2. Timotheus-03: Schwierige Zeiten werden anbrechen

Gemeindeordnung

 

 

 I.   Verse 1-9: Die Menschen in den letzten Tagen

Was ist mit den „letzten Tagen“ gemeint?
Die NGÜ übersetzt: „die Zeit vor dem Ende ...“ und unterstützt damit vermutlich die Irrlehre der tausendjährigen Herrschaft Christi (Prämillenialismus = Zeit vor den tausend Jahren). Vor dieser Zeit sollen schlimme Tage eintreten. Dann sollen alle Gläubigen entrückt werden. Anschliessend soll eine Zeit des grossen Abfalls vom Glauben stattfinden. Schliesslich soll Jesus wiederkommen, um auf Erden 1000 Jahre zu regieren.

Jesus Christus hat aber seine Herrschaft bereits angetreten: Apg 2,32-35; Hebr 10,12. Im vorliegenden Vers wird von all diesen Dogmas nicht gesprochen, die von Menschen aufgestellt und eigenwillig zusammengestellt wurden. Die „letzten Tage“ sind kein Zeitbegriff und können nicht auf dem Kalender bestimmt werden. Dieser Satz kann auf jede Zeit angewandt werden: Hebr 1,1-2. Was Paulus hier sagen möchte ist, dass schwierige (χαλεπός) Zeiten kommen werden, d. h. für uns, dass sie jetzt stattfinden (vergl. 4,3). Es ist wie mit der Wiederkunft Christi, die jede Generation treffen könnte und es somit notwendig macht zu jeder Zeit zur Wachsamkeit aufzurufen (2Petr 3,10).

Es ist offenbar eine bedrohliche Zeit, in der gottlose Menschen noch mehr als je zuvor folgende Verhaltensweisen an den Tag legen:

Selbstsüchtig (φίλαυτος), egoistisch
Griechische Definition: phileo = lieben, autos = selbst. Sich selbst liebend. Wir leben in einer Zeit des Narzismuses (krankhaftes Verliebtsein in sich und seinen Körper). Körperkult, Fitness und Idealgewicht, sowie ewige Jugendlichkeit ist die Priorität unserer Gesellschaft, die damit die Wirtschaft ankurbelt. Viele betrachten sich stundenlang im Spiegel und sind in sich selbst verliebt. Das Lebensmotto lautet: Zuerst komme ich. Jeder denkt immer zuerst an sich. Jeder schaut, dass er selbst nicht zu kurz kommt. Gottes Geist lehrt uns aber das Gegenteil: Phil 2,4.

Geldgierig (φιλάργυρος), habgierig, habsüchtig
„Geiz ist geil“ lautet ein Werbeslogan einer deutschen Firma. Die Geldgier ist ein schlimmes Übel, das Freundschaften und den Glauben an Gott zerstört (1Tim 6,6): Hebr 13,5). Ein anderes Wort dafür ist Habgier oder Habsucht. Habsucht ist Götzendienst (Kol. 3,5). Habsucht soll unter Gläubigen nicht einmal genannt werden (Eph 5,3). Habsüchtige werden das Reich nicht ererben (Eph 5,5; Mt 6,19-21.24). Genügsamkeit macht glücklich und erhält die Dankbarkeit (1Tim 4,8). Christus lehrt uns (Apg 20,35): „Geben ist seliger als nehmen.“

Prahlerisch (ἀλαζών), hochmütig, grosstuerisch
Gottlose prahlen mit ihren Errungenschaften auf Erden, die von Motten und Rost zerfressen werden (Mt 6,19). Prahlerei gehört nicht zur Lebensweise eines Wiedergeborenen (1Joh 2,16). Christen sind sich bewusst, dass alles aus der Hand Gottes kommt. Gott gibt und Gott nimmt. Alles was wir sind und haben, ist aus Gott. Leben wir, so leben wir für den Herrn (Röm 14,8).

Hochmütig (ὑπερήφανος), sich wichtig machen, arrogant
Sich über andere erheben und sich über sie stellen. In der Welt ist es üblich sich aufzuspielen und dafür noch bewundert zu werden. Gottlose Menschen halten von sich selbst eine zu hohe Meinung und sind deshalb schnell beleidigt, wenn sie von andern auf den Boden der Tatsachen gebracht werden. Gott hasst hochmütige Augen (Spr 6,17). Christen gürten sich mit Demut (1Petr 5,5). Den Demütigen schenkt Gott Gnade (Jak 4,6).

Schmähsüchtig (βλάσφημος), Lästerreden führen, blasphemisch, beleidigen
Das griech. Wort (βλασφημία) kommt in andern Listen vor (siehe Mt 15; Mk 7; 1Kor 5; Kol 3). Wer über andere Personen (inkl. Gott) erniedrigend oder beleidigend redet, der lästert und schmäht. Weitere Begriffe, die unterschieden werden müssen sind, Verleumdung, Beschimpfung, Schelten, Verspotten. Siehe auch schändliche Reden (αἰσχρολογία), üble Nachrede, Schmährede. Im AT lastete die Todesstrafe auf Gotteslästerung (Lev 24,16). Jesus wurde Gotteslästerung zur Last gelegt (Joh 10,33-36). Stephanus wurde vorgeworfen, Lästerreden wider Mose und Gott geführt zu haben (Apg 6,11). Jesus lehrt, dass die Sünde der Lästerung vergeben werden kann, aber die Lästerung wider den Heiligen Geist kann nicht vergeben werden (Mt 12,32). Christen sollen sich so verhalten, dass nicht der Name und die Lehre Gottes gelästert wird (1Tim 6,1).

Ungehorsam (ἀπειθής), den Gehorsam verweigern, gegenüber den Eltern, nicht gehorsam sein ...
Hier geht es vor allem um die Beziehung zwischen Kindern und Eltern. Die Kinder werden in der Bibel aufgerufen, den Eltern gehorsam zu sein (Eph 6,1-3; Kol 3,20): Sprüche 1,8. Allerdings sollen die Väter ihre Kinder auch nicht reizen. Kinder sind eine Leihgabe Gottes, mit der Eltern verantwortungs-bewusst umgehen sollen. Jesus lehrt, dass den kleinen Kindern das Reich Gottes gehört (Mt 18,1-3). Das 5. Gebot lehrt (Ex 20): „Ehre deinen Vater und deine Mutter.“

Undankbar (ἀχάριστος) (siehe Herzkrankheiten, L. 3)
Undankbarkeit führt zur Einsamkeit und zu Depressionen. Sie zerstört gute Beziehungen (Röm 1,21). Sie ist nie zufrieden, sondern will immer mehr (Spr 21,17). Sie ist blind für alle Segnungen und hält alles für selbstverständlich. Gott will, dass wir in jeder Lebenslage IHM dankbar sind: Hebr 12,28.

Ein Christ pflegt die Dankbarkeit (εὐχαριστέω). Wie?

- Er spricht seine Dankbarkeit offen aus: 1Thess 5,18.

- Er zählt seine Segnungen (Phil 4,6-7).

- Die Abendmahlsfeier wird Eucharistie genannt.

- Ein Christ nimmt ständig zu in der Dankbarkeit: Kol 2,6-7.

- Ein Christ ist sogar für die Anfechtungen im Leben dankbar: Hebr 13,13-15.

Gottlos (ἀνόσιος), keine Ehrfurcht kennen
In der Elberfelderbibel und in engl. Bibeln steht „unholy“ (unheilig). Sie widersetzen sich bewusst Gottes Willen und leben, wie es ihnen gefällt. Menschen, die für alles Gesetze brauchen, die sonst keine Grenzen kennen (1Tim 1,9). Gott ruft uns auf zur Heiligkeit: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (1Petr 1,16).

Lieblos (ἄστοργος), herzlos, kein Mitgefühl kennen, lieblos
Storge ist die Familienliebe und astorgos bedeutet, dass die natürliche Liebe zu den Eltern und zu den Kindern verlorengegangen ist. Enge Familienbindungen - bedeuten ihnen nichts, oder sind lästig. Es ist das Unvermögen, sich in andere hineinzuversetzen und Mitgefühl zu empfinden (Röm 1,31). Wenn jemand betrübt ist und sich einer Person anvertraut, dann heisst es schnell: Hör doch auf zu jammern und denke positiv! Gottes Geist ruft uns auf zur Liebe, zum Erbarmen, zur Geduld: Kol 3,12 (Joh 13,34,35; Mt 12,37-40). In der geschwisterlichen Liebe sollen wir herzlich gesinnt sein: Röm 12,10.

Unversöhnlich (ἄσπονδος)
Sponde heisst Waffenstillstand, Vertrag, Bündnis. Menschen, die sich wegen den kleinsten Differenzen oder nach jedem Streitfall von andern trennen. Gottes Wesen ist treu (2Tim 2,13). Gott verlässt uns nicht, sondern er ist immer wieder bereit, die Beziehung mit uns aufzunehmen. Selbst nach der Kreuzigung sprach Jesus (Lk 23,34): „Vater, vergib ihnen ...!“ Die Liebe rechnet das Böse nicht an (1Kor 13,5b).

Verleumderisch (διάβολος), durcheinanderwerfend
Der Teufel wird als Diabolos bezeichnet = Durcheinanderwerfer, Entzweier (Mt 4,1-11; 13,39; 25,41). Diabolisch, teuflisch bedeutet verleumderisch reden über andere, d.h. falsche und böswillige Aussagen machen.

Sprüche 10,18: „Wer Verleumdung ausspricht ist ein Tor.“

Psalm 140,12: „Der Verleumder wird nicht bestehen im Land ...“

In der Gemeinde ist Verleumdung deshalb so schlimm, weil sie die Einheit und den Frieden untereinander zerstört: Eph 4,3. Gottes Geist lehrt uns selbst gegenüber dem verkehrten Geschlecht ein gutes Gewissen zu haben in allem was wir tun und reden: 1Petr 3,16.

Unenthaltsam (ἀκράτης), masslos, unbeherrscht, zuchtlos
Das griech. Wort kratein heisst: stark sein, Macht haben. Im AT war jede Stadt ohne Mauer verletzbar, einnehmbar (Jos 6: Jericho). Sprüche 25,28: „Eine Stadt mit eingerissener Mauer - so ist ein Mann, der sich selbst nicht beherrscht.“ Es geht also um die verlorengegangene Selbstbeherrschung. Menschen, die aus eigener Lust schnell nachgeben, sich gehen lassen und unkontrolliert sind. Gottes Geist ruft uns auf zur Selbstdisziplin, Enthaltsamkeit, zum Fleiss in jeder Tugend: 2Petr 1,5-11 (Gal 5,22-23).

Roh (ἀνήμερος), unsanft, gewalttätig, grausam, wild
Die Menschen werden wild sein, d. h. ungezähmt, wie wilde Tiere (Jud10). Dieser griech. Begriff wird eigentlich nicht für Menschen, sondern für Tiere gebraucht. Christen sollen mitfühlend, einfühlsam und barmherzig miteinander umgehen (Eph 4,32).

Dem guten Feind (ἀφιλάγαθος), alles Gute hassen
Christen verabscheuen das Böse (Röm 12,9): Z. Bsp. in Büchern, Musik, Filmen, böse Gesellschaft allgemein (1Kor 15,33). In der Welt wird das Gute, Erholsame, Friedliche usw. oft als langweilig eingestuft. Gott will uns beibringen das Gute zu lieben und das Böse zu hassen: Amos 5,14-15. Deshalb gehört es zu den Qualifikationen eines Ältesten, dass er ein Freund des Guten ist (filagathos; Tit 1,8; Phil 4,8, Kol 1,10).

Verräterisch (προδότης), zu jedem Verrat bereit
Die Christenverfolgungen wurden durch Verräter geschürt, die Christen an die Behörden auslieferten (Mt 24,10; Lk 21,16). Ein trauriges Beispiel in der Bibel liefert uns Judas (Ps 41,9; Joh 13,18-26). Die widerspenstigen Juden werden von Stephanus als Verräter und Mörder angeklagt (Apg 7,52). Was muss passieren, bis wir Christen verräterisch werden?

Verwegen (προπετής), leichtfertig, vorschnell, vor nichts zurückschrecken, unbesonnen
Dieser Begriff weist auf hastige und voreilige Entscheidungen hin. Besonnenheit ist eine christliche Tugend (1Tim 3,2; Tit 1,8; 2,2.5.6.12). Wir ersparen uns und andern vieles, wenn wir besonnen sind und gut überlegen, bevor wir sprechen oder handeln (Apg 19,36).

Aufgeblasen (τυφόω), voller Dünkel, Hochmut
Talentfreie Menschen, die keine Einsicht zeigen: Sie können von einem grossen Publikum samt Jury abgelehnt werden und sich trotzdem für das grösste Supertalent halten. Sie sind so sehr von sich selbst überzeugt, dass sie das gesunde Selbstbild verloren haben. Gott gefällt ein einsichtiger Geist (Ps 51,19; Mt 12,20).

Mehr die Wollust liebend (φιλήδονος), was ihnen Lust verschafft, vergnügungsliebend, Interesse gilt dem Vergnügen
Menschen, die auf nichts verzichten wollen in diesem Leben. Sie lieben das (hedonos = heidnische, gottfremde) vergängliche Leben mit ihrer Lust und ihrem Vergnügen. Gott hat in ihren Herzen keinen Platz (Eph 4,17; 1Thess 4,5; 1Petr 4,3).

Besitzen eine äussere Form von Frömmigkeit (μόρφωσις), scheinen Fromm, frommer Anschein
Wölfe in Schafskleidern (Mt 7,15). Fromm scheinen und im Herzen voller Ungerechtigkeit sein (Mt 23,27-28). Fromm sein muss nicht immer geheuchelt sein (siehe Kornelius: Apg. 10). Gottes Gnade erzieht uns zur Frömmigkeit (Tit 2,11-13; 2Petr 3,11-12). Der Herr verspricht, „Fromme aus der Versuchung zu erretten, Ungerechte aber für den Tag des Gerichts zur Bestrafung zu verwahren“ (2Petr 2,9).

Von solchen Menschen sollen wir uns abwenden (ἀποτρέπω): 1Kor 15,33 (Eph 5,11). Durch eine falsche Frömmigkeit kann unser Glaube langsam zerstört werden und wir können vom Strom weggezogen werden, ohne dass wir das merken (2Kor 6,14 - 7,1). Der Glaube an Christus besteht nicht aus äusserlichen Ritualen und Regeln (2Joh 10). Der Glaube ist die lebendige Kraft Gottes, die in unseren Herzen wohnt und uns zu zwangslosen Nachfolgern Christi macht (Röm 1,16).

Zu den gottlosen Menschen, vor denen uns Paulus warnt, gehören auch die Irrlehrer (= vorwiegend Gnostiker). Sie glaubten, dass alles Stoffliche böse sei und alles Geistige gut. Sie gingen von Haus zu Haus, wenn die Männer weg waren, um leicht beeinflussbare Frauen (γυναικάριον) aufzuspüren und irrezuleiten (1Tim 5,13). Das war seit Adam und Eva im Garten Eden eine Methode Satans (Gen 3). Als Eva allein war näherte sich ihr die Schlange. Sie befassten sich mit Magie, Zauberei und Prophetie und versuchten Frauen damit zu beeindrucken und zu beeinflussen. Es kam nicht selten vor, dass es sogar mit diesen Frauen zu sexuellen Kontakten kam. Wir wissen von einem Sektenführer im Berneroberland, der Frauen durch sexuelle Handlungen angeblich reinigte („Vatti“). Junge Frauen, die Schuldgefühle hatten und von allerlei Begierden getrieben wurden, waren eine leichte Beute für Irrlehrer, wie ein Spielball (NGÜ). Sie sassen den falschen Lehrern zu Füssen, bewunderten sie und assen ihnen aus der Hand. Sie waren gierig neues zu hören, aber uninteressiert an der Wahrheit Gottes.

Es gibt nichts Schlimmeres für uns Christen, als immerdar zu lernen und doch niemals zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen. Wie geht das? Dies ist nur möglich, wenn wir die Theorie von der Praxis trennen. Sophia ist theoretischer und Phronesis praktischer Natur. Synesis ist das Vermögen zu prüfen, zu unterscheiden, zu beurteilen und Sophia als auch Phronesis sinnvoll zu kombinieren (siehe Sophia). Was ist die Grundvoraussetzung, die Wahrheit Gottes zu erkennen und in die Tat umzusetzen? - Die Liebe zur Wahrheit: 2Thess 2,9-12. Jede Zusammenkunft muss zur Folge haben, dass wir geläutert und gestärkt werden, um dem fleischlichen Kampf in der Welt noch erfolgreicher standzuhalten (Eph 6,10-18). Jede Zusammenkunft muss Erkenntnis vermitteln, die zu guten Werken anspornt, denn an den Früchten sind wir Christen erkennbar (Mt 7,20). Nur das einsichtige Herz wird sich zum Guten verändern (Ps 34,19; Jak 4,6; Mi 6,8). Wir wüssten nicht, wie die Zauberer heissen, die Mose mit ihren Zauberkünsten entgegentraten, wenn Paulus sie nicht mit Namen erwähnen würde (Jannes und Jambres; Ex 7,11.22; 8,3; 9,11). Diese Namen wurden zu warnenden Beispielen für Irrlehrer und Zauberei. Der Trost ist, dass sie alle nicht weit kommen werden. Früher oder später wird ihr Lug und Trug offenbar. Deshalb werden wir Christen aufgerufen, die Geister gut zu prüfen (1Joh 4,1).

Christen wird es nie an Widersachern fehlen. Weshalb nicht?
Weil Gott so die echten von den unechten Christen heraussieben kann. Wer nur halbwegs dabei ist, wird irgendwann dem Irrtum anheim fallen. Es ist wie bei einem Fluss, der an einem Haus vorbeifliesst, es langsam unterspült und irgendwann mitfortreisst.

 

 II.   Verse 10-13: Der leidende Apostel als Vorbild

„Du aber ...“ steht im Gegensatz zu den Häretikern im vorderen Abschnitt, ist Timotheus dem Paulus nachgefolgt (παρακολουθέω).

Parakolütheo (παρακολουθέω) beinhaltet:
Jemandem leiblich folgen, durch dick und dünn, Seite an Seite mit ihm gehen. Jemandem geistig folgen, sich sorgfältig an seine Lehren halten, indem er sie studiert und auf denselben Schluss kommt. Jemandem geistlich folgen, d. h. ihn nicht nur verstehen, sondern sein Vorbild nachahmen und so sein, wie der Betreffende ist.

Nachfolger sein:
Mathetes (μαθητής): Jünger, Schüler, Lernender (Joh 15,8), manthano (μανθάνω): lernen (Mt 11,29), akolütheo (ἀκολουθέω): nachfolgen (Lk.9,23), parakolütheo (παρακολουθέω): begleiten, begreifen (2Tim 3,10).

Paulus war für Timotheus der lebende Tüpos (τύπος) (Gepräge, Form, Gestalt), d. h. Vorbild: 1Kor 11,1 (Phil 3,17; 2Thess 3,9). Im ersten Brief (1Tim 4,12) ruft Paulus den Timotheus auf, ein Vorbild zu sein in der Wortwahl, in der Lebensführung, in der Liebe, im Glauben und in der Lauterkeit. Im zweiten Brief (2Tim 3,10) stellt Paulus dem jungen Evangelist bereits ein gutes Zeugnis aus, indem er bestätigt, dass Timotheus ihm in den folgenden Punkten treu nachgefolgt ist. Auch Titus wird aufgerufen, ein Vorbild zu sein (Tit 2,7.15). Auch wir werden aufgerufen, Vorbilder zu sein: 1Petr 2,21; 5,3 (1Thess 1,6-7).

Eigenschaften und Aufgaben eines Apostels Christi:

Lehre (διδασκαλία), engl. teaching (1Tim 4,6)
Es ist klar, dass es nicht um die Lehre des Paulus geht, sondern um die Lehre Christi, der auch Paulus gefolgt ist (2Kor 2,17). Trotzdem gebraucht Paulus den Ausdruck „meiner Lehre gefolgt ...“

Lebensführung (ἀγωγή), engl. conduct, Grundsätze oder Lebensprinzipien
Es ist viel besser, wenn wir von einem Vorbild nicht nur das lernen, was es lehrt, sondern auch das, was es lebt. Männer, die lehren und die Leitung ausüben in der Gemeinde, werden automatisch zu Vorbildern für die Glieder, für ihre Frau und ihre Familie. Paulus wurde durch seine geistliche Lebensführung vielen Gläubigen zum Vorbild, dem jeder gerne nachfolgte.

Streben (πρόθεσις), engl. purpose, Zweck und Ziel
Unsere Priorität ist es als Christen, in allem was wir tun Christus zu dienen und nicht uns selbst (2Kor 5,9). Für Paulus war sein Leben ein Dienst für Christus und das Sterben ein Gewinn (Phil 1,20-21). Diese zielstrebige Haltung motivierte und begeisterte auch Timotheus.

Glauben (πίστις) engl. faith
Glaube bedeutet, Gott zu vertrauen, ohne ihn zu sehen (2Kor 5,7). Der Glaube überwindet die Welt (1Joh 5,14). Gläubige vertrauen, dass sie mit Christus leben werden (Röm 6,8). Paulus war dem Timotheus in jeder Lebenslage ein grosses Glaubensvorbild, dem man gerne nachfolgte (1,12).

Geduld (μακροθυμία) engl. patience
Der Herr ist ein geduldiger Gott (Ps 86,15; 2Petr 3,9). Wie wächst die Geduld in uns? - durch Erprobungen (Jak 1,4). Wer Geduld gelernt hat, der ist erprobt. Geduld ist nicht träge, sondern aktiv. Sie zählt zu den wichtigsten Eigenschaften eines Mitarbeiters Christi. Geduld bringt eine köstliche Geistesfrucht hervor (Gal 5). Paulus besass diese Geistesfrucht, weil er hart erprobt wurde und Timotheus ebenso, weil er sein engster Begleiter war.

Liebe (ἀγάπη) engl. love
Trotz den vielen Niederschlägen und Leiden wurde Paulus nicht bitter, sondern war erfüllt mit der Liebe Christi (1Kor 13,4-7; 2Kor 5,14). Auch Timotheus folgte darin seinem geistlichen Vorbild und Lehrer.

Standhaftigkeit (ὑπομονή) engl. endurance
Dieser Charakterzug ist eine natürliche Frucht aus Glauben, Geduld und Liebe. Paulus ertrug viele Verfolgungen und Leiden standhaft: 2Kor 11,23-28. Timotheus hat als Mitarbeiter vieles gesehen und sogar selbst miterlebt.

Verfolgung (διωγμός) engl. persecution und Leiden (πάθημα) engl. sufferings
Was Paulus über Verfolgungen und Leiden dachte, lesen wir: Röm 8,18; Kol 1,24. Paulus war dem Timotheus in jeder Hinsicht das beste Vorbild (Phil 3,10).

Timotheus wusste offenbar von den einzelnen Orten, an denen Paulus Verfolgungen und Leiden erduldete:

- Aus Antiochien in Pisidien wurde er vertrieben (Apg 13,14.50-51).

- Aus Ikonium musste er fliehen (Apg 14,5-6).

- In Lystra wurde er gesteinigt und als tot liegengelassen (Apg 14,19).

Diese drei Ereignisse lagen zwar vor dem Zeitpunkt, an dem Paulus dem jungen Timotheus zu seinem Mitarbeiter einsetzte (Apg 16,1-8). Weil Timotheus aber aus diesem Gebiet stammte, könnte es gut möglich sein, dass er von diesen Ereignissen erfuhr, oder sogar Augenzeuge war. Es könnte aber auch sein, dass er von Paulus selbst darüber erfuhr (wie 1,15). Trotzdem zögerte er nicht, dem Paulus nachzufolgen und sein Los zu teilen.

Paulus ist dem Herrn so dankbar, dass er ihn aus allen diesen Gefahrenzonen errettet hatte. Damit schenkt er allen in ähnlichen Lebenssituationen Hoffnung und Vertrauen auf Gott. Das heisst nicht, dass jetzt alle mit sofortiger Befreiung Gottes rechnen dürfen aus den mannigfachen Nöten. Es heisst aber, dass Gott alles sieht und handeln wird (vielleicht aber nicht so schnell wie wir es manchmal von ihm erwarten).

Der Apostel ist überzeugt, dass alle, die Christus wirklich nachfolgen und ein gottesfürchtiges Leben führen wollen, den Verfolgungen und Leiden um Christi willen nicht entgehen werden: Apg 14,22 (1Thess 3,4). Schon Jesus lehrte das (Mt 5,10-11; 24,9-14). Auch Stephanus hatte das erkannt (Apg 7,52). Petrus hat dafür tröstliche Worte (1Petr 4,12-14; 1,6-9). Diese Verheissung Gottes zählt nicht zu den Verheissungen, die wir uns wünschen und über die wir uns erfreuen (Jak 1,2-3). Wir müssen auch nicht besonders enttäuscht sein, wenn wir zusehen müssen, wie das Böse in dieser Welt immer mehr an Macht gewinnt. Scharlatane (γόης) oder Verführer haben schon immer die Menschenmassen mehr angezogen als die Prediger der Wahrheit (Ez 13; Jes 6,13-15).

 

 III. Verse 14-17: Die Orientierung am Massstab der Schrift

„Du aber ...“ steht im Gegensatz zu den bösen Menschen und Scharlatanen im vorderen Abschnitt. In was soll Timotheus bleiben (μένω)? In der guten und gesunden Lehre (1,13-14; 1Tim 6,3). Du sollst auf dem Kurs bleiben, auf dem du dich befindest!

Timotheus weiss (εἴδω) von wem er im Glauben unterrichtet wurde (hier finden wir die Antwort, weshalb Timotheus nicht der Lehre des Paulus folgte): Als Kind wurde er in den alttestamentlichen Schriften unterrichtet (μανθάνω). Seine Grossmutter Lois und seine Mutter Eunike brachten ihm den Glauben bei (1,5). Als junger Mann lernte er von Paulus (1,6; 2,1-2) die Erfüllung des Gesetzes durch Jesus Christus (Lk 24,27.32.44; Joh 5,39.46; Apg 3,18.24; 7,52; 10,43; 13,29; 26,22-23; 28,23; 1Petr. 1,10).

Er kannte die heilige Schrift (= AT) sehr gut. Paulus bezeichnet das AT als heilige (ἱερός) Schrift (γράμμα). Sie macht weise zum Heil (Ps 19,8; 119,98.130): Psalm 119,97-104; Jak 1,21.

Gute Vorbilder lehren uns den Herrn zu fürchten und haben so einen grossen Einfluss auf unser Leben (Spr 1,7; 9,10; Koh 12,13). Je früher Kinder auf den allmächtigen Gott verwiesen werden, desto besser (1Sam 1,27-28; 2,11.18-19). In Israel begann man sehr früh die Kinder über Gott zu lehren: Spr 22,6; Dtn 6,7; 11,19. Timotheus wuchs im Glauben auf und hatte so einen Vorsprung gegenüber vielen andern, die später zum Glauben an Christus kamen.

Die ganze Schrift:

1. ist von Gott eingegeben, von Gott eingehaucht (θεόπνευστος)
Wie damals, als Gott, Himmel und Erde schuf (Ps 33,6), wurde dem Menschen Lebensatem in die Nase eingehaucht (Gen 2,7), d. h. die Schriften bringen uns mit Gottes Geist in Verbindung (Joh 5,39; 6,63),
was nicht bedeuten muss, dass jedes einzelne Wort von Gott diktiert wurde (2Petr 1,3.19-21), wobei hier nicht gesagt wird, welche Schrift genau gemeint ist.

Wichtig ist zu wissen,

- dass uns der Glaube ein für allemal überliefert wurde (Jud 3),

- dass Gott seinen heiligen Aposteln und Propheten das Geheimnis Christi offenbarte (Eph 3,3-5),

- dass vieles schriftlich niedergelegt wurde, damit Menschen in den kommen Generationen auch glauben (Joh 20,30),

- dass die ersten Christen die Briefe, die in den Gemeinden herumgereicht wurden (Kol 4,6), als heilige Schriften anerkannten,

- dass die Bibel nicht von Menschenhand entstanden ist, sondern Gottes Wort ist (Gal 1,1),

- dass der Kanon der Bibel keine Schlussfolgerung einer Synode oder eines Konzils ist. die inspirierten Schriften waren von Anfang an Gottes Worte, die göttliche Autorität besitzen (Gal 1,8-9; 2Joh 9; Offb 22,18-19), die nicht vergehen werden (Mt 24,35; Joh 12,48).

2. ist nützlich zur Belehrung (διδασκαλία) in der Wahrheit
Der Mensch weiss nicht von sich aus, welchen Weg er gehen soll (Jer 10,23; Spr 14,12), die Schriften ermutigen uns den Weg des Glaubens zu gehen (Röm 15,4-6), die Wahrheit macht uns frei (Joh 8,31-32).

3. ist nützlich zur Zurechtweisung (ἔλεγχος)
Wir werden zu Tätern, nicht bloss Hörern (Jak 1,21-25; 1Joh 2,1-2), das Wort ist ein zweischneidiges Schwert (Hebr 4,12-13).

4. ist nützlich zur Besserung (ἐπανόρθωσις)
Wir wollen geistlich wachsen und uns verbessern (Kol 1,10; 1Thess 3,12), wir legen immer mehr alle Bosheiten ab (1Petr 1,22 - 2,2).

5. ist nützlich zur Erziehung (παιδεία) in der Gerechtigkeit
Gottes Gnade erzieht uns (Tit 2,12). Wir lernen den Herrn zu fürchten (Spr 15,33).

6. macht den Mensch Gottes vollkommen (ἄρτιος)
Es rüstet uns völlig aus, so dass wir allen Anforderungen gewachsen sind. Wir können nicht perfekt sein, aber im Gewissen vollkommen rein (Mt 5,48). Trotzdem ist es unser Ziel, Christus immer ähnlicher zu werden (Eph 4,15)

7. rüstet aus zu jedem guten Werk: Mt. 5,16 (Eph 2,10; Tit 2,11-14).