Jesus-14: Marta und Maria

Jesus, der Christus

 

 

 Einleitung

Lukas 10,38-42 (lesen aus NGÜ):

 

 I.   Hintergründe (V. 38-39)

Jesus sagte einmal (Mt 8,20): „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels haben Nester, der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ Er erklärte seinen Jüngern auch, dass wenn sie bereit sind, Häuser und Äcker um seinetwillen und um des Evangeliums willen aufzugeben, dann werden sie es hundertfältig wieder empfangen, in diesem als auch im zukünftigen Leben (Mk 10,29-30).

Obschon Jesus kein Haus besass, hatte er viele Häuser im ganzen Land zerstreut, in denen er aufgenommen wurde. Z. Bsp. das Haus der Schwiegermutter des Petrus in Kapernaum. Z. Bsp. das Elternhaus in Nazareth. Z. Bsp. das Haus Marthas in Betanien. Betanien lag etwa 4 Kilometer westlich von Jerusalem.

Martha und Maria waren Schwestern und treten bei drei bekannten Ereignissen auf: Bei einer Mahlzeit (Lk 10,38-42). Bei der Auferweckung ihres Bruders Lazarus (Joh 11,1-46). Bei einem Gastmahl, als Maria die Füsse Jesu salbte (Joh 12,1-9).

Welches Ereignis kommt uns in den Sinn, wenn wir den Namen Martha hören? Denken wir daran, als Martha gläubig bekannte: „Ja, Herr, jetzt glaube ich, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt“? (Joh 12,27). Denken wir daran, als Martha die Gemeinschaft mit Jesus genoss, zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Bruder? (Joh 12). Ich vermute, dass die meisten an das Ereignis denken, als Jesus sie zurechtwies, weil sie sich zu sehr um materielle Dinge kümmerte, statt um geistliche Werte. So sind wir Menschen oft: Wir erinnern uns zu leicht an die negativen Dinge im Leben. Die positiven Ereignisse vergessen wir leider all zu schnell. Dabei gibt es von Martha in der Bibel eine ganz andere Seite zu entdecken.

 

 II.   Martha ist gestresst (V. 40)

Jesus hat Martha nicht für das Kochen ermahnt. Er wusste auch, dass gute Hausfrauen notwendig waren. Aus den Sprüchen 31 lernen wir, was eine tüchtige Hausfrau ausmacht.

In Vers 38 haben wir gelesen, dass Jesus mit seinen Jüngern unterwegs war. In Betanien nahm ihn eine gastfreundliche Frau, mit dem Namen Martha, auf. Der Text sagt nicht, dass auch seine Jünger in diesem Haus einkehrten. Erst im nächsten Kapitel lesen wir wieder von den Jüngern. Vermutlich waren sie auch eingeladen (12 Personen), oder; wohin gingen sie während dieser Zeit? Dazu kommt noch ihr Bruder Lazarus und ihre Schwester Maria (Joh 11,1-2). Insgesamt wären es dann, mit Jesus und Martha, mindestens 16 Personen. Wenn tatsächlich 16 Personen an diesem Mahl teilnahmen, dann wird die Situation im Bericht des Lukas ziemlich vereinfacht dargestellt. Im Johannes, Kapitel 12, nahmen die Jünger auch Teil am Mahl. Wer würde mit einem Haus voll Gästen nicht auch ins Rotieren kommen?

Martha fühlte sich überfordert, alleine in der Küche. Vielleicht befand sich die Küche sogar im selben Raum, was oft der Fall war damals. Maria konnte also auch beim Arbeiten zuhören, was Jesus lehrte. Doch sie sass gemütlich bei Jesus und hörte zu, während Martha in der Küche rotierte. Damals war es unüblich, dass eine Frau bei den Männern sass. Die Rabbiner erlaubten es einer Frau schon gar nicht, ihnen zu Füssen zu sitzen. Es heisst: „Maria setzte sich dem Herrn zu Füssen und hörte zu.“ Die Ausdrucksweise „zu Füssen sitzen“ bedeutete damals auch, vom Lehrer lernend. Paulus erklärte, dass er zu den Füssen Gamaliels erzogen wurde (Apg 22,5). Dies war einer Frau nicht gestattet, nicht zuletzt deshalb, weil viele dachten, dass Frauen des Lernens nicht fähig waren. Doch Jesus teilte die Voreingenommenheit seiner Zeitgenossen nicht.

Immer, wenn wir von Maria etwas lesen, dann war sie zu Füssen Jesu: Z. Bsp. als Lazarus starb, fiel sie Jesus zu Füssen (Joh 11,32). Sie war es, die Jesu Füsse mit der teuren Nardensalbe einsalbte (Joh 12,3). Maria sass also bei Jesus in der Stube und lernte von ihm. Aber auch sie erfüllte eine wichtige Aufgabe, indem sie sich um die Gäste kümmerte, während das Essen zubereitet wurde. Doch das war eigentlich die Aufgabe des Lazarus. Deshalb war Martha äusserst unzufrieden mit der Situation. Ihre Kochkünste waren sicher wohlbekannt. Bestimmt erfüllte nach Essen ein angenehmer Duft das Haus. Doch von all dem wird uns leider nichts berichtet.

Wir fragen uns vielleicht zu Recht: Hatte Martha wirklich ein Problem? Wenn wir an Hiob denken oder andere Personen, von denen uns die Bibel berichtet, so hatte Martha nicht wirklich ein Problem. Sie verursachte einzig eine Spannung, weil sie ihre Schwester vor allen tadelte, dass sie in der Küche nicht mithalf, weil sie auch Jesus Vorwürfe machte, dass er sie zu seinen Füssen sitzen liess, statt sie auf ihre Arbeitspflicht aufmerksam zu machen.

Ich bin überzeugt: Ihr Motiv war grundsätzlich gut und lobenswert. Sie ist auf keinen Fall eine Rechtfertigung für die Frauen, die mit der Küche nichts zu tun haben wollen, und damit meinen, das Bessere gewählt zu haben. Sie bemühte sich, Jesus mit ihrer Gastfreundschaft zu dienen und einem guten Essen. Doch sie fragte sich, wie sie jemals alleine das Essen auf den Tisch brachte. Was war denn so schlecht an ihren Gedanken? In unserer Zeit fällt es uns schwer diese Situation richtig einzuschätzen.

Wir leben in einer Zeit, wo es immer weniger dienstbare Frauen gibt, die am Herd stehen wollen und wirklich gut kochen können. Es wäre geradezu dumm eine Frau zu tadeln, die solch wertvolle Dienste leistet und ein bisschen Hilfe braucht. Denn ein gutes Essen hebt die Stimmung im ganzen Haus und kann anschliessend eine schöne Gemeinschaft ermöglichen. Zudem sollte der Prediger in der heutigen Zeit, nach einer Predigt von 30 oder gar 45 Minuten am Sonntagmorgen, die Gäste nicht noch weiter beanspruchen. Das wäre eher egoistisch von ihm. So würde es jedenfalls im 21. Jahrhundert empfunden. Doch, um all das geht es in diesem Fall nicht! Das Problem hier ist, dass sie sich echte Sorgen machte!

 

 III. Martha wird zurechtgewiesen (V. 41-42)

Auch in der Gesellschaft mit Jesus, konnte es zu Spannungen kommen. Es wäre interessant, den Tonfall seiner Stimme zu hören. Wie wies er Martha zurecht? Eins steht fest: „Jesus hatte Martha und ihre Schwester und auch Lazarus sehr lieb“, heisst es (Joh 11,5). Deshalb begegnete er ihr mit einer bedrückenden – aber liebevollen Stimme, die sagte mit andern Worten: „Oh lass das doch Martha! Wir haben dich lieb, mach dir doch nicht so viel Arbeit ums Essen. Uns allen wäre viel mehr gedient, mit einer einfacheren Mahlzeit, aber einer glücklichen Martha.“

Am Brunnen, wo die Samaritern war, lehrte er seine Jünger (Joh 4,34): „Meine Nahrung ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und das Werk vollende, das er mir aufgetragen hat.“ Jesus ging es nicht um den Genuss des Lebens, sondern allein darum, so viele Menschen wie möglich, in eine Beziehung mit dem himmlischen Vater zu bringen. Jesus war bescheiden und konnte mit wenig Essen auskommen. Er hatte gelernt, in jeder Lebenslage zufrieden zu sein, wie auch Paulus das einmal ausdrückte (Phil 4,11-12).

In seiner Bergpredigt lehrt Jesus: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen werdet, noch um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ (Mt 6,25). „Trachtet vielmehr zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles dazugegeben werden“ (Mt 6,33).

Martha war zu sehr besorgt um das Essen, statt um die Gemeinschaft mit Jesus. Sie war zu sehr aufgabenorientiert, statt menschenorientiert. Vielleicht suchte sie Lob und Anerkennung und erntete gerade das Gegenteil. Mit ihrem gestressten Verhalten, zerstörte sie die gute Atmosphäre im Haus. Selbst die beste Mahlzeit trug so nicht zum entspannten Gemeinschaftsessen bei.

Wollte Jesus damit an die Gleichgültigkeit appellieren? Nein! Ganz bestimmt nicht! Denn alles hat seine berechtigte Zeit im Leben (sagt auch der Kohelet in Kap. 3). Was ist schon ein gutes Essen, gegen die Beziehung zu einem Menschen? Nichts in der Welt kann eine Beziehung ersetzen! Eine verpasste Gelegenheit mit einem Menschen kann nie mehr nachgeholt werden. Das Bessere ist also alles, was Ewigkeitswert hat: Eine Bibelstunde, eine Predigt, eine Beziehung, ein Gespräch usw. Das alles ist in den Augen Jesu das gute Teil, oder das Bessere! Somit hat Maria das Bessere gewählt und das sollte ihr nicht genommen werden.

Martha blieb also am Ende allein in der Küche. Statt beleidigt zu sein und in Selbstmitleid zu verfallen, nahm sie sich Jesu Worte zu Herzen. Bei der nächsten Gelegenheit „besorgte sie die Bedienung“, wie es heisst (Joh 12), ohne Worte, während Maria ihr wieder einmal nicht zur Hand ging. Diesmal war Maria nämlich damit beschäftigt, Jesu Füsse mit Nardensalbe einzusalben, und mit ihren Haaren zu trocknen. Bei dieser Gelegenheit fühlte sich Judas gestresst, so dass erneut eine Spannung entstand.

 

 Schlussfolgerungen

Wir Menschen machen uns immer wieder unnötig Sorgen, um Dinge des vergänglichen Lebens, die es nicht Wert sind. Jesus ermahnt uns deshalb (Mk 4,19, angepasst): „Die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum und die Gier nach all den anderen Dingen, dringen in uns ein und ersticken das Wort, so dass es ohne Frucht bleibt.“ Wir können im Glauben nur gesund bleiben, wenn wir uns Gottes aufbauendes Wort zuwenden, statt den vergänglichen Dingen des Lebens, wenn wir es in uns bewahren und wenn wir es immer wieder von neuem anwenden. Es ist wichtig, dass wir im Leben die richtigen Prioritäten setzen. Wollen wir aufgabenorientiert denken und handeln wie Martha? Oder wollen wir beziehungsorientiert denken und handeln wie Maria? Jesus sagt, dass das was Maria tat, das Bessere war!

Haben wir schon darüber nachgedacht, wie wir unsere Bedrängnisse und Sorgen besser in den Griff bekommen können? Es gibt mindestens drei Kategorien, in die wir unsere Sorgen einordnen können: Sorgen können verhindert werden. Wenn wir bereit sind, aus unseren Erfahrungen zu lernen, dann können wir uns vorbeugend überlegen, wie wir uns das nächste Mal besser verhalten, statt Sorgen zu machen. Trotzdem müssen wir damit rechnen, dass immer wieder Unvorhergesehenes auf uns zu kommt, das uns überrascht und von neuem gefangen nehmen kann! Sorgen können auskuriert werden. Statt sich in Selbstmitleid herumzuwälzen, können wir Probleme anpacken und beseitigen. Sie können auskuriert werden, indem wir die entsprechenden Heilmittel einsetzen. Sorgen können ausgehalten werden. Es gibt nicht für alle Sorgen im Leben ein Heilmittel. Manche Sorgen müssen einfach durchgestanden werden. Doch Gott gibt uns eine sichere Zusage (1Kor 10,13): „Die Prüfungen, denen ihr bisher ausgesetzt wart, sind nicht über ein für uns Menschen erträgliches Mass hinausgegangen. Und Gott ist treu; er wird euch ´auch in Zukunft` in keine Prüfung geraten lassen, die eure Kraft übersteigt. Wenn er euren Glauben auf die Probe stellt, wird er euch auch einen Weg zeigen, auf dem ihr die Probe bestehen könnt.“

Zeit ist das wertvollste Geschenk, das wir besitzen, weil wir nur eine begrenzte Menge davon haben. Darum, lasst uns unsere Zeit so nutzen, dass wir sie für unvergängliche Dinge einsetzen! Denn, nur wenn unsere Seelen die Ewigkeit bei Gott erlangt haben, dann hat sich unsere Mühe auf Erden gelohnt.