Gleichnisse Jesu
Einleitung (Teil 1)
Es geht um das Gleichnis vom guten Hirten in Johannes 10,1-30. Wir wollen dieses Gleichnis nicht Vers für Vers durchgehen. Wenn wir das Johannesevangelium studieren, dann können wir uns Vers für Vers mit diesem Text auseinandersetzen. Heute geht es vielmehr um das Gesamtbild dieser Rede Jesu.
Im Gegensatz zu den Zuhörern, die das Gleichnis damals nicht verstanden (V. 19-21), haben wir heute keine Mühe, dieses Bild von Jesus als dem guten Hirten generell zu verstehen.
Eigentlich hätten die Menschen es damals viel leichter gehabt, dieses Gleichnis zu verstehen, da sie mit diesem Bild in zweifacher Weise vertrauter waren als wir: Erstens standen ihnen Hirten mit ihren Schafen damals näher als uns heute. Zweitens wird dieses Bild vom Hirten und von den Schafen schon im AT gelehrt.
I. Hirten im AT
Im AT wird Gott als der grosse Hirte für sein Volk dargestellt.
In Psalm 23 wird der Herr als Hirt in wunderbarer Weise gelobt. Auch in Jesaja 40,11 heisst es: „Wie ein Hirt weidet er seine Herde, die Lämmer sammelt er auf seinen Arm, und trägt sie an seiner Brust, die Muttertiere leitet er.“
Der Herr hatte aber schon im AT seine Unterhirten: Zum Beispiel, Priester und Propheten. Aber auch Könige und Leiter wurden Hirten genannt (Jes 63,11; 2Sam 24,7). Sogar der König Kyros (Esr 1,1), der den Israeliten ermöglichte in ihr Land zurück zu kehren, wird vom Herrn als Gesalbter bezeichnet (Jes 45,1). Verantwortungsvolle Stellungen unter dem Volk wurden oft mit einem Hirten verglichen, der seine Schafe führt.
Das Volk wird im AT oft mit Schafen verglichen.
Wenn das Volk schlecht geführt wurde, dann waren sie wie Schafe ohne Hirten. Deshalb wurde Josua eingesetzt, als Stellvertreter Mose. Wenn Mose sterben würde, sollte das Volk nicht sein wie Schafe, die keinen Hirten haben (Num 27,17). Doch im AT wird der Zustand des Volkes oft beschrieben wie Schafe, die keinen Hirten haben:
Jeremia 50,6: „Eine Schafherde, die verloren ging, war mein Volk, ihre Hirten haben sie in die Irre geführt.“
Jeremia 10,21: „Denn als dumm haben sich die Hirten erwiesen, und den Herrn haben sie nicht gesucht; darum hatten sie keinen Erfolg, und ihre ganze Herde hat sich zerstreut.“
Weil die Schafe Israels unter einer schwachen Führerschaft litt, waren sie gefährdet und verletzbar. Sie wurden für ihre Feinde zur leichten Beute: Jeremia klagt (13,17): „Ich weine im Verborgenen über den Hochmut, und vergiesse Tränen ohne Ende, und vor Tränen zerfliesst mein Auge, dass die Herde des Herrn fortgeführt worden ist in die Gefangenschaft.“
Jeremia 50,17: „Israel ist ein versprengtes Schaf, Löwen haben es auseinander getrieben. Der erste hat es gefressen: der König von Assur, und dieser, der letzte, hat seine Knochen abgenagt; Nebukadrezzar, der König von Babel.“
Wie fühlte Gott, der Herr über sein Volk?
Er war ja ursprünglich der Hirt seines Volkes! Deshalb fragte er auch die Führer Israels, durch den Mund des Propheten Jeremias (13,20): „Wo ist die Herde, die dir gegeben worden war, deine schmucken Schafe?“
Jeremia 23,1-6:
Hier wird über die schlechten Hirten Israels das Gericht verhängt, wegen ihrer Nachlässigkeit. Sacharja (10,3) sagt folgendes: „Über die Hirten ist mein Zorn entbrannt, und die Böcke werde ich heimsuchen, denn der Herr der Heerscharen kümmert sich um seine Herde …“ Doch gleichzeitig verspricht der Herr auch, dass die zerstreuten Schafe – unter einem neuen Hirten wieder eingesammelt werden, unter dem Wurzelspross Davids.
Die grösste Anklage an die Unterhirten ergeht durch den Mund des Propheten: Hesekiel 34,1-10. Die jüdischen Führer werden hier gnadenlos als treulose Hirten verurteilt. Weil sie die Verantwortung ihrer Führung nicht wahrgenommen haben, verwilderte das Volk und wurde gottlos. Wegen ihnen geriet das Volk Israel in Bedrängnis und wurde schliesslich weggeführt in die Gefangenschaft. In Wahrheit trugen die Führer Israels nicht alleine die Schuld für die Gottlosigkeit des Volkes. Auch in der heutigen Zeit nützen die besten Hirten nichts, wenn es keine Schafe mehr gibt, die sich gläubig einer Führung anvertrauen! Es lag also sicher nicht nur an der Führerschaft! Aber Gottes Wort setzt die Betonung auf die Führerschaft! Diese Führerschaft, unter dem Alten Bund, hat völlig versagt und soll für uns heute eine Warnung sein. Auch hier schaut die Prophezeiung auf das kommende Zeitalter mit dem wahren Hirten hin: Vers 16.
II. Der gute Hirt
Endlich tritt der gute Hirt auf, Jesus Christus: Johannes 10,1-18.
Auf dem Hintergrund des ATs machen diese Worte Jesu viel mehr Sinn. Jetzt verstehen wir erst, weshalb er seine Worte so wählt in diesem Gleichnis. Jesus ist in keiner Weise gekommen wie ein Dieb, der sich durch irgendeine Öffnung zwängt, um sich so Einfluss und Macht zu verschaffen zu den Schafen. Jesus ist nicht gekommen, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten (V. 10). Er ist vielmehr gekommen, die Herde Gottes zu sammeln und auf saftige Weideplätze zu führen (Mt 2,4). Er ist gekommen, die Schafe zu beschützen vor den Feinden und sein Leben dafür einzusetzen. Daraus lernen wir, dass die Natur eines guten Hirten selbstlos und dienend ist!
Jesus fühlte Erbarmen mit seinem Volk: Matthäus 9,36.
Jesus bekennt (Lk 19,10): „Der Menschensohn ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ Deshalb gibt er seinen 12 Aposteln auch den Auftrag (Mt 10,6): „Nehmt nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine samaritische Stadt. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen aus dem Haus Israel.“ Und weiter sagt er zu ihnen (Mt 10,16): „Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe …“
Schlussfolgerungen
In einem zweiten Teil möchten wir dieses Gleichnis in Bezug auf den Führungsstil Jesu genauer betrachten. Wie führt Jesus uns heute als guter Hirt? Wie folgen wir, wie Schafe, der Führung Gottes in der Gemeinde? Was ist geistliches Mentoring in der heutigen Gemeinde? Diese Gedanken sollen uns unterstützen im Verständnis zu den Pastoralbriefen, die wir gemeinsam betrachten am Mittwochabend.
Die Gemeinde des Herrn ruft nach gottesfürchtigen Männern und Frauen, die bereit sind, nach dem Vorbild Jesu Christi, zu dienen und IHM zu folgen. Der Heilige Geist hat den Stab der Führerschaft bis zu uns in die heutige Zeit weitergeleitet.
Wir brauchen keine Ältesten und Evangelisten zu sein, um Verantwortung im Dienst füreinander zu entwickeln. Gläubig werden und getauft sein ist ein wunderbarer Glaubensschritt. Aber damit beginnt ein lebenslanger Prozess, der nie aufhören darf im Leben eines Gläubigen: das Wachstum im Glauben. Unser Glaube wird nur schwer überleben, wenn wir bloss die Versammlungen besuchen und so für ein paar Stunden die Stühle wärmen. Jeder von uns muss sich im Glauben weiterentwickeln, indem er in der Gemeinde mehr Verantwortung und Dienste übernimmt. Wir sind die Vorbilder für die zukünftige Generation und für alle, die noch zur Gemeinde hinzufinden werden. Darum, lasst uns unsere Verantwortung im Glauben nicht nur für uns selbst erkennen, sondern auch für unsere Geschwister in der Gemeinde!
Hebräer 13,20: „Der Gott des Friedens aber, der den grossen Hirten der Schafe, Jesus, unseren Herrn, durch das Blut des ewigen Bundes heraufgeführt hat von den Toten, er rüste euch aus mit allem Guten, dass ihr seinen Willen tut. Er wirke in uns, was vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Ehre gebührt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Einleitung (Teil 2)
In einem zweiten Teil möchten wir das Gleichnis aus Johannes 10 in Bezug auf den Führungsstil Jesu genauer betrachten. Wie führte Jesus als guter Hirt seine Schafe? Wie folgen wir, wie Schafe, der Führung Gottes in der Gemeinde? Was ist geistliches Mentoring in der heutigen Gemeinde?
Diese Gedanken sollen uns unterstützen im Verständnis zu den Pastoralbriefen, die wir gemeinsam betrachten am Mittwochabend.
I. Wie führte Jesus als guter Hirt seine Schafe?
Wir haben das letzte Mal gesehen, dass der gute Hirt schon lange von den Propheten angekündigt wurde. Die Hirten im Alten Bund haben in ihrer Führung versagt, so dass die Schafe zerstreut wurden (Ez 34). Das Volk Israel litt unter korrupter und ausbeutender Führung.
Als Jesus auf Erden kam, fühlte er Erbarmen mit den Menschen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten hatten (Mt 9,36). Deshalb bildete er neue Hirten aus, seine 12 Apostel, und sandte sie „wie Schafe mitten unter die Wölfe …“ (Mt 10,16). Er lehrte sie durch Gleichnisse wie das vom verlorenen Schaf, wie ein wahrer Hirt sich verhält, wenn nur eins von 99 sich verlaufen hat (Lk 15,3-7). Jedes Schaf ist zu kostbar, um es alleine herumirren zu lassen. Alle Menschen sind wie verlorene Schafe, die Jesus, der gute Hirt sucht und retten will (Lk 19,10). Er möchte, dass keine einzige Seele verlorengeht (2 Tim 2,4).
Jesu Führungsstiel war ganz anders, als der in der Welt:
Als er erkannte, dass seine Jünger darum stritten, wer wohl der Grösste sei unter ihnen, fragte er sie (Mk 9,33): „Was habt ihr unterwegs diskutiert?“ Sie aber schwiegen. Jesus nützte die Gelegenheit, um seinen Jüngern zu erklären (Mk 9,35): „Wenn jemand der Erste sein will, dann soll er der Letzte von allen und der Diener aller sein.“
Bei einer andern Gelegenheit gab er ihnen die folgende Lektion: Mt 20,25-28.
Braucht es dazu noch irgendwelche weiteren Erklärungen? Wir stimmen alle zu, dass diese Worte Jesu ziemlich klar aussagen, dass im Reich Gottes ganz andere Prinzipien herrschen, als in der Welt. Doch die Jünger verstanden offenbar immer noch nicht! In der Nacht, in der Jesus verraten wurde, sassen sie alle zu Tisch und warteten, bis der Rangniedrigste endlich aufstand, um ihnen die Füsse zu waschen. Da kein Hausdiener anwesend war, fiel einem Jünger diese Aufgabe zu. Doch wer würde das sein? Wir wissen, dass Jesus selbst aufstand, um seinen Jüngern die Füsse zu waschen. Damit brach er mit der weltlichen Tradition, dass ein Rabbi seinen Schülern niemals diente, sondern sich von ihnen bedienen liess. Abschliessend sagte er (Joh 13,15): „Wie ich euch getan habe, so tut auch ihr.“
Was Jesus seinen Jüngern über dienende Führung lehrte ist heute noch schwer zu verstehen, denn die Welt hat ihren Führungsstiel nach wie vor nicht geändert. Wir lernen tagtäglich die Prinzipien in der Welt und deshalb verstehen wir Jesus heute noch nicht, was er meinte, wenn er sagte (Apg 20,35): „Geben ist seliger als nehmen.“
- Die grossen Führer im Reich Gottes sind nicht die, welche ihre eigene Dienstmannschaft haben!
- Die grossen Führer im Reich Gottes sind auch nicht die, welche grosse Titel tragen (z. Bsp. Doktor).
- Die grossen Führer im Reich Gottes sind die demütigen Diener, die sich um andere kümmern und dem Herrn in allem Gehorsam sind (Phil 2,8).
Was macht einen guten Hirten aus?
Der gute Hirt kennt seine Schafe (Joh 10,3-5)! Er kennt sie alle beim Namen. Er kennt ihre Eigenarten und weiss, welche sich leichter führen lassen und welche sich leicht verirren, weil sie vom Pfad abkommen. Und die Schafe kennen ihren Hirten und folgen ihm, weil ihnen seine Stimme vertraut ist.
Der gute Hirt ist besorgt um seine Schafe.
Er will nur das Beste für sie und deshalb führt er sie auf das beste Weideland. Und wenn sich eins verirrt hat, dann lässt er die ganze Herde stehen und sucht das verlorene Schaf, bis er es gefunden hat. Der besorgte Hirt lässt die Schafe möglichst nie allein, sondern ist allezeit anwesend, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Der gute Hirt beschützt seine Schafe (Joh 10,7-13).
Wenn der Tag zu Ende geht, führt er seine Schafe in einen schützenden Pferch. Manchmal bestand ein solcher Pferch aus behelfsmässig aufgeschichteten Zweigen und Steinen. Es waren kleine, runde Festungen in der Wildernis, mit einer Durchgangsöffnung. Wenn alle Schafe im Pferch waren, legte sich der Hirt vor den Eingang. So wurde er wortwörtlich zur schützenden Tür (Vers 7: „Ich bin die Tür zu den Schafen …“). Der Wolf musste also zuerst den Hirten an der Tür bezwingen, bevor er sich an die Schafe ranmachen konnte. Ein guter Hirt läuft nicht davon, wenn der Wolf kommt (1 Petr 5,8). Denn er ist kein Lohnarbeiter, dem die Schafe nicht gehören und nur um seinen Lohn besorgt ist. Der gute Hirt setzt sein Leben für die Schafe ein (David: 1 Sam 17,34-37).
Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe hin (Joh 10,11-18).
Der gute Hirt führt seine Schafe (Joh 10,3).
Er führt sie, indem er mit seinem guten Beispiel voran geht: 1 Petr 2,21-25. Jesus geht uns in den Leiden voran! Jesus geht uns voran im Dienen, in der Demut und im Gehorsam. Er führt nicht wie die Cowboys, die auf ihren Pferden von hinten die störrischen Rinder antreiben, indem sie – laut rufen, mit Peitschen knallen und mit spitzen Stöcken schlagen. Der Hirt verlässt sich auf seine Beziehung zur Herde. Er führt sie sanft und ruhig mit seinem Hirtenstock.
Er erwartet von seinen Schafen nicht, dorthin zu gehen, wo er selbst noch keinen Fuss hingestellt hat. Er führt auch nicht wie ein Sheriff, der zuerst seine Dienstmarke zeigt und mit der Pistole droht. Er will Recht und Gerechtigkeit nicht mit Gewalt erzwingen. Er verwechselt Zusammenarbeit nicht mit Fügsamkeit. Er führt aber auch nicht wie ein Top Manager, der nur auf Gewinnmaximierung und Erfolg, im weltlichen Sinn, ausgerichtet ist. Ohne Rücksicht auf Verluste, drückt er verschiedene Projekte zur selben Zeit durch. Menschen und Beziehungen sind ihm zweitrangig. Der Top-Manager ist zeitlich orientiert und will mit seiner Arbeit so effektiv wie möglich sein. Er führt auch nicht wie irgendein Chef eines weltlichen Betriebs, dem es in erster Linie um seine Ehre und seine Ziele geht. Nein! Jesus führt uns sanft auf dem Weg der Gerechtigkeit!
- Er schreit uns nicht an!
- Er droht uns nicht!
- Er macht uns nicht fertig, wenn wir versagt haben!
- Jesus hat viel Geduld mit uns und lässt uns Zeit – viel Zeit!
- Er vergibt uns immer und immer wieder, weil er möchte, dass wir durch jeden Neubeginn motiviert sind, die Sache diesmal besser zu machen.
Der gute Hirt riecht wie seine Schafe!
Das heisst; er lebt nicht in einem Glashaus, wo er vom Schreibtisch aus, seine Befehle erteilt, sondern er lebt mitten drin im Geschehen. Der gute Hirt hat Körperkontakt zu seinen Schafen, deshalb sein starker Stallgeruch.
II. Wie folgen wir wie Schafe der Führung Gottes in der Gemeinde?
Auch im NT hat Jesus seine Unterhirten, die für die Herden Gottes sorgen. Das sind die Ältesten in der örtlichen Gemeinde! Älteste werden auch Bischöfe, Hirten und Vorsteher genannt in der Bibel.
Dazu habe ich drei Schlüsselstellen ausgewählt:
Die erste Stelle befindet sich in Apg 20:
Als Paulus auf dem Weg nach Jerusalem war, stoppte er in Milet, um noch ein letztes Mal mit den Ältesten in Ephesus sprechen zu können: Apg 20,17-18a. In seiner Abschiedsrede macht er sie auf ihre Verantwortung, in Bezug auf die Gemeinde, aufmerksam: Apg 20,28-31. In diesem Abschnitt werden die Führer der Gemeinde – einmal Älteste (πρεσβύτερος) genannt (V. 17), dann Hirten (V. 28, ἐπίσκοπος) oder in der alten Zürcher Bibel als Vorsteher übersetzt und in 1. Timotheus 3 wird ihr Dienst mit Bischofsamt bezeichnet. Älteste oder Hirten haben sie die Verantwortung, die Gemeinde Gottes fürsorglich zu weiden. Sie treten an die Stelle des guten Hirten, Jesus, der sich die Gemeinde durch sein eigenes Blut erworben hat. Sie sind die Unterhirten der Herde Gottes und tragen eine grosse Verantwortung. (Siehe Kommentar zu 1. Timotheus 3).
Die zweite Stelle finden wir in Epheser 4 (Eph 4,11-13).
Hier werden zeitlich beschränkte und unbeschränkte Aufgaben aufgelistet. Die zeitlich beschränkten Aufgaben sind Apostel und Propheten. Die zeitlich unbeschränkten Aufgaben in der Gemeinde sind:
- Verkündiger des Evangeliums (εὐαγγελιστής = Evangelisten)
- Hirten (ποιμήν = Pastoren),
- Lehrer (διδάσκαλος).
Die Betonung liegt auf den Heiligen, die zum Dienst in der Gemeinde ausgerüstet werden sollen.
Was für einen Dienst?
Die Gemeinde hat einen Dienst zu verrichten in dieser Welt! Die Gemeinde dient der Verherrlichung Gottes. Das ist ihr Zeugnis, ihr Sinn und Zweck. Das ist ihr Hauptdienst! Ein Engel sagt der Gemeinde Thyatira folgendes (Offb 2,19): „Ich kenne deine Werke - die Liebe, den Glauben, die Hilfsbereitschaft - und deine Beharrlichkeit, und ich weiss, dass deine letzten Werke zahlreicher sind als die ersten.” Um diesen Dienst verrichten zu können, muss die Gemeinde ausgerüstet werden:
- mit Erkenntnis,
- mit Motivation im Glauben,
- mit Tatendrang,
- mit Liebe und Beharrlichkeit usw.
Jeder Evangelist, Hirt oder Lehrer, der in der Gemeinde eingesetzt wird und mit einer ganz besonderen Aufgabe vertraut gemacht wird, hat nur ein Ziel; die Gemeinde in ihrem Dienst und ihrer Mission auszurüsten.
Die dritte Stelle ist in 1. Petrus 5:
Hier ist die Rede, dass Älteste ein Hirtenherz brauchen (1 Petr 5,1-7). Übrigens, hier werden alle drei Begriffe auswechselnd gebraucht: Die Ältesten (πρεσβύτερος), sie weiden wie Hirten (ποιμαίνω), sie stehen ihrer anvertrauten Herde gut vor (ἐπισκοπέω).
- Guten Hirten macht es nichts aus, zu stinken wie ihre Schafe.
- Gute Hirte sind nicht auf ihren eigenen Gewinn aus.
- Gute Hirte sind – keine Herren, Chefs oder Topmanagers, auch keine Cowboys und keine Sheriffs.
- Gute Hirten sind Vorbilder der Herde! Vorbilder gehen voraus (sie jagen nicht hinterher!). Sie sind sich bewusst, dass sie nur Unterhirten sind, die freiwillig und vorübergehend für ihren grossen Oberhirten arbeiten, bis der am Himmel erscheint, um die Schafe von den Böcken zu scheiden (Mt 25,32).
Wenn sich also die Schafe dem Unterhirten der Herde unterordnen, dann unterordnen sie sich der „starken Hand Gottes“ (1 Petr 5,6)! Denn Gott hat diese Führungsordnung den örtlichen Gemeinden gegeben. Wir lesen auch (Hebr 13,7.17): „Behaltet diejenigen, die die Gemeinde geleitet und euch das Wort Gottes weitergesagt haben, im Gedächtnis; achtet darauf, wie ihr Leben geendet hat, und ahmt ihren Glauben nach. 17 Gehorcht denen, die die Gemeinde leiten, denn sie wachen über eure Seelen und müssen Rechenschaft ablegen, und fügt euch ihnen, damit sie es mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; das wäre für euch ja kein Gewinn.”
III. Was ist aber dann, wenn die Gemeinde keine Ältesten hat?
Wenn die Gemeinde keine Ältesten hat, dann ist sie noch unmündig und verletzbar. Doch Jesus tröstet mit den Worten (Lk 12,32): „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es hat eurem Vater gefallen, euch das Reich zu geben.“ Jede Gemeinde hat irgendwann und irgendwo einmal ihren Anfang. Diese Anfangsperiode, oder diesen Neubeginn wird oft durch einen Evangelisten gemacht, der vorbildlich und treu in einem Stadtteil Schafe zusammenruft. In manchen Städten dauert dies nur ein paar Monate. In vielen westlichen Städten jedoch dauert dieser Prozess oft Jahre – Jahrzehnte.
Um in einer Gemeindearbeit vielleicht einmal erfolgreich zu sein, gilt es für den Evangelisten nur ein Hauptziel zu verfolgen: 1. Timotheus 1,5. Dabei ist es wichtig, dass er selbst für die Gläubigen zum Vorbild wird, in Wort und Tat (4,12). Paulus gibt dem Timotheus die Anweisung: 1 Tim 4,16.
Der nächste Schritt einer Gemeindearbeit aber ist, dass der Evangelist sich bemüht, dass die Gemeinde einmal Älteste oder Hirten (im biblischen Sinn) haben darf. Wie geht das vor sich? Dieser Schritt kann nur langfristig geplant werden! Er kann nur dann irgendwann einmal zustande kommen, wenn alle mithelfen und aktiv mitarbeiten in der Gemeinde.
Schlussfolgerungen
Wir möchten das nächste Mal weiterfahren und von den vielfältigen Aufgaben sprechen, die es in einer örtlichen Gemeinde verantwortungsvoll anzupacken gilt. Wir wollen die Angelegenheit mehr von der Seite der Schafe betrachten. Wir fragen: Was ist geistliches Mentoring in der heutigen Gemeinde?
Wir alle sind gefordert und es gibt noch viel zu tun:
- Packen wir es gemeinsam an!
- Denn nur mit der Hingabe zur Gemeindearbeit, halten wir unser Glaubensleben aktiv und am Leben!
- Möge der Herr uns dazu viel Kraft und Ausdauer schenken!
Einleitung (Teil 3)
Im dritten Teil vom guten Hirten von Johannes 10, beschäftigen wir uns mehr mit den Schafen. Wir haben darüber gesprochen, wie Jesus, der gute Hirt seine Schafe führt.
- Der gute Hirt kennt seine Schafe!
- Der gute Hirt ist besorgt um seine Schafe (siehe Gleichnis vom verlorenen Schaf)!
- Der gute Hirt beschützt seine Schafe im Pferch!
- Der gute Hirt gibt sein Leben hin für seine Schafe!
- Der gute Hirt führt seine Schafe (nicht wie ein Cowboy, Sheriff, Topmanager, Chef)!
- Der gute Hirt riecht wie seine Schafe!
Auch im NT hat Jesus seine Unterhirten, die für die Herde Gottes sorgen.
Wie werden die Schafe, in der neutestamentlichen Gemeinde, geführt?
I. Wer zu den Schafen gehört
Jesus sagt in Johannes 10,14-16:
Jesus kennt seine Schafe alle ganz genau! Als guter Hirt gibt er sein Leben hin für seine Schafe. Und die Schafe kennen ihren Hirten und hören nur auf seine Stimme (V. 4).
Doch wer sind diese Schafe?
Es sind die Schafe, die durch die Tür hineingehen, d. h. die an Jesus Gläubigen! Jesus sagt aber (Joh 10,16): „Ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Pferch sind; auch die muss ich leiten, und sie werden auf meine Stimme hören.“
Wer sind diese anderen Schafe?
Jesus wollte nicht nur ein Hirt sein für seine zwölf Apostel und für seine kleine Jüngerschar (Joh 17,20)! Jesus ist nicht gekommen, um nur seine jüdischen Volksgenossen zu retten (Röm 11,17-24)! Jesus gab sein Leben hin für alle Menschen, in allen Generationen, bis ans Ende der Welt (Joh 3,16; Eph 2,14). Alle Gläubiggewordenen aus den Heiden sind also die anderen Schafe, die nicht aus diesem Pferch stammen!
II. Hirten gesucht
Weil Jesus seinen Dienst auf Erden abgeschlossen hat und nun bereits im Reich Gottes auf dem Thron sitzt, müssen seine Schafe aus allen anderen Generationen von Unterhirten geleitet werden: Das sind in erster Linie Älteste oder Bischöfe (gemäss 1 Tim 3). Das langfristige Ziel einer Gemeinde muss es sein, Älteste einzusetzen als schützende und führende Hirten der Herde (1 Tim 3).
- Hirten, die bereit sind ihr Leben hinzugeben für die Gemeinde.
- Hirten, die alles unternehmen, um die Heiligen für ihren Dienst auszurüsten.
- Hirten, die ihrem grossen Vorbild und Oberhirten folgen und die Herde nicht als ihr Eigentum betrachten.
Wenn aber eine örtliche Gemeinde keine Ältesten hat, dann müssen die Evangelisten, Lehrer und die übrigen Schafe diesen Mangel ausfüllen. Wie wird dieser Mangel ausgefüllt? Indem sich die Gläubigen Gott hingeben und vom Heiligen Geist führen lassen. Indem sich die Gläubigen nach dem Bild Jesu gleichgestalten lassen.
Römer 8,29:
„Die er aber zuvor erwählt hat, die hat er auch im Voraus dazu bestimmt, nach dem Bild seines Sohnes gestaltet zu werden, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“
Die Schafe orientieren sich also an „Leitböcken“, die sich im besonderen Mass umgestalten lassen, von ihrem grossen Vorbild, so dass sie immer mehr zu Hirten mutieren.
Wie geschieht dieser Umwandlungsprozess?
Römer 6,17-18:
„Befreit von der Sünde, seid ihr in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt worden. Dank aber sei Gott! Ihr wart Sklaven der Sünde, von ganzem Herzen gehorsam der Gestalt der Lehre, der ihr ausgeliefert wurdet; jetzt aber, befreit von der Sünde, seid ihr in den Dienst der Gerechtigkeit getreten.”
Dieser Umwandlungsprozess geschieht durch die Gestalt der Lehre Christi. Jesus Christus und die Gestalt der Lehre sind unzertrennlich! Die Gestalt der Lehre erhebt den Anspruch ein Vorbild, Muster, Gepräge (τύπος) zu sein. Bsp. Stellen wir uns eine Geldmünze vor, die bei der Herstellung ihre ganz bestimmte Wertprägung erhält, durch das Muster oder Vorbild. Jede Münze sieht aus wie die andere, weil sie durch dasselbe Muster hergestellt wurde. Auch Kleidungsstücke und vieles mehr, werden geformt und hergestellt durch Muster und Skizzen. Wer der Form der Lehre Christi gehorsam geworden ist, der sieht aus wie das Vorbild, an dem sich andere orientieren können.
Durch die Gestalt der Lehre Christi ist es heute noch möglich, Vorbilder und Hirten der Herde heranwachsen zu lassen.
- Die Gestalt der Lehre Christi lehrt z. Bsp. (Apg 2,38).: „Kehrt um, und jeder von euch lasse sich taufen …“
- Die Gestalt der Lehre Christi lehrt auch (Gal 5,22): „Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Rechtschaffenheit, Treue …“
Je mehr wir die Gestalt der Lehre gehorsam annehmen, desto christusähnlicher werden wir.
Der Erfolg einer örtlichen Gemeinde hängt stark davon ab, wie viele christusähnliche Vorbilder sie hat. Je mehr fähige Mitarbeiter sie hat, die sich durch die Gestalt der Lehre gehorsam formen lassen, desto sicherer kann die Herde geführt werden und desto besser kann die Herde auch wachsen.
Die Gemeinde steht oder fällt mit ihren Vorbildern.
Schlechte Vorbilder gibt es viele. Sie sind uns ein Mahnmal, wie man es nicht machen sollte: 1 Kor 10,6. Gute Vorbilder sind rar und deshalb so dringend nötig in der Gemeinde. Paulus leitet den jungen Evangelisten Timotheus an, mit den Worten.
2. Timotheus 1,13-14:
„Nimm dir die gesunden Worte, die du von mir gehört hast, zum Vorbild im Glauben und in der Liebe, die in Christus Jesus sind. Bewahre das kostbare, dir anvertraute Gut in der Kraft des heiligen Geistes, der in uns wohnt.“
1. Timotheus 4,12:
„Niemand soll dich deiner Jugend wegen gering schätzen. Nein, sei vielmehr ein Vorbild für die Gläubigen in Wort und Lebensführung, in der Liebe, im Glauben und in der Lauterkeit!“
Das Alter spielt keine Rolle! Wichtig ist die Lebensführung! Wer sich durch die gesunden Worte prägen lässt wie eine Münze, der wird in der Liebe, im Glauben und in der Lauterkeit zum Vorbild für die ganze Gemeinde. Wir müssen nicht warten, bis wir als Hirten, Diakone oder Evangelisten eingesetzt werden in der örtlichen Gemeinde, um als Vorbilder dienen zu können. Jesus war auch kein Ältester im biblischen Sinn, kein Diakon, kein Apostel, kein Evangelist, kein Familienvater. Trotzdem war er das beste Vorbild aller Zeiten, als Sohn Gottes, dem alle Nachfolger nun ähnlicher werden wollen!
Ob wir einmal Hirten einsetzen können, in der Gemeinde, hängt im Wesentlichen davon ab, wie sehr sich der Einzelne heute diesem Veränderungsprozess in Christus hingibt.
- Vielleicht wirst du nie als Ältester eingesetzt, obschon du die Qualifikationen dazu hättest, aber dein Dienst ist nicht mehr wegzudenken.
- Vielleicht wirst du nie Ältester, aber dein positiver Einfluss und dein Vorbild ist vielen zum Segen geworden, in der Gemeinde.
- Vielleicht wirst du nie Ältester, aber du konntest mit deiner vorbildlichen Hingabe, andere Gläubige in diesem langen Prozess, motivieren und unterstützen.
III. Geistliches Mentoring
Was ist geistliches Mentoring?
Ein Mentor ist ein Berater, Ratgeber oder Fürsprecher. Mentoren sind anerkannte Vorbilder, Gruppenleiter, Vertrauenspersonen. Dieser Begriff stammt aus der antiken der griechischen Mythologie. Es wird erzählt, dass Odysseus nach Troja aufbrach. Dabei vertraute er seine Familie und die Erziehung seines Sohnes (Telemach) einem Mann, namens „Mentor“, an. In der Bibel taucht dieser Begriff nirgends auf. Trotzdem kann man sagen, dass Jesus ein Mentor war, für seine zwölf Apostel.
Auch Paulus war für einige Glieder ein Mentor (z. B. Philemon, Onesimus, Timotheus, Titus usw.). Zu den Korinthern sagt er (1 Kor 11,1): „Folgt meinem Beispiel, wie auch ich dem Beispiel Christi folge.“ Oder den Philippern sagt er (Phil 3,17): „Folgt meinem Beispiel, liebe Brüder und Schwestern, und richtet euren Blick auf die, welche ihr Leben auf diese Weise führen; ihr habt ja uns als Vorbild.“
Mentoren sind also Vorbilder, Gruppenleiter, Leitschafe, die auf andere Glieder einen gesunden Einfluss in ihrem Glauben ausüben. Sie sind älter, erfahrener und reifer im Glauben. Sie sind Wegbegleiter und weihen z. B. Neulinge ein, damit die sich schnell eingebunden und wohlfühlen in der Gemeinde. Sie haben ein Auge für Schwächere und Hilfsbedürftige. Mentoren beanspruchen nicht selbst die Leitung, sondern sie sind andern auf natürliche Weise behilflich, gemeinsam der Leitung zu folgen.
Jede Gemeinde braucht solche „Mentoren“, denn sie erfüllen einen ganz wichtigen Dienst, der oft im Hintergrund stattfindet. Paulus leitet Timotheus an, indem er ihm erklärt: 2. Timotheus 2,2. Das ist es, worum es in der Nachfolge Christi geht. Was wir hören, gilt nicht bloss für uns! Die gesunden Worte sollen treuen und zuverlässigen Menschen anvertraut werden, die wiederum fähig sind, andere anzuleiten und einzuführen, in die Geheimnisse Christi.
Wenn jeder Gläubige eine einzige treue Seele in die Gemeinde einführt, dann ist die Zukunft der Gemeinde gesichert. Er muss sie nicht selbst belehren und bekehren, sondern nur zur Gemeinde bringen! Er muss nur Wegbegleiter sein und sie mit der zuständigen Person in der Gemeinde in Kontakt bringen! Das ist alles! Das ist Mentoring. Ein Mentor ist ein Freund, eine Vertrauensperson, die durch ihr vorbildliches Leben anderen hilft, beisteht und so der Gemeinde dient.
Schlussfolgerungen
Alles Leben auf dieser Welt ist nicht nur für sich allein geschaffen worden.
Alles ist miteinander verlinkt und verbunden. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Bsp. Die Biene lebt vom Blütenstaub der Blumen, Büsche und Bäume. Die Blumen, Büsche und Bäume leben von der Bestäubung der Bienen. Menschen und Tiere leben wiederum vom Honig und von den Bäumen usw. Das Eine dient dem andern.
Wir leben nicht in einem Glashaus und werden nicht künstlich herangezüchtet. Leben bedeutet, für andere da zu sein, wie andere auch für mich da sind. Darum, lasst uns keine künstlichen Gewächse sein, die im Glashaus aufwachsen!
Lasst uns unsere Verantwortung erkennen und wahrnehmen im Glauben!
Denn wir leben nicht nur für uns selbst. Wenn wir uns weiterentwickeln und verändern lassen, nach der Gestalt der Lehre Christi, dann wachsen wir im Glauben und sind immer mehr für andere da (Gal 6,2). Glaube, Liebe, Hoffnung usw. werden in der Gemeinde empfangen, aber auch gleich wieder weitergegeben. So spornen wir einander an zu guten Taten und helfen einander unserem grossen Hirten und Führer, Jesus Christus, nachzufolgen: Hebräer 13,20-21.