Leiden, die sich lohnen
Kapitel 2 (Teil 2): Seid gehorsam um des Herrn willen
Verse 11-12: Führt ein wohlgefälliges Leben!
Die Zürcherbibel legt mit ihrer Übersetzung den griech. Text aus, fast wie eine liberale Übersetzung: „… ich ermahne euch als Fremdlinge in fremdem Land …” Der griechische Urtext enthält zwei Begriffe, d. h. Gäste und Fremdlinge. Der griechische Urtext spricht hier nicht von einem fremden Land.
Die hebräische Ausdrucksweise liebt parallele Formulierungen. Gast, Pilger (παρεπίδημος), der sich nur für kurze Zeit an einem fremden Ort aufhält. Fremder, Fremdling (πάροικος), auch Nachbar, der unter einheimischen Bürgern wohnt, ohne das Bürgerrecht zu besitzen.
Petrus bezeichnet alle Gläubigen als Gäste und Fremdlinge auf Erden (1,1). Damit will er uns Gläubigen unsere Weltanschauung ins Bewusstsein rufen. Wir Christen sind hier auf Erden bloss Vorbeiziehende, d. h. wir wohnen vorübergehend in einem fremden Land und nicht in unserer Heimat (2Kor 5,1). Wir besitzen hier auf Erden keinen bleibenden Wohnsitz, „denn unsere Heimat [unser Bürgerrecht] ist im Himmel …” (Phil 3,20). Wir sind in dieser Welt nur Fremde, die unter einheimischen Bürgern wohnen, ohne das irdische Bürgerrecht zu besitzen.
Psalm 39,13: „Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen. Denn ein Fremder bin ich bei dir, ein Beisasse, wie alle meine Vorfahren.” Hier wird das Zustandsgefühl im irdischen Leben beschrieben. NGÜ schreibt: „Mit diesem Begriff (Beisasse) ist ein Nichtisraelit gemeint, der sich ohne vollen Bürgerstatus unter dem Volk Israel niederlassen durfte und sich unter den Schutz eines Stammesoberhauptes gestellt hatte.” Siehe auch Lev 25,23.
Auch der Hebräerschreiber spricht von den Glaubenshelden im AT, die die Verheissungen nicht erlangt haben, sondern sie nur mit ihren Glaubensaugen aus der Ferne sahen und deshalb fühlten sie sich ständig wie Gäste und Fremdlinge in dieser Welt (Hebr 11,13; Gen 23,4). Die Glaubenshelden im AT sehnten sich nach der himmlischen Heimat (Hebr 11,16). Von Abraham wird gesagt, dass er auf die Stadt wartete „mit festen Fundamenten, deren Planer und Erbauer Gott ist” (Hebr 11,10). Die praktische Folgerung für alle Gläubigen im NT ist, dass auch sie „hier keine bleibende Stadt” haben, sondern die Zukünftige suchen, selbst wenn es durch Schmach und Leiden geht (Hebr 13,13-14; Offb 22,14).
Deshalb ermahnt Petrus uns alle, den fleischlichen (σαρκικός) Begierden zu widerstehen. „Denn das Begehren des Fleisches richtet sich gegen den Geist” (Gal 5,17) und zerstört das himmlische Ziel, das wir in uns tragen. Die Gier nach vergänglichen Dingen in der Welt ersticken das gehörte Wort Gottes und verdrängen den Heiligen Geist in uns (Mk 4,19). Gottes Gnade erzieht uns, „der Gottlosigkeit und den Begierden in der Welt abzuschwören und besonnen, gerecht und fromm zu leben in dieser Weltzeit [Zeitgeist]” (Tit 2,12).
Parakaleo (παρακαλέω) bedeutet zusprechen, ermutigen, trösten. Es ist keineswegs so, dass wir Christen uns nach unserer Bekehrung zurücklehnen können, weil es egal ist, wie wir weiterleben, da wir ja gerettet sind! Der Apostel Petrus will uns ins Bewusstsein rufen, dass wir von verschiedenen Seiten stark bedrängt werden können: Einerseits von aussen, indem wir von gottlosen Menschen in der Welt beschuldigt werden, wie das die Christen im ersten Jahrhundert oft erleben mussten. Andererseits von innen, indem wir von eigenen fleischlichen Lüsten versucht werden zu einem gottlosen Wandel.
Bedrängnisse von aussen:
Christen wurden von Juden und Irrlehrern bedrängt, die Jesus als Erlöser ablehnten (Apg 17,5-6; 2Petr 2,1; 1Joh 4,1). Christen wurden von Heiden verfolgt, die überzeugt gottlos weiterleben wollten. Bekannte Beschuldigungen oder Vergehen waren:
– Kannibalismus (wegen des Abendmahls, Jesu Blut trinken und sein Fleisch essen), Kinder töten und essen beim Abendmahl.
– Sittenlosigkeit und Blutschande (wegen privaten Zusammenkünften, sexuelle Orgien abhalten).
– Sie üben einen schädigenden Einfluss auf Handel und Gewerbe aus (z. B. Apg 19,23-40).
– Sie hetzen Sklaven gegen ihre Herren auf (was in V. 18 klar widerlegt wird).
– Keine Kaisertreue, da sie den Kaiser weder anbeteten, noch ihm zu Ehren opferten (Apg 17,7).
Besonders unter Nero wurden Christen gefoltert und später bis ins vierte Jahrhundert verfolgt und getötet.
Versuchungen von innen:
Es ist die Rede von fleischlichen Begierden, die nicht bloss auf die sexuelle Lust beschränkt werden darf. Vielmehr geht es um alle natürlichen Triebe des Menschen, die mit Disziplin gezügelt werden können. (Siehe: Der Feind unserer Seele.)
– Der Selbsterhaltungstrieb (essen, trinken, schlafen).
– Der Geschlechtstrieb (Sexualität).
– Der Mitteilungstrieb (Soziale Medien wie Facebook und Instagram, allgemeine Kommunikation, Bestätigung, Beziehung).
– Der Sammeltrieb (Besitztum).
Diese natürlichen Triebe wurden uns mit unserem Leib in die Wiege gelegt und sollen nun unter die Herrschaft des Geistes Gottes gestellt werden (= massvoller Umgang). Sie werden die Werke des Fleisches genannt (Gal 5,16-21). Denn, wer nach dem Fleisch lebt, wird sterben, d. h. den ewigen Tod erleiden (Röm 8,13). Paulus fragt zurecht (Röm 7,24): „Wer wird mich erretten aus diesem Todesleib?” Antwort: Gottes Gnade ist grösser als das Fleisch!
Was ist reine und unbefleckte Frömmigkeit vor Gott?
– Sich um Witwen und Waisen kümmern (Jak 1,27).
– Sich vor der Beschmutzung durch die Welt bewahren (Jak 1,27).
Was meint Petrus mit Vers 12?
Wir können mit unserem Glaubenswandel (ἀναστροφή) Gott verherrlichen oder schmähen (1Petr 4,11; Kol 3,17). Es ist leider eine Tatsache, dass die Welt oft versucht die Frommen und Gottesfürchtigen in Verruf zu bringen (Mt 11,19; 1Petr 3,16). Deshalb gilt es, dass wir Nachfolger Christi
- uns nicht rächen, wenn wir verleumdet werden (Röm 12,20),
- uns nicht schämen, wenn wir leiden (3,16),
- Gott mit unserem ganzen Leib und Leben verherrlichen (1Kor 6,20).
Wir können kaum ermessen, wie sehr wir mit unserem Glaubenswandel und guten Taten (ἔργον) andere Menschen zum Guten beeinflussen (Mt 5,16). Darum wird dieser Vers in der NGÜ so übersetzt: „Ihr lebt unter Menschen, die Gott nicht kennen. Führt darum ein vorbildliches Leben! Sie mögen euch zwar verleumden und als Übeltäter hinstellen, doch wenn sie all das Gute sehen, das ihr tut, lassen sie sich vielleicht eines Besseren belehren und werden das dann zur Ehre Gottes auch anerkennen, wenn er am Tag des Gerichts Rechenschaft von ihnen fordert.”
Schlussfolgerungen
Jeder Mensch sucht heute auf seine eigene Weise seine Freizeit zu gestalten (für die Meisten ist dies der Sonntag). Es wird sogar empfohlen, dass zur täglichen harten Arbeit ein Ausgleich gesucht wird, der für Leib und Seele erfrischend und regenerierend ist. Die Einen zieht es zum Sport. Die Anderen zieht es zur Musik. Wieder andere suchen Orte, wo sie Feiern oder ausspannen und ihre Beziehungen pflegen können. Hauptsache, es ist erholsam und macht Spass!
Doch, niemand fragt sich, was Gott für unser Leben vorgesehen hat. Der Herr möchte angebetet werden (Lk 2,36-38)! Der Herr möchte, dass wir über unser Leben nachdenken und über unsere Beziehung zum himmlischen Vater, um dem Lob seiner Herrlichkeit noch besser zu dienen (Eph 1,12). Es geht nicht darum, „Menschen zu gefallen, sondern um Gott zu gefallen, der unsere Herzen prüft” (1Thess 2,4).
Petrus ruft (in Vers 12) alle Gläubigen auf, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen. Die richtige Ausgeglichenheit zum weltlichen Leben und zum Glaubenswandel zu finden, ist unsere grosse Herausforderung.
Fortsetzung Kapitel 2 (Teil 2): Unterzieht euch jeder menschlichen Ordnung!