1. Petrus-4b: Lasst euch nicht mittreiben im Strom eines zügellosen Lebens

Leiden, die sich lohnen

Kapitel 4 (Teil 1): In allen Lebenslagen Gott verherrlichen

 

 Verse 4-6: Lasst euch nicht mittreiben im Strom eines zügellosen Lebens!

Die Gottlosen wundern sich über die Gläubigen, besonders über die Neubekehrten, mit denen sie eben noch ihr zügelloses Leben führten. Sie verwundern sich, es befremdet (ξενίζω) sie, ja noch mehr, sie sind verärgert über die Frömmigkeit der Gläubigen (1Tim 2,2; 6,6.11). Ein frommes Leben ruft bei denen, die das Evangelium ablehnen, Feindseligkeiten hervor. Sie können es nicht verstehen, dass die Gläubigen sich ihnen entfremdet haben und einen neuen Lebensweg gehen. Jesus bestätigt (Mt 10,22): „Ihr werdet gehasst werden von allen um meines Namens willen. Wer aber standhält bis ans Ende, der wird gerettet werden.”

In bin froh, dass Petrus nun auch diesen Punkt in der Verfolgungszeit anspricht, der wie ein Widerspruch zu den Worten in Kapitel 3,13 klingt. Zunächst klang es fast so, als ob Christen selberschuld sind, wenn sie von Ungläubigen abgelehnt, gehasst und verfolgt werden. Wenn sie hingegen Gutes tun, dann werde man sie auch in Ruhe lassen. Das hat Petrus aber nicht so gesagt!

Der Apostel macht in seinem Brief keine falschen Versprechungen. Vielmehr warnt er alle Gläubigen vor der bevorstehenden Verfolgungszeit, die mit der Hinrichtung Jesu (ca. 33 n. Chr.) und später Jakobs begann (Apg 12,2, 62 n. Chr.) und durch den Kaiser Nero (64 n. Chr.) intensiviert wurde. Unter den Gläubigen befanden sich auch viele Juden, wie Petrus und Paulus. Als 64 n. Chr. ein Stadtteil Roms in Brand geriet und das Feuer drei Tage lang wütete, machte Nero die Christen dafür verantwortlich. In Rom kann man heute noch die kilometerlangen Katakomben mit ihren Gängen und Räumen bewundern, die unter der Stadt liegen. Christen haben sich buchstäblich unter der Erde verkrochen. Dort lebten sie, beteten an und beerdigten sogar ihre Toten.

Lukas 6,21b-23: „Selig, die ihr jetzt weint - ihr werdet lachen. 22 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausschliessen, beschimpfen und euren Namen in den Dreck ziehen um des Menschensohnes willen. 23 Freut euch an jenem Tag und tanzt! Denn seid gewiss, euer Lohn im Himmel ist gross. Denn so haben es ihre Väter den Propheten gemacht.”

Diese Worte sind wie Balsam für alle Seelen, die schon unter abweisendem Verhalten ihrer Mitmenschen gelitten haben, weil sie sich Christus zuwendeten. Das Versprechen gilt: Unser Lohn wird gross sein! Wie gross? – unermesslich gross! Wir treten ein milliardenschweres Erbe an und sind wie Grossgrundbesitzer eines fruchtbaren Landes, das das ganze Jahr Früchte hervorbringt (Offb 22,2).

Vers 4b in der NGÜ: „Deshalb wundern sich die Leute, dass ihr bei ihrem zügellosen Treiben nicht mehr mitmacht, und sie reden abfällig über euch.” In der englischen KJV lautet es so: „… that you run not with them …” Dabei stelle ich mir ein Rennen oder ein Jagen nach irdischen Lüsten vor, getrieben von der masslosen Vergnügungssucht (wie der verlorene Sohn im Gleichnis von Lk 15,13). Das griechische Wort ist „mittreiben lassen” (συντρέχω), wie in einem Strom, mitlaufen, nachrennen zu einem zügellosen Treiben.

Wer bei diesem sinnlosen Treiben nicht mitmacht, der wird oft als Aussenseiter gelästert (βλασφημέω) und verstossen.

Siehe Kapitel 4,14: „Selig seid ihr, wenn sie euch um des Namens Christi willen beschimpfen, denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes ruht auf euch.”

Joh 15,18: „Wenn euch die Welt hasst, so bedenkt, dass sie mich vor euch gehasst hat.”

Ein Merkmal der Gottlosigkeit ist die Blasphemie, die Lästerung von anderen Menschen und Dingen (Jud 10). Christen sind genau auf das Gegenteil fokussiert: Tit 3,1-3. Christen sind aufgerufen, ein vorbildliches Leben zu führen unter den Völkern, sodass sie auf diese Weise am ehesten den Weg der Gerechtigkeit erkennen und umkehren, bevor es zu spät ist (Kap. 2,12.15).

Vers 5: Sie werden Rechenschaft ablegen müssen (Mt 12,36-37).
Das ist auf die Zukunft bezogen, auf den grossen Gerichtstag, dem keine Seele sich entziehen kann (Mt 25,31-46). Petrus spricht vom grössten Ereignis aller Zeiten das allen Lebenden und Toten noch bevorsteht (Apg 10,42; 2Tim 4,1).

Billiarden von Seelen werden sich dann um den himmlischen Thron Gottes versammeln und Jesus Christus wird in seiner Macht und Herrlichkeit allen erscheinen. Das wird ein riesengrosses Spektakel sein, das niemanden in Zweifel lässt, um was es da geht. Da wird Jesus nicht mehr als geschlachtetes, hilfloses Lamm auftreten, sondern als mächtigster Richter aller Zeiten! Alle Seelen aus allen Jahrhunderten werden vor dem weissen Thron versammelt, ob sie wollen oder nicht, ob reich oder arm, ob einflussreich oder niedrig, ob gut oder böse (Offb 20,11).

Offb 20,13: „Und das Meer [Erde] gab seine Toten her, und der Tod und die Unterwelt gaben ihre Toten her, und sie wurden gerichtet, jeder nach seinen Taten.”

Es gilt hier zu verstehen, dass selbst die Geretteten keine guten Taten vorzuweisen haben, sondern nur dank dem Blut Jesu geheiligt sind. Denn die Gläubigen haben ihre Kleider mit dem Blut Jesu gereinigt und deshalb sind nun auch ihre Taten heilig (Offb 7,14b; 19,8). Es ist kein Widerspruch, wenn Petrus von allen Seelen spricht, die gerichtet werden, zu den Aussagen Jesu, dass die Gläubigen nicht in ein Gericht kommen (Joh 5,24). In Kohelet wird zwar gesagt, dass der Gerechte als auch der Frevler in ein Gericht kommen (Koh 3,17). Auch Paulus bestätigt, dass wir alle vor den Richterstuhl treten müssen (Röm 14,10; 2Kor 5,10). Auf der anderen Seite sagt Paulus aber den Korinthern, dass die Heiligen die Welt richten werden (1Kor 6,2). Die Thessalonicher werden mit den Worten getröstet, dass am grossen Gerichtstag die in Christus verstorbenen zuerst auferstehen werden und anschliessend die übrigen Gläubigen, die noch auf der Erde leben mit ihnen in den Himmel entrückt werden (1Thess 4,16-17).

Eins steht fest:

- Niemand wird vergessen am Tag des Gerichts.

- Selbst alle bereits Verstorbenen werden auferstehen, entweder zum Gericht oder zum Leben (Joh 5,28-29).

- Alle, die im Buch des Lebens stehen, werden aus der riesengrossen Menge herausgerufen und in den sicheren Himmel entrückt (Offb 20,11-15).

- Siehe "Letzte Dinge".

Vers 6: Was ist mit den „Toten” gemeint, denen das Evangelium verkündigt wurde? Das Verständnis dieses Verses hängt stark davon ab, wie sehr wir von der Auslegung in Kapitel 3,19-20 beeinflusst sind. Es gibt viele Auslegungen und viele Missverständnisse bezüglich diesen Versen. Deshalb gilt es bei der Interpretation besonders vorsichtig zu sein und nichts hineinzulesen, was der Gesamtlehre des Neuen Testamentes widerspricht.

In der NIV (New International Version) liest sich Vers 6 besser: „For this is the reason the gospel was preached even to those who are now dead …”

Übersetzt: „Denn das ist der Grund, warum das Evangelium auch denen verkündet wurde, die jetzt tot sind ...”

Vers 6 beginnt mit den Worten: „Denn dazu ist …” Im Englischen heisst es: „Denn das ist der Grund …” Damit wird Bezug genommen auf die vorherigen Verse. Zuerst wird Bezug genommen auf Vers 5 wo es heisst, dass alle Menschen Rechenschaft ablegen müssen, vor dem, der die Lebenden und Toten richten wird. Dann wird Bezug genommen auf Kapitel 3,19-20, wo von den bereits Verstorbenen zu Noahs Zeiten die Rede ist, denen die Botschaft (oder das Evangelium) verkündet wurde. Auch Abraham wurde das Evangelium im Voraus verkündigt (Gal 3,8). Selbst den Israeliten wurde das Evangelium auf der Wüstenwanderung verkündigt (Hebr 4,2).

Nichts deutet in Vers 6 darauf hin, dass es sich um Menschen handelt, die tot waren, als ihnen das Evangelium verkündet wurde. Das würde der Gesamtbotschaft des Neuen Testamentes widersprechen (Hebr 9,27-28). Es gibt nach unserem irdischen Tod keine zweite Gelegenheit zur Bekehrung (1Kor 4,5)!

Aus Vers 6 kann somit entnommen werden, dass auch die bereits Verstorbenen die Gelegenheit zur Bekehrung erhielten durch das Evangelium. Viele, der bereits Verstorbenen, die sich zu Christus bekehrt haben, wurden von gottlosen Menschen ungerecht aburteilt, verfolgt und gelästert. Doch Gott hat sie gerecht gesprochen, deshalb leben sie im Geist weiter (Röm 8,31-34; Eph 2,1). Wer nach der Weise des Fleisches lebt, der wird sterben (Röm 8,13).

 

 

Fortsetzung Kapitel 4 (Teil 1):  Die Liebe deckt die Fülle der Sünden zu