Matthäus-02: Flucht

Jesus, der König

 

 

Kapitel 2,1-12: Die Huldigung der Sterndeuter aus dem Osten

Wann wurde Jesus geboren?
In der Zeit als Herodes der Grosse das Land regierte (Lk 1,5). Er war ein Nachkomme Esaus, ein alter Feind der Juden. Herodes I war König in Palästina: 37 - 4 v. Chr. Jesus musste also mindestens vier Jahre früher geboren worden sein, als unsere Jahreszählung angibt.

Während einer Volkszählung (siehe Lk 2,5). Vom Jahre 20 v. Chr. bis ca. 270 n. Chr. fanden regelmässig alle 14 Jahre Volkszählungen statt, von denen wir sämtliche Dokumente während dieser Zeit besitzen. Dies führt zur Folgerung: 6 v. Chr.

Nicht am 25. Dezember! In Palästina sind die Hirten ungefähr vom März / April bis November auf den Feldern. Danach kämen Frühling, Sommer und Herbst in Betracht, auf keinen Fall Winter! Unsere Weihnachtsfeier vom 25. Dezember war den Christen der drei ersten Jahrhunderten unbekannt.

Eine weitere Untersuchung, die jedoch nur zu Spekulationen führte, ist der Stern oder besser gesagt „Komet“ der den Sterndeutern die Richtung wies. Der Kommentator William Barclay schreibt:

- Etwa 7 v. Chr. gab es eine helle Konjunktion von Saturn und Jupiter.

- Für die Jahre 5 - 2 v. Chr. ist ein ungewöhnliches astronomisches Phänomen zu verzeichnen.

Doch der Gläubige betrachtet den Stern, der genau auf den Geburtsort Christi zeigte als ein übernatürliches Wunder Gottes, das wissenschaftlich nicht erklärt werden muss. Das Geburtsjahr wissen wir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit! Der genaue Zeitpunkt scheint aus Gottes Sicht nicht wichtig zu sein.

Wir wissen nur, dass die Welt auf einen König wartete, der in Bethlehem geboren werden sollte. Selbst die Sterndeuter (Magier) wussten Bescheid und fragten Herodes (V. 2). Woher sie es erfuhren, wissen wir nicht. Doch hier wird die Gottlosigkeit des Herodes sichtbar. Herodes erschrak, weil er um seine Herrschaft fürchtete.

Es war auch Gottes Wille, dass die Juden durch Herodes auf die Geburt Jesu aufmerksam gemacht wurden. Herodes liess nämlich alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zu sich kommen (V. 4). Die Juden bestätigten, dass laut den Schriften in Bethlehem tatsächlich ein Herrscher hervorgehen werde (Mi 5,2.4). Herodes wollte kein Aufsehen erregen und die Sache möglichst im Hinterhalt erledigen. Deshalb bat er die Weisen, dass sie für ihn „heimlich“ auskundschaften würden. Er vertraute sich nicht einmal den Weisen an, sondern heuchelte ihnen vor, er wolle auch hingehen und den neugeborenen König „huldigen“ (V. 8).

Die Reaktion der Weisen:

Sie liessen sich vom Stern führen (die Astrologie hatte damals wie heute grosse Bedeutung und kann somit für die Geburt als Beweis für Ungläubige dienen).

Sie freuten sich sehr, als sie das Kind mit Maria im Haus sahen.

Lukas spricht von einer Krippe, in der das Kind gelegt wurde (Lk 2,7).

Die Weisen beteten Christus an (προσκυνέω = den Boden Küssen, anbeten), nicht Maria oder Joseph, und bezeugten damit ihre Unterstellung.

Sie brachten Geschenke, die folgendes symbolisieren:

- Gold = Königtum, Gottheit und Herrlichkeit.

- Weihrauch = Priestertum, Dienst, ist ein Wohlgeruch wie im Tempel.

- Myrrhe = Tod, Salbung, sagt seine Leiden voraus.

Sie empfingen in einem Traum die Anweisung, nicht zu Herodes zurückzukehren. Vielleicht erhielten sie auch eine Anweisung bzgl. des neugeborenen Königs. Die Anweisungen kamen von Gott, evtl. durch einen Engel.

 

Kapitel 2,13-15: Flucht nach Ägypten

Joseph erhält erneut eine Weisung des Herrn (V. 13).
Der sadistische Plan des Herodes zwingt Joseph, mit seiner Familie nach Ägypten zu fliehen. Nichts und niemand kann den Plänen Gottes im Wege stehen.

So erfüllt sich gleichzeitig eine weitere Prophezeiung: Hosea 11,1.
Diese Aussage bezieht sich in ihrem ursprünglichen Zusammenhang auf den Auszug Israels aus Ägypten (Ex 12). Doch diese Aussage hat zwei Bedeutungen, die wir nur durch die Inspiration des Apostels Matthäus erfahren haben. Hier sehen wir, wie wir die Propheten verstehen müssen: Nicht durch eigene Deutung, sondern durch die Erfüllung, die die Bibel selbst erklärt. Niemandem wäre es im Geringsten eingefallen, diese Worte des Hosea auf Jesus Christus zu beziehen.

Warum musste Jesus gerade nach Ägypten gebracht werden, ein gottloses Land voller Zauberei, Hexerei und Götzendienst? Weil Gott mit seinem Sohn einen zweiten Anfang schafft, diesmal für die Menschheit. Er will den ersten misslungenen Versuch seines Volkes Israels vergessen und es noch einmal von vorne durchgehen mit seinem Sohn, der auch aus Ägypten herausgerufen werden soll. Ägypten stellt die Welt dar, die einst zum Herrn bekehrt werden soll (Jes 19,21-25; Zef 3,9-10). Das Evangelium wird zuerst den Juden verkündigt, so dass sie aus ihrer Gottlosigkeit ausziehen. Dann aber wird es allen andern Völkern verkündet, wie das die Propheten erklären. Diese prophetischen Worte dürfen nicht wörtlich genommen werden!

In dieser Flucht erkennen wir die Demut und Überlegenheit Gottes. Gott hätte sagen können: „Mein Sohn muss in einer Zeit geboren werden, in der die Welt im grössten Luxus lebt.“ „Mein Sohn ist der grösste König, den die Welt gesehen hat, also muss er im vornehmsten Palast aufwachsen.“

Stattdessen schwebte über dem Messias von Geburt an die Todesdrohung. Doch Gott zeigt, wer hier der Herr ist. Es ist klar, dass Jesus geboren wurde, um zu sterben, doch dies war noch nicht die Stunde. Denn allein Gott bestimmte über den Zeitpunkt. Gott bestimmt von uns allen den Anfang und das Ende des Lebens. Niemand kann sich Gottes Willen entgegensetzen. So gab Gott einem Engel den Befehl, dem Joseph mitzuteilen, dass er nach Ägypten fliehen soll.

Auch die Gemeinde des Herrn kann und darf keine grössere Ehre in der Welt erwarten, als sie der Sohn Gottes hatte (Lk 23,31; 1Petr 4,17-18). Verfolgt und vertrieben breitet sie sich langsam aus. Die Gemeinde lässt sich von Gottes Geist führen. Gott gründet seine Gemeinde trotz aller Verfolgungen und Schwierigkeiten.

 

Kapitel 2,16-18: Kindermord in Bethlehem

Als Herodes erkannte, dass er von den Sterndeutern im Stich gelassen wurde, demonstrierte er sein wahres Gesicht. Er glaubte damit, Gottes Vorhaben stören zu können (wie auch in Ex 1,16.22).

Wie viele Knaben wurden getötet? Die Schätzungen gehen auseinander. Wichtig ist, dass wir bei dem ganzen Ereignis nicht übertreiben. Bethlehem war ein verhältnismässig kleiner Ort. Kommentatoren schreiben, dass es damals vermutlich zwischen 20 und 30 Kinder unter zwei Jahren gab. Das schmälert natürlich in keiner Weise die Tragödie. Mit diesem Unternehmen, seinen Rivalen (Jesus) auszuschalten, erreichte Herodes nichts anderes, als dass er seinen Platz in der Geschichte der Schändlichkeiten bekam.

Auch hier erfüllt sich eine Prophezeiung: Jeremia 31,15.
Dieser Vers hat eigentlich nichts mit dem Kindermord des Herodes zu tun. Hier beschreibt Jeremia vielmehr, wie die Juden aus Jerusalem in die babylonische Gefangenschaft weggeführt wurden. Auf ihrem Weg, in dieses ferne Land, kamen sie durch Rama, wo Rahel begraben lag. Das Grab Rahels war den Juden sehr bekannt (1Sam 10,2; Gen 35,19-20). Jeremia schildert, wie Rahel selbst im Grabe noch das Geschick des Volkes Israel beweint. Denn auch Rahel musste wegen ihres Götzendienstes sterben (Gen 31,32). Auch hier schreibt der Apostel Matthäus durch den heiligen Geist inspiriert von einer Erfüllung, auf die wir heute sonst nie gekommen wären. Doch für die Zeitgenossen damals waren diese Worte keineswegs so seltsam.

Niemand vermag Gottes Pläne zu stören!
Alles geschieht nach seinem Willen (Hebr 2,4). Auch wenn es durch Leiden geht, Gott wird seinen Plan mit uns vollenden!

 

Kapitel 2,19-23: Rückkehr aus Ägypten nach Nazaret

Nach dem Tod des Herodes des Grossen wurde sein Herrschaftsgebiet aufgeteilt:

- Herodes Antipas (Galiläa und Peräa).

- Herodes Philippus (Nordosten).

- Herodes Archelaus (Judäa und Samarien).

Herodes der Grosse regierte 37 - 4 v. Chr., als König der Juden das ganze Gebiet Israels. Er selbst hatte noch vor seinem Tod sein Reich in diese drei Teile aufgeteilt. Er wusste, dass keiner seiner Söhne dieselbe Machtbefugnis von den Römern erhalten würde. Nur Herodes der Grosse hatte das Vertrauen der römischen Behörde gewonnen. Die Familie des Herodes war jüdischer Abstammung.

Sein Sohn Archelaus war ein schlechter König und regierte nicht sehr lange: Er versuchte seinen Vater zu überbieten, indem er 3000 einflussreiche Männer des Landes ermorden liess. Archelaus war grausam und unberechenbar.

Die Visionen Josephs: Ein Engel des Herrn gibt ihm die Weisung aufzubrechen und ins Vaterland zurückzukehren. Doch es war nach wie vor nicht ungefährlich in Judäa, wegen Archelaus. Deshalb fürchtete sich Joseph dorthin zu ziehen, doch er erhielt in einem weiteren Traum eine göttliche Weisung, dass er nach Galiläa ziehen soll, wo der viel bessere König Herodes Antipas regierte.

Jesus wächst in Nazaret auf: Nazaret ist keinesfalls am Ende der Welt, sondern ist mit der übrigen Welt verbunden durch eine wichtige Durchgangsstrasse, durch wichtige Schiffsverbindungen. Der Ausspruch, „Er wird Nazarener heissen“, findet sich nirgends so wortwörtlich in der Heiligen Schrift.

Die Stellen, die darauf Bezug nehmen sind:

Sacharja 6,12: Es ist von einem „Spross“ die Rede. Das hebr. Wort, dass mit „Spross“ übersetzt wird, lautet „nezer.“ Nazaret wird abgeleitet vom hebr. „nezer“ und bedeutet: junges Reis, Spross.

Jesaja 11,1: Hier kommt dieses Wortspiel deutlich zum Ausdruck.

Eine andere Auslegung: Nazaret war eine Stadt, die vom Rest der Bevölkerung verachtet wurde, wie das bei Nathanael zum Ausdruck kommt (Joh 1,46). Wenn Jesus Nazarener genannt wird, dann deshalb, weil er von allen verachtet wird, selbst von den Einwohnern dieser Stadt (Ps 22,7; Hebr 13,13).