1. Petrus-2f: Selbst Sklaven sollen sich unterordnen

Leiden, die sich lohnen

Kapitel 2 (Teil 2): Seid gehorsam um des Herrn willen

 

 

 Verse 18-20: Selbst Sklaven sollen sich unterordnen!

Der verwendete griechische Begriff für Sklave ist hier nicht Dulos (δοῦλος, wie in Vers 16), sondern Oiketes (οἰκέτης), das ist ein Haussklave. Es werden also nicht alle Sklaven angesprochen. Demzufolge geben diese Verse auch keine Auskunft über die Frage, ob Sklaverei berechtigt sei oder nicht.

Es ist interessant, dass die Sklaverei weder von Paulus noch von Petrus verurteilt wird (Eph 6,5-8; Kol 3,22.25; 1Tim 6,1-2; Tit 2,9). Offenbar ist es Gottes Wille, dass jeder Gläubige seine Lebensumstände akzeptiert, in denen er berufen wurde (1Kor 7,20-24). Die sozialen Unterschiede werden durch den Glauben an Christus nicht beseitigt (Phlm 16). Vielmehr lernen wir durch den Glauben eine völlig neue Einstellung zur Arbeit kennen, nämlich; alles zur Ehre Gottes zu tun.

Kol 3,17: „Und alles, was ihr tut, mit Worten oder Taten, das tut im Namen des Herrn Jesus – und dankt dabei Gott, dem Vater, durch ihn.”

1Kor 10,31: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut: Tut alles zur Ehre Gottes!”

Schon ganz früh begegnet uns in der Bibel der Sklavendienst in verschiedenen Formen (Gen 9,25).

- Hagar lebte im Haus Abrams und Sarai (Gen 16,1).

- Joseph wurde als Sklave nach Ägypten verkauft (Gen 37,28).

- Die Israeliten lebten als Sklaven in Ägypten (Ex 5,6-19; 13,3).

- König Salomo versklavte einige Kanaaniter (1Kön 9,20-21).

- Jesus erzählte Gleichnisse, in denen Sklaven vorkamen (Mt 13,24-30; 21,33-44).

Im römischen Reich gab es Millionen von Sklaven. Sklaven besassen keinerlei Rechte und wurden nicht als Menschen, sondern als Gegenstände betrachtet. Sie durften nicht heiraten und lebten abgesondert zusammen. Wenn sie Kinder bekamen, dann waren diese Eigentum ihrer Herren. Obschon sie oft missbraucht und unterdrückt wurden, gab es auch Sklaven, die es bei ihren Herren recht gut hatten. Sämtliche Arbeiten wurden von Sklaven besorgt.

Obschon der Apostel Petrus die oft unterdrückte und ungerechte Situation des Sklavenstandes kannte, betonte er das zweite Mal, vom Heiligen Geist inspiriert, dass sich alle Sklaven ehrfürchtig ihren Herren unterordnen (ὑποτάσσω) sollen. Obschon sich die christlichen Prinzipien gegen die Sklavschaft stellen, so wäre es ein völlig falscher Ansatz gewesen, gegen sie zum Aufstand aufzurufen. Aus heutiger Sicht kann aus Erfahrung bestätigt werden, dass ein Aufstand nur noch mehr zur Unterdrückung und Ungerechtigkeit der Sklaven beigetragen hätte.

Barclay schreibt: „Der Sauerteig des christlichen Glaubens musste erst viele Generationen lang in der Welt wirken, ehe die Abschaffung der Sklaverei in greifbare Nähe rücken konnte.” Wir sind uns heute viel zu wenig bewusst, welch grossartigen Einfluss die christlichen Prinzipien in der westlichen bis heute ausübten. In vielen Ländern, die von anderen Religionen geprägt werden, herrscht noch heute in vielerlei Hinsicht Unterdrückung und Leid, was sich meistens auch auf wirtschaftliche Rückstände auswirkt. Der Aufruf zur ehrfürchtigen Unterordnung der Sklaven bestätigt, dass er vom heiligen Geist Gottes stammt, der die geschichtliche Entwicklung zu überblicken vermag.

Hinzu kommt der Gedanke der Ehrfurcht, auf den wir schon in Vers 17 aufmerksam gemacht wurden. Das griechische Phobos (φόβος) bedeutet Angst vor einer Bedrohung, Furcht vor Strafe.  Paulus spricht sogar von Furcht und Zittern (Eph 6,5). Jesus lehrt seine Apostel, dass sie keine Angst (Furcht) vor Menschen haben sollen, die sie verfolgen (Mt 10,26), denn Gott ist grösser als die grösste Bedrohung (Num 13-14). Die Furcht, die wir Christen pflegen, bezieht sich im NT auf Gott (2Kor 7,1) und Jesus Christus (Eph 5,21). Denn Gott vermag Leib und Seele in der Hölle zu verderben (Mt 10,28). Deshalb dienen wir Gott, wie es ihm gefällt „mit Scheu und Ehrfurcht” (Hebr 12,28). Hebr 12,29: „Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.”

Den Philippern wird gesagt, dass sie mit Furcht und Zittern auf ihre Rettung hin leben sollen (Phil 2,13). Die NGÜ spricht von Respekt und tiefer Ehrfurcht, mit der wir uns Gläubigen Gott unterstellen sollen (siehe auch Hebr 12,28). Es wäre aber falsch, wenn wir Gott nur ehren, weil wir Angst vor seiner Strafe haben! Furcht oder Angst ist nicht in der Liebe (1Joh 4,17-18).

Als Arbeitnehmer sind wir in der heutigen Zeit auch eine Art Sklaven. Wir besitzen zwar einige Rechte gegenüber den heutigen Arbeitgebern, aber das befreit uns nicht von der Unterordnung. Auch hier gilt es für uns, dass wir uns unterordnen, weil wir Gott fürchten. Nicht nur den freundlichen, sondern auch den unberechenbaren Vorgesetzten, sollen sich Christen unterordnen. Skolios (σκολιός) = krumm, verdreht, verkehrt, unredlich, ungerecht. Damit wird vorausgesetzt, dass Christen für Ungerechtigkeit leiden werden und ihren Trost darin finden, dass Gottes Augen nichts entgehen (Kap. 3,12; Hebr 4,13).

Zusammengefasst: Als Fremde in dieser Welt unterordnen wir uns also Menschen, weil wir den Herrn mit gesunder Ehrfurcht lieben (V. 17). Dieser Gedanke könnte uns in bestimmten Situationen grosse Anstrengungen kosten. Gerade in der heutigen Zeit herrscht die irrtümliche Meinung, dass jeder das Recht habe, sich gegen jegliche Ungerechtigkeit in der Welt zur Wehr zu setzen.

Was ist Gnade (V. 19-20)? – für gute Taten zu leiden! Es ist eine Lüge, dass äussere Umstände unseren seelischen Zustand bestimmen. Sonst hätte Jesus allen Grund gehabt, am Kreuz durchzudrehen. Auch Paulus, der viele Tage in Gefängnissen verbrachte, hätte deprimiert aufgeben müssen (doch das Gegenteil ist der Fall: Phil 4,4). Die Geschichte beweist unzählige Male (Bsp. Joseph), dass Gläubige, die durch grosse physische Leiden gingen, dadurch innerlich nur noch stärker wurden (Bsp. Polykarb). Ein gläubiger Sklave im ersten Jahrhundert konnte sich zum Beispiel mit den Worten trösten: „Meine irdische Sklavschaft hilft mir die geistliche Sklavschaft Christi besser zu verstehen, zu schätzen und zu leben.”

Es geht hier nicht um jede Form des Leidens, sondern im Besonderen um unser Gewissen (συνείδησις = Gewissen, Bewusstsein, Mitwissen, Gewissheit). Wer sich Gott verpflichtet hat und deshalb zu Unrecht um Christi willen leiden muss, wird selig gesprochen (Kap. 4,12-16). Wer wegen seines Glaubens leidet (Mt 5,11), der darf gewiss sein, dass Gott alles sieht und uns auf seine Weise befreien wird (1Kor 10,13). Nichts ist umsonst, was wir für Gottes Reich und Gerechtigkeit erdulden (1Kor 15,58)! Es gibt jedoch keinen Grund stolz zu sein, wenn wir leiden, weil wir für unsere Verfehlungen gestraft oder gezüchtigt werden (V. 20). Wir sollen uns auch nicht unterordnen, weil wir Menschen gefallen wollen, sondern „um des Herrn willen” (Kol 3,22). Wer jedoch zu Unrecht leidet, weil er Gott gefallen will, der wird seine Anerkennung finden.

Christen sind und bleiben Sklaven; entweder Sklaven der Sünde oder Sklaven des Gehorsams (Röm 6,16). Christus befreite uns aus der Sklavschaft der Sünde, sodass wir nun Söhne und Töchter Gottes geworden sind (Gal 4,7; Joh 8,33-36). In Christus sind wir alle gleichwertig, ob Herren oder Sklaven (Gal 3,28; Kol 3,11). Paulus bezeichnet sich selbst als Sklave Christi (Röm 1,1; Tit 1,1). Im geistlichen Leben gehören Sklaven nicht sich selbst, sondern Christus (Gal 2,20). Die ganze Gemeinde ist Christus untergeordnet (Eph 5,24).

 

Fortsetzung Kapitel 2 (Teil 2):  Folgt den Spuren Christi!