Hebräer-09: Abbilder einer besseren Ordnung

Christus ist besser als der alte Bund

9. Abbilder einer besseren Ordnung

 

 

 I.   Die alte Ordnung (Verse 1-10)

Der Hebräerschreiber nimmt seine Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Er erklärt das heilige Zelt in der Wüste (Ex 25,8). Aus bestimmten Gründen nimmt er für seine Erklärungen nicht den Tempel.

Das Heiligtum ist ein Schatten des Himmels (Offb 15,5). Das irdische Heiligtum dient als Gleichnis (παραβολή) für den Himmel (Offb 21,3). Deshalb musste Mose alles genau nach dem Vorbild machen (Ex 25,40; 26,30). Die eigentlichen Erbauer, die mit heiligem Geist und Weisheit erfüllt wurden (Ex 31,3.6), waren: Bezalel, ein begabter Israelit aus dem Stamm Juda (Ex 31,2; 2Chr 1,5); Oholiab, aus dem Stamm Dan (Ex 31,6). Das Volk spendete dazu die nötigen Abgaben (Ex 25,1-7). Im AT hatte das Volk das Zelt und den Tempel als Vorbild für den Himmel. Im NT haben die Gläubigen die Gemeinde (Eph 2,20-21).

Das Heiligtum oder das Heilige (Verse 1-2; Ex 26,1-30)
Bemerkenswert ist das Wort „hatte“ in Vers 1. Seit dem Tod Jesu am Kreuz waren die Satzungen des ersten Bundes nicht mehr wirksam (Eph 2,14-16). Jesus sagte dies voraus (Mt 5,17-18). Diese Satzungen für den Gottesdienst mussten streng eingehalten werden, wie die Beispiele von Nadab und Abihu (Lev 10,1-3) und Ussa (2Sam 6,6-7) zeigen. Auch die Priester hatten strenge Vorschriften für ihre Dienste am Heiligtum, auf denen bei Nichtbefolgung die Todesstrafe lastete. Sie durften nur bestimmte heilige Kleider tragen, die extra für ihren Dienst angefertigt wurden (Ex 28,2-4). Kein Priester durfte im Heiligtum herumschleichen, sondern musste mit festen und klaren Schritten die Glöckchen am Saum des Obergewands klingeln lassen (Ex 28,31-35). Das leinene Beinkleid musste die Scham der Knöchel bedecken (Ex 28,42-43). Hände und Füsse mussten immer vor dem Eintritt ins Heiligtum, auch wenn sie an den Altar traten, gewaschen werden (Ex 30,17-21). Die alttestamentlichen Priester dienten bloss einem Abbild und Schatten (8,5).

Der Tempel, der von Serubbabel und später von Herodes wieder aufgebaut wurde, entsprach nicht dem Plan Gottes nach dem ursprünglichen Vorbild. Kein Jude hatte etwas einzuwenden, wenn vom ursprünglichen Heiligtum die Rede war. Wenn vom irdischen Heiligtum die Rede ist, bedeutet das nicht, dass es gegen Gottes Wille war, wie zum Beispiel die Freundschaft mit der Welt (Jak 4,4). Der Kontrast findet zwischen den irdischen und den himmlischen Dingen statt. Das Heiligtum im Original war das, welches in Exodus 25-31 zwei Mal erklärt wird. Dieses Heiligtum sowie die Gemeinde weisen auf die Erfüllung im Himmel hin. Diesem himmlischen Heiligtum dienen auch wir als neutestamentliche Priester. Wir leben also in einer Welt der Schatten, die nur ein blasses Abbild der Wirklichkeit darstellen.

Der Leuchter war aus reinem Gold mit sieben Lampen (Ex 25,31-40)
Diese Lampen wurden mit reinem Olivenöl gespeist und mussten immer brennen (Ex 27,20-21). Der siebenarmige Leuchter symbolisiert die Gemeinde (Offb 1,20). Das Licht des Evangeliums soll leuchten in der Welt (Joh 1,4; 8,12). Das Licht der Gläubigen soll leuchten vor den Menschen (Mt 5,16). Das Olivenöl repräsentiert den Heiligen Geist, der in der Gemeinde wohnt und Christus verherrlicht (Mt 25,4; Joh 16,14).

Der Schaubrottisch war belegt mit zwölf Broten und dem Trankopferkrug (Ex 25,23-30)
Der Tisch war aus Akazienholz und mit reinem Gold überzogen. Nur die besten und wertvollsten Materialien sind gut genug. Damit wird die Wertschätzung und Hochachtung für den Herrn sichtbar.

Schaubrot bedeutet wörtlich „Brot des Angesichts“ oder „Brot der Gegenwart“. Die zwölf Brote symbolisieren die zwölf Stämme. Sie wurden aus Feinmehl zubereitet und lagen jeweils sieben Tage lang aufgestapelt vor dem Herrn (Ex 25,30). Am Sabbat durften sie nur von den Priestern im Vorhof gegessen werden (Lev 10,12-13). Sie weisen auf das ungesäuerte Brot des Abendmahls hin (1Kor 5,7-8) und unterscheiden sich vom Manna, das das Wort oder Christus selbst bedeutet (Joh 6,32-35.48-51).

Der Trankopferkrug war mit Wein gefüllt (Ex 25,29). Dieser Wein wurde über das Brandopfer gegossen (Phil 2,17). Priester durften weder Wein noch starkes Getränk zu sich nehmen (Lev 10,9).

Das Allerheiligste (Verse 3-5)
Es befand sich hinter dem zweiten Vorhang, der Gott vom sündhaften Volk trennte (Ex 27,9-19). Es gab insgesamt drei Vorhänge beim Bau des Heiligtums in der Wüste:
Der Eingangsvorhang zum Vorhof. Ein Vorhang beim Eingang zum Heiligtum und einer, der das Allerheiligste vom Heiligtum trennte. Der dritte Vorhang symbolisiert den Leib des Herrn (Hebr 10,20). Durch seinen Tod verschaffte Jesus uns den Zugang zu Gott (Mt 27,51). Rabbinen berichten, dass die Vorhänge jährlich ausgewechselt wurden. Es war unmöglich, dass ein Vorhang von selbst von oben bis unten entzwei gerissen werden konnte, weder durch ein Erdbeben noch durch andere Ereignisse. Das bezeugt einmal mehr, dass dies kein Zufall war, sondern Gottes Hand.

Der Räucheraltar befand sich an gewöhnlichen Tagen im Heiligtum (Ex 30,1-10.6-8).
Am grossen Versöhnungstag wurde er jeweils ins Allerheiligste gebracht, um Räucherwerk (Weihrauch) zu opfern. Die wohlriechenden Rauchopfer sind heute die Gebete der Heiligen die vor dem Herrn aufsteigen (Ps 141,2; Offb 8,3-4).

Die Bundeslade (Ex 25,10-22)
In der Bundeslade befanden sich: Der goldene Krug (der das Manna enthielt), das Manna das nie verweste (Ex 16,32-34), der Stab Aarons, der sein hohes Priesteramt bestätigte (Num 17,1-11), die beiden Gesetzestafeln. Später waren es nur noch die Gesetzestafeln, die sich in der Bundeslade befanden; der Rest ging verloren. Sogar die Bundeslade selbst ging verloren (1Kön 8,9; 2. Chr. 5,10). Als Jerusalem zerstört wurde (586 v. Chr.) war die Bundeslade ganz weg. Der Deckel der Bundeslade, die Sühneplatte oder Deckplatte wird auch (gem. Luther) „Gnadenstuhl“ genannt. Am grossen Versöhnungstag, am Jom Kippur, ging der Hohe Priester ins Allerheiligste, um das Blut des Brandopfers auf die Bundeslade zu sprengen, um so beim Herrn Sühne zu bewirken für das Volk (Lev 16; Hebr 9,7). Sie stellt den Thron Gottes dar und seine Gegenwart (Offb 4).

Die beiden Kerubim der Herrlichkeit (V. 5; Ex 25,18-22; 37,7-9)
Sie symbolisieren die Engel um den Thron Gottes (1Sam 4,4). Sie sind die Übermittler für Gott (Ez 10,10-14; 1,5-14). Auch im Tempel Salomos befanden sich zwei grosse Kerubim (1Kön 6,23-27). Gottes Herrlichkeit hing im AT mit der Wolke zusammen, die sich niederliess und die heilige Wohnung erfüllte (Ex 40,34). Alle diese Requisiten sind nicht mit Götzenbildern gleichzusetzen, sondern sie haben einen hohen symbolischen Stellenwert (Ex 20,4; Dtn 5,8).

Der grosse Versöhnungstag (Jom Kippur, Verse 6-7).
Die Priester gingen täglich ins Heiligtum, um das Öl der Lampen aufzufüllen, um am Abend und am Morgen Rauchopfer darzubringen (Ex 30,7-8; Lev 24,3-4). Der normale Jude hatte keinen Zugang zum Heiligtum, sondern nur die dafür eingesetzten Priester (wie z. B. Zacharias, Lk 1,9-20). Der Hohe Priester ging ungefähr im September (am zehnten Tag des siebten Monats Tischri) ins Allerheiligste (für Details, siehe Lev 16). An diesem Tag ging er vermutlich drei Mal hinein: Zuerst um Rauchopfer darzubringen, dann mit dem Blut eines jungen Stiers für seine eigenen Sünden und schliesslich mit dem Blut für die Sünden des Volks, die aus Versehen begannen wurden (Num 15,27-31). Es gibt keine Beweise, dass Sünden im AT vergeben werden konnten, die willentlich und bewusst geschahen. Deshalb muss unterschieden werden zwischen vorsätzlicher Sünde (Hebr 6,4-6; 10,26-29) und Sünde aus Versehen. Im AT konnten die Sünden zwar gesühnt werden, aber nicht vergeben (Hebr 10,11). Erst das Opfer Jesu Christi macht die vollständige Vergebung möglich (Hebr 10,12).

Das Gleichnis (Verse 8-10)
Vers 8 mit deutlicheren Worten: „Damit macht der heilige Geist deutlich, dass der Weg ins Allerheiligste (= Heiligtum) nicht offen steht, solange der Tempel (= das erste Zelt) noch Bestand hat.“ Der heilige Geist lehrt, dass das Alte vergehen muss damit das Neue kommen kann. Mit andern Worten: Der Weg in den Himmel steht den Menschen nicht offen, solange sie den Gottesdienst des alten Bundes weiter pflegen. Oder mit den Worten des Paulus an die Galater (Gal 5,2): „Wenn ihr euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen.“ Der Tempel in Jerusalem musste zuerst vollständig zerstört werden, bis einige Juden endlich begriffen, dass der Gottesdienst des alten Bundes endgültig ausser Kraft gesetzt wurde. Der Tempel (= das erste Zelt) ist ein Gleichnis zur gegenwärtigen Zeit (für die Gegenwart), in der einige Juden damals noch lebten. Die gegenwärtige Zeit hat nichts mit unserer Zeit heute gemeinsam, da wir ja verstanden haben, dass der neue Bund wirksam ist.

Mit der gegenwärtigen Zeit wird auf den Gottesdienst einiger Juden hingewiesen, die noch unter dem alten Bund lebten. Sie hatten noch nicht verstanden, dass Gott eine neue Ordnung in Kraft gesetzt hatte. Sie brachten immer noch Gaben und Opfer dar, die ihr Gewissen nicht vollkommen machen konnten. Nur durch den Gehorsam an Jesus in der Wassertaufe kann unser Gewissen vollkommen gereinigt werden von aller Sünde (1Petr 3,21). Jesus ist der einzige Weg, der unser Gewissen reinigen und uns zum Vater führen kann (Joh 14,6). Das Gesetz konnte nur eine symbolische und rituelle Sühne geben.

Der Gottesdienst einiger Juden war damals immer noch völlig von äusseren Regeln und Ritualen bestimmt, d. h. von Speisen, Getränken und Waschungen die im Gesetz geboten wurden. Der grosse Versöhnungstag war keine ewige Ordnung! Der Jom Kippur bezeugte nur, dass es einmal eine bessere Ordnung geben wird, mit einem besseren Weg, der ins wahrhafte Heiligtum führt. (Siehe Leviticus 16: Was geschah am Jom Kippur?) Es ist alles in Ordnung gekommen, oder anders gesagt: Die Zeit einer besseren Ordnung hat bereits begonnen!

Schlussfolgerungen:
Es ist uns nicht freigestellt, wie wir den Gottesdienst gestalten im neuen Bund. Der alte Gottesdienst war durch das Gesetz geprägt von vielen Requisiten und symbolischen Handlungen, die auf eine bessere Ordnung hinweisen. Der neue Gottesdienst wird geprägt vom Heiligen Geist. Das heisst, dass nun alle Gläubigen zum Heiligtum Gottes zugelassen werden – nicht nur auserwählte Männer; das heisst, dass wir dem himmlischen Heiligtum dienen und nicht mehr einem irdischen; das heisst, dass Requisiten und Symbole wie Altäre, Leuchter, aber auch Musikinstrumente keine Bedeutung mehr haben im neutestamentlichen Gottesdienst. Wir beten Gott im Geist und in der Wahrheit an, das heisst in der besseren Ordnung des neuen Bundes!

 

 II.   Die bessere Ordnung (9,11-28)

Der Hohe Priester der wirklichen Güter (Vers 11)
Was ist mit den wirklichen Gütern gemeint? Es ist das grössere und vollkommenere Zelt, d. h. der Himmel (9,24). Die wirklichen Güter bestehen nicht aus Materie, die der Vergänglichkeit unterworfen sind und werden nicht mit Menschenhänden erbaut (Joh 18,36). Das irdische Heiligtum war bloss ein Schatten der himmlischen Güter, denn Gott wohnt nicht in Gebäuden die von Menschenhand erschaffen wurden (Apg 7,48; 17,24). Unser Schöpfer hat keinen Platz in Gebäuden und selbst die Erde wäre für IHN noch zu klein (1Kön 8,27; Jes 66,1-2a). Der allmächtige Gott wäre so eingesperrt und eingeschränkt wie wir Menschen. Hingegen vom Himmel aus hat Gott den Überblick über sein unsichtbares Reich als auch über seine Schöpfung. Der heilige Gott wohnt in den gläubigen Menschen (Jes 57,15; Ps 51,19). Unser Leib ist der Tempel Gottes (1Kor 3,16-17). Als Gemeinde bilden wir das Heiligtum, in dem Gott wohnt (Eph 2,19-22). Wir sind die lebendigen Steine des neuen Heiligtums Gottes (1Petr 2,5).

Das Allerheiligste repräsentiert den Himmel. Der Hohe Priester repräsentiert Jesus. Der Hohe Priester des Alten Testaments war nur ein Schatten des ewigen Hohen Priesters, Jesus Christus. Denn Jesus als Hoher Priester vermittelt wirkliche Heilsgüter, nicht bloss Verheissungen, die in die Zukunft weisen.

Das Blut Christi (Verse 12-14)
Mit dem Stichwort Blut (αἷμα), das in den Versen 11-28 über 10 Mal vorkommt, kommen wir zum Herzen des Hebräerbriefs. Es ist tatsächlich eine „Blutreligion“, wie sie einige Leute nennen (siehe Tabelle „Opfertiere“ in Leviticus 18). Ohne Blutvergiessen gab es keine Vergebung der Sünden (Hebr 9,22).

Von Anfang der Menschheitsgeschichte spielte das Blutvergiessen eine wichtige Rolle in der Beziehung zwischen Mensch und Gott: Abel opferte ein Lamm (Gen 4). Noah brachte nach der Flut dem Herrn auf einem Altar Dankopfer dar (Gen 8). Abraham baute einige Altäre, auf welchen er dem Herrn opferte (Gen 12,7-8; 13,18; 22,9). Das Passalamm war ein notwendiges Opfer für den Auszug aus Ägypten (Ex 12). Die täglichen Opferungen im AT waren überlebenswichtig für das Volk Gottes (Lev 6,5). Der Hebräerschreiber bestätigt, dass der erste Bund, d. h. das Alte Testament nicht ohne Blut eingeweiht wurde (Hebr 9,18; Ex 24,4-5).

In unserem Text werden die blutigen Opferungen des alten Bundes mit dem Opfer Jesu Christi verglichen. Am grossen Versöhnungstag wurden Böcke und Kälber geschlachtet. Der Hohe Priester ging mit dem Blut der Tiere durch das Heiligtum bis ins Allerheiligste und besprengte dort die Deckplatte der Bundeslade (Lev 16,15), das Gesetzbuch (Hebr 9,19), das Zelt und alle Geräte (Heb. 9,21). Damit sühnte er die Sünden des Volkes jedes Jahr (Lev 16,34), so dass es „zur Reinheit des Fleisches“ kam. Damit konnte das „Verunreinigte“ geheiligt werden. Das Gewissen der Menschen konnte jedoch nicht gereinigt werden! Unser grosser Versöhnungstag ist Jesus Christus: Als Hoher Priester ging er in das himmlische Heiligtum hinein mit seinem eigenen Blut. Das bedeutet nicht etwa, dass Jesus buchstäblich mit seinem Blut im Himmel war (1Kor 15,50). Diese Handlung ist symbolisch zu verstehen und geschah durch seinen Tod am Kreuz. Mit seinem Blut vollbrachte er eine einmalige und vollständige Reinigung von allen Sünden der Menschen, d. h. er reinigte unser Gewissen.

Warum ist das Blut Jesu besser als das Blut von Tieren?

-Weil das Tier sich unfreiwillig als Opfer hingibt. Ein Tier möchte nicht sterben. Wozu? Jesus Christus gab sein Leben freiwillig hin (Joh 10,17). Jesus ist unser Passalamm das sich schlachten liess für unsere Sünden (1Kor 5,7). Als Hoher Priester ging er mit seinem eigenen Blut ins himmlische Heiligtum.

-Weil Tierblut weder rein noch unrein ist. Das Tier hat kein Gewissen und kann sich somit auch nicht versündigen. Christi Blut aber ist rein, weil er ein Gewissen hat. Jesus hat sein Gewissen vor Gott rein bewahrt, d. h. er blieb ohne Sünde (Hebr 4,15) und ist deshalb auch das vollkommene Opfer. Sein Blut ist kostbar, untadelig und unbefleckt (1Petr 1,18-19). Sein Blut hat die Kraft, unser Gewissen zu reinigen von toten Werken!

-Weil Tierblut nur die Sünden eines einzigen Volkes zu sühnen vermochte. Ein Opfertier im AT galt ja nur für die damals anwesende Generation und für ihre vergangenen Verfehlungen während eines Jahres. Christi Blut hingegen ist das Sühnopfer der ganzen Welt geworden (1Joh 2,2). Sein einmaliges Opfer ist für alle Völker und alle Generationen wirksam, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft.

-Weil Tierblut nur einige Sünden hinwegnehmen konnte. Für viele Sünden gab es im AT keine Vergebung (z. B. Unzucht, Ehebruch, das Nichteinhalten des Sabbats, wer Blut genoss, andere gefährdete usw.). Zudem erfahren wir aus dem Hebräerbrief 9, dass es nur zur Reinheit des Fleisches kam, aber nicht des Gewissens. Das Blut Jesu vermag jedes Vergehen und jedes Verbrechen auszutilgen und unser Gewissen reinzuwaschen.

-Weil jährlich tausende von Tieropfer nötig waren um die Sünden des Volkes immer wieder zu sühnen (siehe Tabelle Opfertiere in Leviticus). Jesus hingegen hat mit einer einzigen Opfergabe eine bleibende Vergebung geschaffen und eine ewige Erlösung bewirkt. Es braucht kein jährliches Sühnopfer mehr, wie unter dem Alten Bund! Mit einer einzigen Opfergabe hat Jesus das erreicht, wofür im AT jährlich tausende von Tieren ihr Leben lassen mussten (Hebr 10,10). Jesus hat alle, die sich heiligen lassen, durch sein Blut für immer zur himmlischen Vollendung geführt (Hebr 10,14).

Der Mittler des Neuen Bundes (9,15)
Jesus ist Mittler (μεσίτης) oder Mediator (1Tim 2,5). Jeder Bund benötigt einen Mittler. Im AT trat ein Bund mit dem Blut eines Tieropfers in Kraft. Im NT ist Jesus das Opferlamm, der mit seinem Blut den neuen Bund besiegelt. Jesus ist Opferlamm und Hoher Priester zugleich. Er ist Fürsprecher, Helfer, Beistand, Paraklet (παράκλητος, 1Joh 2,1). Er tritt allezeit für die Gläubigen ein (Heb. 7,25). Jesu Tod am Kreuz dient der Erlösung aller Gläubigen (Mt 26,28): den Gläubigen, die unter dem alten Bund gelebt haben (Röm 3,25-26), den Gläubigen, die bis heute unter dem neuen Bund gelebt haben, den Gläubigen, die bis zur Wiederkunft dem neuen Bund hinzutreten.

Der Beginn des Neuen Testaments (9,16-17)
Der griechische Begriff Diatheke (διαθήκη) wird hier auf einmal nicht mehr mit Bund, sondern mit Testament übersetzt. Unter einem Bund verstehen wir eine einseitige Verpflichtung. Unter einem Testament verstehen wir eine letzte Willenserklärung. Beide Gedanken erweitern unser Verständnis für Diatheke und stehen keineswegs widersprüchlich zueinander.

Wichtig ist die Tatsache, dass der neue Bund erst mit dem Tod Christi in Kraft trat. Ein Testament ist erst dann rechtskräftig, wenn nachgewiesen werden kann, dass derjenige, der es errichtet hat gestorben ist (Bsp. bei einer Erbschaft). Somit beginnt das Neue Testament nicht bei Matthäus (d. h. bei der Geburt Christi), sondern in der Apostelgeschichte (d. h. zu Pfingsten, nach der Auferstehung und Himmelfahrt Christi). Es wäre also falsch den Sabbat einzuhalten, der den Juden unter dem AT galt. Es wäre falsch, den Räuber am Kreuz als Beispiel für den Heilsweg im Neuen Bund hinzustellen, denn das geschah ja noch unter dem AT (siehe Taufe, Lektion 11).

Was ist denn der Wille Christi, der das Neue Testament aufstellte? Es ist sein Wille, dass alle Menschen gerettet werden (1Tim 2,3-4; 2Petr 3,9). Es ist sein Wille, dass alle Menschen glauben und sich taufen lassen (Mk 16,15-16). Es ist sein Wille, dass alle Menschen seinem Evangelium gehorsam sind (1Petr 4,16-17; 2Thess. 1,6-10). Es ist sein Wille, dass alle Gläubigen sich heiligen lassen für den Herrn (1Petr 1,13-19).

Auch der erste Bund wurde mit Blut eingeweiht (9,18-22)
Der Bundesbeschluss am Berg Sinai zeigt, wie der alte Bund ratifiziert oder eingeweiht wurde (Ex 24,1-8). In gleicher Weise wurde auch der neue Bund durch das Blut Christi eingeweiht (Mt 26,28). An diesen Neuen Bund wird wöchentlich erinnert durch das Abendmahl oder auch Herrnmahl genannt (1Kor 11,23-29). Dies ist das Blut des Bundes (Lev 24,8; Hebr 9,20b; Lk 22,20). Nachdem Mose dem Volk das Gesetz vorgelesen hatte, nahm er das Blut der Opfertiere, dazu Wasser, Purpurwolle und Ysop (Purpurwolle = Schafwolle. Ysop = ein naher Verwandter von Thymian, Salbei und anderen Lippenblüten, ein Würzkraut). Wir wissen nicht, wie diese Dinge gemeinsam zum Einsatz kamen. Wir wissen, dass Ysop zur Reinigung diente (Ps 51,9). Beim Auszug aus Ägypten wurde Ysop mit Blut an die Türpfosten gestrichen (Ex 12,22). Der Priester reinigte das Haus eines Aussätzigen mit Ysop und Blut etc. (Lev 14,52).

Es heisst, dass Mose mit dem Blut von Kälbern und Böcken das „Gesetzbuch“ und das ganze „Volk“ besprengte. Im Buch Exodus wird jedoch nirgends gesagt, dass das Gesetzbuch mit Blut besprengt wurde, sondern nur das Volk (Ex 24,3-8). Es wird gesagt, dass Mose das Blut nahm (Ex 24) – eine Hälfte in Schalen goss (Ex 24,6), die andere Hälfte auf den Altar sprengte (Ex 24,6) und über das Volk sprengte (Ex 24,8). Bei der Einsetzung der Priester wird Mose angewiesen (Ex 29) – Blut an die Hörner des Altars zu streichen (Ex 29,12), Blut um den Altar zu sprengen (Ex 29,16), die Priester mit Blut zu bestreichen (Ex 29,20), die Priesterkleider mit Blut und Salböl zu besprengen (Ex 29,21) und den Rest des Blutes auf den Sockel zu giessen (Ex 29,12).

Auch bei der Einweihung des Heiligtums wird nichts von Blut erwähnt, sondern nur von Salböl (Ex 40,9-16). Aus dem ganzen Pentateuch erfahren wir nichts Genaueres, ob und wie das Blut bei der Einweihung zum Einsatz kam. Die Juden besassen auch viele mündliche Überlieferungen. Der Geschichtsschreiber F. Josephus berichtet, dass das Heiligtum mit Blut und Öl besprengt wurde: „Hierauf besprengte er mit dem Blute der Opfertiere die Kleidung Aarons, ihn selbst und seine Söhne, reinigte sie mit Brunnenwasser und salbte sie mit Öl, auf dass sie Gott geheiligt würden“ (Jüdische Altertümer, drittes Buch, 8. Kapitel, Absatz 6, Seite 169). Der Verfasser des Hebräerbriefs hält jedoch daran fest, dass das Zelt und alle Geräte mit Blut besprengt wurden (Hebr 9,21).

Tatsache ist, dass im AT alles mit Blut gereinigt und geweiht wurde. Genauso verhält es sich im Neuen Bund: „Ohne Blutvergiessen gibt es keine Vergebung“ (Hebr 9,22). Denn im Blut ist das Leben (Lev 17,11). Die unabwendbare Konsequenz der Sünde ist der Tod (Röm 6,23; Dtn 24,16). Die Sünde macht ein Blutopfer notwendig. Die Opfer im AT und das Opfer Christi demonstrieren wie schrecklich die Sünde ist in Gottes Augen. Unser vollkommenes Opfer im Neuen Bund ist Jesus Christus (Hebr 7,27; 9,12)!

Durch das Blut Christi – wurden wir von unseren Sünden erlöst (Offb 1,5b; 1Petr 1,18-19), wurde der neue Bund geschaffen, dem wir beitreten dürfen (Lk 22,20), wurde die Gemeinde teuer erkauft (Apg 20,28), wurden wir gewaschen (Offb 7,14), wurden wir gereinigt (1Joh 1,7), wurden wir geheiligt (Hebr 13,12), wurden wir versöhnt mit Gott (Kol 1,20), wurden wir gerecht gemacht (Röm 5,9), erhielten wir den Zutritt zum Heiligtum (Hebr 10,19), sind wir Gott ganz nahe gekommen (Eph 2,13), haben wir Gemeinschaft mit Gott (1 Kor 10,16), haben wir Anteil am Sieg (Offb 12,11).

Das bessere Opfer erfolgte ein einziges Mal (9,23-28)
Was sind die Abbilder des Himmels? Das Heiligtum ist ein Abbild der Gemeinde. Das Allerheiligste ist ein Abbild des Himmels. Wir verstehen, dass die irdischen Abbilder gereinigt werden müssen, aber was ist mit dem Himmel? (Vers 23). Der Himmel, wo Gott wohnt, ist und bleibt rein. Nichts Unreines wird in den Himmel eingehen (Offb 21,27). Demzufolge kann der Himmel nicht durch ein besseres Opfer gereinigt werden.

Nach welchen Opfern verlangt denn das Himmlische?
Dies könnte sich auf die geistlichen Dinge auf Erden beziehen, d. h. auf die Gemeinde oder das Reich Gottes, welches aus geretteten Sündern besteht. Es könnte sich aber auch auf die Gläubigen beziehen, die unter dem alten Bund gelebt haben (Vers 15).

Der Verfasser macht weitere Kontraste, um das bessere Opfer zu erklären (V. 24).
Jesus ging nicht bloss in ein Abbild hinein, das von Menschenhand erschaffen wurde. Jesus ging in den Himmel selbst, „um jetzt vor Gottes Angesicht für uns einzutreten“ (siehe auch Röm 8,34).

Im Alten Testament mussten die Priester jedes Jahr mit Tierblut ins Heiligtum hineingehen.
Jesus ging mit seinem eigenen Blut ins himmlische Heiligtum. Deshalb muss er sich auch nicht jährlich opfern, d. h. kreuzigen lassen. Denn sein Blut ist viel besser als Tierblut. Sein Opfer geschah ein für allemal. Mit seinem Opfer am Kreuz können alle Sünder der Vergangenheit (AT), der Gegenwart, d. h. des ersten Jahrhunderts und der Zukunft gerettet werden; alle Gläubigen in den Generationen bis zur Wiederkunft. Irrlehren, die im Gegensatz zur Lehre des Hebräerbriefs stehen: Es ist falsch zu glauben, dass Jesus sich im Himmel immer wieder opfere. Es ist falsch, dass Jesus beim Abendmahl immer wieder neu geopfert wird.

Jesus ist am Ende der Zeiten erschienen (V. 26a).
Was bedeutet das? Als Jesus geboren wurde, erfüllte sich die Zeit der Prophezeiungen auf ihn (Gal 4,4). Als Jesus öffentlich auftrat (erschien), begann das Ende der Zeiten (V. 26). Mit Jesu Wiederkunft endet das Ende der Zeiten (V. 28). Diese Verse widersprechen der Irrlehre eines tausendjährigen Reichs auf Erden. Obschon wir uns gemäss den Schriften am Ende der Zeiten befinden, gibt es keine Gewissheit dafür, dass wir in den allerletzten Tagen leben kurz vor der Wiederkunft Christi (nicht einmal Jesus kannte den Tag: Mt 24,36; Mk 13,32).

Jesus ist erschienen „um durch sein Opfer die Sünde aufzuheben“ (V. 26b)
Er ist nur einmal in diese Welt gekommen, um für unsere Sünden zu sterben. Wäre das Opfer Jesu unvollkommen oder ungenügend wie die Tieropfer, dann hätte er immer wieder für uns am Kreuz sterben müssen. Doch Christus hat mit einem einzigen Opfer die Sünde aufgehoben (ἀθέτησις): für ungültig erklärt, getilgt, gecancelt, annulliert. Dabei geht es nicht um Allversöhnung, sondern um die Voraussetzung zum Heil zu schaffen, damit die Vergebung der Sünden für alle, die glauben möglich wurde. Nur wer sich versöhnen lässt mit Gott durch Jesus Christus, dem können seine Sünden vergeben werden (2Kor 5,19-21). Durch das Blut Christi wurde der versperrte Zugang zu Gottes Paradies wieder frei. Jetzt liegt es an jedem einzelnen Menschen, umzukehren vom Weg der Sünde und an den Heilsplan Gottes zu glauben (Lk 13,1-5; Apg 13,46; Joh 12,48).

„Ein einziges Mal“ (V. 27-28)
Die Betonung liegt hier darin, dass der Mensch - einmal geboren wird und einmal lebt, einmal stirbt und einmal gerichtet wird. Parallel dazu wurde auch Christus einmal geopfert wird, um die Sünden vieler auf sich zu nehmen (Jes 53,10-12; Joh 1,29). Dabei wird er ein zweites Mal erscheinen, um die Welt zu richten und allen Gläubigen den „Kranz der Gerechtigkeit“ auszuteilen (2Tim 4,8). Deshalb erwarten wir unseren Herrn und König mit grossem Eifer und Freude (2Petr 3,12; 1,10; Offb 22,20).

 

 Link zu Hebräer 10:  Die Opfergabe Christi