Die Offenbarung
I. Das Lamm und die 144 00 auf dem Berg Zion (V. 1-5)
Vers 1: Die Szene wechselt, vom unstabilen Sandstrand mit dem Meeresungeheuer, zum beständigen Felsen auf dem Berg Zion, auf dem die Gemeinde Jesu gebaut wurde. Jesus ist der kluge Mann, der sein Haus auf dem Felsen baute (Mt 7,24-27). In diesem Kapitel wird uns der Sieg des Lammes (d. h. Jesus), samt seinen Nachfolgern im Himmel gezeigt. Der Berg Zion repräsentiert das himmlische Jerusalem, das später in Kapitel 21 noch detaillierter erklärt wird. Die Geretteten befinden sich nun im Himmel, während sie sich in Kapitel 7 noch auf der Erde aufhielten und versiegelt werden mussten.
Die Betonung liegt jedoch nicht im Ort, als vielmehr im Siegesstatus! Der Berg Zion war im AT der Inbegriff des Sieges, der Herrschaft, der Zuflucht, der Wohnstatt Gottes usw. (Ps 9,12; 20,2; 48; 87; 122; 125,1; 132,13; Jes 33,20). Der tiefe Glaube Abrahams wurde dort der ganzen Welt zum Vorbild, weil er bereit war, seinen Sohn zu opfern (Gen 22). Gottes Gegenwart und Herrlichkeit manifestierte sich dort, durch die Bundeslade und später durch den Tempel (2Sam 6; 1Kön 8,10-13). Dann wird der heilige Berg Zion zum Symbol der Hoffnung, weil Gott dort den ewigen König und Erlöser krönt (Ps 2,6; 14,7; Jes 59,20). Schliesslich gibt der Hebräerschreiber zu verstehen (Hebr 12,22-23): „Vielmehr seid ihr hingetreten zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu tausenden von Engeln, zum Fest und zur Gemeinde der Erstgeborenen, deren Namen aufgeschrieben sind im Himmel, zu Gott, dem Richter aller, …” Der Berg Zion wird hier mit dem himmlischen Jerusalem verbunden. Das neue Jerusalem ist nicht irdischer Natur, sondern himmlischer. Damit wird nun der geistliche Berg Zion zum Inbegriff des Sieges.
Die 144 000 werden schon in Kapitel 7 (II. C.) erwähnt und stellen die Gesamtzahl der unzählbaren Schar, der siegreichen Geretteten dar. Alle, die festgehalten haben, sind noch da, bis auf die letzte Person, denn der Herr kennt die Seinen (Offb 3,11; 2Tim 2,19). Sie tragen den Namen des Sohnes und des Vaters auf ihrer Stirn. Sie sind mit den früheren Zeugen, in Kapitel 6, vereint worden und stehen gemeinsam auf der Siegerseite. Das bedeutet, sie stehen unter dem besonderen Schutz des Sohnes und gehören zum himmlischen Vater (= Eigentum). Sie wurden versiegelt mit dem Zeichen auf ihrer Stirn (Eph 1,13-14), damit Gottes Augen sie aus der Masse heraus erkennen und retten konnte. Jesus verspricht allen Gläubigen (Offb 3,12): „Wer den Sieg erringt, den werde ich zu einer Säule im Tempel meines Gottes machen, und er wird nie mehr hinausgehen müssen. Auf ihn werde ich schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das vom Himmel von meinem Gott herabkommen wird, und meinen Namen, den neuen.”
Schlussfolgerungen:
Wenn Gott etwas verspricht, dann können wir hundertprozentig damit rechnen! Leider sind wir Gläubigen uns diesen mächtigen Sieg Christi, den er für uns am Kreuz bereits errungen hat, nicht immer genügend bewusst! Wir müssten uns vielmehr mit den siegreichen Bildern und Gedanken erfüllen lassen, um die Lebensprüfungen besser bestehen zu können.
David bekannte (1Chron 29,11): „Dein, HERR, ist die Grösse und die Macht und die Herrlichkeit und der Ruhm und die Hoheit. Denn alles im Himmel und auf Erden ist dein. Dein, HERR, ist das Reich, und du bist der, der erhaben ist über alles als Haupt.”
Als Elischas Diener die Streitmacht Arams sah, die die Stadt umzingelte, war er sehr entmutigt, doch der Prophet tröstete ihn (2Kön 6,16): „Fürchte dich nicht, denn die bei uns sind, sind zahlreicher als die bei ihnen.” Danach betete der Prophet zu Gott, dass doch auch sein Diener die unsichtbare Streitmacht sehen möge, die der irdischen weit überlegen war.
Genauso möchte der Herr uns heute, mit diesem Vers, die Augen öffnen, für die unsichtbare Siegesmacht Christi, die hinter uns steht und allen irdischen Mächten weit überlegen ist. Jesus ruft auch uns heute zu: „Fürchtet euch nicht, denn ich bin bei euch und führe euch zum Sieg!”
Vers 2: Johannes hört eine gewaltige Stimme.
Er vergleicht sie mit einer Brandung, einem Wasserfall oder einem rauschenden Wasser, das alles übertönt, wie die Stimme Jesu (1,15). Er vergleicht sie mit einem gewaltigen Donnerrollen, das von einem der vier Wesen kam (6,1), das vom vielstimmigen himmlischen Chor kam (19,6). Er vergleicht sie mit Musik von Harfenspielern, d. h. laut und stark, aber doch lieblich und harmonisch.
Vers 3: Die 144 000 singen ein neues Lied; das Lied der Erlösung.
Nur die Erlösten konnten dieses Lied lernen, im Gegensatz zu den Ungläubigen (1Petr 1,18-19). Denn die Erlösten haben den Sieg erfahren, weil sie losgekauft wurden, mit dem Blut des Lammes (12,11; Eph 1,7) und lobpreisen Gott dafür. Sie haben die grosse Bedrängnis überlebt (7,14). Es ist ein Unterschied, ob ich ein Lied singe, weil mir die Melodie bekannt ist, oder ob ich es mit Herz und Seele singe, weil ich mich mit den Worten völlig identifiziere. Wenn wir Gott in der Gemeinde anbeten, feiern wir unseren Sieg in Jesus Christus, wie die 144 000 im Himmel.
In Kapitel 5,9 waren es die vier Wesen und die vierundzwanzig Ältesten, die ein neues Lied vor dem Thron sangen. Jetzt sind sie samt dem Thron Gottes die Zuhörer. Was für eine überwältigende Szene! Im AT wird oft ein neues Lied gesungen (Ps 33,3; 96,1; 149,1). Ein neues Lied wurde besonders als Lobpreis für Befreiung gesungen (Ps 40,3; 96,1; 98,1; 144,9-11). Jedes Lied war deshalb neu, weil jeder Sieg einzigartig war und vorher noch nicht besungen werden konnte. Deshalb ist auch dieses Lied, in der Offenbarung, neu, weil es den Sieg der Erlösung durch Jesus Christus verherrlicht.
Vers 4: Sie sind Jungfrauen, die sich nicht befleckt haben.
Jungfrauen, die sich nicht mit Frauen befleckt haben? Es geht nicht um physische Jungfräulichkeit und auch nicht um Lesben. Das hier vorkommende Substantiv „Jungfrau” (παρθένος) kann im Griechischen für beide Geschlechter angewandt werden. Die 144 000 sind auch keine Super-Heiligen, d. h. elitären Gläubigen, die sich in der Askese üben. Dieser Vers wäre missinterpretiert, wenn er das Zölibat rechtfertigt und den ehelosen Lebensstil als heiliger hinstellt, als die Ehe. Was sagte Gott, als er Adam im Garten Eden sah? Gen 2,18: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, ihm gemäss.” Gott schuf Mann und Frau, damit sie sich lieben, in der Ehe gegenseitig ergänzen und Kinder zeugen. Hebr 13,4a: „Die Ehe werde bei allen in Ehren gehalten ...” In der Bibel wird die Ehe als „heilig” betrachtet. Mit „beflecken” (in unserem Vers) kann keinesfalls die Ehe gemeint sein. Paulus vergleicht die Beziehung der Gemeinde zu Christus mit der Ehe (Eph 5,22-32). Auch in der Offenbarung wird die Gemeinde, Braut Christi genannt (Offb 21,9). Zudem sollen die Gemeindeleiter verheiratet sein (1Tim 3,2; Tit 1,6).
Es geht hier um geistliche Reinheit. Die 144 000 sind jungfräulich rein, weil sie sich nicht mit dem gottlosen Treiben der Welt (1Joh 2,15-17) und vor allem nicht, mit dem Götzendienst eingelassen haben (1Joh 5,21). Götzendienst wird im AT als geistliche Hurerei scharf verurteilt (Ex 20,3; Hos 4,12; Jer 3,6; 7,16-19; Ez 16). Wie Israel im AT als Braut Gottes dargestellt wurde (Ez 16,8), so gilt die Gemeinde im NT als Braut Christi (2Kor 11,2). Wie eine Ehebrecherin den Bund mit ihrem Mann bricht, wenn sie ihm untreu wird, so brechen alle Gläubigen den Bund mit Gott, wenn sie sich mit der Welt einlassen (Jak 4,4). Als geistlich unrein wurden damals alle bezeichnet, die dem Druck Roms nachgaben und den Kaiser als Gott anbeteten (13,14-15; 17,2; 18,3. Siehe 13b. Der Kaiserkult.). Die drei Gefährten Daniels wurden für ihren Widerstand, eine Götzenstatute anzubeten, in den Feuerofen geworfen und überlebten (Dan 3). In Vers 8 fällt die Hure Babylon, die im Gegensatz zu den jungfräulichen Gläubigen steht, die ihre Knie vor der Kaiserstatue nicht beugten, sondern dem Ruf des Lammes folgten. Nur wer reinen Herzens ist, darf Gott schauen (Mt 5,8).
Die Gläubigen vertrauen dem Lamm und folgen ihm überall hin, egal was es kostet. Das Lamm ist gleichzeitig der treue Hirt, dem die Schafe folgen (Joh 10,3-6). Jesus sagt (Mk 8,34): „Wenn einer mir auf meinem Weg folgen will, verleugne er sich und nehme sein Kreuz auf sich, und so folge er mir.” 1
Petr 2,21: „Denn dazu seid ihr berufen worden, weil auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vermächtnis hinterlassen hat, damit ihr seinen Spuren folgt.” Sie setzen Christus an erster Stelle und geben sich ihm hin, „als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer” (Röm 12,1).
Die Gläubigen wurden „aus diesem verkehrten Geschlecht” gerettet (Apg 2,40) und sind die Erstlingsgabe Gottes. Sie werden auch „die Erstlinge seiner Geschöpfe” genannt (Jak 1,18). Im AT wurde die Erstlingsfrucht der Ernte jeweils Gott geopfert (Ex 23,19; Lev 23,9). Die Erstlingsfrucht war das Beste der Ernte und so werden auch alle Gläubigen im NT betrachtet. Ebenso waren die treuen Israels, das Beste der Ernte Gottes (Jer 2,3).
Vers 5: Die Gläubigen sind ohne Makel.
Alles Erste, musste schon im AT ohne Makel sein für Gott (Ex 12,5). Es ist ein Unterschied, ob etwas makellos gemacht wurde, oder ob es von sich aus makellos ist (Röm 8,1)! Christen sind durch das Blut Christi gereinigt worden und somit „heilig, makellos und unbescholten” (Kol 1,22). Der Gemeinde zu Sardes lässt Jesus sagen (Offb 3,4): „Du hast aber einige wenige in Sardes, die ihre Kleider nicht befleckt haben; sie werden mit mir einhergehen in weissen Gewändern, denn sie sind es wert.”
Es geht hier in erster Linie um die religiöse Loyalität eines Menschen, selbst wenn er mit dem Tod bedroht wird, für seinen Glauben an Jesus (Jes 53,9). Jesus versprach (Mt 10,32-33): „Jeder nun, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater im Himmel. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater im Himmel.” Wer mit seinem Mund Christus bekennt, weil er im Herzen fest an ihn glaubt, der wird gerettet werden (Röm 10,9-10). Ein passendes Beispiel zu Vers 5 gibt uns der Apostel Petrus, der Jesus drei Mal verleugnete (Mt 26,69-75). Dieses Beispiel ist umso wertvoller für uns, weil auch wir sicher schon mindestens einmal, Jesus in einer bestimmten Situation verleugneten. Doch wir brauchen keine Angst zu haben, denn wenn wir wie Petrus unsere Sünde bekennen, wird Jesus auch uns vergeben (Joh 21,15-19). Damit wird nicht gesagt, dass die Gläubigen ohne Sünde sind (1Joh 1,7-10)!
II. Engelsbotschaften und Warnungen vom Himmel (V. 6-13)
Verse 6-7: Erster Engel mit Heilsaufruf.
Er fliegt so hoch, damit ihn alle Menschen sehen und hören können. Er verkündigt die Botschaft des ewigen Heils (Röm 16,25-27). Dieses ewige Evangelium ist dasselbe, das die 144 000 hörten und das allen Menschen auf der ganzen Erde verkündigt wird (Jud 3; Gal 1,8;). Es ist das Evangelium vom Tod und von der Auferstehung Christi (1Kor 15,1-4; Lk 24,7). Das Evangelium enthält aber auch die Warnung vor dem grossen Gericht Gottes (Joh 3,36). Es ist dasselbe Evangelium, das Gott vor Grundlegung der Welt geplant hat, für alle Menschen (Eph 3,8-11).
Der Engel appelliert noch einmal an „die Sitzenden auf der Erde” (γῆ), bevor das grosse Gericht (vermutlich in erster Linie auf Babylon bezogen, V. 8) hereinbricht: „Fürchtet Gott!” (Apg 10,35). „Gebt Gott die Ehre!” (1 Petr 4,11). „Betet Gott an!” (1 Thess 1,9-10). Der Engel steht symbolisch für alle, die das Evangelium verkündigen (Mt 24,14; Kol 1,23). Das Evangelium wird ohne Ansehen der Person, allen Völkern, Stämmen, Sprachen und Nationen gepredigt und dann wird das Ende kommen (Apg 10,34-35; Röm 2,11; Eph 6,9; Kol 3,25; 1Petr 1,17).
Vers 8: Zweiter Engel mit Siegesruf.
Der Engel wählt dieselben Worte, die Jesaja damals brauchte (Jes 21,9): „Gefallen, gefallen ist Babel!” Der Prophet bezog seine Worte auf das damalige Babel, das von den Medo-Persern (538 v. Chr.) tatsächlich eingenommen wurde. Auch Jeremia bestätigt, dass Babel ganz plötzlich fiel (Jer 51,8). Johannes bezieht dieselben Worte auf das geistige Babel, d. h. Rom. In der Zeit des Johannes wurde Babel Babylon genannt und war eine gottlose und einflussreiche Stadt. Der Weltstadt Babylon wurde ein Zwischengericht angedroht. Erst in Kapitel 17 und 18 erfahren wir von ihrem endgültigen Untergang. Es handelt sich dabei symbolisch um die damalige Weltstadt Rom. Weil die Offenbarung aber in mehreren Dimensionen gesehen werden muss, steht Rom für alles Böse und Gottlose in der Welt.
So überraschend wie das alte Babel von den Medo-Persern eingenommen wurde, wird es dem grossen Babylon ergehen, wenn Gottes Zorngericht über alle kommt, die sich von der Stadt angezogen fühlten, d. h. die vom Zornwein ihrer Unzucht getrunken haben. Vom Zornwein trinken, ist ein bekanntes biblisches Bild (Jes 51,7; Jer 25,15; Ps 75,9). Der Zornwein, der betrunken macht, steht für Sünde und Gottlosigkeit.
Verse 9-11: Dritter Engel mit Warnruf.
Das Landbiest bewirkte, dass die Erdbewohner das Meeresungeheuer anbeteten und sein errichtetes Bild (13,12.15). Es verführte die Menschen auch dazu, dass sie sich ein Kennzeichen (χάραγμα) auf Stirn und Hand machen liessen (13,16). Zudem bewirkte es, dass niemand etwas kaufen oder verkaufen konnte, der kein Kennzeichen trug (13,17). In Kapitel 13 sehen wir die kurzfristigen Vorteile, die sich aus der Anbetung des Tieres und dem Zeichen ergeben.
Die langfristigen Konsequenzen für alle Gottlosen sind tragisch. Sie müssen vom unverdünnten Zornwein Gottes trinken (d. h. Wein, der nicht mit Wasser verdünnt wird). Sie werden gepeinigt in Feuer und Schwefel in alle Ewigkeit. Sie werden keine Seelenruhe finden.
Diese Beschreibungen erinnern an das schreckliche Gericht, das über Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte hereinbrach (Gen 19,23-28; 2Petr 2,6; Jud 7). Auch Jesajas Worte über Edom kommen in Erinnerung (Jes 34,8-10). Diese schrecklichen Bilder über das Gericht bereiten jeder einfühlsamen Seele schon jetzt schlaflose Nächte und lassen sie nicht in Ruhe: „Der Rauch ihrer Pein” und „Keine Ruhe finden”. Deshalb ist es umso wichtiger, dass alle auf diesen letzten Warnruf hören und umkehren, bevor es für immer zu spät sein wird!
Verse 12-13: Wer festhält an den Geboten Gottes und am Glauben Jesu, der wird gesegnet werden.
Von den Geheiligten ist immer noch Standhaftigkeit, d. h. Geduld (ὑπομονή) oder geduldiges Ausharren gefordert, bis alles eintrifft, wie vorausgesagt (6,10). Jesus sagt (Lk 21,19): „Durch eure Standhaftigkeit werdet ihr euer Leben gewinnen.” Der Gemeinde in Philadelphia wurde gesagt (Offb 3,10): „Weil du mein Wort bewahrt hast, das dir die Kraft gibt, auszuharren, werde auch ich dich bewahren in der Stunde der Versuchung …”
An welchen Geboten gilt es festzuhalten? Sicher nicht an den Zehn Geboten, die Moses für das Volk Israel im Alten Testament erhielt! Auch nicht an Geboten, die von Menschen unter dem Neuen Testament aufgestellt wurden! Es geht in diesem Vers noch einmal um die Betonung, dass die Gläubigen sich nicht beflecken mit dem sündhaften Babylon und ihre Knie vor dem Tier und seinem Bild nicht beugen (siehe V. 9; Mt 22,32).
Was bedeutet, am Glauben an Jesus, festzuhalten? Es bedeutet, den Namen Jesu und den Namen des Vaters auf der Stirn zu tragen (siehe V. 1), d. h. eine lebendige Beziehung zum Herrn zu pflegen. Lieber den physischen Tod in Kauf nehmen, statt Jesus verleugnen!
Die zweite von sieben Seligpreisungen, wird in Vers 13 ausgesprochen. Die Stimme kommt nicht von einem Engel, sondern von unbekannter himmlischer Art. Für die Treuen war der Tod damals eine grosse Erlösung. Entscheidend ist nicht die Länge des Lebens und die Art des Todes, sondern das Leben und Sterben in Christus, unserem Herrn. Wer in Christus ist, der ist eine Neuschöpfung (2Kor 5,17). Durch den Glauben in Christus, sind wir Söhne und Töchter Gottes (Gal 3,26). Wer Christus in sich trägt, der besitzt die Hoffnung auf Gottes Herrlichkeit (Eph 1,27). Die in Christus Verstorbenen, werden zuerst auferstehen (1Thess 4,16). Es gibt nichts Schöneres, als in Christus geborgen zu sein (Ps 57,2).
Ps 116,15: „Teuer ist in den Augen des Herrn der Tod seiner Getreuen.”
Jesus verspricht allen Gläubigen Ruhe von der mühevollen Arbeit (κόπος). Ihre guten Werke (ἔργον) begleiten sie über ihren Tod hinaus. Einerseits bleiben sie den Hinterbliebenen in Erinnerung (Apg 9,39). Anderseits folgen sie ihnen bis vor das Gericht (2Kor 5,10). Diese Werke sind keineswegs Verdienste, sondern vielmehr Zeugnisse ihres Glaubens (Jak 2,26).
III. Doppelte Offenbarung der Ernte auf Erden (V. 14-20)
Vers 14: Der Sohn Gottes auf der weissen Wolke.
Die Symbolik geht weiter mit einem, der wie ein Menschensohn aussieht. Hier wird Jesus Christus mit einer goldenen Krone (Stephanos = Siegeskranz) porträtiert, der mit einer scharfen (Ernte-) Sichel erscheint. Die besondere Verfolgungszeit, von 1260 Tage ist nun vorbei, jetzt wird abgerechnet. Jesus ist uns als geschlachtetes Lamm bekannt, doch nun erscheint er als mächtiger König, wie der Prophet Daniel voraussagte (Dan 7,13-14). Die weisse Wolke dient als Transportmittel und symbolisiert Reinheit (Ps 104,3; Jes 19,1).
Wolken symbolisieren in der Bibel oft das Gericht Gottes (Jes 19,1; Jer 4,13; Mt 24,30; 26,64). Das Bild der Ernte und die Kelter wurden, im AT, als Gericht Gottes dargestellt (Jes 63,1-6; Jer 51,33; Klag 1,15; Hos 6,11). Die scharfe Sichel war als Werkzeug für die Ernte bekannt, wie sie Jesus im Gleichnis schilderte (Mt 13,24-30). Der Begriff „Sichel”, kommt im NT hauptsächlich in diesem Kapitel der Offenbarung vor und das gleich sieben Mal (ausser Mk 4,29).
Obschon die Ausdrucksweise auf die Wiederkunft Christi schliessen lässt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hier vorerst um die Zerstörung des römischen Reichs handelt.
Verse 15-16: Der vierte Engel tritt auf.
Wenn von einem anderen Engel die Rede ist, dann muss das nicht heissen, dass der Menschensohn in Vers 14 auch ein Engel ist. Das ist eine irreführende Behauptung einer Sekte, die hier nicht genannt werden soll. Jesus wurde nicht geschaffen, sondern er ist der Schöpfer allen Lebens (Kol 1,16). Es handelt sich hier schlicht und einfach um einen vierten Engel (V. 6.8.9).
Dieser Engel kommt aus dem Tempel, d. h. von der Gegenwart Gottes (V. 15). Mit lauter Stimme bittet er den Oberbefehlshaber um die Erntesichel. Offenbar handelt es sich hier um wertvollen Weizen, denn der muss jeweils ganz trocken sein, bevor er abgeerntet werden kann. Der Weizen steht für die Gläubigen. Vom Bauer wird viel Geduld gefordert, bis es soweit ist (Jak 5,7). Unser Schöpfer ist wie der Bauer, der geduldig mit dem Gericht wartet, weil er nicht möchte, dass ein Menschenleben verlorengeht (2Petr 3,9). Der grosse Tag der Ernte wird kommen, wenn die Zeit gekommen ist (Mt 24,32).
Der Menschensohn fährt mit der scharfen Sichel über die Erde (V. 16). Am grossen Tag werden sich Jesus und seine Engel, an der Ernte beteiligen (Mt 13,41.49; 16,27; 25,31; Mk 8,38; Lk 9,26; 2Thess 1,7-8). Wenn damit die Wiederkunft Christi gemeint ist, dann können sich alle Gläubigen über den glorreichen Siegestag unendlich freuen (Mt 3,12; 13,30; Lk 3,17). Wer schon gestorben ist, wird auferstehen (1 Thess 4,16). Wer noch auf der Erde lebt, wird mit den Auferstandenen in den Himmel entrückt (1Thess 4,17).
Verse 17-20: Der fünfte und sechste Engel treten auf.
Ein fünfter Engel tritt auf, mit einer Sichel (δρέπανον = Sichel, Sense, Winzermesser) oder hier besser übersetzt; mit einem Winzermesser. Die Ernte ist eine Weinlese und betrifft die Ungläubigen. Ähnlich, wie im vorherigen Bild, bittet ein Engel jemand anders die Trauben zu schneiden, da er offensichtlich kein Werkzeug trägt.
Ein sechster Engel kommt vom Altar und besitzt die Macht über das Feuer. Vielleicht ist es derselbe Engel wie in Kapitel 8, der an den Altar trat und das Räucherwerk mit den Gebeten der Heiligen vermischte (8,3-5). Vermutlich antwortet er nun den Märtyrern unter dem Altar, die laut rufen (6,10): „Wie lange noch, Herrscher, Heiliger und Wahrhaftiger, zögerst du, zu richten und unser Blut zu rächen an denen, die auf der Erde Wohnen?” Denn, die Zeit der Rache und Verteidigung ist gekommen, in der die Sünde der Gottlosen ausgereift ist (Jak 1,15).
Der sechste Engel schneidet die Trauben und wirft sie in die Kelter. Wie schon erwähnt, erinnert dieses Bild an verschiedene Stellen im AT, wo der Herr an den Gottlosen Gerechtigkeit übt (Jes 63,3; Joel 4,13). Die Kelter ist ein grosser Trog, in der die Trauben mit den Füssen zertreten werden. Durch eine Leitung gelangt der Saft in ein tiefergelegenes Becken, wo er für den Gärungsprozess abgeschöpft wird. Die Symbolik liegt im Pressvorgang, indem die Feinde Gottes wie Trauben zertreten und zerstört werden. Gottes Zorn ist gross und deshalb wird dieser Prozess „die Kelter des Zornes Gottes” genannt. Gemäss Kapitel 19,15 wird Jesus selbst die Kelter treten.
Das Ganze findet ausserhalb der heiligen Tore Jerusalems (geistliche Stadt) statt. Denn nur ausserhalb Jerusalems durften die Gottlosen gerichtet werden (Hebr 13,12). Statt Wein, fliesst Blut und zwar soviel, dass es weit herumspritzt und alles überschwemmt. Das heisst; es geht hier nicht so sehr um die Berechnung der 1600 Stadien und ihre Bedeutung, als vielmehr um das gewaltige Ausmass dieser Tragödie.
Diese bedrohende Szene soll eindrücklich darstellen, wie ernst Gott die Sünde nimmt und wie gnadenlos der Herr einmal alle Gottlosen richten wird.
IV. Schlussfolgerung
Der allmächtige Schöpfer Gott ist ein gerechter Richter!
Gott wird es nicht zulassen, dass seine treuen Nachfolger von Satan besiegt werden. Hebr 12,28: „Darum wollen wir, die wir ein unerschütterliches Reich empfangen, dankbar sein und Gott dienen, wie es ihm gefällt, mit Scheu und Ehrfurcht.” Paulus sagt (Gal 6,17): „In Zukunft soll mir niemand Schwierigkeiten bereiten, denn ich trage die Malzeichen Jesu auf meiner Stirn.”
Standhaft zu sein bedeutet, die Leiden als Freude und Gewinn zu betrachten (Jak 1,2-4; Röm 5,3). Denn Gott schenkt jedem sein angemessenes Paket. Wer auf dem schrecklichen Kriegsschauplatz des geistlichen Krieges bestehen will, der stelle sich auf Christi Seite, der den Sieg bereits errungen hat.
Es ist nicht ganz klar, ob es in Kapitel 14 um das Ende des römischen Reichs geht, oder ob damit das Ende der Welt gemeint ist. Das Gericht Gottes ist in jedem Fall da und beschreibt ein immer gültiges Prinzip. Entscheidend ist die Gesamtbotschaft, die davon berichtet, dass das Lamm und seine Nachfolger am Ende siegen werden. Die Ungläubigen und Verfolger der Gemeinde, werden wie Weinreben in der Kelter zerstampft.