ermutigung.

Liebe Grüsse sendet Paulus auch von drei heidnischen Brüdern; Epaphras, Lukas und Demas (V. 12-14). Epaphras ist ein Mitgefangener des Paulus (Phlm 23). Er stammte offensichtlich aus Kolossä und ist vermutlich Gründer oder Mitgründer der örtlichen Gemeinde dort. Er predigte das Evangelium in allen drei Städten: Kolossä, Laodizea und Hierapolis (1,7). Obschon Paulus auf indirekte Weise an der Gründung der Gemeinde mitbeteiligt war, kennt er die Glieder dort nicht persönlich (2,1). Doch Epaphras berichtete dem Paulus einiges über den Zustand der Kolossergemeinde (1,8). Die Gemeinde wird gelobt, für ihren gesunden Glauben und für ihre Liebe untereinander (1,4). Aber es gibt keinen Grund zum Übermut, denn die Irrlehrer der damaligen Zeit waren wie Sand am Meer. Vielleicht war Epaphras nicht lange genug in Kolossä, um alle Glieder im Glauben und in der Wahrheit genügend aufzubauen, so dass sie sich von falschen Lehren zu schützten wussten. Deshalb betete er, mit Paulus und allen Mitarbeitern in Rom, inständig für die Gemeinde (1,9). Paulus schreibt von Epaphras, dass er in seinen Gebeten für die Kolosser regelrecht kämpft, damit sie im Glauben stark sein mögen und als überzeugte Diener vor dem Herrn bestehen.

Der Inhalt des Kolosserbriefs nimmt Bezug auf die problematischen Philosophien, die die Gemeinde Christi bedrohten. Epaphras kämpft in seinen Gebeten mit aller Beständigkeit auch für die Glieder, in Laodizea und Hierapolis, wie Paulus bezeugt. Finanziell hatten sie alle vermutlich keine Probleme. In Hierapolis gab es viele Thermalquellen, die Touristen aus aller Welt anlockten. Laodicea war die „Wallstreet“ Kleinasiens und die Stadt der Millionäre; sie zählte zu den reichsten Städten der Welt. Laodizea war aber auch weltbekannt für seine Ohren- und Augensalbe, die dort hergestellt wurde (Offb 3,14-18).

Lukas ist der Arzt, der das Evangelium und die Apostelgeschichte niederschrieb, als er sich bei Paulus in Rom befand (Phlm 24). Es kann sein, dass Paulus und andere Mitarbeiter, die sich zu dieser Zeit in Rom aufhielten, einige wertvolle Fakten mitgeliefert haben (Lk 1,2-3). In der Apg 16,10 berichtet Lukas von der zweiten Missionsreise, bei der er offensichtlich mit dabei war, weil er das Wort „wir“ gebraucht. Dr. Lukas begleitete Paulus auch auf dem Schiff nach Rom und betreute ihn in beiden Gefangenschaften (Apg 16,10 - 28,16, 2Tim 4,11).

Von Demas wissen wir nicht sehr viel. Sein Name erscheint im Brief an die Kolosser, sowie im Brief an Philemon (Phlm 24). Er musste den Kolossern also sehr vertraut sein. Aus der zweiten Gefangenschaft schreibt Paulus dem Timotheus, dass Demas ihn leider im Stich gelassen hat, indem er sein christliches Leben an den Nagel hängte und zum weltlichen Leben zurückkehrte (2Tim 4,10-11).

Wir sehen, wie dringend notwendig die intensiven Gebete für die neu-bekehrten Glieder der örtlichen Gemeinden waren und heute noch sind! Von Anfang an verharrte die Gemeinde im Gebet (Apg 2,42). Von den Aposteln heisst es, dass sie für die Pflege der Witwen spezielle Diener einsetzten, damit sie mehr Zeit zum Gebet aufbringen konnten (Apg 6). Von Jesus wissen wir, dass er manchmal die ganze Nacht hindurch betete (Lk 6,12). Paulus und seine Mitarbeiter sahen ein Teil ihrer Mission darin, für die Gemeinden zu beten. Genauso notwendig ist es auch für unsere Gemeinde, dass möglichst viel gebetet wird, damit wir alle vor Gottes Augen bestehen dürfen! Denn das Gebet rüstet uns und andere im Glauben aus.

Grüsse an die Gläubigen in Laodizea (V. 15).
Nymphe kann eine weibliche oder eine männliche Person sein, die Paulus offenbar persönlich kannte. Es war keine Seltenheit, dass Gläubige sich im Haus einer wohlhabenden Frau versammelten. Denken wir an Maria, die Mutter von Johannes Markus (Apg 12,12). Oder Lydia, die Paulus bat, mit seinen Mitarbeitern bei ihr einzukehren (Apg 16,15). Es kann sein, dass es nebst der Gemeinde in Laodizea auch eine Hausgemeinde gab, die sich bei Nymphe versammelte. Die örtlichen Gemeinden hatten keinen Hauptsitz mit einer zentralen Führung, noch hatten sie sich auf irgendeine Weise organisiert. Es gab also Gemeinden, in denen sich tausende von Gliedern versammelten (wie z. B. in Jerusalem). Dann gab es auch viele Hausgemeinden, wo weniger als 40 Glieder zusammenkamen (Röm 16,5.23; 1Kor 16,19; Phlm 2). Da die Christen in den ersten zwei Jahrhunderten verfolgt wurden, gab es viele Hausgemeinden. Eins steht fest; für einen Christen war es üblich, sich mit anderen regelmässig zu versammeln, um Christus anzubeten (ob in kleinerem Kreis oder gar im Tempel, spielte keine Rolle).

Auf jeden Fall bittet Paulus, dass sein Brief in Kolossä vorgelesen und mit den Laodizenern ausgetauscht wird (V. 16).
Da beide Gemeinden örtlich nahe beieinander lagen, pflegten sie vermutlich regen Kontakt miteinander und hatten ähnliche Probleme. Es wurde viel darüber spekuliert, ob es einen Brief an die Laodizener gegeben hatte oder nicht. Einige sagten, dass wir diesen Brief nicht kennen, weil er uninspiriert war. Vielleicht stammte er von Epaphras, der ja kein Apostel war.

Andere glauben, dass der Philemonbrief, der Brief an die Laodizener war oder einfach eine Kopie des Epheserbriefs. Ein paar wenige Gelehrte schlagen vor, dass es der Hebräerbrief war, der nach Laodizäa gesandt wurde. Tatsache ist, wenn es einen Brief gegeben hatte, dann ist er, aus irgendwelchen Gründen verloren gegangen (wie der 1. Korintherbrief).

Dies ist übrigens die einzige Stelle im NT, wo Gemeinden aufgefordert werden, einander zu Grüssen und die Briefe auszutauschen. Der Apostel überlässt es den Gemeinden, wer den Brief jeweils vorliest. Vermutlich wurde der Brief am ersten Tag der Woche vorgelesen, als die Gläubigen zur Anbetung zusammenkamen (Apg 20,7). Schon in den Synagogen fanden öffentliche Schriftlesungen statt (Apg 13,15; 15,21). Auch in den neutestamentlichen Gemeinden wurde dies praktiziert, da Paulus dazu anleitete (1Thess 5,27): „Ich beschwöre euch beim Herrn, diesen Brief allen in den Gemeinden vorzulesen“ (und Phlm 2). Paulus instruiert Timotheus in seinem ersten Brief: 1Tim 4,13. Mit der Lesung sind die Briefe des Paulus gemeint. Mit der Lesung sind die alttestamentlichen Schriften gemeint.

Grüsse an Archippus (V. 17), der einen besonderen Auftrag erhält.
Vermutlich war er einer der Lehrer oder Prediger in Kolossä, oder einer, der einfach nur als Ersatz einsprang für Epaphras. Auf jeden Fall war er als „Mitstreiter“ mit der Hausgemeinde verbunden, in der Philemon und Apphia waren (Phlm 2). Er wird vom Apostel Paulus an seine Verantwortung erinnert, nämlich; den besonderen Auftrag zu erfüllen, den er vom Herrn empfangen hatte, er hatte offensichtlich eine einflussreichere Aufgabe in Kolossä; vermutlich das Predigen und Lehren.

Eigenhändiger Gruss des Paulus (V. 18).
Dies offenbart uns, dass der Brief vermutlich diktiert wurde (an Timotheus). Paulus signierte eigenhändig, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, von wem dieser Brief stammen könnte. Dies tat er auch in anderen Briefen (1Kor 16,21; Gal 6,11; 2Thess 3,17). Es gab schon damals viele Irrlehrer und viele Fälschungen. Damit verleiht er seinen Briefen apostolische Autorität, d. h. göttliche Vollmacht. Schliesslich bittet Paulus um Gebete, für ihn als Gefangener in Rom, damit er bald wieder freigelassen werden konnte und seine Mission, die er von Jesus Christus empfing (Apg 9,15), fortsetzen durfte.

Was können wir aus diesen Versen lernen?

Wir erkennen erstens, wie Paulus zu den einzelnen Gläubigen stand. Er liebte seine Mitarbeiter und schätzte sie hoch ein. Sie vertrauten ihm, wie der Sklave Onesimus, der bis nach Rom zu Paulus floh. Paulus hatte nicht nur einen Freund, sondern gleich mehrere Mitarbeiter und Freunde, die mit ihm Freud und Leid teilten. Paulus war ein guter Bruder, zu seinen Geschwistern im Herrn und spielte sich in keiner Weise auf, obschon er vermutlich die grösste Erkenntnis und Gottesnähe besass.

Zweitens lernen wir aus den Grüssen und Empfehlungen, dass auch wir heute, in der Gemeinde, solche treue und vorbildliche Gläubige brauchen. Wir brauchen liebe Brüder wie Tychikus, die treu sind! Wir brauchen Männer wie Onesimus, die sich demütig und einsichtig ihrer Fehler sind und gute Teams bilden, um ausgesandt zu werden. Wir brauchen Männer und Frauen, wie Aristarchus und Gajus, die fest zum gepredigten Wort stehen, selbst wenn sie dafür gefangen genommen werden. Wir brauchen Frauen, die bereit sind ihre Häuser zur Verfügung zu stellen, damit die Gemeinde sich geschützt versammeln kann. Wir brauchen Vorbilder, wie Johannes Markus, der gegen seinen Leiter keine Hassgefühle pflegte, weil er ihn damals nicht mehr mitnahm, sondern später auf eine andere Art seine Dienste zur Verfügung stellte. Wir brauchen Ärzte wie Lukas, die der Gemeinde von grossem Nutzen sein können. Was wir nicht brauchen, sind Leute wie Demas, die die Welt wieder lieb gewinnen!