1. Petrus-5b: Die Jüngeren sollen sich den Ältesten unterordnen

Leiden, die sich lohnen

5. Kleidet euch mit Demut

 

 

   Verse 5-7: Die Jüngeren sollen sich den Ältesten unterordnen.

Der Apostel und Mitälteste ermahnt die Jüngeren „ebenso” (ὁμοίως, 3,1.7).

Im ganzen Zusammenhang bezieht Petrus den Begriff „Ältester” (πρεσβύτερος) auf das besondere Amt in der Gemeinde (Tit 1,5; Apg 20,17). Es könnten aber in Vers 5 sehr wohl auch allgemein ältere Männer (πρεσβύτης) gemeint sein (Tit 2,1). Falls Petrus mit den Ältesten in Vers 5 die älteren Männer meinte, dann zählen die Ältesten einer Gemeinde ganz sicher auch dazu.

In der jüdischen Gesellschaft galt jeder unter 40 Jahren als jung (νέος oder νεώτερος, Apg 5,5). Aus der Bibel lernen wir, dass Gott will, dass die Jüngeren die Älteren ehren. Ältere Menschen besassen damals oft grössere Gotteserfahrung, Reife und Lebensweisheiten als die Jüngeren und wurden in der Gesellschaft als Vorbilder betrachtet. Jeder wusste, dass ältere Menschen Respekt und Ansehen verdienten für das, was sie in ihrem Leben geleistet haben. Es heisst sogar (Lev 19,32): „Vor ergrautem Haar sollst du aufstehen, und einen Alten sollst du ehren …”

Paulus schreibt Timotheus (1Tim 5,1): „Einen älteren Mann sollst du nicht anfahren, sondern ihn ermahnen wie einen Vater …”

Obschon mit diesem „ebenso” Männer und Frauen angesprochen sind, gilt hier die Aufmerksamkeit besonders den jüngeren Männern, die mit den männlichen Ältesten erwähnt werden (V. 1 & 5). Denn es geht um die Führung, die Gott nicht den Jüngeren überlässt, sondern den älteren und besonneneren (Tit 2,2.6). Jüngere Männer, die eine zu grosse Verantwortung in der Gemeinde übernehmen, stehen in Gefahr hochmütig zu werden und sich von Versuchungen überwältigen zu lassen (1Tim 3,6).

Deshalb sollen sich die Jüngeren den Ältesten unterordnen (ὑποτάσσω),

- wie alle Gläubigen jeder menschlichen Ordnung (2,13),

- wie alle Frauen ihren Männern (3,1),

- wie alle Mächte und Gewalten dem Herrn (3,22).

Gleichzeitig sollen sich alle Gläubigen mit Demut kleiden: Kolosser 3,12. In Kolosser 3 wird von anziehen (ἐνδύω) gesprochen. Die NGÜ übersetzt sehr treffend: „Und für euch alle gilt … Kleidet euch in Bescheidenheit!” Das gilt jetzt allen Gläubigen, denn der Glaube führt zur Demut!

Das griechische Verb „kleiden” (ἐγκομβόομαι) ist ein sogenanntes Hapax Legomenon das im ganzen NT nur einmal vorkommt. Es bedeutet, sich etwas fest zu eigen machen. Sich etwas anknoten, umbinden, anlegen. Die alte Zürcher Übersetzung brauchte das Wort „gürten”. Denn, dieses griech. Kleiden hat mit Zuknoten zu tun und wird verschieden ausgelegt, z. B.:

- Jesus band sich eine Schürze um, um als Diener seinen Jüngern die Füsse zu waschen (dafür wird allerdings ein anderes griech. Wort benützt: Joh 13,4-5).

- Reiche wickelten sich mit ihren teuren Kleidern ein und knoteten sie am Ende zu, um darin prächtig auszusehen. Ebenso prächtig sehen Gläubige in Gottes Augen aus, wenn sie sich mit dem Kleid der Demut zuknoten.

Was bedeutet das, sich in Demut kleiden?

Es bedeutet in erster Linie zu begreifen, dass alles, was in unserem Leben geschieht, von Gott gegeben ist (Mt 6,25-34).

Der allmächtige Gott schreibt mit jedem einzelnen Menschen seine persönliche Lebensgeschichte (Ps 33,15.18). Gibt Gott uns einen geringen Stand, so haben wir uns zu fügen. Gibt Gott uns Schranken und sogar Schwächen, so nehmen wir das demütig an (2Kor 12,7b-10).

Besonders Gläubige sind sich bewusst, dass sie unter der Führung und Fürsorge des Allmächtigen stehen (Ps 31,24).

Deshalb setzen sie nicht eigenmächtig ihren eigenen Willen durch, sondern fragen mit demütigem Geist in jeder Lebenssituation zuerst: „Was willst du Herr das ich denke oder tue?” In diesem Sinn kleiden wir uns mit Demut, wenn wir danach streben, alles zuerst aus Gottes Sicht zu betrachten.

Gott widersteht allen, die hochmütig sind, „den Demütigen aber schenkt er seine Gnade” (V. 5b). Hochmut bedeutet Eigenwilligkeit, sich selbst gross zu machen! Wer sich aber vor dem Herrn demütigt, indem er Gottes Wille akzeptiert, der wird erhöht werden (Jak 4,6-10). Weil Jesus sich für uns am meisten erniedrigte, wurde er von Gott auch am meisten erhöht (Phil 2,8-9). Die Tatsache bleibt (1Sam 2,7):

„Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.”

„Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden” (Mt 23,12).

Gott wohnt nur „bei den Zerschlagenen und Erniedrigten …” (Jes 57,15b). Das hat nichts mit dem sozialen Stand zu tun. Es geht um die Einsicht unserer Schwachheiten, unserer Fehlentscheidungen und Machtlosigkeit. Selbsterniedrigung bedeutet für alle Sünder, dass sie sich von Gott führen lassen und dem Herrn ihre Sünden offen bekennen.

Gott spottet über die Spötter, aber den Demütigen schenkt er seine Gnade (Spr 3,34). Stolz ist die Wurzel aller Sünde und Irrwegen! Stolz vergiftet jede Beziehung.

Deshalb ruft Petrus uns Gläubigen auf (V. 6a): „Beugt euch demütig.” Um demütig zu sein, müssen wir uns geistig beugen. Das heisst, wir halten in Demut (ταπεινοφροσύνη) einander in Ehren, indem einer den andern höher achtet als sich selbst (Phil 2,3). Wir erniedrigen uns wie Jesus vor dem Vater und vor den Menschen. Wir halten uns nicht selbst für klug (Röm 12,16b).

„Die starke Hand Gottes” (V. 6b) ist ein typischer Ausdruck aus dem AT, der besonders im Zusammenhang mit dem Exodus vorkommt: Ex 3,19-20. Gottes starke, mächtige (κραταιός) Hand betont sein Leistungsvermögen.

Ex 6,1: „Er wird sie ziehen lassen, mit starker Hand, und mit starker Hand wird er sie aus seinem Land vertreiben.”

Ex 13,14: „Mit starker Hand hat uns der Herr aus Ägypten, aus einem Sklavenhaus, herausgeführt.”

Dtn 5,15: „Denke daran, dass du Sklave gewesen bist im Land Ägypten und dass der Herr, dein Gott dich von dort herausgeführt hat mit starker Hand und ausgestrecktem Arm.”

Hesekiel spricht (Ez 20,33): „Mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit ausgegossenem Zorn werde ich über euch herrschen.”

Damit Gott uns zu seiner Zeit erhöhe! Mit anderen Worten: Wir warten gläubig, bis Gottes Zeit gekommen ist, uns zu erhöhen. Das mag ein Leben lang dauern oder „nur” ein paar Jahre (ev. weniger). Denn, Gläubige werden im irdischen Leben oft nicht schnell erhöht. Wir dürfen aber mit Gewissheit darauf vertrauen, dass wir von Gott erhöht werden, wenn die Zeit dafür gekommen ist! Denn, das Ziel Gottes mit uns ist unsere Erhöhung.

Ps 37,34a: „Hoffe auf den HERRN und halte dich an seinen Weg, so wird er dich erhöhen, das Land in Besitz zu nehmen …”

Sorgen auf Christus werfen (V. 7).

Es ist menschlich, dass Menschen sich um irdische Dinge sorgen (Mt 6,25-34). Die Einen sorgen sich mehr, die Anderen weniger, aber alle tun das bis zu einem bestimmten Mass. Es ist eine Tatsache, dass Leiden von selbst Sorgen mit sich bringen. Aber der Geist Gottes lehrt uns Christen loszulassen und uns der starken Hand Gottes, d. h. seiner Führung anzuvertrauen (Ps 55,23).

Deshalb werden aufgerufen, unsere Sorgen auf Christus zu werfen (ἐπιῤῥίπτω). Als Jesus nach Jerusalem kam, nahmen zwei Jünger ihre Kleider und warfen sie auf einen jungen Esel den sie herbrachten, damit der Herr bequemer sitzen und in die Stadt reiten konnte (Lk 19,35). Im übertragenen Sinn sollen alle Geplagten und Beladenen ihre Sorgen auf Christus werfen, denn Jesus ist unser Esel, unser Lastenträger.

- Jesus ist sanft und demütig.

- Bei ihm finden wir Ruhe für unsere Seelen (Mt 11,29).

Der Herr ist nahe und kümmert sich um uns (Phil 4,6-7): „Sorgt euch um nichts, sondern lasst in allen Lagen eure Bitten durch Gebet und Fürbitte mit Danksagung vor Gott laut werden. Und der Friede, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus.”

Der Hauptverantwortliche für unsere Sorgen ist allein Gott! An Gott sollen wir uns wenden im Gebet und ihm vertrauen lernen. Das ist der Sinn und Zweck aller Sorgen. Es geht ums Loslassen und ums Werfen. Wir bitten Gott und sagen: „Komm mir zu Hilfe und Sorge du für mich!”

Je mehr wir unsere Sorgen im Vertrauen dem Herrn übergeben können, desto entspannter und gelassener werden wir im Alltag und können uns Gott besser hingeben. Es geht nicht um Gleichgültigkeit, Faulheit oder Kapitulation! Es geht vielmehr darum, das (eigensinnige und egozentrische) Lösen von Problemen dem Herrn zu überlassen.

Mit dieser Gesinnung „schlagen wir zwei Fliegen auf einmal tot”:

- den Hochmut,

- die Sorgen.

 

 

 Verse 8-11: Seid wachsam vor dem brüllenden Löwen