Leiden, die sich lohnen
Kapitel 4 (Teil 2): An den Leiden Christi teilhaben
Verse 12-15: Freut euch an den Leiden Christi.
Petrus gebraucht hier das zweite Mal die Anrede, „Meine Geliebten” (2,11). Damit offenbart er seine liebevolle Gesinnung gegenüber seinen geistlichen Geschwistern, die er allen anbefiehlt (2,17b). Gleichzeitig erinnert er alle Nachfolger Christi daran, dass sie Gottes geliebte (ἀγαπητός) Kinder sind (1Joh 3,2).
Niemand soll sich wundern (ξενίζω), befremden, erstaunt oder enttäuscht sein, (4,4: verärgert). Äussere Umstände und eigene Gefühle können uns täuschen, indem wir uns schlecht fühlen, als ob uns Gott verlassen hat. Auch Jesus fühlte sich schlecht, als er im Garten Gethsemane unter Tränen zum Vater flehte (Hebr 5,7-9), doch schliesslich diente dies unserem Heil.
Darum sagt Petrus mit anderen Worten: „Hört auf verwundert oder befremdet zu sein, bezüglich den Verfolgungen, die euch zurzeit heftig bedrängen!” Damit wird „die Echtheit eures Glaubens” auf die Probe (πειρασμός) gestellt (1,7; Jak 1,12).
Jakobus 1,2-3: „Nehmt es für lauter Freude, meine lieben Brüder und Schwestern, wenn ihr mancherlei Prüfungen zu bestehen habt, denn ihr wisst, dass die Erprobung eures Glaubens Ausdauer bewirkt.”
Gott will sehen, ob unser Glaube echt ist, deshalb lässt er uns prüfen, mit einer angemessenen Intensität, die wir aushalten können (1Kor 10,13). Besonders in Zeiten der Not ist es äusserst unklug, wenn wir zweifeln an Gottes Liebe und Beistand (Apg 14,22). Gott ist viel grösser als jedes Problem und tausendmal mächtiger als unser Feind; der Durcheinanderwerfer (= Diabolos).
Petrus scheint Bezug zu nehmen auf seine Aussage in Kapitel 1, wo er die Gläubigen mit wertvollem Gold vergleicht, das durch Feuer geläutert wird (1,7). Dieses Feuer (πύρωσις), diese Feuersglut oder den Feuersturm (NGÜ) der Verfolgung und der Leiden hat zum Zweck uns zu reinigen, Ausdauer zu bewirken und uns zu zubereiten auf die Krone des ewigen Lebens (Offb 2,10c). Jesus sagte voraus, dass seine Nachfolger leiden werden (Mt 5,11-12; Lk 12,51; Joh 16,33; 2Tim 3,12). Wir können nur Miterben Christi sein, wenn wir mit ihm leiden (Röm 8,17; Phil 1,29). Wer das weiss, der wird nicht fliehen, noch feig zurückschrecken, sondern sich tapfer und mutig den Herausforderungen des Lebens stellen (Hebr 10,38-39).
Petrus bezieht sich hier mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Christenverfolgung, die durch den Kaiser Nero, nach dem Brand in Rom, eingeleitet wurde. Wir wissen, dass Nero Christen kreuzigen und mit Pech bestreichen liess, damit sie als lebendige Fackeln in der Nacht seinen Palastgarten beleuchteten. Für die Arena wurden Christen in Felle wilder Tiere eingenäht, um blutrünstige Hunde auf sie zu hetzen. Nero liess Christen auch in Säcke stecken, die mit Steinen beschwert wurden, um sie in den Fluss Tiber zu werfen.
Schlussfolgerungen:
Daraus sehen wir, dass der Herr den Gläubigen in der Vergangenheit schon einiges zumutete! Wir Christen werden heute in unserem Land kaum mehr solchen unmenschlichen Prüfungen und Leiden ausgesetzt. Es gibt allerdings heute noch grosses Leid, das Christen in anderen Ländern auf dieser Welt, durch Verfolgungen, ertragen müssen. Jede Form der Ablehnung ist ein Prüfstein unseres Glauben. Aber auch wir wohlhabenden Christen können uns den täglichen Prüfungen des Leidens nicht entziehen! Niemand kann sich ihnen entziehen! Gott hat dafür gesorgt, dass alle Gläubigen in allen Generationen ihren Glauben unter Beweis stellen müssen. Denn Gott prüft auch unsere Herzen auf den Glauben und die Hingabe.
Für Ungläubige hört es sich zynisch an, wenn der Apostel sagt (V. 13): „Freut euch …!” Doch das ist die neue Weltanschauung eines Wiedergeborenen. Die Welt sieht keinen Sinn in Verfolgungen und Leiden, sondern nur Strafe. Ein Nachfolger Christi hingegen sieht darin seinen grossen Segen und seine Herausforderung im Glauben zu wachsen. Denn nur ein geprüfter Glaube ist ein echter Glaube. Es ist keine Kunst Jesus zu bekennen, wenn alle uns bejahend zunicken. Deshalb freut er sich, wie die Apostel damals (Apg 5,41). Denn, wer wie Christus leidet, wird damit zum Miterben (Röm 8,17) und wird sogar mit ihm herrschen (2Tim2,12; Offb 22,5). Jeder, der an den Leiden Christi teilhaft, hat auch Anteil an seiner Herrlichkeit (V 13). In diesem Sinn werden alle standhaften Gläubigen durch ihre Leiden von Christus auf die ewige Herrlichkeit vorbereitet.
Petrus spricht von „der Offenbarung seiner Herrlichkeit” und nimmt damit Bezug auf seine Wiederkunft. Jesus kommt wieder und erscheint allen Menschen vom Himmel her (Mt 24,30; 25,31; Lk 17,30). Zusätzlich sagt Paulus (Röm 8,18): „Ich bin nämlich überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zur Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.” Die Herrlichkeit wird uns offenbart (ἀποκάλυψις), d. h. enthüllt, offengelegt. Das griechische Wort Apokalüpsis bedeutet, dass die Umhüllung von etwas Verborgenem befreit oder entblösst wird.
„Selig seid ihr …” (V. 14). Es ist interessant, dass Petrus hier dasselbe griechische Wort benutzt wie Jesus in seiner Bergpredigt (Mt 5). Makarios (μακάριος) bedeutet glücklich, selig, glückselig oder auch „wohl dem …” Seligkeit geht jedoch über das irdische Glücklichsein hinaus. Die Seligkeit wird uns im Himmel angerechnet wie ein unvergänglicher Schatz (Mt 6,20). Sie verschwindet nie wieder! Im Gegensatz zum irdischen Glücklichsein, das beschränkt und oft von kurzer Dauer ist.
Paulus freut sich „über alle Schwachheit, Misshandlung, Not, Verfolgung und Bedrängnis, um Christi Willen” (2Kor 12,10). Denn, wenn er schwach ist (durch Bedrängnisse von aussen), dann vermag ihn Gottes Kraft stark zu machen. Verfolgungen bringen also erst Gottes grosse Kraft zum Vorschein. Auf diese Weise wirkt Gottes Geist der Herrlichkeit in uns Gläubigen.
Das ist ein Versprechen: Gottes heiliger Geist legt sich besonders auf die Leidenden und Verfolgten, um Christi Willen (V. 14c). Jesus verspricht seinen Jüngern, dass sie sich nicht sorgen sollen, wenn sie in Gerichten und Synagogen vorgeführt werden (Lk 12,11; 21,12-15). Petrus selbst sprach zu den Führern des Volkes, erfüllt vom Heiligen Geist (Apg 4,8.13). Als Stephanus vor dem Hohen Rat stand, war sein Antlitz wie das eines Engels (Apg 6,15). Als Stephanus gesteinigt wurde, sah er Gottes Herrlichkeit und Jesus zur Rechten Gottes stehen (Apg 7,55-56). Gottes Geist wird auch uns beistehen, wenn wir von den Menschen verleumdet werden.
Wer das Wort Gottes in grosser Bedrängnis annimmt (wie die Thessalonicher), der kann das nur mit der inneren Freude tun, „die aus dem heiligen Geist kommt” (1Thess 1,6). Generell angewandt liegt also eine besondere Kraft des heiligen Geistes auf allen Gläubigen, die bereit sind, für die Gemeinde des Herrn Leiden zu ertragen.
Es gibt aber auch eine falsche Art Leiden zu ertragen (V. 15).
Mörder (φονεύς), d. h. einer, der Menschen tötet. Z. B. Barabbas (Mk 15,6-7). Das Volk forderte die Freilassung eines Mörders (Apg 3,14). Das Ende aller Mörder ist im Feuer- und Schwefelsee (Offb 21,8).
Dieb (κλέπτης), d. h. einer, der stiehlt. Das abgeleitete deutsche Wort ist Kleptomanie und wird heute als psychische Störung betrachtet. Kennzeichnend sind wiederkehrende Diebstähle ohne erkennbaren Nutzen oder Motiv. Die Bibel sagt, dass Diebe das Reich Gottes nicht sehen werden (1Kor 6,10).
Verbrecher (κακοποιός), d. h. einer, der Böses tut. Verbrecher, Übeltäter (= dreimal im Petrusbrief: 2,12; 3,16; 4,15). Die Juden klagten Jesus bei Pilatus als Verbrecher an (Joh 18,30). Jesus wurde mit zwei Verbrechern oder Übeltätern gekreuzigt (Lk 23,40-41).
Hehler, Spitzel, Denunziant (ἀλλοτριεπίσκοπος). Wörtlich: Einer, der sich über fremde (Menschen oder Dinge) zum Aufseher macht. Einer, der die Rechte anderer missachtet oder sich in die Rechte anderer einmischt. Josef wurde von seinen Brüdern als solchen verurteilt (Gen 37,5-11). Der Kaiser Nero klagte die damaligen Christen zu Unrecht an, sie hätten in der Stadt Rom einen Brand gelegt.
1Petr 3,12: „Die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten und seine Ohren ihrer Bitte zugewandt; das Antlitz des Herrn aber steht gegen die, die Böses tun.” Als bösartiger Christ zu leiden gilt bei Gott als Schande, für die wir uns schämen sollten. Für Ungerechtigkeit um Christi Willen zu leiden ist ein Segen, für den wir selig gesprochen werden.
Schlussfolgerungen:
Verfolgung = in unserer Zeit auch Ablehnung! Es ist und bleibt eine Tatsache, dass unser Glaube erst dann wachsen und stark werden kann, wenn er durch Leiden aller Art herausgefordert wird. Als Bösewicht zu leiden als Christ ist eine Schande. Wer aber als Christ leidet für seinen Glauben, der braucht sich nicht zu schämen. Im Gegenteil!
Wer als Christ für Christus leidet darf sich freuen, denn der Herr spricht in selig! Jeder, der auf irgendeine Art Böses tut, dem wird nicht nur die Seligkeit abgesprochen, sondern der wird das Gericht Gottes erfahren (V. 17). Petrus sagte es bereits:
- Das ist Gnade, wenn wir Unrecht erleiden (2,19).
- Es ist besser für Gutes zu leiden, als für schlechtes Verhalten (3,17).
Darum, lasst uns unser Bestes geben, um Christus mit unserem Leben zu verherrlichen, selbst wenn dafür wir leiden müssen, denn darin liegt der Segen Gottes!
Fortsetzung Kapitel 4 (Teil 2): Niemand schäme sich als Christ