1. Petrus-1e: Leben als Kinder des Gehorsams

Leiden, die sich lohnen

Kapitel 1 (Teil 2): „Seid heilig, denn ich bin heilig”

 

 

 Verse 13-17: Leben als Kinder des Gehorsams.

„Darum” kennzeichnet erneut die Folgerung der vorangegangenen Worte.

Weil wir eine so überreiche Belohnung empfangen haben, wollen wir uns auch unserer Verantwortung bewusst sein. Das Heil in Christus motiviert uns, als Kinder des Gehorsams zu leben.

- Weil wir Vorersehene Gottes sind (V. 2).

- Weil wir Gottes Barmherzigkeit erfahren haben (V. 3).

- Weil Gott uns durch seinen Sohn neu geboren hat (V. 3.23).

- Weil wir eine lebendige Hoffnung besitzen (V. 3).

- Weil wir die Aussicht auf ein unvergängliches Erbe besitzen (V. 4).

- Weil das Heil für uns bereitliegt (V. 5).

- Weil uns Gottes Kraft bewahrt (V. 5).

- Weil Gott die Echtheit unseres Glaubens prüft (V. 7).

- Weil Jesus Christus sich uns offenbaren wird (V. 7).

- Weil wir an den Herrn glauben, ohne zu sehen (V. 8).

- Weil wir das Ziel unseres Glaubens erreichen wollen (V. 9).

Deshalb wollen wir unsere Hüften umgürten:
Dieser Ausdruck entspricht orientalischem Denken. Die Menschen in der Antike trugen lange flatternde Gewänder, die sie zusammenschnürten, um besondere Aufgaben zu erledigen. Die Lenden wurden umgürtet und der Zipfel des Gewandes unter den Gürtel gesteckt. Das ist, wie wenn wir die Ärmel hoch krempeln. Damit wird bildhaft dargestellt, dass auch wir jegliche flatternden Gedanken schnüren sollen, um unsere Aufgaben als Christen anpacken zu können. Mit allgemeinen Worten heisst das, bereit zu sein, mit Verstand, Gefühl und Wille, für die Wiederkunft des Herrn. Jesus fügt diesem Bild des Wachens und der Bereitschaft noch ein Element hinzu (Lk 12,35): „Eure Hüften sollen gegürtet und eure Lichter sollen angezündet sein!” Für den Auszug Israels aus Ägypten, gab der Herr durch Mose folgende Anleitung (Ex 12,11): „Und so sollt ihr es [das Passalamm] essen: die Hüften gegürtet, die Schuhe an den Füssen und den Stab in der Hand …” Es geht darum, unsere Verantwortung als Christen wahrzunehmen und aus der entspannten und bequemen Liegeposition aufzustehen, um ganz für Christus da zu sein.

Die folgenden Verse weisen konkret auf unsere dienende Aufgabe hin und nehmen sogar die Befehlsform an:

Umgürtet eure Hüften (V. 13)!
Das heisst, dass wir unser Denken (διανοία) ausrichten (Mt 22,37). Wir sind bereit für geistige Anstrengungen. Wir prüfen und durchdenken alles. Wir begnügen uns nicht mit oberflächlichen Annahmen. Wir verändern unsere gemütliche und bequeme Position und geben alles, um Christus ähnlicher zu werden.

Seid nüchtern (V. 13)!
Nüchtern sein (νήφω) kann das Gegenteil von Trunkenheit und jeglicher Art des Rausches bedeuten. Es kann im Griechischen aber auch fasten bedeuten, standhaft und besonnen, im Gegensatz zu schwärmerischem Wesen. Es kommt im ersten Petrusbrief insgesamt dreimal vor (1,13; 4,7; 5,8). Der Sinn kommt in 1Thess 5,6 gut zum Ausdruck: „Lasst uns also nicht schlafen, wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein …”

Hofft auf die Gnade (χάρις) Gottes (V. 13)!
Wenn Petrus zum vernünftigen Denken aufruft, dann meint er damit ein gutes Urteilsvermögen zu haben, auch in Bezug auf die Gnade. Die Vernunft lehrt uns, dass die Hoffnung auf Gottes Gnade nicht auf persönlicher Würdigkeit beruht. Denn, wenn Gott uns in der letzten Stunde nicht durch seine Gnade freisprechen würde, dann hätten wir Menschen keine Chance vor ihm zu bestehen. Das Wort Gnade kommt in den Petrusbriefen insgesamt zwölf Mal vor.

Richtet euch ganz auf die Erscheinung Christi aus (V. 13)!
Mit der Erscheinung Christi ist die Wiederkunft gemeint. Die christliche Hoffnung richtet sich ganz auf die Wiederkunft Christi. Die christliche Hoffnung macht uns stark im Alltag, sodass wir vieles ertragen können, weil wir auf das himmlische Ziel ausgerichtet sind. Denn unsere Hoffnung ist nicht unsicher oder ungewiss, sondern sie ist die Gewissheit, dass unser Leidenskampf ein siegreiches Ende nehmen wird.

Seid gehorsame Kinder Gottes (V. 14)!
An Christus zu glauben heisst, Kinder des Gehorsams (ὑπακοή) zu sein. Die Bezeichnung „Kinder” drückt die innige Beziehung zu unserem liebenden Vater aus (1Joh 3,1-2). In der Bibel bedeutet Glauben Gehorsam (Joh 3,36). In der Welt werden viele Menschen allgemein als Gläubige bezeichnet, doch wenn ihr Glaube dem Willen Gottes nicht gehorcht, dann ist er nicht rettend (Jak 2,19). Gehorsam sein, bedeutet hören (horchen = gehorchen) auf das was Gott sagt (auf Gottes Heilsplan, Röm 1,5). Gehorsam kann und muss gelernt werden, wenn wir uns Gott nähern wollen. Selbst der Sohn Gottes musste durch das Leben den Gehorsam lernen (Mt 26,39; Hebr 5,8).

Der Gehorsam gegenüber Gott steht hier im Gegensatz zu den weltlichen Lüsten oder Begierden (ἐπιθυμία). Der Mensch kann Lust haben –

- nach irdischen und vergänglichen Dingen (1Joh 2,15-17),

- nach Gottes Nähe und unvergänglicher Liebe (Lk 22,15; Mt 22,37).

In Gottes Augen werden seine Geschöpfe unterschiedlich betrachtet und bezeichnet:

- als Kinder des Ungehorsams (Eph 2,2; 5,6),

- als Kinder des Gehorsams (1Joh 3,1-2; 1Petr 1,14).

Gott hat kein Wohlgefallen an vielen Worten (Mt 6,7), leeren Versprechungen (Mt 7,21) und vielen Opferungen (Mt 9,13).

Vor unserer Bekehrung waren wir gottlos und taten, was dem Herrn nicht gefällt (Gal 5,19-21). Vieles, was wir damals taten, geschah auch aus Unwissenheit, da wir uns nach dem Vorbild der Ungläubigen ausrichteten. Der Geist Gottes hat uns zum neuen Leben berufen, das frei ist von der Sklavschaft der Sünde (Röm 6,12-23). Deshalb wollen wir uns nicht länger von eigensüchtigen Wünschen beherrschen lassen, wie die Welt.

Führt ein geheiligtes Leben (V. 15)!
Christen sind zum heiligen Leben berufen (καλέω): Wir sind mit heiligem Ruf berufen worden (2Tim 1,9). Wir sind aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen worden (1Petr 2,9b). Wir sind zu Gottes ewiger Herrlichkeit berufen worden (1Petr 5,10).

Es geht nicht bloss um eine Lebenseinstellung, sondern um einen ganzen Lebensstil oder Lebenswandel (ἀναστροφή). Petrus gebraucht das Wort „Lebenswandel” 8x in seinen Briefen (1 Petr 1,15.18; 2,12; 3,1.2.16; 2Petr 2,7; 3,11). Es geht um ein verändertes Leben (V. 18; Jak 2,26).

Seid heilig, denn Gott ist heilig (V. 16)!
Schon im AT war das die Forderung Gottes an sein Volk und deshalb wird dieser Aufruf auch aus dem AT zitiert, mit den Worten (Lev 11,44-45): „… Ihr sollt euch heiligen, und sollt heilig sein, denn ich bin heilig.” Heilig (ἅγιος), hagios sein bedeutet getrennt sein oder sich absondern. Das heisst, Menschen und Dinge sind für Gottes Gebrauch bestimmt und abgesondert, damit unterscheiden sie sich von gewöhnlichen Menschen oder Dingen. So war z. B. der Tempel, der Boden, die Stadt und der Sabbat heilig. Genauso unterscheiden sich die Gläubigen von anderen Menschen, indem sie sich absondern und Gott nähern, d. h. heilig sind (2Kor 6,17). Absondern bedeutet nicht Querdenker in weltlichen Angelegenheiten zu sein, sondern sich von allem Bösen fernhalten. Die vier Wesen rufen Tag und Nacht vor dem Thron Gottes (Offb 4,8): „Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott, der Herrscher über das All, der war und der ist und der kommt.”

Jesus sagt etwas ähnliches in seiner Bergpredigt (Mt 5,48): „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.” Damit ruft er auf, nicht Volksgenossen zu hassen, sondern das Böse. Statt Hass, Liebe zu zeigen. Statt Vergeltung, Barmherzigkeit zu erweisen.

Wer sich von der Denkweise der Welt absondert, der nähert sich Gott. Mit Gott leben, bedeutet heilig und vollkommen sein, im Gegensatz zur Welt. In der heutigen Zeit empfindet es kaum mehr jemand als Kompliment, als heilig bezeichnet zu werden. Gott will aber, dass wir uns heiligen lassen und heilig sind! Nur Heilige können Gemeinschaft mit Gott pflegen.

Führt ein Leben in Gottesfurcht (V. 17)!
Gott richtet jeden Menschen unparteiisch, d. h. ohne Ansehen der Person (Röm 2,11; Eph 6,9). Gott richtet jeden Menschen nach seinen Werken, nicht nach seiner Erkenntnis. Kol 3,25: „Wer Unrecht tut, wird bekommen, was er an Unrecht getan hat, ohne Ansehen der Person.”

Apg 10,34: „Jetzt erkenne ich wirklich, dass bei Gott kein Ansehen der Person ist, sondern dass ihm aus jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit übt.”

Es geht um ein Leben in Gottesfurcht (φόβος). Gottesfurcht bedeutet Ehrfurcht (2,18). Der christliche Lebenswandel ist von Ehrfurcht geprägt (3,2). Ehrfurcht ist das stetige Bewusstsein, dass Gott gegenwärtig ist und alles sieht (Ps 33,18; 34,16). Furcht, im Sinne von Angst, ist nicht in der Liebe (1Joh 4,18). Gläubige stehen mit dem himmlischen Vater im Gebet und sind sich seiner Gegenwart bewusst, so dass sie in Ehrfurcht vor Gott wandeln. (Link: zu Gott oder zu Jesus beten?)

Das christliche Leben ist ein Leben in der Fremde (παροικία).
Petrus ermahnt die Gläubigen später als Fremde oder Fremdlinge in fremdem Land, d. h. Zerstreute in den kleinasiatischen Gemeinden (2,11). Christen bleiben aber Fremdlinge auf Erden, weil sie sich Gott geweiht haben und auf das himmlische Land schauen, das ihnen bereitet worden ist (Hebr 11,9-10). Denn Gläubige (aus allen Nationen) sind im Reich Gottes keine Fremden mehr ohne Bürgerrechte, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes (Eph 2,19).

 

 Schlussfolgerungen

Das Leben in Christus bringt besondere Vorrechte mit sich, die aber auch eine besondere Verantwortung beinhalten. Die Verantwortung läuft darauf hinaus, dass wir Gläubigen erkennen, dass wir ein besonderes Volk sind, das sich von der Welt und ihren Begierden absondert und nach guten Werken für Gott eifert (Tit 2,14).

 

 Fortsetzung von Kapitel 1 (Teil 2):  Freigekauft durch das Blut Christi