Matthäus-19: Stellungen im Reich

Jesus, der König

 

 

 Kapitel 19,1-2: Dienst Jesu in Judäa

Verse 1-2: Jesus zieht mit seinen Jüngern Richtung Jerusalem. Die Formulierung „als Jesus diese Reden beendet hatte ...“ markiert das Ende eines Lehrabschnittes. Siehe: Mt 7,28; 11,1; 13,53; 19,1; 26,1. Man könnte das Matthäusevangelium also auch nach diesen Abschnitten einteilen.

J.W. McGarveys (berühmter Gelehrter in den USA) Einteilung des Matthäus Evangeliums sieht folgendermassen aus:

- Geburt Jesu bis zur Versuchung (Kap. 1,1 - 4,11).

- Dienst Jesu in Galiläa (Kap. 4,12 - 18,35).

- Dienst Jesu in Judäa (Kap. 19,1 - 28,20).

Die Lutherbibel erwähnt auch Peräa (östlich vom Jordan). Das Wort Peräa kommt jedoch in der Bibel nicht einmal vor. Es kann jedoch sehr wohl angenommen werden, dass Jesus auf der östlichen Seite (Peräa) Richtung Süden wanderte. In Vers 1 heisst es ja: „… und zog jenseits des Jordan in das Gebiet von Judäa.“ Lukas bestätigt, dass Jesus durch verschiedene Dörfer wandernd sich Jerusalem näherte: Lk 13,22. Mit einer solchen Wanderung würde er das Gebiet der Samariter umgehen? Wir wissen aus der Bibel, dass die Samariter ein abgefallenes, götzendienerisches Volk waren und von den Juden gemieden wurde (Joh 4,9). Doch in Lukas 17,11 wandert Jesus durch Samarien.

In früheren Zeiten verliess Jesus Judäa, weil die Juden ihn suchten: Joh 7,1-13. Damals war die Zeit Jesu noch nicht gekommen. Doch jetzt scheint sie gekommen zu sein.

Viel Volk zog mit Jesus und unterwegs heilte er viele (wie in 4,23; 9,35; 14,35, 15,30). Wir können heute nicht mehr Menschenkrankheiten heilen wie Jesus das tat. Wir können aber Seelen heilen, indem wir mit jedem Wort darauf achten, dass wir andern Mut machen (Hebr 10,24), dass unsere Worte wie Balsam auf Verletzungen sind (Spr 16,24; 25,11).

 

 Kapitel 19,3-12: Über Ehe, Scheidung und Zeugungsunfähigkeit

Vers 3a: Die Pharisäer sind Jesus auf den Fersen. Peirazo = prüfen, auf die Probe stellen, versuchen. Jesus hatte viele Versucher:

- Teufel (Mt 4,1).

- Pharisäer und Sadduzäer (Mt 16,1).

- Pharisäer (Mt 19,3; 22,18).

- Ein Gesetzeskundiger (Mt 22,35).

Es ging ihnen nur darum, etwas wider Jesus zu finden: Lk 11,53-54; Joh 8,6. Jesus bestand alle Versuchungen: Hebr 2,18; 4,15 (darum: Hebr 3,9). Es kommt auf unsere Gesinnung an, wie wir uns der Wahrheit nähern: Fragen sind ein wichtiger Bestandteil des Lernens und bestätigen, dass der Zuhörer mitdenkt. Eine ehrliche Frage enthüllt die Bereitschaft zum Lernen (Apg. 17,11).

Vers 3b: Die Frage der Pharisäer lautet: „Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau zu entlassen, aus welchem Grund auch immer?“ Jesus befand sich zu dieser Zeit vermutlich in Peräa (im Ostjordanland). Dieses Gebiet wurde regiert von Herodes Antipas. Herodes Antipas war derjenige, der sich von seiner nabatäischen Frau scheiden liess, um Herodias, die Frau seines (Halb-) Bruders Philippus zu heiraten. Johannes der Täufer sagte Herodes, dass ihm das nicht gestattet sei und musste dafür mit dem Tod (Enthauptung) büssen (Mt 14,4).

Es gab damals zwei grosse Schulen, die bezüglich der Ehescheidung unterschiedliche Meinungen vertraten: Die Schule Schammais (streng) lehrte, dass Mose darunter ausschliesslich Ehebruch verstand. Die Schule Hillels (grosszügig) liess es zu, dass Frauen aus beliebigen Ursachen entlassen werden konnten. Zum Beispiel:

- Wenn sie das Essen verdorben hatte,

- wenn sie zänkisch war,

- oder wenn ein Mann sie nicht mehr schön genug fand.

Verse 4-5: Was Jesus lehrt bezüglich der Ehescheidung:

- Jesus trat schon in Mt 5,31-32 in der Bergpredigt gegen die Scheidung auf.

- Statt sich vor den Pharisäern festzulegen und Partei für die eine oder andere Schule zu nehmen, erinnerte er sie an Gottes ursprünglichen Plan für die Ehe. Gen 1,27: Gott schuf die Menschen als Mann und Frau. Gen 2,24: Wenn sie heiraten, werden Mann und Frau zu einem Leib.

Vers 6: Was Jesus lehrt bezüglich des Ehebündnisses:

- Die Ehe ist von Gott erfunden worden (Gen 2,24).

- Gott ist es, der zwei Menschen zusammenführt (Vers 6).

- Gott will, dass die Ehe auf Lebzeiten beruht u. nicht geschieden wird: Röm 7,1-3. Das Ehebündnis ist bindend und grundsätzlich unauflösbar: 1Kor 7,10-11. Gott hasst die Scheidung: Maleachi 2,16.

Verse 7-8: Die Reaktion der Pharisäer:
Die Pharisäer verstanden das Gebot nicht in: Dtn 24,1-4. Erlaubte Mose in irgendeiner Form, dass eine Frau mit einem Scheidebrief entlassen werden konnte? Nein! Mose regelte hier nur die Wiederverheiratung und gebot, dass der geschiedene Ehemann nicht mehr zur Exfrau zurückkehren darf, nachdem sie durch eine andere Beziehung sich verunreinigt hatte. Er regelte damit die gottlose Scheidungspraxis unter dem jüdischen Volk. Mit diesem Gebot entmutigte Mose die Scheidung und gab dem Ehebündnis einen neuen Stellenwert. Im ähnlichen Sinn regelte Mose auch die Polygamie: Dtn 21,15-17. Erlaubte Mose hier die Polygamie? Nein! In einer früheren Stelle lesen wir: Dtn 17,17. Mose regelte hier nur die Erbschaft.

Unter den Juden hatten die Frauen nicht viel zu sagen bezüglich der Scheidung. Sie waren nicht emanzipiert, sondern in jeder Hinsicht von ihrem Ehemann abhängig. Somit lag die Entscheidung einer Scheidung im AT vorwiegend beim Mann. Unter gewissen Umständen konnte eine Frau vor dem Gericht bewirken, dass der Mann gezwungen wurde, ihr einen Scheidebrief zu geben. Unter den Heiden wurde dies jedoch zunehmend anders gepflegt. Deshalb wird in der Parallelstelle (Mk 10,12), das an die Römer gerichtet war, der umgekehrte Fall auch erwähnt. Im Matthäusevangelium jedoch, kommt der umgekehrte Fall gar nicht zur Aussprache.

Vers 9: Die Bibel erwähnt zwei Ausnahmen für eine Scheidung (Notizen aus Mt. 5):

1. Bei Unzucht darf der Veruntreute wieder heiraten. Er darf sich aber auch wieder versöhnen, sofern der Schuldige um Vergebung bittet: Matthäus 18,22.35. Unzucht muss nicht unbedingt zur Scheidung führen. Jesus macht die Scheidung bei Unzucht nicht zum Gebot!

2. Wenn der ungläubige Teil sich vom Gläubigen trennen will: 1Kor 7,12-17. Dabei muss betont werden, dass der gläubige Teil sich nicht verunreinigt vor Gott, wenn er mit einem Ungläubigen verheiratet ist. Es besteht also grundsätzlich kein Grund zur Trennung.

3. Wiederverheiratung Ja oder Nein? Wann kommt eine Wiederverheiratung in Frage? Wenn der Ehepartner fremd gegangen ist, dann ist der andere frei (Mt 5,32). Im Todesfall des Ehegatten: Römer 7,2-3; 1. Korinther 7,39. Wann kommt keine Wiederverheiratung in Frage? Wenn der Gläubige Teil vom Ungläubigen verlassen wurde: 1Kor 7,12-17; Mt 5,32b. Wenn jemand geschieden worden ist wegen Unzucht (Mt 5,32; 19,9). Wenn jemand aus anderen Gründen geschieden ist:

- Zerrüttung, Streit,

- Misshandlung.

4. Die Bibel erwähnt nicht, was zu tun ist in folgenden Fällen:

- wenn die Wiederverheiratung bereits geschehen ist und ein Ehepaar (ev. mit Kinder) in die Gemeinde kommt?

- wenn jemand zur Gemeinde kommt der seit Jahren geschieden ist und nun in der Gemeinde neu mit einem Gläubigen eine Ehe eingehen möchte?

- wenn jemand erst nach Jahren seinem Ehepartner anvertraut, dass er schon einmal verheiratet war, muss die zweite Ehe aufgelöst werden?

- wenn der eine Partner sich denkt, dass er durch Mord vom Ehebündnis frei wird und wieder heiraten könne?

Verse 10-12: Jesus erwähnt hier drei verschiedene Fälle von Zeugungsunfähigkeit: Die Jünger griffen das heikle Thema im Hause (Mk 10,10) noch einmal auf, da sie plötzlich erkannten, wie ernst es um das Ehebündnis steht. Sie vertraten nämlich die absurde Meinung, wenn man sich nicht aus beliebiger Ursache scheiden lassen könne, dann sei es besser, gar nicht erst zu heiraten. Besser keine Ehe, als unglücklich ein Leben lang gefangen und verpflichtet zu sein, dachten sie.

Vers 11: Jesus lehrte sie, dass der Zivilstand eine Gabe Gottes ist (V. 6). Nicht alle besitzen die Gabe, sich sexuell enthalten zu können. Sondern nur die, die dazu berufen worden sind.

Vers 12: Jesus erklärt hier, dass es drei Kategorien von „Verschnittenen“ (= Zeugungsunfähige) gibt. Es gibt Menschen, die zeugungsunfähig (d. h. sexuell untauglich) sind und das ist keine Schande oder etwas Abnormales. Andere sind verschnitten, weil sie als Männer kastriert wurden (Eunuchen). Aber Jesus hatte besonders diejenigen im Sinn, „die sich selbst verschnitten haben um des Reiches der Himmel willen“. Diese Männer könnten zwar heiraten und Kinder zeugen. Doch weil sie sich dem Reich Gottes verschrieben haben, sind sie freiwillig bereit und fähig auf eine Ehe zu verzichten. So können sie sich ganz und ohne Ablenkung dem Dienst Christi widmen.

Deshalb schrieb Paulus an die Korinther (1Kor 7,32).: „Der Unverheiratete ist für die [Sache] des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefallen möge.“ Doch Vorsicht: Paulus sagt nicht, dass sie gläubiger und heiliger seien als die Verheirateten (z. B. als Nonnen und Mönche). Es ist genauso ein falsches Verständnis, die Ehe und die Sexualität als etwas Unreines darzustellen. Die Bibel lehrt, dass nicht alle Menschen so leben können, sondern nur die, die durch Gottes Kraft dazu berufen wurden (1Kor 7,7): „Doch jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so.“ Es gibt also Menschen, die die Gabe des Alleinseins besitzen. Deswegen sind sie weder heiliger noch müssen sie homosexuell sein.

Zusammenfassung: Es ist wichtig, dass wir diesen ganzen Bibelabschnitt nicht isoliert betrachten, sondern ihn in den Zusammenhang mit den vorherigen Reden Jesu stellen. Jesus lehrt, dass wir Menschen lernen sollen miteinander zusammenzuleben, indem wir einander immer wieder vergeben (Mt 18,23.34). Verheiratete sollen nicht scheiden, da Gott sie zusammengeführt hat (19,6). Der Mensch ist nicht dazu bestimmt, sein Leben alleine zu verbringen (19,11, es gibt Ausnahmen, die eine Minderheit darstellen).

 

 Kapitel 19,13-15: Das Reich Gottes gehört den Kindern

Welche Themen werden in diesem Abschnitt berührt?

- Kindertaufe, Einsegnung der Kinder

- Erbsünde und Frage nach der Rettung der Kinder

- Unsere Haltung als Christen

Kindertaufe, Einsegnung der Kinder?
Dieser Abschnitt wird manchmal herangezogen, um die Säuglingstaufe zu rechtfertigen. Werden die Kinder hier zu Jesus gebracht, um sie taufen zu lassen? Nein! Weshalb denn? = Um sie von Jesus segnen zu lassen.

In gewissen Kreisen hat man zwar von der Säuglingstaufe abgesehen, aber es finden immer noch Einsegnungen für die Neugeborenen statt, weil ja Jesus die Kinder auch gesegnet habe.

Warum wurden Kinder zu Jesus gebracht, damit er sie segnen würde? Es war nichts Ungewöhnliches, dass man Menschen zu Jesus brachte. Vor allem Kranke wurden immer wieder zu Jesus gebracht (Mt 9,18). Es könnte sein, dass einige Kinder krank waren. Im Judentum war es jedoch Brauch, dass man die Kinder nach dem ersten Geburtstag einem Rabbi brachte, damit er es segnen würde. (ev. früher Kindstod: 2Sam 12,22-23). Aus dem AT lernen wir, dass Jakob des Vaters Segen erlistete (Gen 27,30). Jakob selbst segnete vor seinem Tod Ephraim und Manasse: Gen 48,14.

Warum segnete Jesus die Kinder?
Er segnete sie, weil er die Kinder besonders lieb hatte und ihnen einen hohen Stellenwert gab. Er segnete sie, indem er für sie betete und für sie um Gottes Segen bat. Es ist sicher nichts Falsches, wenn auch wir in der Gemeinde für unsere Kinder beten und für sie von Gott den Segen erbitten. Falsch wäre es, wenn wir eine Einsegnung zelebrieren würden, denn dazu gibt uns die Bibel keinen Auftrag. Falsch wäre es auch, wenn Eltern meinen, dass die Kinder durch eine Einsegnung ihre Erbschuld verlieren und somit gerettet würden. (Es gibt keine Erbschuld laut der Bibel).

Warum kann es hier nicht um das Thema Erbsünde und die Frage nach der Rettung der Kinder gehen? Weil Jesus ausdrücklich erwähnt, dass solchen das Reich Gottes schon gehört. Zudem gibt es keine vererbte Sünde: Ez 18,20; Jer 31,29-30; Ex 32,30-35; Dtn 24,16.

Was haben wir vom Sündenfall ererbt?

- Die Sterblichkeit, aber nicht die Sünde: Röm 5,12 (1Kor 15,21-22).

- Alle haben gesündigt (Röm 3,21).

- Jeder ist für seine Sünden vor Gott selbst verantwortlich: Römer 14,12.

Was soll unsere Haltung als Christen sein?

- Auch wenn Kinder manchmal „stören“, sollten sie nicht in jedem Fall abgewiesen werden.

- Kinder sollen mit Respekt und viel Liebe behandelt werden, wie Jesus das tat.

- Wer ins Reich Gottes kommen will, der muss im Denken rein sein und lernwillig wie ein Kind.

 

 Kapitel 19,16-26: Wer das ewige Leben erlangt

Dieser Abschnitt wird in drei Evangelien behandelt.

- Matthäus redet von einem Jüngling (V.20), der offenbar viele Güter hatte (V. 22).

- Markus erzählt, dass ein Reicher zu Jesus kam (Mk 10,23).

- Lukas spricht von einem Vorsteher (Lk 18,18).

Wenn wir diese drei Berichte zusammenziehen dann könnte daraus gefolgert werden, dass ein junger Vorsteher, der sehr reich war zu Jesus kam.

Verse 16-19: Der Mann fragt in unserem Abschnitt, was er „Gutes“ tun müsse. Im Markus und Lukas redet der Mann Jesus an als „guter“ Meister. In der engl. Bibel (KJV) ist die Anrede auch im Matthäus: „Good Master ...“ Jesus antwortet ihm, dass nur einer gut ist; das ist Gott (Parallelstellen).

Stellt Jesus damit seine Gottheit in Frage? Keineswegs! Es geht hier nicht darum, dass Jesus sagen wollte: Nur Gott allein ist gut und vollkommen und ich bin auch nur ein Mensch. Jesus fordert den Mann damit heraus und gibt ihm die Gelegenheit zu bekennen: „Deshalb nenne ich dich ja guter Meister, weil du Gott bist!“

Jesus will dem Mann nur bewusst werden lassen, was er sagt. Gottlose Menschen gewöhnen sich vieles an, ohne zu wissen, was sie genau sagen (geil, höllisch gut, Huren gut usw.). Wenn der Mann Jesus als gut bezeichnet, dann stellt er ihn ja Gott gleich, denn nur Gott ist gut. Doch schon allein die Frage, die der reiche Jüngling stellt, offenbart seine Unkenntnis über Jesus und das ewige Leben.

Was ist an der Fragestellung des Jünglings falsch?
Er meint irrtümlicherweise, dass er das ewige Leben durch gute Taten erlangen könnte (ποιέω = tun (1 pers., sing., fut., ind., aktiv). Er meint vielleicht, das ewige Leben sei vielleicht ähnlich zu erlangen, wie der Reichtum, den er in seinem jungen Leben schon besass. Das ewige Leben kann kein Mensch durch gute Werke erlangen: Röm 3,20.28; 11,6.

Auf der andern Seite darf das Evangelium nicht für den Ausverkauf freigegeben werden! Viele religiöse Lehrer betonen die Gnade so stark, so dass es von den Zuhörern als „Nichtstun“ aufgefasst werden kann. Im Jakobusbrief werden die Werke betont, weil sie unseren Glauben an den Herrn offenbaren (Jak 2,26).

Antwortet Jesus dem Vorsteher, dass er nichts zu tun brauche, um das ewige Leben zu erlangen? Nein! Jesus verweist ihn auf die zehn Gebote (resp. 5 Gebote in V. 18-19 und Lev 19,18), die er einhalten soll! Damit meint Jesus natürlich nicht, dass man gerettet werden kann, wenn man die zehn Gebote hält. Vielmehr benutzt er das Gesetz, um den Mann von seinem falschen Denken zu überführen. Denn der Mann leidet unter der Illusion, er könne ins Reich Gottes aufgenommen werden, wenn er etwas bestimmtes täte. Obschon wir unter dem neuen Bund leben, so bleiben die zehn Gebote immer noch bindend für uns:

- Christi Gebote gehen viel weiter als die zehn Gebote.

- Deshalb gilt es, den Geboten Christi zu gehorchen: Joh 14,15; 1Joh 5,3.

Was beinhalten diese Gebote?
Glaube an Jesus Christus und abwaschen der Sünde durch die Taufe (Joh 8,24; Mk 16,16). Demütiges und bussfertiges Herz: 1Joh 1,9 (Ps 51,19). Bereitschaft allezeit Jesus zu bekennen vor anderen Menschen (Mt 10,32). Treue zum Herrn und seiner Gemeinde, trotz Prüfungen und Leiden (Mt 10,22). Frucht bringen durch eifriges Bemühen nach dem Guten (2Petr 1,5-11). Liebe zum Nächsten (Röm 13,8-10).

Vers 20: Wer möchte nicht auch antworten können, wie der reiche Jüngling? Jesus gewann ihn lieb (Mk 10,21), weil er es vermutlich ehrlich meinte. Es gibt Menschen, die uns von Anfang an sehr sympathisch sind und bei andern braucht es eine Zeit, bis wir sie schätzen können. Der junge Mann der zu Jesus kam, ist uns sicher sofort sympathisch, weil er einige bewundernswerte Tugenden (Tüchtigkeit, Frömmigkeit, gute Lebensführung) an den Tag legte:

- Er war demütig und rannte auf Jesus zu (Mk 10,17: warf sich vor Jesus nieder), ohne sich um das dabeistehende Volk zu kümmern.

- Er interessierte sich in seinem jungen Alter nicht bloss für Partys und seinen Reichtum, sondern um die wichtigste Frage der Welt, nämlich; die Frage nach dem ewigen Leben (Koh 12,1).

- Er kam mit der Einstellung eines Lernenden und respektierte Jesus als guter Lehrer.

- Er kam zur richtigen Person, zu Jesus und es interessierte ihn nicht, was die Pharisäer und andere religiöse Führer darüber lehrten.

- Er bemühte sich ein frommes Leben nach dem Willen Gottes zu führen.

Vieles was wir uns vielleicht schon vorgenommen hatten, blieb auf der Strecke und wir könnten niemals behaupten, dass wir den ersten fünf Geboten je annähernd genügen konnten.

Der junge Mann konnte Jesus selbstsicher begegnen und fragen: „Was fehlt mir noch?“ Eine mögliche Antwort wäre auch gewesen: Halte durch bis ans Lebensende! Schon viele junge Leute haben sich heute begeistert für Jesus entschieden. Viele fangen gut an und meinen, sie könnten es besser machen als die andern und die Forderungen des Gesetzes erfüllen, bis sie in grössere Versuchungen geraten.

Verse 21-22: Doch Jesus sah in das junge, übermütige Herz und erkannte genau, was ihm noch fehlte, um vollkommen zu sein. Jesus forderte ihn auf, alles zu verkaufen was er hatte und ihm nachzufolgen. Damit wollte er nicht sagen, dass der Mann nur gerettet werden könne, wenn er seinen Besitz verkaufe und den Erlös den Armen geben würde. Trotzdem wurde der Jüngling durch diese Antwort betrübt und drehte Jesus den Rücken zu. Die Tatsache, dass er darüber traurig wurde, zeigte seinen guten Willen. Er liebte Gottes Gebote, aber er liebte auch seinen weltlichen Besitz. Er war nicht bereit, alles Weltliche aufzugeben. Er war nicht bereit, Jesus ganz nachzufolgen.

Verse 23-26: Die Jünger entsetzten sich über die Aussage Jesu. Warum? Weil sie noch in alttestamentlichen Verheissungen lebten: Dtn 28,1-3.8.11-12; 29,9. Gott versprach seinem Volk Reichtum und Segen, wenn sie in seinen Geboten wandeln. Für die Juden war Reichtum und Segen ein Zeichen der Gottesfurcht. Jedes Unglück deuteten sie als Zeichen der Sünde: Lk 13,1-5.

Im Neuen Bund geht es nicht mehr um die Verheissung, das irdische Land Kanaan zu besitzen, wenn die Menschen nach Gottes Geboten leben. Es geht um das Reich Gottes im Himmel, das im Glauben bewohnt werden soll, selbst wenn grosse Versuchungen und Leiden über uns kommen (Jak 1,12). Im Neuen Bund muss vor weltlichem Reichtum gewarnt werden, da es uns hindern kann, das Reich Gottes zu ererben. Deshalb warnt Jesus seine Jünger vor der Liebe zum Geld und zum weltlichen Reichtum; weil Reichtum leicht zum Götzen werden kann. Denn Reiche haben es oft viel schwerer auf das unsichtbare Erbe im Himmel zu vertrauen und nicht auf die vergängliche Materie: Jak 5,1-4. Doch bei Gott ist alles möglich; nämlich, dass auch ein Reicher ins Reich Gottes kommen kann (Gen 18,14; Lk 1,37). Nicht das Geld selbst ist eine böse Wurzel, sondern die Liebe zum Geld: 1Tim 6,9-10.17.

Was fehlt uns noch zum ewigen Leben?

- Sind wir bereit, für das Reich Gottes alles Weltliche loszulassen?

- Sind wir bereit, Jesus ganz nachzufolgen, auch in den Leiden (Lk 13,24: Agonie)?

- Es ist unmöglich, Gott dienen zu wollen und gleichzeitig dem Geld: Mt 6,24.

 

 Kapitel 19,27-30: Vom Lohn der Jünger Jesu

Vers 27: Petrus brüstete sich damit, dass er und die andern Jünger genau das getan hätten und wollte nun Jesus herausfordern mit dieser Frage. Petrus und Andreas liessen ihre Netze liegen und folgten Jesus nach (Mt 4,20). Auch Jakobus und Johannes taten dasselbe (Mt 4,21-22). Ebenso verliess der Zöllner Matthäus seine Arbeit sofort (Mt 9,9).

Vers 28: Jesus verspricht seinen 12 Jüngern einen besonderen Lohn: Sie werden auferstehen und die 12 Stämme Israels richten: Lk 22,28-30. Warum nur die 12 Stämme Israels? = Weil die Juden nicht an Jesus glaubten (Mt 21,43; 23,37). Ganz Israel macht sich schuldig am Kreuzestod Jesu und wird dafür gerichtet (Mt 24,2; Röm 11,1).

Zuerst muss Jesus auferstehen und sich zur Rechten Gottes auf den himmlischen Thron setzen: Apg 2,33-35; Hebr 1,13. Dann werden die Apostel und andere Gläubige als Märtyrer sterben: Offb 6,9-11. Schliesslich werden die Apostel bei der ersten Auferstehung direkt ins Himmelreich zu Christus hineinversetzt: Offb 20,4-6. Bis alle Feinde zu Füssen Jesu erniedrigt worden sind: 1Kor 15,24-26. Schliesslich kommt Jesus wieder mit grosser Macht: Mt 25,31.

Vers 29: Keiner wird leer ausgehen, alle werden reichlich belohnt. Jeder, der bereit, ist alles in der Welt aufzugeben, wird unübertrefflich belohnt werden: Lk 18,29-30; Mt 16,25. Der Herr macht alles neu: Jes 65,17; 66,22; Offb 21,5; 2Petr 3,13. Alle, die das Böse überwinden, werden das Reich Gottes ererben: Mt 25,34.

Vers 30: Die Letzten werden die Ersten sein: Mt 20,16; Lk 13,30; (Gen 25,34). Die Juden, die den Tempel, die Priester, die Bundelade, die Verheissungen und die Nähe Gottes besassen, haben ihr Erstgeburtsrecht verkauft wie Esau (Gen 25,34). Die Heiden, die von Gott weit entfernt waren und weder eine Beschneidung noch die Opferungen und den Sabbat kannten, fühlen sich angezogen vom Evangelium Christi (Eph 2,11-13): 1Kor 15,58.