Offenbarung-10: Der Engel mit dem Buch

Die Offenbarung

 

 

 I.   Der starke Engel mit lauter Stimme (V. 1-4)

Beim Lesen dieses Kapitels warten wir vergebens auf das Erschallen der siebten Posaune. Es ist, als ob es sich hier um eine Unterbrechung oder eines Einschubs handelt. Wir erfuhren bereits eine solche Unterbrechung zwischen dem Öffnen des sechsten (6,12-17) und des siebten Siegels (8,1-5). Da war die Rede von den 144 000 (7,1-8) und von der unzählbaren Schar vor dem Thron (7,9-17). Dieser Einschub zählt zu den besonders wichtigen Abschnitten der Offenbarung.

Vers 1a: Der starke Engel.
Johannes sah schon einmal „einen starken Engel“, der ihm etwas zurief (5,2). Jetzt tritt ein anderer starker (ἰσχυρός) Engel mit gleich hohem Rang auf (V. 1a). Dieser Engel ist von den anderen Engeln, die in die Posaunen bliesen und von den vier Engeln, die am Euphrat gebunden waren (9,14), zu unterscheiden. In Kapitel 1 wird Jesus ähnlich beschrieben, doch Ähnlichkeit bedeutet nicht Gleichheit.

Die Tatsache, dass es sich um einen starken Engel handelt, bedeutet, dass er mit einer besonderen Mission vertraut ist (wie in 5,2 und 18,21). Seine Macht oder Stärke weist auch auf seine Unbezwingbarkeit hin (Ps 103,20). Er kommt direkt vom Himmel herab, aus der Gegenwart Gottes und des Auferstandenen Christus. Er kommt mit einem göttlichen Auftrag.

Vers 1b: Die Beschreibung des Engels.
Der Engel ist mit einer Wolke (νεφέλη) bekleidet. Das könnte auf seine göttliche Macht hindeuten, die Erde und Meer überspannt. Die Wolke könnte aber auch der Glanz und die Herrlichkeit Gottes verhüllen, die der Engel ausstrahlt, weil sie für menschliche Augen tödlich sind (Ex 19,6.16; Mt 17,5; Apg 1,9). Die Wolke zeugt von seinem göttlichen Auftrag, der auf das Gericht hinweist.

Über dem Engel steht der Regenbogen (ἶρις). Der Regenbogen ist ein Zeichen des Gnadenbundes Gottes (Gen 9,13). Auch der Thron Gottes ist von einem Regenbogen umgeben (4,3). Der Glanz des Regenbogens verstärkt seine Herrlichkeit (Ez 1,28).

Das Gesicht des Engels scheint wie die Sonne (ἥλιος). Auch Jesu Angesicht „leuchtete, wie die Sonne strahlt in ihrer Kraft“ (1,16; Mt 17,2). Alles Göttliche strahlt mit prachtvollem Glanz.

Die Füsse des Engels sind wie Feuersäulen (ὡς στύλος πῦρος). Da von Säulen die Rede ist, betrifft das das ganze Bein. Auch Jesu Füsse werden beschrieben mit „Golderz, wie im Ofen geglüht“ (1,15). Das weist darauf hin, wie eng der Engel mit Gott und Jesus verbunden ist und wie dringend sein Auftrag ist, den es auszuführen gilt (Röm 10,15; Jes 52,7). Die Füsse oder Beine deuten auch auf das kommende Gericht hin.

Vers 2a: Der Engel hält ein kleines Buch (βιβλιαρίδιον) in der Hand.
Das griechische Wort ist die Verkleinerungsform von Biblion (βιβλίον). Klein, nicht wegen seiner Unbedeutsamkeit, sondern wegen seines Inhalts, der für jedermann fassbar und verständlich ist. Wäre es ein grosses und dickes Buch, dann wäre es schwer, alles auf einmal zu lesen und zu verstehen. Deshalb muss diese kleine Buchrolle von der grossen unterschieden werden (5,1).

Die grosse Buchrolle war mit sieben Siegeln versiegelt und konnte nur von Jesus selbst geöffnet werden (5,9). Die kleine Buchrolle hingegen ist geöffnet, sodass Johannes sie lesen und verstehen konnte. Dieses kleine Buch ist der Brennpunkt vom ganzen Kapitel. Die Frage ist: Was beinhaltet dieses kleine Buch? Vorsichtig ausgedrückt: Dieses Buch beinhaltet eine Botschaft von Gott. Wir lesen ein paar Verse weiter, dass Johannes vom Engel angewiesen wird, dieses Buch zu verspeisen (10,9). Anschliessend berichtet Johannes, dass es in seinem Mund wie süsser Honig war, aber in seinem Magen bitter wurde (10,10). Die besondere Bedeutung der Botschaft des Buches wird in den kommenden Versen erläutert.

Vers 2b: Der Engel demonstriert seine Grösse, Macht und Überlegenheit, indem er seinen rechten Fuss auf das Meer setzt und seinen linken Fuss auf das Land. Das heisst, er ist ein erfolgreicher Eroberer, der die Vollmacht über Land und Meer besitzt. Seine Botschaft, die er mit sich bringt, ist universal, d. h. sie gilt allen Geschöpfen, die hören und verstehen können. Wenn Gott redet, soll besonders sein Volk gut zuhören (Ps 81,8-15).

Vers 3: Deshalb ruft er mit lauter und unüberhörbarer Stimme.
Er brüllt regelrecht wie ein Löwe, so dass es sieben Mal donnert. Der Donner rüttelt auf und warnt vor stürmischem Regen, d. h. in diesem Fall, im übertragenen Sinn, vor dem Gericht. Bevor Gott dem Mose die zehn Gebote gab, donnerte es auf dem Berg Sinai und der Boden zitterte heftig (Ex 19,16-19). Es ist von Rauch, Feuer und Hörnerschall die Rede. Das Volk, das in der Ferne stehen blieb, zitterte vor Angst (Ex 20,18-19). Johannes verhält sich mutig wie Mose, der auf den furchterregenden Berg stieg, dem Herrn entgegen (Ex 19,20).

Vers 4: In den sieben Donnern hört Johannes eine Botschaft, die er aufschreiben möchte, doch es wird ihm vom Himmel her verwehrt.
Es ist interessant, dass Johannes am Anfang seiner Visionen beauftragt wurde, alles aufzuschreiben (1,11a). Doch jetzt soll er seinen Füller ablegen und nicht in das Tintengefäss eintauchen, um zu schreiben. Johannes wird aufgefordert, die gehörten Worte der sieben Donner zu versiegeln. So bleibt es uns verhüllt, um was es denn genau geht. Es wäre völlig absurd, ja sogar sündhaft (gem. 22,18-19) über die sieben Donner zu spekulieren. Wir brauchen nicht alles zu wissen! Die Bibel wurde nicht geschrieben, um unsere Neugier zu befriedigen. Viele Ausleger haben grosse Mühe Gottes Schweigen zu respektieren. Möglicherweise dient dieses Schweigen unserem Schutz. Es sollte uns auf jeden Fall abhalten, irgendwelche Vorhersagen und Daten über die Wiederkunft Christi zu machen (Mt 24,36.44; 1Thess 5,2; 2Petr 3,10; Offb 3,3).

Dtn 29,28: „Was noch verborgen ist, steht beim Herrn, unserem Gott, was aber offenbar ist, gilt uns und unseren Kindern auf ewig, so dass wir nach allen Worten dieser Weisung handeln können.“

Die Zahl 7 erscheint häufig im Zusammenhang mit Strafen (siehe Gen 4,15; Lev 26,18.21.24.28; Mt 12,45; Lk 11,26). Deshalb will Jesus, dass wir nicht bloss siebenmal, sondern bis zu siebenundsiebzigmal einander vergeben, um die Strafe des Unrechts völlig abzuwenden (Mt 18,22). In Psalm 29 wird die mächtige Stimme des Herrn auf siebenfache Weise beschrieben. Die sieben Donner müssen also mit dem Gericht Gottes zu tun haben. Das Versiegeln der Worte bedeutet keinesfalls, dass das bevorstehende Gericht aufgehoben wird.

 

II.   Der starke Engel schwört (V. 5-7)

Vers 5: Der Engel erhebt seine rechte Hand zum Himmel und schwört.
Diese Gestik war den Juden wohlbekannt (Dtn 32,40). Wer einen Schwur leistete, der erhob seine rechte Hand (Dan 12,7). In der Bibel lesen wir, dass das Schwören erlaubt war (Num 5,19; Neh 5,12; Mt 26,63-64). Jesus lehnt jedoch jedes leichtsinnige Schwören ab, deshalb sei es besser gar nicht zu schwören (Mt 5,34). Aus diesem Grund gebietet Jakobus allen Gläubigen nicht zu schwören (Jak 5,12). Wenn jedoch Gott oder ein Engel schwört, dann hat das einen heiligen Charakter.

Vers 6: Der Engel schwört beim lebendigen Gott, dass es keinen Aufschub mehr geben wird.
Der griechische Begriff „Chronos“ (χρόνος) wird (in V. 6) besser mit „Aufschub“ übersetzt und nicht mit „Zeit“ (ähnlich wie das „ausbleiben“ in Hebr 10,37). Was der Engel nämlich sagen will ist, dass die Zeit gekommen ist, in der das Geheimnis Gottes sich erfüllen wird. Der Herr wird keine Zeit mehr verstreichen lassen, um sein Geheimnis allen zu offenbaren, d. h. es gibt keinen Aufschub mehr. Statt der Worte, die aus den sieben Donnern hervorgingen, weist der Engel auf die siebte Posaune hin, bei der das Geheimnis Gottes sein Ende findet.

Was ist denn das Geheimnis Gottes?
Das Geheimnis, griechisch „Mysterion“ (μυστήριον), ist nicht etwa ein ungelöstes Rätsel, das nur von ein paar wenigen Auserlesenen verstanden werden kann. Das Neue Testament erklärt vielmehr, dass das Geheimnis in der Vergangenheit (d. h. im AT, siehe 1Petr 1,10-12) verschleiert war, während es nun allen Menschen durch den Willen Gottes geoffenbart wurde. Jesus spricht vom Geheimnis des Himmelreichs das alle, welche offene Ohren haben, verstehen können (Mt 13,9.11; Lk 8,8.10). Paulus erklärt, dass ihm aufgrund der Offenbarung Christi das Geheimnis des Evangeliums kundgetan wurde, so dass die gottlosen Völker, die sich zum Herrn bekehren Miterben des Himmelreichs sein können (Eph 3,3-10; 6,19). Paulus bittet die Kolosser, dass Gott eine Tür für das Wort, d. h. für das Geheimnis Christi, öffnen möge (Kol 4,3). Diese Geheimnisse, von denen das NT spricht, sind alle Teile des einen grossen Geheimnisses, nämlich; Gottes Erlösungsplan in und durch Jesus Christus.

Kolosser 1,25-27: „Ihr Diener bin ich geworden aufgrund des Verwalteramtes, das Gott mir übergeben hat, um an euch das Wort Gottes zu erfüllen, das Geheimnis, das seit Urzeiten und Menschengedenken verborgen war - jetzt aber ist es seinen Heiligen offenbart worden, denen Gott kundtun wollte, wie reich unter den Völkern die Herrlichkeit dieses Geheimnisses ist: Christus in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit.“

Vers 7:
Der Engel erläutert, dass Gott dieses wunderbare Geheimnis der Erlösung durch seine Propheten verkündigen liess (V. 7b). Weiter sagt er, dass Gottes Plan vollendet sein wird, wenn der siebte Engel in die Posaune bläst (V. 7a; 11,15). Was ist mit dem vollendeten Geheimnis gemeint? Vollendet, griechisch teléo (τελέω) bedeutet vollenden, vollbringen, zur Vollendung bringen, vervollständigen, etwas beenden, ja sogar erfüllen, d. h. die Verheissungen der Propheten (auch des NTs) vollständig ausführen. Es handelt sich dabei um die Vollendung des Heilsplans Gottes in der Geschichte der Menschheit, d. h. um die Wiederkunft Christi. Mit der Stimme der siebten Posaune beginnt das dritte Weh oder Unheil (8,13; 9,12; 11,14.18). Wobei die Betonung vorerst auf dem Sieg und der Herrschaft der Gläubigen in der Wiederkunft Christi liegt. Der Heilsplan Gottes erfüllt sich mit dem „Tag der Erlösung“ (Eph 4,30). Die siebte Posaune ist gleichzeitig eine Einleitung zum zweiten Teil des Buches, welches von den sieben Zornschalen (Kapitel 15-16) berichtet.

 

 III. Das süsse Buch mit bitterem Nachgeschmack (V. 8-11)

Vers 8: Johannes wird vom Beobachter zum Teilnehmer.
Können wir uns Johannes vorstellen, der wie im Kino sitzt und von einem spannenden „Action Thriller“ völlig eingenommen ist. Plötzlich fordert ihn eine Stimme auf, in die grosse Leinwand hineinzugreifen und sich das Buch des grossen Helden geben zu lassen. Was für eine unfassbare Entwicklung der Ereignisse!

Vers 9: Johannes wird von einer bereits gehörten himmlischen Stimme aufgefordert ein Buch zu essen.
Es ist die Stimme, die die ganze Szene bestimmt und über dem Engel steht. Es ist die Stimme, die ihm befahl, die sieben Donnerbotschaften zu versiegeln und nicht aufzuschreiben. Johannes wird aufgefordert, sich das Buch aus der Hand des Engels zu holen. Die göttliche Offenbarung wird ihm also nicht aufgezwungen, sondern er muss sie von sich aus nehmen. Das ist ein göttliches Prinzip und gilt für alle, selbst wenn der Herr direkt zu Menschen spricht.

Der Engel wehrt sich nicht das Buch herzugeben, sondern fordert ihn noch dazu auf. Er macht ihn aber darauf aufmerksam, dass es in seinem Mund süss sein wird wie Honig, aber seinen Magen bitter macht. Wie würden wir reagieren, wenn wir aufgefordert würden ein Buch zu essen? Bücher isst man doch nicht! Bücher liest man und stellt sie anschliessend ins Bücherregal oder wirft sie weg. Offenbar war dieser Gedanke für Johannes nicht ganz abwegig, da er die Schriften kannte und das Wort als geistige Nahrung betrachtete. In der Bibel wird das Wort oft mit etwas essbarem dargestellt (Mt 4,4; 1Kor 3,1-2; Hebr 5,12-14; 1Petr 2,2).

Auch Hesekiel wurde befohlen, die Schriftrolle zu essen, die ihm eine Hand entgegen streckte (Ez 3,1-3). Als der Prophet begann die Schriftrolle zu essen, da war sie ganz süss in seinem Mund (Ps 19,10-11).

Psalm 119,103: „Wie süss sind deine Worte meinem Gaumen, süsser als Honig meinem Mund.“

Als Jeremia Gottes Worte verkündigte, bekannte er (Jer 15,16a): „Empfing ich deine Worte, so habe ich sie verschlungen, und deine Worte wurden meine Wonne, die Freude meines Herzens, denn dein Name ist ausgerufen über mich.“

Gottes Botschaft kann vom Botschafter Gottes nicht getrennt werden! Zuerst nimmt er sie auf wie feste Speise. Er geniesst sie und verdaut sie wie ein herrliches Mahl. Er macht sie sich zu eigen, so dass sie Teil seines Lebens und Denkens wird. Genauso gilt das Wort Gottes heute noch allen, die es hören. Das Wort Gottes muss von uns aufgesogen und gegessen werden. Wir sollten es lesen, bis es unser ganzes Denken einnimmt. Wir sollten es studieren, bis es unser ganzes Herz erfüllt. Wir sollten darüber nachsinnen, bis es unser ganzes Leben beherrscht. Nur so kann das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum unter uns wohnen (Kol 3,16a).

Vers 10: Johannes zögert keinen Augenblick; er nimmt die kleine Schriftrolle und isst sie.
Was der Engel voraussagte, trifft schliesslich ein. Die Schriftrolle ist süss wie eine Honigwabe, doch dann wird sie im Magen bitter. Das heisst; Gottes Heilsplan der Gnade erfreut unser Herz, doch es wird auch Leiden nach sich ziehen. Die Schriftrolle, die Hesekiel ass, war auf beiden Seiten beschrieben und enthielt „Klagen und Seufzer und Wehrufe“ (Ez 2,10). Nachdem Hesekiel die Schriftrolle ass, lag die Hand des Herrn schwer auf ihm. Er bekannte, dass er bitter und aufgewühlt war (Ez 3, 14).

Als Jeremia Gottes Worte ass, wurden sie ihm zur Wonne und Freude (Jer 15,16). Doch später sagte er (Jer 20,8): „Wenn immer ich rede, schreie ich auf. Gewalttat und Unterdrückung! rufe ich. Den ganzen Tag lang gereicht mir das Wort des Herrn zu Hohn und Spott.“ Jeremia sieht die Sünden des Volkes und die Warnrufe Gottes, die er verkündigen muss, das macht ihm grosse Sorgen.

Johannes hat ein ähnliches Problem, denn die bitter-süsse Botschaft, die der Herr ihm gibt, besteht aus der Tatsache - dass der Apostel die Sünde offen darlegen muss (Offb 9,21; 18,3), dass durch seine Botschaften die Uneinsichtigen verurteilt und bestraft werden (19,20; 20,10.15), dass viele Menschen seine Botschaften ablehnen werden (9,20-21; 16,11), dass er, samt allen Gläubigen, verfolgt und getötet wird (11,7; 12,17). Johannes lässt sich durch diese Konsequenzen nicht abschrecken.

Vers 11: Es geht hier nicht um einen kleinen Imbiss, der den Hunger stillen sollte.
Es geht vielmehr darum, Johannes durch das Essen des Buches auf seine zukünftigen Dienste vorzubereiten. Es wird ihm gesagt, dass er noch mehr zu verkündigen hat. Er hat ja erst das Material für die erste Hälfte der Offenbarung empfangen (Offb 1-11). Der zweite Teil der Offenbarung hat vieles über Völker und Nationen, Sprachen und Könige zu sagen (Offb 12-22). Wir wissen nicht, wer ihm befahl noch einmal zu weissagen, vermutlich war es die Stimme aus dem Himmel.

Warum muss Johannes „noch einmal“ weissagen?
Vielleicht wird er damit ermutigt das angefangene Buch zu Ende zu schreiben. Vielleicht wird er damit persönlich ermutigt, weil er dachte, seine aktive Zeit als Apostel sei vorbei. Was immer die Gründe für diese Instruktionen war, sie waren keine Option, sondern Pflicht. Das griechische Wort „d e i“ (δεῖ) bedeutet „müssen“. Das heisst; es ist erforderlich, pflichtig, er ist schuldig zu weissagen. Es wird ihm nicht versprochen, dass die Botschaft, die er zu verkünden hat, ihn erfüllen und glücklich machen wird, sondern sie ist notwendig.

 

IV.  Schlussfolgerung

Es ist heute so wie in den Tagen Jesajas. Viele wollen keine bitter-süsse Predigt hören. Sie wollen Worte der Freude, der Zuversicht und des Trostes hören. „Sie verbieten den Propheten zu weissagen. Wir wollen die Wahrheit gar nicht hören, wehren sie ab. Prophezeit uns lieber, was uns gefällt. Lasst uns in schönen Trugbildern leben, täuscht uns ruhig. Biegt doch die Wahrheit ein wenig zurecht! Nur lasst uns endlich in Ruhe, verschont uns mit diesem heiligen Gott Israels“ (Jes 30,10-11; Hfa).

Ein Prediger, der von Gott berufen ist, kann nicht selbst entscheiden, was er verkündigen will und was nicht. Er darf es nicht versäumen „den ganzen Ratschluss Gottes“ zu predigen (Apg 20,27). Er ist verpflichtet das Wort Gottes zu verkündigen, jederzeit dafür einzutreten, zu widerlegen, zu tadeln, in aller Geduld zu bitten oder zu ermahnen (wie es heisst in 2Tim 4,2).

Das Evangelium enthält nebst der süssen Barmherzigkeit Gottes auch die bittere Verurteilung der uneinsichtigen Sünder. Um Gottes Gnade annehmen zu können, muss der Mensch zuerst verstehen, dass er hoffnungslos verloren ist (Röm 7,24-25)! Wer braucht schon Erlösung, wenn er sich durch seine Sünden nicht versklavt fühlt (Röm 6,16-18)? Wie können wir uns auf den Himmel freuen, wenn es uns auf Erden so gut geht, dass wir sie nie verlassen wollen (Mt 6,21.24; 1Joh 2,15-17)? Nur wer das Wort Gottes annimmt wie ein Kind, wird ins Himmelreich kommen (Mt 18,3). Das Wort Gottes beinhaltet nicht nur süsses, sondern auch bitteres (Röm 2,9-10). Gott lässt uns keine Wahl, indem wir das Süsse geniessen und das Bittere wieder ausspucken. Wer dem Herrn gefallen will, der ist bereit alles zu essen, zu akzeptieren und zu befolgen, was Gottes Wort beinhaltet.

Wie Johannes verpflichtet wurde das Wort Gottes zu verkündigen, sind auch wir gläubigen Nachfolger Christi verpflichtet Gottes Wort zu bekennen (Röm 10,9-10). Denn der Herr verpflichtet auch uns in der Welt das Evangelium zu bezeugen (Mt 28,19; Mk 16,15; Lk 24,47). Unsere Lebensaufgabe als Christen ist es vor allen Menschen den allmächtigen Gott und Erlöser zu verherrlichen, zu bezeugen und zu verkündigen (Mt 5,16; 1 Kor 6,20; 1Petr 2,12; 4,16). Dieses Ziel wird dann erreicht, wenn Gott und sein Wort uns alles bedeuten!

Zusammenfassung

Ein Adler fliegt am Himmel und ruft: „Wehe, wehe, wehe denen, die die Erde bewohnen, wenn dann die Posaunen der drei Engel ertönen, die noch blasen werden!“ (8,13; 9,12; 11,14.18).

Das erste Unheil, das den Wehruf ankündigt, wird durch den Engel, der die fünfte Posaune bläst, eingeleitet (9,1-11).

Das zweite Unheil, das den Wehruf ankündigt, wird durch den Engel, der die sechste Posaune bläst, eingeleitet (9,13-21).

Das dritte Unheil, das den Wehruf ankündigt, wird durch den Engel, der die siebte Posaune bläst, eingeleitet (11,15-19).

Mit Kapitel 11 endet der erste Teil der Offenbarung, der im Höhenpunkt der Wiederkunft Christi gipfelt. Es geht vorwiegend um den Konflikt zwischen der Gemeinde und Rom (Kap. 1-11). Bis zu diesem Punkt wurden die einzelnen Streitmächte des Bösen noch nicht identifiziert. Deshalb kann die weitere Weissagung sehr wohl auf den zweiten Teil der Offenbarung bezogen werden, die den Kampf hinter der Szene aufzeigt (Kap. 12-22).

Der starke oder mächtige Engel – ist von Gott gesandt, ist mit göttlicher Macht ausgerüstet, verkündet Gottes Plan für die Menschheit, vertraut Gottes Plan Johannes an.

Es ist die Rede – von dem kleinen Buch (= Gesamtbotschaft Gottes für Johannes, die Trost und Gericht enthält), von den sieben Donnerstimmen (= Gericht), vom Geheimnis Gottes (= die gute Nachricht, das rettende Evangelium).

Es ist wie süsser Honig zu hören, dass Jesus mit seinen Heiligen am Ende siegen wird und es ist bitter zu hören, dass es bis dann viel zu leiden gibt bis die gottlose Welt im Endgericht untergeht.