Jesus-15: Jesus und Lazarus

Jesus, der Christus

 

 

 Einleitung

Johannes 11,1-44: Die Auferweckung des Lazarus. Teil 1 (Verse 1-16). Teil 2 (Verse 17-37).

Wir fokussieren die Auslegung auf ein paar interessante und zum Teil schwerer verständliche Stellen, in diesem Abschnitt (Bibelquelle: NGÜ).

 

 I.   Jesus hat den Lazarus lieb (V. 3)

Die Schwestern, Maria und Martha, liessen Jesus mitteilen, dass Lazarus krank sei. Da antwortete Jesus, dass mit dieser Krankheit Gott verherrlicht werde. Er behauptete nicht, dass Lazarus nicht sterben würde. Mit Lazarus sollte etwas ganz aussergewöhnliches geschehen, etwas, was die Welt noch nie gesehen hatte.

Dreimal wird im Johannes 11 betont, dass Jesus den Lazarus lieb habe (V. 3.5.36). Jesus liebt alle Menschen, aber er hatte zu gewissen Menschen eine besonders enge Beziehung. Maria, Martha und Lazarus bildeten zusammen mit Jesus eine liebgewordene Familie.

Für die Menschen damals, die den Ausgang nicht kannten, verhielt sich Jesus befremdend. Er blieb nämlich zwei weitere Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. In ihren Augen hätte Jesus sofort nach Betanien reisen sollen, um Lazarus von seiner Krankheit zu heilen. Obschon er nicht gebeten wurde nach Betanien zu gehen, war anzunehmen, dass eine blosse Mitteilung ihrer Not genügen sollte, um Jesus zu veranlassen, zu ihnen zu kommen. Warum tat Jesus das nicht? Vielleicht hatte er an jenem Ort noch andere wichtige Dienstleistungen zu vollbringen. Vielleicht wollte er absichtlich lange genug warten, dass niemand anschliessend behaupten konnte, Lazarus sei gar nie tot gewesen. Auf jeden Fall wusste Jesus sehr wohl, was er tat. Er wusste, dass er die Kraft besass, Lazarus zu heilen, egal, wie schlimm es um ihn stand.

Zudem kann gesagt werden: Jesus lässt sich nicht drängen, sondern tut alles zu der von ihm bestimmten Stunde. Als seine Mutter ihm sagte, dass die Hochzeitsgäste in Kana keinen Wein mehr hatten, erwiderte Jesus (Joh 2,4): „Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich zu tun habe? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.“ Damit wies er einerseits auf seinen Tod am Kreuz hin. Andererseits sagte er damit auch, dass die Stunde noch nicht da war, um (z. B. mit einem Wunder) einzugreifen und Gott zu verherrlichen. Auch als das Laubhüttenfest stattfand, wollten die Brüder Jesu, dass er nach Jerusalem hinauf zog, um sich der Welt zu offenbaren (Joh 7,1-10). Doch Jesus zögerte und wartete auf den rechten Augenblick. Nachdem seine Brüder vorausgingen, entschloss sich auch Jesus zum Fest hinauf zu gehen (V. 10).

Das soll uns eine grosse Lehre sein! Jesus tut nichts übereiltes, auch wenn wir ihn noch so bedrängen. Er tut aber alles zur gegebenen Stunde. Seine Liebe zu uns bedeutet manchmal, dass er absichtlich wartet, weil die Verherrlichung Gottes anschliessend umso grösser sein wird.

 

 II.   Die Krankheit dient zur Verherrlichung (V. 4)

Es ist auffallend im Johannesevangelium, dass Jesus immer wieder den fleischlichen Tod als Verherrlichung Gottes darstellt: „Der Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war“ (Joh 7,39). Damit wird auf seinen Kreuzestod hingewiesen. Bei einer andern Gelegenheit weist Jesus selbst auf seinen Kreuzestod hin, indem er sagt: „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde“ (Joh 12,23). In Johannes 12,16 heisst es: „Dies verstanden seine Jünger zunächst nicht, aber nachdem Jesus verherrlicht worden war, da erinnerten sie sich, dass dies über ihn geschrieben stand und dass man ihm solches getan hatte.“ Jesus deutete auch dem Petrus an, „durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde“ (Joh 21,19).

Jesus sieht in seinem Kreuzestod die grösste Verherrlichung Gottes (Joh 12,23): Johannes 17,1-5. Jesus verherrlicht den Vater, indem er sein Leben am Kreuz hingibt. Der Vater verherrlicht den Sohn, indem er ihn von den Toten auferstehen lässt und ihn auf den himmlischen Thron setzt. Ebenso sollte, durch die Auferstehung des Lazarus, Gott und seine Macht verherrlicht werden.

 

 III. Der Tag hat zwölf Stunden (V. 9)

Doch die Jünger rieten Jesus ab, in den Süden zu reisen, weil die Juden ihn töten wollten (Joh 7,1). Thomas war bereit zu sterben, aber das verlangte Jesus nicht von ihm. Er sollte vielmehr grösseres erfahren und damit umso mehr an Jesus glauben.

Jesus sagt: Ich muss wirken, solange ich noch wirken kann (Joh 9,4-5). Solange es noch Tag ist, kann ich wirken, wenn aber die Nacht (der Tod) über mich hereinbricht, kann ich nicht mehr wirken. Mein Vater hat die Stunde genau festgelegt, an der ich den Feinden überliefert werde (Joh 17,1; Lk 22,53). Darum, lasst uns wirken, solange wir es noch können! Lasst uns die kostbare Zeit ausnutzen!

Wer am helllichten Tag umhergeht, der stösst sich (normalerweise) nirgends an. Wer aber in der Nacht umherwandelt, der kann sich sehr leicht anstossen, weil er im Dunkeln den Weg nicht richtig erkennt (Joh 12,35). So ist es auch mit den Menschen im geistigen Sinn: Jesus ist das Licht dieser Welt, der am Tag scheint (Joh 8,12). Somit wandeln alle, die an Jesus Anstoss nehmen, in der Finsternis (Mt 11,6; Röm 9,32).

 

 IV. Lazarus schläft (V. 11)

A. Dann sagt Jesus: „Lazarus, unser Freund schläft.“ Das hörte sich für die Jünger wie eine gute Nachricht an. Denn es gibt kein besseres Heilmittel als den Schlaf. Doch das Wort Schlaf konnte auch eine andere Bedeutung haben. Von der Tochter Jairus sagte Jesus ja auch, sie schlafe (Mt 9,24). Als Stephanus zu Tode gesteinigt wurde, heisst es in den älteren Übersetzungen: „entschlief er“ (Apg 7,59). In den älteren Übersetzungen wird oft gesagt, dass Verstorbene schlafen (1 Thess 4,13; 1 Kor 15,6). Deshalb musste Jesus ihnen offen sagen, dass Lazarus gestorben sei. Dann fuhr er fort und erklärte ihnen, dass es so kommen musste, damit sie in ihrem Glauben gestärkt werden (damit deutete er auf die Auferweckung des Lazarus hin).

Doch die Jünger verstanden Jesu Worte nicht. Im Gegenteil, Dydimus, der uns bekannte „ungläubige Thomas“ (Joh 20,25.29), sagte zu den andern Jüngern: „Ja, lasst uns mitgehen, um mit ihm zu sterben.“ Thomas (hebräisch; Zwillinge). Dydimus (griechisch; Zwillinge). Thomas war fest entschlossen, Jesus bis in den Tod zu folgen. Und die übrigen Apostel ebenso, die Jesus nachfolgten. Doch Jesus sprach nicht vom Sterben, sondern von der Auferstehung, wie wir gleich sehen werden.

 

 V.   Herr, wenn du doch hier gewesen wärest (V. 21+32)

Die Grablegung des Lazarus war schon längst geschehen, als Jesus mit seinen Jüngern eintraf. Lazarus war schon vier Tage tot. Die sieben Trauertage waren schon bald vorbei. Martha und Maria hatten viele Freunde. Viele Juden kamen von Jerusalem, um ihnen zu kondolieren und sie zu trösten.

Martha war die impulsivere und aktivere als Maria. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sie es war, die zuerst davon vernahm, dass Jesus in der Nähe sei. Ohne der Maria etwas zu sagen, verliess sie das Haus und ging Jesus entgegen. Mit vorwurfsvoller Stimme kam sie zu Jesus und sagte: „Herr, wenn du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben!“ Sie und ihre Schwester haben es öfters erlebt, dass Jesus in ihrem Dorf alle möglichen Krankheiten heilte. Doch jetzt war es zu spät, denn ihr Bruder war gestorben. Warum dauerte es denn so lange, bis Jesus endlich zu ihnen kam? Er war doch informiert über die Notsituation!? Trotz allen ihren verletzten Gefühlen, hatte sie den Glauben und die Hoffnung auf Jesus nicht aufgegeben. Deshalb sagte sie mit andern Worten: „Gut bist du endlich da.“ Denn ich weiss: „Was immer du von Gott erbittest, wird er dir geben.“

Jesus entgegnete ihr: „Dein Bruder wird auferstehen.“ Trotzdem, dass Martha keinen grossen Trost in diesen Worten empfing, bewies sie grossen Glauben, als sie erwiderte: „Ich weiss, dass er auferstehen wird – in der Auferstehung am jüngsten Tag.“ Doch sie verstand zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Jesus von der leiblichen Auferstehung des Lazarus sprach! Er sagte: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Auf Lazarus traf das doppelt zu, indem er zum irdischen Leben auferweckt wurde und später, nachdem er ein zweites Mal starb, mit uns an der Auferstehung am jüngsten Tag teilnehmen wird. Alle übrigen Gläubigen werden, wie alle andern Menschen, den leiblichen Tod erfahren. Ihr Leben wird nicht ewig auf dieser Erde weiter gehen, noch wird es hinausgezögert, wegen ihres Glaubens. Jesus machte mit seiner Aussage etwas ganz wichtiges klar: Er sagte nicht: „Ich werde Lazarus auferwecken.“ Er sagte auch nicht: „Ich werde mit euch eine Auferweckung erfahren.“ Er sagte vielmehr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Damit macht sich Jesus zu Gott! Er ist nicht bloss ein heilender Prophet, der im Namen Gottes grosse Zeichen vollbringt. Nein! Jesus ist selbst die Auferstehung und das Leben! „Glaubst du das?“ fragte er Martha. Martha antwortete beschränkt gläubig: „Ja Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“

Danach ging sie zu Maria und flüsterte ihr zu, dass Jesus im Dorf angekommen sei. Sie wollte nicht, dass die feindlich gesinnten Juden dies vernahmen. Als Maria das hörte, eilte sie Jesus entgegen und warf sich ihm zu Füssen. Sie hatte eine andere Haltung, obschon sie dieselben Worte zu Jesus sagte: „Herr, wenn du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben!“ Sie war traurig und sagte das aus tiefstem Bedauern. Ihre Stimme klang verletzt, aber ohne Anklage. Als Jesus Maria und die Trauergäste wehklagen sah, wurde er mit Zorn und Schmerz erfüllt (V. 33.35). Er weinte, weil er den Schmerz fühlte und den grossen Verlust, den die beiden Schwestern erlitten. Er war zornig über den Unglauben vieler Juden. Alle, die Lazarus liebten, waren betroffen, über seinen plötzlichen Tod. Viele fragten vielleicht: „Warum hat Gott das zugelassen?“ Oder: „Wo bleibt Gottes Gerechtigkeit?“ Genauso wie heute viele Ungläubige fragen, wenn etwas unverständlich Tragisches geschieht. Die Wege Gottes werden wir Menschen nie verstehen! Wie unergründlich sind doch seine Entscheidungen. Wie unerforschlich sind seine Wege (Röm 11,33). Frömmigkeit bewahrt uns nicht vor Leiden und Tod. Gott wird niemals seine Pläne nach unseren Vorstellungen und Wünschen ausrichten. Es gilt deshalb, in jedem Fall, dem lebendigen Gott zu vertrauen. Denn nur der Herr weiss, was das Beste ist (Röm 8,38-39).

 

 VI. Die Auferstehung des Lazarus (V. 43)

Johannes 11,38-44: Lazarus wurde in ein Höhlengrab gelegt. Das Grab wurde nicht mit einer Tür verschlossen, sondern durch einen Stein. An der Öffnung machte man eine Rille, in die ein grosser runder Stein, wie ein Wagenrad, eingesetzt wurde. Dieser schwere Stein konnte, wie eine Schiebetüre, zur Seite gerollt werden, so dass man in die Grabkammer hineingehen konnte. Als Jesus befahl, den schweren Stein weg zu wälzen, ging Martha auf ihn zu. Sie war der Meinung, den Sohn Gottes belehren zu müssen, was mit einem toten menschlichen Körper nach 4 Tagen geschah. Genau wie Martha, muten wir Menschen unserem Schöpfergott manchmal auch sehr wenig zu.

Jesus erklärte ihr noch einmal: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Wenn wir der unbeschränkten Macht Jesu glauben, dann können auch in unserem Leben grosse Dinge geschehen! Doch all diese Dinge, um die wir Gott bitten, muss im Einklang mit seinem Heilsplan und mit seiner Verherrlichung stehen. Von allen Wundern, von denen die Bibel uns berichtet, ist keins grösser als das, was mit dem verstorbenen Lazarus geschah. „Was hier berichtet ist, wurde aufgeschrieben, damit wir glauben, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit wir durch den Glauben an ihn in seinem Namen das Leben haben“ (Joh 20,31; abgeändert, wir statt ihr).

Als der Stein zur Seite gerollt war, dankte Jesus dem himmlischen Vater, vor allen zuversichtlich für das, was geschehen war. Er erkannte, dass Lazarus in der Höhle bereits aufgewacht war.
2. Benommen schaute der Tote um sich und fragte sich vielleicht, weshalb er von Kopf bis Fuss mit Bandagen eingewickelt war, und wer ihn wohl dermassen mit Öl einbalsamiert hatte. War es ein Traum oder war es Wirklichkeit?! Doch dann rief ihm auch schon Jesus zu: „Lazarus, komm heraus!“ Der Name Lazarus bedeutet „Gott ist meine Hilfe“ (wie Eleasar). Gott war ihm tatsächlich eine grosse Hilfe. Lazarus stand auf und verliess die Höhle. Die Menschenmenge war entsetzt und staunte nicht schlecht, als Lazarus am Höhleneingang stand, mit den Grabbinden umwickelt. Wie konnte so etwas geschehen? Das war kein fauler Trick, sondern Realität! Eine Auferstehung ist nur möglich, wenn Gott die Hände im Spiel hat. Damit bewies Jesus seine Macht über Leben und Tod und Himmel und Erde. In keiner andern Religion ist so etwas Gewaltiges je geschehen. Jesus Christus ist in Wahrheit der Sohn Gottes, dem die ganze Welt Glauben schenken sollte!

 

 Schlussfolgerungen

Damit hat Jesus bewiesen, dass er auch uns von den Toten auferwecken lassen kann! Ich rede nicht von der leiblichen Auferstehung! In Johannes 5,28-29 lesen wir (bitte nachlesen!). Jesus wird alle Menschen, die je auf dieser Welt gelebt haben, gerecht richten! Egal, was wir schon alles im Leben verpasst haben: Der wichtigste Event steht uns allen bevor: die (erste) Auferstehung am jüngsten Tag. „Glücklich, wer zu Gottes heiligem Volk gehört und an der ersten Auferstehung teilhat!“ (Offb 20,6).

Wer diese Auferstehung erlebt, wird nie mehr sterben, sondern ewig weiter leben, in der Gemeinschaft mit Gott und Jesus Christus. Bei dem geht die Aussage in Erfüllung, die in der Schrift steht (NGÜ): „Der Tod ist auf der ganzen Linie besiegt!“ „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein tödlicher Stachel?“ „Gott sei Dank! Durch Jesus Christus, unseren Herrn, schenkt er uns den Sieg!“ Darum (1 Kor 15,54-58): „Haltet unbeirrt am Glauben fest, meine lieben Geschwister, und lasst euch durch nichts vom richtigen Weg abbringen. Setzt euch unaufhörlich und mit ganzer Kraft für die Sache des Herrn ein! Ihr wisst ja, dass das, was ihr für den Herrn tut, nicht vergeblich ist.“