Christentum-33: Wiederherstellung Israels?

Was ist Christentum?

 

In seinem Brief an die Römer stellt uns Paulus ein zweifaches Israel vor: zum einen „das Israel nach dem Fleisch“ und zum andern „das Israel nach der Verheissung“, das wahre Israel. Zu diesem wahren Israel wird nicht nur „der Rest“ (9,27) bzw. „die Auserwählten“ (11,7) aus dem „Israel nach dem Fleisch“ gezählt, sondern auch die Erwählten aus dem Heidentum (aus dem von Natur wilden Ölbaum, 11,24), sie gehören ebenfalls zu diesem wahren Israel.

Das verheissene Israel ist das wahre Israel („das Israel Gottes“ von Gal 6,16), das gerettet werden wird (Röm 11,26). Die wahre „Beschneidung“ ist die Beschneidung am Herzen (Röm 2,28-29). Die „wahren Kinder der Verheissung“ (9,8-9) sind die „Kinder Abrahams“ (4,16). Alle Kinder Gottes, ob heidnischer oder jüdischer Abstammung, bilden im neuen Bund das geistliche „Volk Gottes“, das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft (1Petr 2,10; Eph 2,19).

Im 1. Korintherbrief heisst es, dass uns die alttestamentlichen Ereignisse zum Vorbild dienen (10,6). Die Heilige Schrift wurde nicht ausschliesslich zur Überlieferung der göttlichen Offenbarung geschrieben. Sie dient gleichzeitig als eine „Warnung für uns, denen das Ende der Welt nahe bevorsteht“ (10,11). An jenem Ende der Tage wird Jesus Christus sein Reich nicht aufrichten, wie es viele behaupten, er wird es vielmehr seinem Vater übergeben (15,24).

In Kapitel 15 erklärt Paulus das Prinzip der göttlichen Offenbarung, wonach zuerst das Natürliche, Irdische und danach das Geistliche, Himmlische kommt (1Kor 15,46-47). Somit würde jedes zukünftige irdische Reich eine Umkehrung dieser göttlichen Ordnung darstellen, ist doch der gegenwärtig bestehende Neue Bund eindeutig geistlicher Art. Es gilt also: zuerst die irdischen Dinge des Alten Bundes und danach die himmlischen Dinge des Neuen Bundes. Gäbe es nun aber noch eine Einschiebung in Form eines irdischen Reiches, dann würde dieses, um seiner irdischen und vergänglichen Eigenart willen zum Alten, nicht aber zum Neuen Bund gehören.

Nach dem Galaterbrief bilden alle Erlösten, ob Juden oder Heiden, die Nachkommen Abrahams (3,28-29). Ungeachtet ihrer heidnischen Abstammung nennt Paulus die Jünger in Galatien die „Kinder der Verheissung“ (4,28). Das von ihm in Kapitel 4,21-31 angewandte Sinnbild stellt die beiden Bündnisse dar. Ismael, der Sohn von der Magd, wird der „nach dem Fleisch Gezeugte“ genannt. Er versinnbildlicht den Alten Bund. Isaak dagegen, der Sohn der Verheissung, der „nach dem Geist gezeugte“, ist ein Bild des Neuen Bundes (4,28-29). Dann heisst es: „Der Sohn der Sklavin soll nicht mit dem Sohn der Freien erben“ (4,30). So erfüllen sich die Verheissungen, die dem Abraham gegebenen wurden, durch Jesus Christus, zugunsten aller Gläubigen (3,14.19.22).

Im Epheserbrief erklärt Paulus, dass „die Scheidewand des Zaunes“, wodurch Juden und Heiden voneinander getrennt waren, „abgebrochen“ ist. Von nun an gibt es nur noch einen „neuen Menschen“ (2,14-16). Das ist eine Kernaussage des Evangeliums. Die bekehrten Heiden werden „Mitbürger der Heiligen“. Gemeinsam bilden alle Gläubigen den „heiligen Tempel im Herrn“ (2,21). Die Gemeinde, nicht aber ein irdisches Reich, ist der eigentliche Höhepunkt des gesamten göttlichen Plans (1,22; 3,10-20).

Der Hebräerbrief macht es unmissverständlich klar, welche Stellung die beiden Bündnisse im göttlichen Plan einnehmen. Ihre Funktion lässt sich in vier Sätzen wie folgt zusammenfassen:

1. Der Alte- und der Neue Bund sind zwei Abschnitte einer fortschreitenden Offenbarung (1,1-2), wobei der Alte Bund das Abbild, der Schatten, das Modell des Neuen ist (8,5; 9,23-24; 10,1).

2. Der Neue Bund ist besser als der Alte (7,22; 8,6), sowie Christus

.... grösser ist als die Propheten (1,1-3),

.... grösser ist als Mose (3,1-6),

.... grösser ist als der Hohepriester (4,14 - 5,6; 7,1 - 8,6).

3. Der Neue Bund ist die Verwirklichung des Alten und tritt an seine Stelle:

- weil der Alte Bund nichts zur Vollendung bringen konnte (7,19),

- weil er nicht tadellos war (8,7),

- weil er veraltet und dem Verschwinden nahe war (8,13),

- weil er schliesslich aufgehoben wurde (7,18; 10,9).

4. Der Neue Bund ist zugleich die Offenbarung des ewigen Bundes, denn:

- Christus bleibt in Ewigkeit (7,24),

- Er ist Hoherpriester in Ewigkeit (6,20),

- Er hat sich durch den ewigen Geist Gott als Opfer dargebracht (9,14),

- Er hat eine ewige Erlösung erlangt (9,12), die Er durch das Blut eines ewigen Bundes versiegelt hat (13,20).

Nachdem Gott den ewigen Bund mit den Menschen geschlossen hat, wird er am Ende der Zeit nicht noch einmal zurückkehren, um erneut einen vorübergehenden, unvollkommenen und irdischen Bund aufzurichten.

Im Neuen Testament wird unter der „Hoffnung Israels“ nicht die Wiederherstellung eines irdischen Reiches verstanden, sondern Christus und die Auferstehung der Toten (Apg 23,6; 24,15-21; 26,6-8; 28,20).

Was unsere Hoffnung als Christen anbelangt, so erwarten wir nicht ein irdisches Reich, sondern: „Wir erwarten nach seiner Verheissung, neue Himmel und eine neue Erde“ (2Petr 3,13). Wir setzen unsere Hoffnung auf die Wiederkunft Christi (1Petr 1,3.13). Die Wiederkunft wird das Signal geben, dass sich die Erde und die Werke in der Gluthitze auflösen werden (2Petr 3,7.10-12).

Die einzige Stelle im Neuen Testament, die auf eine Wiederherstellung des irdischen Reiches Israel hinzudeuten scheint, findet sich in Apostelgeschichte 1,6. Dort fragen die Jünger den Herrn vor seiner Himmelfahrt: „Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?“ Jesus verneint zwar die Möglichkeit einer solchen Wiederherstellung nicht, aber Er weist ihr den Platz zu, den diese Hoffnung künftig in der Vorstellung und Verkündigung seiner Jünger einnehmen soll. Das, was Vorrang haben muss, ist das himmlische Reich Gottes (Apg 1,3).

Wie gut haben die Jünger seine Belehrung verstanden? Keiner von ihnen hat das Thema der Wiederherstellung eines irdischen Reiches Israel noch einmal aufgegriffen, weder in einer Predigt, noch in einem Brief.

In Römer 11 wird von einem Rest Israels gesprochen, der durch den Glauben an Christus und durch die Gnade Gottes gerettet werden. Im neuen Bund geht es nur noch um das himmlische Reich Gottes. Die Jünger predigten dieses Reich Gottes (Apg 28,31), das unerschütterliche Reich (Hebr 12,28), das ewige Reich (2Petr 1,11).

 

 

Links:

- Die Sammlung Israels