Zunge-02: Schmeichelei und Prahlerei

Die Macht der Zunge

 

 

 I.   EINLEITUNG

Wir haben das letzte Mal festgestellt, dass die meisten Sünden in unserem Leben wahrscheinlich mit der Zunge begangen werden. In Jakobus 3,7-12 lesen wir weiter. Die Zunge ist ein ruheloses Übel, sagt der Jakobusbrief. Sie offenbart unsere Herzenshaltung. Unser Herz ist gespalten, wenn wir die Zunge zum Lob Gottes benutzen und gleichzeitig Menschen verfluchen.

Bei allen Zungensünden muss im Herz angefangen werden. Es nützt nichts, wenn ich nicht mehr fluche, aber die Menschen in meinem Herzen verachte und hasse. Es nützt nichts, wenn ich nicht mehr lüge, aber die Menschen ohne Worte weiter betrüge. Wenn dieses Thema uns dazu bewegt, dass wir in Zukunft mehr auf die Zunge achten, dann bleibt es nur eine äussere Angelegenheit, die uns bei Gott aber nicht viel bringt, weil Gott auch in unsere Herzen sehen kann.

Die Zunge ist nur der Auslöser von dem, was in unseren Herzen ist. Deshalb gilt es, bei allen Zungensünden mit dem Herz zu beginnen. Es geht also darum, unsere Herzenshaltung zu verändern, nicht bloss die Zunge. Der Apostel Johannes ermahnt uns deshalb: 1. Johannes 3,18.

 

 II.   SCHMEICHELEI, SCHMEICHELN

Was ist mit Schmeichelei gemeint? Ursprünglich hatte schmeicheln mit streicheln, verlocken und liebkosen zu tun. Heute wird dieser Begriff jedoch fast ausschliesslich für die Rede benutzt. Schmeicheln bedeutet, Schönreden, Komplimente machen, glatte Worte benutzen, nach dem Munde reden. Bildlich gesprochen bedeutet schmeicheln: einseifen, Honig um den Mund streichen, bauchpinseln, den Bart streicheln, die Hand küssen, in den A ... kriechen.

Der Begriff Schmeichelei muss aber im Zusammenhang mit der Kultur und Zeit unterschiedlich verstanden werden. Früher sagte man zu einer Frau: „Küss die Hand gnädige Dame!“ Oder zu einem Mann: „Sehr geehrter Herr sowieso.“ Oder zu einem Doktor: „Herr Doktor.“ Heute ist das zu formell, zu übertrieben, falsche Schmeichelei. Kultur und Zeit ändern sich, so dass die Anrede z. B. in Lukas 1,3, wo vom „hochangesehener Theophilus“ die Rede ist, im erwähnten Sinn verstanden werden muss.

Doch auch im biblischen Zeitalter gab es die Schmeicheleien, deshalb ermahnt uns die Bibel. In Sprüche 26,28 heisst es: „... ein schmeichlerischer Mund bereitet Verderben.“ In Sprüche 29,5 lesen wir: „Wer seinem Nächsten schmeichelt, der bereitet ihm ein Netz vor die Füsse.“ Warum? Entweder will er sich bei uns einschleichen und selbst gut dastehen oder er hat einen Plan mit uns und will uns für sich gewinnen. Wer einem Schmeichler glaubt, kann grosse Enttäuschungen erleben. Der Schmeichler gibt ja immer einen Zustand vor, der nicht der Realität entspricht. Es ist also besser, wenn jemand uns die Wahrheit sagt, statt uns durch seine Schmeicheleien gar in unserer Sünde unterstützt. In Sprüche 28,23 heisst es deshalb: „Wer einen andern zurechtweist, der findet zuletzt mehr Dank als der Schmeichler.“ Der Zurechtgewiesene, der einsichtig wurde, ist uns am Ende sogar dankbar für die Warnung, weil sie ihn vor Unheil bewahrte. In Hebräer 12,11 heisst es in diesem Zusammenhang: „Für den Augenblick zwar erscheint uns jede Züchtigung nicht als Freude, sondern als Schmerz, später aber bringt sie denen, die an ihr gewachsen sind, die Frucht des Friedens und der Gerechtigkeit.” Doch viele Menschen wollen sich weder warnen noch zurechtweisen lassen. Man muss sie ihre Erfahrungen machen lassen, in der Hoffnung, dass sie selbst etwas einsehen, bevor es zu spät ist.

Der Apostel Paulus war kein Schmeichler, sondern ein ehrlicher Mitarbeiter Christi, der sich nicht schämte, die Wahrheit in Liebe zu reden: 1. Thessalonicher 2,3-8. Diese Worte sind für mich eine Ermutigung und helfen mir trotz Enttäuschungen, die Dinge wieder im richtigen Licht (d. h. in einer Haltung der Liebe) zu sehen. Denn wenn wir statt zu schmeicheln die Wahrheit reden, dann geraten wir bei den Menschen sehr schnell unter Beschuss, wie Paulus. Zwischen den Zeilen dieses Abschnittes erkennen wir, wie sehr die Widersacher des Paulus in Thessalonich, ihn auf verleumderische Weise angriffen. Hinter Vers 3 verbergen sich z. B. folgenden Anklagen. Es wurde behauptet, bei dem, was Paulus lehre, handle es sich um einen Irrtum, der aus unlauteren Motiven gepredigt werde. Man warf Paulus vor, er versuche mit seiner Lehre andere in listiger und betrügerischer Absicht zu täuschen. Vers 4 deutet darauf hin, dass Paulus beschuldigt wurde, den Menschen mehr gefallen zu wollen als Gott. Vers 5 lässt darauf schliessen, dass es Menschen gab, die Paulus unterstellten, er predige nur, um für sich selbst einen Vorteil daraus zu ziehen. Der griechische Text spricht an dieser Stelle von Schmeichelei (kolakeia), womit schmeicheln um des Gewinns willen gemeint war. Schon damals gab es Menschen, die mit ihrer Religion ein Geschäft zu machen versuchten. Vers 6 deutet darauf hin, dass Paulus beschuldigt wurde, nach persönlichem Ansehen zu trachten, d. h. laut unserem Text, die Ehre bei den Menschen zu suchen. Vers 7 gibt den Anschein, dass Paulus beschuldigt wurde, so etwas wie ein Gewaltherrscher zu sein, deshalb sagte er, er sei liebreich aufgetreten, „wie eine stillende Mutter ihre Kinder hegt ...“ Leider ist es in unserer Gesellschaft so, dass Schmeichelreden viel besser ankommen als Ehrlichkeit und Wahrheit, was uns allen oft mehr nützen würde.

Um jedoch mit der göttlichen Wahrheit richtig umzugehen, muss auch gesagt werden, dass es nicht Gottes Wille ist, wenn wir andere unnötig vor den Kopf stossen, z. B.: Jeder Mensch braucht Zeit, viel Zeit, um sich zu entwickeln und Gottes Wahrheit immer besser zu verstehen und sie schliesslich in die Tat umzusetzen. Die besten Entwicklungsmöglichkeiten bieten die Bibelstunden und Predigten, wo aus dem Wort Gottes vorgelesen wird und jeder sich auf sachliche Art und Weise belehren und ermahnen lassen kann. Zudem ist es eine falsche Offenheit, andere mit meiner Betrachtungsweise vor den Kopf zu stossen und zu meinen, dass anderen damit geholfen werden kann. Alles, was wir verpflichtet sind einander zu sagen, soll in der Verantwortung Gottes mit Liebe gesagt und gepredigt werden (Jak 5,19-20). Am meisten aber sollen wir an die Worte in Philipper 4,5 und 8 denken.

 

 III. PRAHLEN

Es gibt viele verschiedene Bezeichnungen für Prahlerei oder prahlen, z. B.: Wichtigmacherei, Aufgeblasenheit, Anmassung, aufschneiden, angeben, protzen, eingebildet sein, sich rühmen, hoffärtig, grosstuerisch usw.

Aber nicht immer ist es Sünde, wenn man sich rühmt, denn Paulus sagt: „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn“ (1Kor 1,31).

2. Korinther 7,13-14: Hier spricht Paulus davon, dass er sich für Titus gerühmt hat. Das heisst, er hat den Titus den Korinthern empfohlen und ans Herz gelegt, bevor sie seine Bekanntschaft machen durften. Paulus versicherte ihnen, dass Titus ein Mann Gottes war, der ihnen in der Wahrheit dienen könne. Zu den Philippern sagte Paulus: „Alles vermag ich durch den, der mich stark macht“ (Phil 4,13). Dieses Rühmen ist nicht falsche Prahlerei, wie es in der Welt gepflegt wird. Es hat nichts mit aufschneiden oder eingebildet sein zu tun, sondern allein mit dem Glauben an den allmächtigen Gott. Hingegen die gottlose und weltliche Aufgeblasenheit der Menschen ist Anmassung und wird in der Bibel verurteilt. Denken wir an den Turm zu Babel (Gen 11). Oder denken wir an den Hochmut beim Bau der Titanic, in der im Rumpf des Schiffes geschrieben stand: „Dieses Schiff kann nicht untergehen.“ Oder denken wir an das gottlose Denken des reichen Kornbauers, der vorhatte, seine Scheunen zu füllen, um dann das Leben zu geniessen: Jakobus 4,13-16. Oder denken wir an den Zweikämpfer Goliat, der aus den Reihen der Philister stammte und über drei Meter gross war. Alle fürchteten sich vor ihm, während er Gott und sein Volk lästerte.

1. Samuel 17,43-47: Kann man Davids Worte als Prahlerei bezeichnen? David war ja noch ein Jüngling und stellte sich somit über die tapfersten Krieger in seinen Reihen!? Doch Gott war mit ihm und David sagte all das aus der Überzeugung des Glaubens an Gott und nicht aus Angeberei und Selbstvermessenheit!

Menschen rühmen sich aus ganz verschiedenen Gründen: Sie prahlen über ihren Reichtum (Ps 49,6-7). Sie rühmen sich ihrer bösen Werke (Ps 94,1-5). Sie geben an, wenn sie etwas Gutes getan haben, wie der Pharisäer im Gleichnis (Lk 18,11-12). Sie werden von klein auf dazu erzogen, selbstsicher und von sich überzeugt zu sein, so dass sie es sogar verstehen, mit vorgetäuschter Bescheidenheit zu prahlen (1Joh 2,15-17).

 

 IV. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Wir haben gesehen, dass Schmeichelei Sünde ist. Es ist heuchlerisch und dient oft dazu, Menschen etwas vorzutäuschen und sie für sich zu gewinnen. Wir Christen sollen aber die Wahrheit in Liebe reden und einander ehrlich ermutigen und mit aufrichtigen Komplimenten aufbauen.

Wir haben auch gesehen, dass Prahlerei oft eine weitere Gefahr für unsere Zunge sein kann. Sich selbst rühmen ist Sünde und soll von uns Christen vermieden werden. Durch die Bibel werden wir zwar angespornt zu rühmen, wie es heisst (1Kor 1,31): „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.“

 

Bibelstellen bezüglich Schmeichelreden, schmeicheln usw.
Hiob 32,21-22
Dan 11,32
Ps 12,2
Spr 20,19 26,28 28,23 29,5
Röm 6,17-18
1Kor 2,1-4
1Thess 2,4-5

Bibelstellen bezüglich Prahlerei, prahlen usw.
1Sam 17,44-45
Neh 6,3
Ps 49,6-7 52,1-3 94,4
Spr 6,18 27,1
Joh 8,39
Lk 12,21 18,11-12
Apg 5,36 8,9
Röm 1,30 2,17 3,27 11,22
2Kor 7,14 9,1-2
Phil. 4,13
2Tim 3,2
Tit 3,5
Jak 4,13-16
1Petr 5,5