1. Timotheus-04: Falsche und wahre Frömmigkeit

Gemeindeordnung

 

 

 I.   Verse 1-5: Warnung vor Glaubensabfall durch Irrlehren

Erst jetzt erkennen wir, wie wichtig der Aufbau des Briefs an Timotheus bis jetzt war:

Kapitel 1: Die gesunde Lehre bewahren

Kapitel 2: Gebet und Gottesdienst

Kapitel 3: Dienste und Qualifikationen

Das Ziel der Ermahnungen, die Paulus an Timotheus richtet, steht in Vers 6!

Von der Leiterschaft einer Gemeinde hängt unser Heil ab.
Ohne Leiterschaft fehlen die Vorbilder und die Wegweisung im Glauben (Heb. 13,7.17; 2. Kor. 11,13-15). Schlechte Leiterschaft öffnet die Tür für Streitigkeiten und falsche Lehren (2. Tim. 3,1-9; Röm. 16,17-18). Falsche Leiterschaft führt zum Glaubensabfall (2. Tim. 4,1-5; 2. Pet. 2,12-22).

Das erste Wort im vierten Kapitel ist „aber“ (δέ).
Paulus wechselt damit von den guten und vorbildlichen Leitern zu den Irrlehrern. Von Anweisungen zur geistlichen Leiterschaft zu Warnungen vor Leitern, die sich als Werkzeuge Satans benutzen lassen.

Wer gibt diese Warnungen in Bezug auf die kommenden Irrlehrer? – Der Geist Gottes! Paulus spricht nicht von persönlichen Ideen und Meinungen, sondern von dem was der heilige Geist unmissverständlich dem Apostel inspiriert hat (1,1). Einige Jahre vorher warnte er die Ältesten der Gemeinde in Ephesus vor den reissenden Wölfen, die kommen und die Herde nicht schonen werden (Agp. 20,28-30). Später warnte er die Kolosser, dass sie sich durch leere und trügerische Philosophien nicht einfangen lassen sollen, Lehren die Gebote von Menschen sind und nur fromm und demütig aussehen (Kol. 2,8.20-23). Und nun warnt er durch den heiligen Geist von Makedonien aus den jungen Evangelisten in Ephesus, indem er ihm sagt: „Du kannst es vielleicht jetzt noch nicht feststellen, aber sei wachsam, denn es wird so kommen.“

Einige werden vom Glauben abfallen und - sich Irrgeister (oder: irreführenden Geistern) zuwenden, auf Lehren von Dämonen (oder: Lehren, die von dämonischen Mächten eigegeben sind) hören, es geht hier weniger um okultische Mächte, es geht hier um Lehren, die nicht von Gott stammen, sondern vom Teufel, der seine Engel aussendet, um die Menschheit zu verführen (Offb. 20,8; 2. Tim. 3,13): 2. Pet. 2,1-3; Joh. 8,44.

Einige werden Lehren von Leuten folgen, die sich verstellen und die Wahrheit verdrehen (2. Thess. 2,3). Leute, die ein Brandmahl im Gewissen tragen. Was ist damit gemeint? Bsp. Rinder erhalten mit einem feurigen Eisen hinten ein Brandmahl aufgedrückt, damit der Besitzer es von weitem als sein Eigentum erkennt. Dieses Brandmahl kann nie wieder entfernt werden, weil es fest ins Fleisch des Tieres eintätowiert wurde. Ein Brandmahl ist wie totes Fleisch, ohne Gefühlsempfinden. Genauso gefühlslos und tot kann das menschliche Gewissen sein, das von Irrlehren geprägt wurde. Leute, „deren Gewissen so abgestumpft ist, als wäre es mit einem glühenden Eisen ausgebrannt worden“ (NGÜ). Die Häufigkeit einer Handlung kann so lange ausgeübt werden, bis wir nichts mehr empfinden. Vieles, was wir in der heute in unserer gottlosen Welt erleben ist dem Herrn ein Gräuel, doch wir haben uns vielleicht längst an diesen Zustand gewöhnt, weil wir abgestumpft sind: Eph. 4,17.19.

Was lehrten diese Irrlehrer damals?

Im Timotheus:
Heiraten untersagen (1. Tim. 4,3): Heb. 13,4; 1. Kor. 9,5 (Eph. 5,23-31). Enthaltung von bestimmten Speisen (1. Tim. 4,3): Röm. 14,2-3.14-17.20 (1. Kor. 8,8; Kol. 2,20-23; Heb. 13,9).

Im Petrus:
Verleugnung des Herrn Jesus (2. Pet. 2,1). Verspottung der Wiederkunft (2. Pet. 3,3).

Im Johannes:
Verleugnung, dass Jesus der Gesalbte Gottes ist (1. Joh. 2,22). Verleugnung, dass Jesus im Fleisch gekommen ist (1. Joh. 4,2).

Der Kommentator William Barclay schreibt: „Wenn ein Aufseher, Priester, Diakon oder ein anderer Geistlicher ehelos bleibt, kein Fleisch isst und keinen Wein trinkt nicht um der Askese oder der Selbstzucht willen, sondern aus Abscheu, weil er sie für böse hält, obwohl alle Dinge sehr gut sind und Gott Mann und Frau gemacht hat, dann lästert er damit das Werk Gottes. Ein solcher soll sich entweder bessern oder aber abgesetzt und aus der Kirche ausgeschlossen werden. Das gleiche gilt für Laien.“

Irenäus schrieb gegen Ende des zweiten Jahrhunderts von den Anhängern des Saturninus, die behaupteten: „Ehe und Fortpflanzung seien des Satans. Desgleichen enthalten sich viele tierischer Nahrung und machen durch diese falsche Enthaltsamkeit viele abtrünnig“ (Wider die Häretiker 1,24,2).

Alles was Gott geschaffen hat ist gut (καλός): Apg. 11,7-9 (Apg. 10,9-15; 1. Kor. 10,23.25). In der LXX wird auch bei der Schöpfung dieses griechische Wort gebraucht (Gn. 1,31). Die Ehe ist Gottes Erfindung und sie war gut (Gn. 2,18-24). Gott gab dem Menschen alles zu essen (Gn. 9,3). Es gibt nur eine Ausnahme (Gn. 9,4). Anordnung für die gläubigen Heiden (Apg. 15,20; 21,25). Die Juden sagten vor jedem Essen Dank, was auch wir tun sollten.

Gottes Gaben sollten mit der folgenden Einstellung eingenommen werden:

- Wir sollen bei ihrem Gebrauch bedenken, dass es Gaben Gottes sind.

- Wir sollen die Gaben Gottes mit anderen teilen.

- Wir sollen die Gaben Gottes dankbar entgegennehmen.

Aus dem ganzen Abschnitt geht hervor, dass es die Wahrheit Gottes gibt, an die der Mensch sich halten soll!

 

 II.   Verse 6-11: Wie ein guter Diener Christi arbeitet

Was tut ein guter (καλός) Diener (διάκονος) Christi?

Zur Diskussionsübersicht: Ein Diener wie Timotheus (Antworten aus den Pastoralbriefen). Ein Evangelist in der örtlichen Gemeinde benötigt: einen tiefen Glauben, eine gute Ausbildung und das Talent, andere für das Evangelium zu begeistern. Wir alle sind Diener einer örtlichen Gemeinde.

1. Er liebt den Herrn und Seine Gemeinde (1. Tim. 1,19; Mt. 22,37 Apg. 4,32).

2. Er leitet die Gemeinde durch das Evangelium (1. Tim. 4,14). Leitung ist nicht nur den Ältesten vorbehalten! Wenn es keine Ältesten gibt, dann leitet der Evangelist (Heb. 13,7.17). Ein Leiter –

wird entmutigt, aber er geht weiter (2. Tim. 4,5).

ist manchmal erschöpft, aber er gibt nie auf (Mk. 3,20-21).

wird hart kritisiert, aber er lässt sich nicht einschüchtern, oder aufhalten.

macht Fehler, aber er ist einsichtig und bereit zur Veränderung (Jak. 3,2).

hat ein warmes Herz und eine dicke Haut (d.h. sensibel aber nicht ständig verletzt).

ist bereit den Preis für seine Leiterschaft zu zahlen (2. Kor. 6,4…).

weiss den Weg und das Ziel, und zieht andere mit sich.

3. Er leitet die Gemeinde durch sein Vorbild: 1. Tim. 4,12 (Tit. 2,7-8; 1. Kor. 4,1-2).

4. Er bildet Frauen und Männer aus zu Leitern.
Er setzt Männer und Frauen ein für die vielfältigen Dienste in der Gemeinde. Er setzt Älteste ein (Tt. 1,5). Wie Jesus leitete (Lk. 6,40): Er ging voran und zeigte wie es gemacht wird (Mt. 14,22-33). Er leitete andere an und schaute, wie sie es machen (Mk. 9,28). Er verliess sie und überliess ihnen die Leiterschaft (Joh. 16,7).

5. Er warnt die Glieder vor Irrlehrern und Irrlehren (1. Tim. 4,6).

6. Er verkündigt das Evangelium, ob es erwünscht ist oder nicht (2. Tim. 4,2).

7. Er kann Ungerechtigkeit erdulden: 2. Tim. 2,3.24 (1,8).

8. Er betet unermüdlich für die Gemeinde und für alle Menschen (1. Tim. 2,1).

9. Er dient der Gemeinde wie Jesus das tat (Mk. 9,35; Joh. 13).

Eigenschaften eines effizienten Leiters:

Effiziente Leiter kümmern sich um Menschen.

Effiziente Leiter besitzen eine starke Überzeugung.

Effiziente Leiter sind fähig, andere zu gewinnen.

Effiziente Leiter fordern andere dazu heraus, ihr Bestes zu geben.

Effiziente Leiter bilden andere aus, das zu tun, was sie selbst tun.

Effiziente Leiter wissen, wann die Zeit zum Abnabeln gekommen ist.

Gott beruft nicht die Qualifizierten, sondern Er qualifiziert die Berufenen!

Ein guter Diener Christi folgt der gesunden Lehre, wie Timotheus das offensichtlich tat. Wie unser fleischlicher Körper die richtige Nahrung braucht, um gesund zu bleiben, so verhält es sich auch mit unserer Seele. Ein guter Diener nährt sich mit gesunden Worten aus der Bibel, die den Glauben aufbauen. Er folgt den Anweisungen des Heiligen Geistes (4,1) und lässt sich nicht auf unnötige Streitfragen ein (2. Tim. 2,23).

Ein Diener Christi hört nicht auf die Legenden von alten Frauen. Was ist damit gemeint? Gemeint sind Mythen und Geschlechtsregister (1,4). Die Menschen lieben Mythen oft mehr als die reine Lehre Christi (2. Tim. 4,4). Besonders alte Frauen erzählten ihren Grosskindern gerne irgendwelche Geschichten oder Märchen. Die Irrlehrer verbreiteten jüdische Mythen (Tt. 1,14). Es gab aber schon damals viele heidnische Mythen. Auch wir sollten uns hüten, unseren Kindern gottlose Märchen zu erzählen, die ihnen mehr schaden als nützen. In der heutigen Zeit gibt es für jedes Alter viele Hollywoodfilme, die mit ihren gottlosen Mythen und Geschichten unser Weltbild verstellen und uns in unserem reinen Glauben beeinflussen. Darum: Hände weg! wer ein guter Diener Christi sein möchte, damit Satan damit keinen Zugang findet zu unseren Herzen.

Wie üben wir uns in der Frömmigkeit (εὐσέβεια)?
Was versteht die Welt unter einem frommen Menschen? Gottgläubig, kirchlich, frömmlerisch, heuchlerisch.

Was verstehen wir unter einem frommen Menschen?
Ein Mensch der sich mit Gott und der Bibel auseinandersetzt. Ein Mensch, der sein Leben nach christlichen Werten ausrichtet. Wollen wir in den Augen der Menschen fromm dastehen?

Was versteht die Bibel unter Frömmigkeit?
Frömmigkeit ist Gottesdienst (Apg. 17,23), Gottesfurcht (1. Tim. 5,4). Es wird unterschieden zwischen falscher, äusserlicher und wahrer Frömmigkeit.

Falsche Frömmigkeit:
Irrlehrer scheinen äusserlich gesehen fromm zu sein, aber leben ihre eigene Gerechtigkeit (2. Tim. 3,5; Röm. 10,1-3). Jeder, der sich nicht nach der gesunden Lehre ausrichtet, der lebt eine falsche oder eine eigene Frömmigkeit (1. Tim. 6,3), die Gott verabscheut und die vergeblich ist. Z. Bsp.: Enthaltungen und unnötige Leiden auf sich nehmen, die Gott nicht geboten hat (1. Tim. 4,3). Unterhaltungsshows statt biblische Anbetungen. Gottloser Lebenswandel und falscher Umgang mit der gesunden Lehre (Jak. 1,26-27). Etliche Juden verzichteten auf vieles und stellten Regeln auf, um vor andern Menschen fromm dazustehen (Kol. 2,8-23, besonders V. 23). Jesaja und Jesus klagten die Juden an, dass sie den Herrn vergeblich verehrten, indem sie lehren vortrugen, die gar nicht von Gott waren (Mt. 15,9).

Äusserliche Frömmigkeit:
Fasten, Beten, Almosen geben um von Leuten bewundert zu werden (Mt. 6). Werkgerechtigkeit durch körperliche Kasteiungen. Auf Versammlungszeiten und Gemeindeaktivitäten begrenzt. Körperliche Ertüchtigung wird der Frömmigkeit gegenüber gestellt. Wahre Frömmigkeit ist keine rein körperliche Disziplin! Sie betrifft Körper, Seele und Geist (Mt. 22,39).

Wahre Frömmigkeit:
Das ist eine innere Einstellung, die Gott zu Gefallen lebt und nicht etwa ein Mittel, um Geld zu verdienen (1. Tim. 6,5; Mt. 10,8), hat schon auch mit körperlicher Kasteiung und Enthaltsamkeit zu tun! Wir sollen uns enthalten (1. Pet. 2,11-12). Wir kasteien unseren Körper wie Athleten (1. Kor. 9,24-27). Wir kämpfen nach den Vorschriften Gottes (2. Tim. 2,5). Es hat aber nichts mit einer Askese zu tun, „die den Leib in Missachtung niederschlägt“. Die Züchtigung ist Ausdruck für die Manneszucht des Kämpfers, der den Leib in seiner Gewalt hat und ihn seinem Willen entsprechend auf ein Ziel hin einsetzt (Bsp. Pferd & Sanftmut), lebte Kornelius durch seine Almosen und Gebete (Apg. 10,2), erfordert Mühe: 2. Timotheus 3,12. Das ist eine Quelle grossen Reichtums: 1. Timotheus 6,6 und trägt die Verheissung des ewigen Lebens (1. Tim. 4,8).

Frömmigkeit ist das Kennzeichen des christlichen Lebens: 1. Tim. 2,2. In der alten Zürcherbibel wird Noah als frommer Mann bezeichnet; in der neuen Übersetzung: als gerechter Mann (Gn. 6,9), als Künder der Gerechtigkeit (2. Pet. 2,5). Gott erhört die Gottesfürchtigen: Johannes 9,31. Wir werden aufgerufen, der Gerechtigkeit und der Frömmigkeit nachzujagen: 1. Tim. 6,11, heilig und fromm zu leben auf den Tag der Wiederkunft: 2. Pet. 3,11

Das Wort Gottes ist zuverlässig und hat vollste Zustimmung und Aufmerksamkeit verdient: 1. Tim. 1,15; 3,1; 4,9; 2. Tim. 2,11; Tt. 3,8 (1,9). (Siehe Liste: Die Bibel, Lektion 11: Was bewirkt Gottes Wort in uns?) Timotheus soll das Wort Gottes allen lehren.

Woran kann erkannt werden, ob Timotheus und wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben? An der Bereitschaft hart zu arbeiten (κοπιάω) und zu kämpfen (ἀγωνίζομαι). In Kolosser 1,29 macht Paulus eine ähnliche Aussage! Kopos bedeutet harte Arbeit, Mühe. Agon bedeutet Last, Strapazen, Leidenskampf auf höchster Leidensstufe (Lk. 13,24: Agonie). Wie hart sind wir bereit zu arbeiten zur Rettung der Menschen? Wie stark sind wir bereit zu leiden für das Evangelium von Christus?

Was kann unter harter Arbeit und unter dem Leidenskampf im Glauben alles verstanden werden? Drückende Last und sogar Schläge von aussen (2. Kor. 6,5.11.23.27). Verfolgungen von aussen (2. Tim. 3,12). Gefahr der Erfolglosigkeit (Gal. 4,11). Trauer über die Verlorenen (Röm. 9,1-2). Persönliches Versagen und Mutlosigkeit über eigene Schwächen (Röm. 7,24).

Jesus Christus allein ist der Retter (σωτήρ) für alle Menschen: Römer 1,16-17. Es gibt kein anderer Name unter dem Himmel, durch den wir Menschen gerettet werden können (Apg. 4,12). Die Menschheit soll nur auf einen Mittler hören (1. Tim. 2,5); auf den Sohn Gottes (Mt. 17,5). Nur durch seinen Namen erlangen wir die Vergebung der Sünden (Apg. 10,43).

Timotheus wird von Paulus angewiesen, diese Dinge zu lehren und den Geschwistern einzuschärfen.

 

 III. Verse 12-16: Vorbildlicher Wandel eines Evangelisten

Wie jung war den Timotheus etwa?
Es wird angenommen, dass er zwischen 22-27 Jahre alt war, als er sich Paulus anschloss. Das war ca. im Jahre 51 n. Chr., auf der zweiten Missionsreise des Paulus (Apg. 16,1). Inzwischen sind aber über 10 Jahre vergangen, ca. 63 n. Chr., wo Timotheus diesen Brief von Paulus erhält. Timotheus war also nun zwischen 34-39 Jahre alt (nicht ganz so jung, wie wir vielleicht vermutet haben) und predigte in der Gemeinde in Ephesus. Paulus ermutigt den „jungen“ Evangelisten Timotheus. Niemand soll an ihm herunter schauen, ihn gering schätzen, nur weil er noch jung sei. Damals galt man in diesem Alter noch als jung, besonders dann, wenn man die Apostel und ihre Lehre vertrat. In der Gemeinde gab es offenbar einige ältere Judenchristen (Presbyter), die sehr weise und lebenserfahren waren. Sie waren mit dem Gesetz Mose vertraut und setzten sich nun intensiv mit dem Evangelium Christi auseinander.

Gerade als junger Prediger hat Timotheus der Gemeinde etwas zu bieten, indem er ein Vorbild (τύπος) ist: 2. Timotheus 2,22. Vorbild wird im Griechischen Tüpos (τύπος) genannt.

Tüpos bedeutet:
Schlag, Stoss (z. B. Metallmünzen erhalten durch einen staatlich anerkannten und angefertigten Stempel ihre Wertprägung; Mt. 24,49; 27,30; Lk. 6,29; 23,48). a) Eindruck, Abdruck, b) Abbild, Figur (Joh. 20,25; Apg. 7,43). a) Gepräge, Gestalt, Form, b) Skizze, c) Vorbild, Muster, Beispiel usw. (z. B. kein Kleidungsstück entsteht ohne Muster oder Skizze).

Bibelstellen:
Adam ist ein Gegenbild (ein Vorbild des Gegensatzes) des Zukünftigen: Röm. 5,14 (1. Pet. 3,21; antitupon). Die Dinge im AT sind als Vorbilder für uns geschehen: 1. Kor. 10,6. Der Gestalt der Lehre gehorsam geworden: Röm. 6,17.

Beim Auto sprechen wir von einem „Prototyp“. Proto = erster, vorderster, zuerst. Typos = Muster, Form, Bild. Zusammen = erstes Muster.

Wie es im technischen Bereich erste Muster gibt, so soll es auch im zwischen-menschlichen Bereich Vorbilder geben in der Gemeinde, wie Timotheus. Paulus ruft auf, sein Beispiel nachzuahmen: Phil. 3,17 (2. Thess. 3,9). Die Gläubigen in Mazedonien waren ein Vorbild: 1. Thess. 1,6-7. Auch Titus wird aufgerufen, ein Vorbild zu sein: Titus 2,7.15.

Timotheus wird aufgerufen auf fünf Gebieten ein Tüpos zu sein:

In seiner Wortwahl (λόγος)
Es kommt darauf an was und wie etwas gesagt wird: Mt. 12,34; Kol. 4,6. Die Zunge muss in Zaum gehalten werden: Jak. 1,26. Paulus ruft auf dem Lob nachzudenken: Phil. 4,8.

In seinen Taten, d.h. in seiner Lebensführung (ἀναστροφή)
Der alte Wandel als Gottlose: Eph. 4,22 (1. Pet. 1,15). In Sanftmut und Weisheit wandeln: Jak. 3,13. Der früherige Lebenswandel des Paulus (Gal. 1,13). Der Lebenswandel der Reichen (1. Tim. 6,18).

In seiner vorbehaltlosen Liebe (ἀγάπη)
Agape liebt alle Menschen, selbst die Feinde (Mt. 5,46). Agape steckt an: 1. Joh. 4,16.

In seinem Glauben (πίστις)
Der Glaube ist die Frucht des heiligen Geistes (Gal. 5,22-23). Durch den überzeugten Glauben der Alten konnte viel bewirkt werden in dieser Welt (Heb. 11,1.9-19). Der Glaube überwindet die Welt: 1. Joh. 5,4. Schon der kleinste Glaube vermag grosses zu bewirken: Mt. 17,20.

In seiner Lauterkeit (ἁγνεία)
Was uns Menschen verunreinigt: Mt. 15,10-20. Ein reines Herz: Mt. 5,8. Die Seelen gereinigt: 1. Pet. 1,22; 3,21b.

Wenn ein Evangelist auf diesem Gebiet ein Vorbild sein kann, dann vermag er viel Gutes zu bewirken für die Gemeinde und das Reich Gottes!

Paulus gibt dem Timotheus ein Etappenziel, bis er bald zu ihm reisen wird (3,14).

Timotheus soll der Gemeinde in den folgenden drei Aufgaben dienen:

1. Lesung, Vorlesen (ἀνάγνωσις): Offenbarung 1,3.
Alttestamentliche Schriften, wie in der Synagoge (Lk. 4,16; Apg. 13,15). Die empfangenen Austauschbriefe (Kol. 4,16; 1. Thess. 5,27). Ein Evangelist muss mehr, als bloss ein bisschen in der Bibel lesen! Nachforschen, studieren, nachsinnen, abwägen (Apg. 17,11; 1. Kor. 2,10; Jos. 1,8; Ps. 1,2; Dt. 17,19; Ps. 119,97-104). Er arbeitet hart und gibt in der Verkündigung sein Bestes (1. Tim. 5,17; 6,3; Tt. 1,9).

2. Ermahnung, Ermahnen (παράκλησις): 2. Tim. 2,25; 4,2 (Tt. 2,15).
Nebensichrufen, Zusichrufen, Bitten, Trösten (siehe 2,1), (Gal. 6,1). Warnen (niemand würde tatenlos zusehen, wenn ein Haus in Flammen steht während Menschen darin schlafen). (1. Thess. 5,14; 1. Tim. 5,20): Hebräer 3,12-13 (10,25).

3. Unterweisung, Lehren (διδασκαλία): Der Unterschied zwischen AT und NT erklären (Joh. 5,39). Tatsachen, Zahlen, Bibelstellen auswendig lernen. Die biblische Lehre ist entscheidend für eine Gemeinde. In einer Gemeinde soll es nicht zu viele Lehrer geben (Jak. 3,1). Auf der andern Seite werden Glieder getadelt, weil sie schon längst Lehrer sein müssten, aber im Glauben nicht gewachsen sind (Heb. 5,12-13). Die Gemeinde muss unterwiesen werden auf allen Stufen und in aller Wahrheit (1. Kor. 14,6). Es ist nicht unbedeutend oder unwichtig was wir glauben!

Timotheus wird aufgerufen, seine besondere Geistesgabe nicht zu vernachlässigen, die er empfangen hatte. Die Gabe des Heiligen Geistes darf nicht mit den Geistesgaben verwechselt werden. Die Gabe des Heiligen Geistes empfängt jeder bei seiner Bekehrung in der Taufe (Apg. 2,38). Geistesgaben konnten nicht alle Gläubigen empfangen. Sie wurden nur einzelnen durch die Handauflegung der Apostel verliehen.

Paulus spricht von zwei Gaben, die ihm verliehen wurden:

- Prophetischer Zuspruch (1,18), der durch göttlichen Zuspruch geschah.

- Handauflegung der Ältesten in Ephesus (4,14 wie in Apg. 6,6; 13,3), der durch menschliche Zustimmung erfolgte und seiner Einsetzung als Evangelist diente (2. Tim. 4,5).

Timotheus wurde als junger Mann von Paulus in der Gemeinde von Lystra entdeckt (Apg. 16,1-3). Paulus beschnitt ihn und nahm ihn auf seinen Reisen als treuen Gefährten mit. Paulus legte ihm die Hände auf und verlieh ihm durch den Heiligen Geist eine übernatürliche Geistesgabe: 2. Timotheus 1,6.

Timotheus empfing –

durch den prophetischen Zuspruch die Geistesgabe, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, zu Ermahnen und zu Lehren.

durch die Handauflegung der Ältesten Gabe oder Autorität, zu predigen und darin andere anzuleiten, zu führen durch den Heiligen Geist und andern die Hände aufzulegen, indem sie für Dienste in der Gemeinde eingesetzt werden (5,22).

diese Gaben, damit er sie nicht vernachlässige, sondern sie in seinem Dienst täglich einsetze! Jeder Evangelist darf nicht nachlässig werden, indem er seine Talente vergräbt. Es ist eine Ehre und ein Privileg der Gemeinde des Herrn zu dienen.

Auf welche Aufgaben soll sich Timotheus konzentrieren?

Dass er die Gemeinde warnt vor den Irrlehrern, die die Wahrheit verdrehen (4,2).

Dass er die Gemeinde lehrt, dass alles von Gott Geschaffene gut ist und mit Danksagung genossen werden darf (4,3-4).

Dass er sich von den gesunden Worten des Glaubens nährt und ein guter Diener Christi ist (4,6).

Dass er die Altweibergeschichten zurückweist (4,7).

Dass er sich in der wahren Frömmigkeit übt und nicht in körperlichen Enthaltungen (4,8).

Dass er hart arbeitet und um die verlorenen Seelen kämpft (4,10).

Dass er Jesus Christus als den alleinigen Retter für alle Menschen verkündigt (4,11).

Dass er vorbildlich wandelt als Evangelist; ein Tüpos ist (4,12).

Dass er der Gemeinde dient durch Vorlesungen, Ermahnungen, Unterweisungen (4,13).

Dass er die erhaltenen Geistesgaben nicht vernachlässigt, die ihm durch Gottes Gnade geschenkt worden sind (4,14).

Das Ziel eines Evangelisten ist die Rettung möglichst vieler Seelen! (Jak. 5,20). Denn Gott, der Herr will, dass alle Menschen gerettet werden (1. Tim. 2,4). Deshalb braucht der Herr menschliche Werkzeuge, die seinen Willen ausführen. Paulus meint dies keinesfalls wörtlich, dass Timotheus sich selbst und andere retten könne. Jesus Christus ist der alleinige Retter. Durch einen vorbildlichen christlichen Lebenswandel und durch die Verkündigung der guten Lehre Christi kann in andern Menschen der Glaube geweckt werden. Der Erste, der von einer seriösen Vorbereitung profitiert, ist der Verkündiger der Botschaft. In zweiter Linie werden alle davon profitieren, die aufmerksam zuhören und das Gehörte in die Tat umsetzen (Jak. 1,22-23). Es geht nicht um menschliche Ehre, sondern um Himmlische: Daniel 12,3; Matthäus 13,43. Es geht um einen geistigen Krieg, indem wir mitten im Kampf stehen gegen den unsichtbaren Feind (Eph. 6,12).