Überblick-NT11a: 1. Johannes

Überblick Neues Testament

 

 

 I.   Verfasser, Empfänger, Zeit

Verfasser: Der Apostel Johannes, der alle drei Briefe, sowie das vierte Evangelium und die Offenbarung schrieb (Mt 10,2). Wie im Evangelium nennt er sich zwar auch in den Briefen nicht mit Namen. Eine Anzahl Merkmale offenbaren aber seine Identität. Zudem gab es keine einzige Stimme im Altertum, die seine Verfasserschaft anzweifelte.

Empfänger: Vermutlich gehen alle drei Briefe an die Gemeinde in Ephesus und die umliegenden Gemeinden in Asien. Der erste Brief ist mehr eine Predigt, während die beiden andern Briefe an eine bestimmte Person gerichtet sind.

Ort und Zeit: Ephesus, ca. 85-90 nach Christus. Genauer Zeitpunkt und Ort der Abfassung sind uns nicht bekannt. Die am ehesten vertretbare Meinung ist die, dass die Dokumente um die Mitte des letzten Drittels des ersten Jahrhunderts an die Gemeinden in Asien gerichtet wurden.

 

 II.   Hintergrund

Die Trennung zwischen Synagoge und Gemeinde war vollzogen.

Der Zustrom von Heiden in der Gemeinde mit ihrem Erbe an philosophischem Gedankengut begann die Lehre zu beeinflussen. Menschen fragten sich: Wer war Jesus Christus? Wenn er Gott war, wie konnte er dann sterben? Wenn er starb, wie konnte er dann Gott sein? Die philosophische Irrlehre, mit der sich der erste Johannesbrief befasst, ist eine frühe Form des Gnostizismus.

Der Gnostizismus war eher eine Religionsphilosophie als ein Einzelsystem. Er war aufgebaut auf der Voraussetzung, dass der Geist gut, die Materie jedoch böse sei und dass es zwischen beiden keine dauerhafte Verbindung geben könne: Denn, wenn Jesus Gott ist und somit vollkommen, dann kann er niemals Fleischesgestalt angenommen und auf dieser Welt gelebt haben. Fleisch und Materie sind böse und können deshalb unmöglich eine Einheit mit dem Geist bilden. Die Rettung liegt in einer Flucht aus der Welt der Materie in die Welt des Geistes. So entstand die Lehre des Doketismus (dokeo= scheinen), in der behauptet wurde, dass Jesus nicht wirklich Mensch geworden sei, sondern nur erschienen sei in geistiger Gestalt. Deshalb warnt Johannes ganz bewusst vor dieser Irrlehre (1Joh 4,1-3).

Die fünf Hauptpunkte, in Bezug auf die falschen Lehrer, sind:

Sie treten aus der eigenen Mitte auf, zu denen Johannes Kontakt hat (1Joh 2,19).

Sie behaupten über den andern zu stehen, weil sie ohne Sünde seien (1Joh 1,8.10).

Sie verleugneten Jesu rettende Mission auf Erden (1Joh 2,22; 4,2; 2Joh 7).

Sie behaupteten eine besondere Erleuchtung oder Erkenntnis zu besitzen über den göttlichen Messias (1Joh 2,4.6).

Sie gehen mit den geistlichen Geschwistern nicht liebenswürdig genug um (1Joh 2,9-11; 3,15-18; 4,20ff.).

7. Johannes setzt deshalb in seinem Brief die Betonung auf drei Prinzipien, die im Gegensatz zur gnostischen Lehre stehen:

Glaube – in Jesus Christus, seine Menschwerdung, sein Blut und seine Gottheit als Sohn Gottes.

Liebe – Gottes, die sich in allen Dingen aufopfert für die Geschwister.

Gerechtigkeit – die von Gott geschenkt wurde und realistisch zur Sünde steht. Sie hat nichts mit Perfektionismus oder Vollkommenheit in diesem Leben zu tun.

 

 III. Aufbau des ersten Johannesbriefes

Thema: Die Gewissheit des ewigen Lebens.

1.  Gewissheit durch den Wandel im Licht (1,5 - 2,29). Gott ist Licht (1,5-7; 2,8-11). Betonung auf die Gebote (2,3-8). Betonung auf die Verurteilung (2,12-14).

2.  Gewissheit durch das Bleiben in seiner Liebe (Kapitel 3 & 4). Liebe gelebt (3,11ff.). Die vollkommene Liebe (4,7ff.). Gottes Agape-Liebe (4,8.16).

3.  Gewissheit durch den Wandel im Glauben (5,1-12).

4.  Gewissheit des ewigen Lebens (5,13-20).

Schlüsselwörter: Leben, Liebe, Erkenntnis, Wahrheit.

Schlüsselvers: „Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt, ewiges Leben habt“ (5,13).

 

 IV. Lektionen aus dem ersten Johannesbrief

Die Echtheit unseres Glaubens wird durch sieben Zeugnisse bestätigt:

Kapitel 1,6: „Wenn wir sagen: Wir haben Gemeinschaft mit ihm und gehen unseren Weg in der Finsternis, dann lügen wir und tun nicht, was der Wahrheit entspricht.“

Kapitel 1,8: „Wenn wir sagen: Wir haben keine Sünde, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns.“

Kapitel 1,10: „Wenn wir sagen: Wir haben nicht gesündigt, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“

Kapitel 2,4: „Wer sagt: Ich habe ihn erkannt, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner - in dem ist die Wahrheit nicht.“

Kapitel 2,6: „Wer sagt: er bleibe in ihm, ist verpflichtet, seinen Weg so zu gehen, wie auch er seinen Weg gegangen ist.“

Kapitel 2,9: „Wer sagt: er sei im Licht, und hasst seinen Bruder, ist noch immer in der Finsternis.“

Kapitel 4,20: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und er hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder, den er vor Augen hat, nicht liebt, kann nicht Gott lieben, den er nicht vor Augen hat.“

Es geht nicht um ein perfektes Christentum, wenn es heisst (1Joh 5,18): „Wir wissen, dass jeder, der aus Gott gezeugt ist, nicht sündigt ...“ Die Sündenschuld ist nicht bleibend in uns, weil wir im Licht wandern, weil das Blut Jesu uns unaufhörlich reinigt (1Joh 1,7). Als Christen sind wir nicht besser, sondern wir sind besser dran, weil uns Christus von allen Sünden reinigt.

Es gibt keinen Grund für Kinder Gottes selbstzufrieden oder selbstgefällig zu werden (1Kor 10,12). Es geht nicht um eine „Selbstsicherheit“ oder Selbstzufriedenheit, wie wir sie von der weltlichen Philosophie her kennen, sondern eine Sicherheit und eine innere Zufriedenheit, die überzeugt an der Gnade Gottes festhält (2Tim 4,8; 1Kor 1,31). Wenn wir ein feinfühliges Gewissen haben, dann fühlen wir uns ab und zu schuldig, aber Gott ist grösser als unser Herz und er kennt uns (3,19). Wer sich bemüht Gott zu gefallen, der darf die feste Zuversicht haben sein Kind zu sein! Der Heilige Geist schenkt uns einen klaren Grund, die innere Zufriedenheit und die feste Zuversicht auf das ewige Leben. (1. Johannesbrief)