Matthäus-16: Konflikt und Vorbereitung der Jünger

Jesus, der König

 


 Kapitel 16,1-4: Die Pharisäer fordern einen Beweis

Normalerweise waren die Pharisäer und Sadduzäer miteinander verfeindet. In jenen Tagen waren die Sadduzäer die Liberalen, die Weltlichen und Machtgierigen und lehnten alles Traditionelle in Religion ab. Die Pharisäer hingegen waren die „Antis“ in jenen Tagen. Sie waren die Nationalisten und Traditionalisten. Sie waren die religiösen Fanatiker und Schmalspurdenker.

Trotz dieser extrem unterschiedlicher Denkweise, taten sie sich zusammen, um Jesus zu versuchen, zu erproben (πειράζω). Im Markusev. wird diese Versuchung kürzer abgehandelt: Mk 8,11-13. Die Pharisäer versuchten ihn immer wieder: Mt 19,3; 22,18.35 (Joh 8,6).

Es gibt grundsätzlich drei Wege, wie wir versucht werden können:

- von eigener Lust gezogen (Jak 1,14),

- von Satan im Leben geprüft (Hiob 1,12),

- von Menschen erprobt (Mt 16,1).

Wie weit sollten Menschen in der Gemeinde von Prüfungen fern gehalten werden? Auch Jesu Jünger mussten sich für oder gegen Jesus entscheiden!

Die Frage ist nur: Was für ein Zeichen forderten denn Jesu Widersacher?
Sie hatten doch von der Speisung der 4000 gehört (Mt 15,32). Jesus heilte viele Kranke (Mt 4,23-25; Kap. 8), weckte Tote auf (9,24). Sie bekannten ja selbst, dass Jesus viele Zeichen tat: Joh 11,47-48; 12,37. Sie forderten schon einmal ein Zeichen: Mt 12,38-40 (Joh 2,18; 1Kor 1,22). Insgesamt fünfmal wurde Jesus von den Juden dazu aufgefordert (Mt 12,38; 16,1; Lk 11,16; Joh 2,18; 6,30). Dies geschah, nachdem Jesus den Besessenen geheilt hatte. Doch dieses Zeichen nahmen Jesu Widersacher nicht an, sondern verurteilten ihn, er stehe mit Beelzebul in Verbindung (Mt 12,24).

Sie forderten ein Zeichen vom Himmel:

- Wie durch Mose geschah (Joh 6,31: Manna vom Himmel).

- Wie durch Josua entstand (Jos 10,12: Sonne und Mond standen still).

- Wie durch Samuel bewirkt (1Sam 12,17-18: Donner und Regen).

- Wie durch Elia erbeten (1Kön 18,38: Als Zeichen für die Baalspropheten), (Jak 5,16-17: 31/2 Jahre kein Regen).

- Wie die Jünger geschehen lassen wollten (Lk 9,54: Feuer vom Himmel).

Die Antwort Jesu bleibt immer dieselbe: Nein!
Denn nur ein böses Geschlecht begehrt ein solches Zeichen vom Himmel. Selbst die grössten Zeichen können Ungläubige und Widerspenstige nicht überzeugen (Lk 16,27-31).  Jesus verweist alle jedes Mal, in der er mit einem Zeichen herausgefordert wird, auf seinen Tod und seine Auferstehung! Selbst am Kreuz, als er von ihnen verspottet wurde, liess er sich nicht herausfordern: Mt 27,41-42. Zeichen fordern war in Gottes Augen nicht immer böse (siehe Gideon Ri 6,17).

Die Pharisäer wollten Jesus nicht anerkennen: Sie wussten, wie die Himmelserscheinungen zu deuten waren. Die Zeichen der Zeit konnten sie nicht beurteilen:

- Die Propheten kündigten Jesus an.

- Johannes der Täufer zeugte von Jesus.

- Jesus bezeugte, mit seiner Geburt, seiner Abstammung, seinem ganzen Leben und Wandel, dass er der verheissene König ist.

 

 Kapitel 16,5-12: Jesus warnt seine Jünger vor den Pharisäern und Sadduzäern

Jesus geht den Widersachern aus dem Weg und segelt mit seinen Jüngern nach Betsaida.

Jesus warnt seine Jünger: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ (Siehe auch Mk 8,15; 3,6.)

Vor welchem Prinzip warnte Jesus seine Jünger?
Eine Antwort lässt sich in der folgenden Stelle finden: Lk 12,1. Heuchelei, Verstellung, Täuschung. Voreingenommenheit, Stolz, Machtgier usw. Jesus warnte vor der schlechten Haltung der Widersacher: Mt 16,1.

Jesus warnte sie vor der Lehre der Pharisäer: Mt 16,12. Sadduzäer glauben nicht an die Auferstehung (Apg 23,8). Pharisäer waren von menschlichen Regeln beherrscht (Mt 15,1).

Sie konnten mit ihrem schlechten Einfluss unter den Gläubigen viel Schaden anrichten. Ein wenig Sauerteig vermag den ganzen Teig zu durchsäuern: 1Kor 5,6; Gal 5,9. Auch in der Gemeinde ist es sehr gefährlich, Menschen in der Mitte zu haben, bei denen die richtige Haltung und Hingabe zur gesamten Arbeit fehlt. Das kann ansteckend sein wie ein Grippevirus. Darum werden wir aufgerufen zum unermüdlichen Dienst: Hebr 12,12-17.

Weil Jesus Dalmanuta (das Gebiet von Magadan) so unerwartet schnell verlassen hatte, vergassen die Jünger genügend Brot zu kaufen. Matthäus erzählt uns, dass sie kein Brot mitgenommen oder gekauft hatten. Markus berichtet, dass sie nur ein Brot (vielleicht ein altes) dabei hatten: Mk 8,14. Sie waren so sehr mit der Nahrung beschäftigt, dass sie Jesu Worte völlig missverstanden. Geht es uns nicht manchmal gleich? Warum?

- Weil wir andern nicht richtig oder nicht bis zum Ende zuhören!

- Weil wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind!

- Weil erfolgreiche Kommunikation oft so schwierig ist und viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt!

Jesus erinnert sie an die Speisung der 5000 und 4000. Schliesslich verstanden sie, dass der Herr nicht über Nahrung sprach (V. 12).

 

 Kapitel 16,13-20: Das Bekenntnis des Petrus

Jesus kommt mit seinen Jüngern in die Gegend von Cäsarea Philippi. Dieser Ort liegt ca. 65 km nördlich vom See Genezareth, im Hermon Gebirge. Diese Stadt hiess im AT zuerst Dan (Gen 14,14), dann Lais (Ri 18,7). Herodes Philippus der Tetrach, der diese Stadt neu aufbaute, gab ihr diesen Namen. Damit ehrte er den damals herrschenden Kaiser Tiberius (= Cäsar). Damit die Stadt aber von anderen Städten mit dem Namen Cäsarea unterschieden werden konnte, benannte er sie im zweiten Teil nach seinem Namen: Philippi.

Jesus war mit seinen Jüngern endlich allein: Nachdem Jesus gebetet hatte, ruft er seine Jünger zu sich (Lk 9,18). Durch das Gebet konnte sich Jesus wieder neu sammeln und auf das Ziel seiner Mission konzentrieren. Durch das Gebet wird der Mensch fragend, zuhörend und richtet sich nach Gottes Wille aus.

Jesus fragt seine Jünger zwei Fragen:

Für wen hält ihn die Volksmenge?

Für wen halten die Jünger ihn?

Mit diesen Fragen bewirkt er zweierlei:

- Er tastet ab, wieviel die Jünger soweit verstanden haben.

- Er kann das Ziel seiner Mission kommunizieren und einen neuen Akzent setzen, der für das Weiterkommen der Jünger richtungsbestimmend ist. Der ganze Abschnitt wird im allgemeinen als Höhepunkt der Lehrtätigkeit Jesu betrachtet.

Für wen haltet ihn die Volksmenge? Die Jünger antworten:

- Für Johannes den Täufer, für Elia

- Für Jeremia oder einen andern bedeutenden Propheten.

- Für die Menschen war Jesus einer unter vielen grossen Propheten. Obschon sich das nach einem Kompliment anhört, so ist es doch im wahrsten Sinn eine Ablehnung. Denn Jesus ist nicht bloss ein Prophet, sondern der Prophet.

Jesus ist der Sohn des Menschen, die Gottheit, die Fleischesgestalt angenommen hat und von einer Frau geboren wurde (Gal 4,4). Auch in der heutigen Zeit rufen viele Menschen „Herr Jesus“ (Mt 7,21). Aber sie wollen seiner Lehre und seinen Worten nicht gehorchen, sondern lieber ihren eigenen Willen tun. Sie bekennen zwar Christus als einen Herr, aber nicht ihr Herr!

Für wen halten die Jünger ihn? Petrus hat Jesus richtig erkannt. Er bekennt: Du bist der Gesalbte (Messias, Christos) Gottes.

Jesus lobt den Petrus, weil er sieht, dass niemand eine solche Antwort aus dem Fleisch heraus sagen kann: 1Kor 2,14; Mt 13,16-17. Ein Mensch, der vom Fleisch getrieben ist, nimmt Anstoss: an den Worten Jesu (Joh 6,63-66), wenn Probleme auftauchen (Mt 13,21).

Obschon die Jünger viele Angriffe von den Pharisäern und Sadduzäern miterlebten, zweifelten sie keinen Augenblick an der Wahrheit, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Auch in der heutigen Zeit ist es nicht anders. Wenn schon damals Anklagen auf Jesus erhoben wurden, der ja vollkommen ist, wieviel mehr wird es dann auf die unvollkommenen Führer in der Gemeinde Anklagen geben?! Trotz verschiedener Angriffe und Versuchungen, die auf die örtliche Gemeinde zukommen, liegt es zuletzt immer an jedem einzelnen, ob er oder sie an den Herrn glaubt und der örtlichen Gemeinde treu sein will (Hebr 10,35-36; Jud 17-21).

- Wie will Jesus seine Gemeinde bauen? (Vers 18)

- Wer ist der Felsen?

Es gibt die folgenden drei Auffassungen:

- der Felsen bezeichne Petrus,

- er bedeute Jesus Christus,

- er ist das Bekenntnis des Petrus.

Die Auffassung der römisch-katholischen Kirche und zahlreicher protestantischer Theologen ist, dass der Fels Petrus sei. Durch diese Auslegung wird das ganze Papsttum gerechtfertigt. Die Katholiken behaupten, dass der „heilige“ Petrus der erste Papst war, auf dem die kat. Kirche aufgebaut sei. Um die katholische These zu stützen, muss bewiesen werden, dass der Fels Petrus ist, Jesus ihm durch dieses Wort einen geistlichen Vorrang in seiner Gemeinde zusichern wollte, dieser Vorrang übertragbar war, Petrus nach Rom gekommen ist, er dort Bischof war, und er diesen Vorrang seinen Nachfolgern, den Bischöfen von Rom, übermittelte.

Eine andere Auslegung: Der Grundstein, der dem ganzen Gebäude den Halt gibt, kann keinesfalls ein fehlbarer Mensch wie Petrus sein (Joh 18,15-27; Gal 2,11-14). Nur Jesus Christus allein kann diese Stabilität garantieren (Mt 21,42; Jes 8,14; 1Petr 2,4-7; 1Kor 3,11; Eph 2,15). Wenn das so auszulegen wäre, dann müsste Jesus wörtlich gesagt haben: „... ich werde meine Gemeinde auf mich selbst aufbauen ...“

Der Stein bedeutet das Glaubensbekenntnis des Petrus!
Jesus baut seine Gemeinde auf diesem Glaubensbekenntnis. Jeder, der den Namen des Herrn bekennt und anruft (Apg 2,21), wird gerettet (Apg 22,16), wird zum Reich Gottes hinzugefügt (Apg 2,41), ist ein Glied der Gemeinde Jesu (1Joh 4,15).

Es kann nicht geleugnet werden, dass Petrus als Person einen wesentlichen Beitrag zum ganzen heiligen Tempelgebäude im Geist leistete. Er bekannte Jesus als den gesalbten König (Mt 16,16). Er verkündigte zu Pfingsten die erste Predigt nach der Himmelfahrt Jesu und öffnete mit dem Schlüssel der Erkenntnis das Reich Gottes für die Juden (Apg 2). Zehn Jahre später war er nochmals daran beteiligt, das Reich Gottes auch für die heidnische Welt zu öffnen (Apg 10). Er hinterliess allen Generationen zwei wichtige Briefe des NTs (1.&2. Petrusbriefe). Doch der ganze Zusammenhang in diesem Abschnitt ist nicht auf die Person Petrus - sondern auf Jesus als den Messias konzentriert!

In welchem Verhältnis steht die Gemeinde zum Reich der Himmel?
Die Gemeinde ist nicht das Reich, aber sie ist eng mit dem Reich verbunden. Es gilt zu unterscheiden:

- Das Königreich Israel (Ex 19,6).

- Das genahte Königreich (Mt 4,17)

- Die Gemeinde Jesu (universal: Eph 1,22-23; 5,23; Kol 1,18.24).

- Die örtliche Ekklesia (Mt 18,20; Apg 8,1; Röm 16,1; Kol 4,16).

Das Wort Reich weist mehr auf die Herrschaft hin, als dass es ein bestimmtes Gebiet bezeichnet.

Was ist mit den Pforten des Totenreichs gemeint?
Wie das Wort „Kirche“, so ist hier das Wort „Totenreich“ falsch übersetzt, weil man sich darunter etwas einseitiges vorstellt. Mit Kirche ist selbstverständlich nicht unsere Landeskirche gemeint, sondern die Herausgerufenen (Ekklesia), die sich aus der Finsternis ins Licht herausrufen liessen und für die Christus sein Leben gelassen hat (Apg 20,28).

- Sie haben sich aus der Finsternis zu Gott bekehrt (Apg 26,18).
- Gott wohnt nicht in Gebäuden, sondern in den Herzen der an Christus Gläubigen (Apg 17,24-25).
- Wir Gläubigen bilden die Gemeinde, Gottes Tempel (1Kor 3,16-17).Aus der Finsternis zu Gott bekehrt (Apg 26,18).

Mit Totenreich ist nicht der Ort der verlorenen Seelen gemeint, sondern der Hades als Ganzes.

Jesus sagt in Vers 18 unseres Textes, dass selbst der physische Tod die Gründung seiner Gemeinde nicht aufhalten kann. Wie weit Jesus damit seinen Tod meinte, oder den Tod, der über alle Menschen kommen wird, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Jesus baut seine Gemeinde unabhängig von menschlicher Kraft, Leben und Denken. Er allein bestimmt, wer zu seiner Gemeinde hinzugefügt wird. Da können wir noch lange Tafeln aufstellen. Da können wir noch so sehr in der Welt von der Mehrheit der Menschen als wahre Kirche betrachtet werden. Wer zur Gemeinde Jesu gehört, bestimmt Jesus und kein anderer (Mt 12,50)!

Was ist mit den Schlüsseln des Himmelreichs gemeint?
Schlüssel sind ein Symbol von Autorität (Lk 11,52; Mt 23,13). Wer jedoch im Besitz der Schlüssel ist, hat keine besondere Herrschaft. Es bedeutet lediglich, dass Petrus die einmalige Aufgabe erhielt, das Reich der Himmel für die Menschen aufzuschliessen.

Hier erfüllte sich das prophetische Wort des Jesaja, das auf Jesus hindeutete: Jes 22,22 (Offb 1,18).

Der dem Simon Petrus versprochene Platz im Fundament der Gemeinde und die Vollmacht zum Binden und Lösen wurden später allen Aposteln gegeben.

Weder Jesus noch die Urgemeinde haben Petrus die Stelle des Primus zuerkannt, geschweige denn seinen Nachfolgern (= Päpste usw.), die dem Neuen Testament ohnehin fremd sind.

Warum gab Jesus nun seinen Jüngern den strengen Befehl, dies niemandem zu sagen? Weil dieses Bekenntnis etwas zur Folge hatte: das Sterben, den Tod und die Auferstehung Christi! Deshalb klärte Jesus seine Jüngern später auf: Lk 24,44-46.

 

 Kapitel 16,21-23: Jesu erste Ankündigung seines Leidens

Die Zeit ist genaht, wo Jesus seinen Hingang vorerst seinen Jüngern offenbart. Jesus zog sich mit seinen Jüngern für etwa eine Woche zurück (17,1), um sie auf die kommende Zeit vorzubereiten. Sie befinden sich auf dem Weg zum hohen Berg (17,1: vermutlich das Hermon Gebirge).

Wir lesen immer wieder von bestimmten Zeiten oder Stunden Jesu:

- Die Zeit ist genaht (Mt 4,17; Mk 1,15), wo durch Jesus das Reich Gottes auf Erden kam.

- Die Zeit Jesu war noch nicht gekommen (Joh 7,6.30), in der er zur Kreuzigung überliefert werden sollte.

- Endlich war es Zeit, in der Jesus überliefert und verherrlicht werden sollte: Mt 26,18 (Joh 12,23). Nun war es Zeit für Jesus, um nach der Stadt Jerusalem zu ziehen; zu leiden, zu sterben und zu auferstehen (V. 21).

Stellen wir uns vor, wie Jesus mit seinen Jüngern auf den Berg steigt und sie auf der Wanderung fragt: Für wen haltet ihr mich? Petrus bekannte, dass Jesus der Gesalbte Gottes ist. Doch wie weit erkannte er den Gesalbten wirklich? Petrus und die andern Jünger waren ein Leben lang unterrichtet worden, dass einmal ein Messias kommen werde, der die weltliche Herrschaft in Israel antreten und politisch wieder alles in Ordnung bringen würde. Petrus bekannte zwar Christus, aber mit dem falschen Hintergedanken. Er verstand nicht, dass es Jesus nicht um eine weltliche Herrschaft ging. Sein falsches Konzept wurde durch Jesu Bestätigung („Du bist Petrus ...“ und Vers 20) noch unterstützt.

In seinen Gedanken bekannte er mit Überzeugung, dass Jesus ein weltliches Reich aufbauen werde. Petrus verstand nicht, was Jesus wirklich sagen wollte!

Ist es nicht auch oft so mit unserer Kommunikation über Gottes Geist und Wille?

Wir lehren und reden aneinander vorbei,

- weil wir nicht richtig zuhören,

- weil wir jahrelang ein falsches Konzept in unseren Köpfen herumtragen,

- weil wir uns durch unsere Voreingenommenheit und unsere fleischlichen Wünsche vom Geist Gottes nicht führen lassen.

Oft fragen wir zu wenig und bestätigen zu wenig, was wir wirklich gehört haben (Prinzip: Sender und Empfänger). Erst wenn ein Prediger in seiner Botschaft konkreter wird, dann verstehen wir und nehmen manchmal Anstoss. Erkenntnis und Praxis liegen oft weit auseinander (siehe Martha: Joh 11,24).

Obschon Petrus erkannt hatte, dass Jesus der Gesalbte Gottes ist, so verstand er noch nicht welche Konsequenzen dies für Jesus und seine eigene Zukunft hatte. Auf der Wanderung ging Petrus zu Jesus hin und nahm ihn auf die Seite (V. 22). Dann machte er Jesus Vorwürfe. Er weigerte sich diesen schrecklichen Gedanken von Jesu Tod anzunehmen. Er wollte Jesus vor so einem schrecklichen Ende behüten.

Jesus musste Petrus tadeln. Jesus durfte diesen Gedanken nicht stehen lassen. Warum nicht? Weil Petrus zurechtgewiesen werden musste, um das richtige Verständnis zu erhalten. Weil Jesus mit „ruhig sein“ dem Satan in seinem Herzen Raum gab. (Auch wir dürfen nicht in jedem Fall einfach schweigend alles hinnehmen, dem Frieden zu liebe!)

Genauso wenig, wie Jesus den Petrus selbst als den Felsen hinstellte, war die Bezeichnung „Satan“ auf ihn persönlich gerichtet! (V. 23) Petrus machte sich mit dieser Aussage zu einem Werkzeug Satans. So schnell können auch wir das falsche Reich unterstützen: Mt 6,24; 12,30 (Offb 3,15-16; 2Kor 6,15-16).

Jesus kam in die Welt, um für die Sünder sein Leben zu lassen und alles, was ihn daran hindern wollte, stand ausserhalb des Willens Gottes. Die Jünger dachten mit menschlichen Augen über das Reich Gottes nach. Sie malten Jesus mit einer weltlichen Krone, statt am Kreuz. Sie sahen sich vor den Menschen verherrlicht, statt verfolgt.  Die Jünger erkannten in Jesus ihren eigenen Vorteil.

Hier kriegen wir vielleicht eine Antwort auf die Verse, die wir in Kapitel 26,38 noch lesen werden: Der Druck der Last, die auf Jesu Schultern lag, war vielfach. Jesus war zu Tode bekümmert,

- weil er von seinen eigenen Glaubensgenossen (Juden) verworfen wird.

- weil er von den Römern gefangen genommen und gekreuzigt wird,

- weil er von einem Jünger verraten wird,

- und weil er seine Jünger zurücklassen musste und sie noch nicht verstanden!

Wie im Abschnitt vorher vom Sauerteig, sowie im Abschnitt nach dem Fels, mit der Bezeichnung „Satan“ ist ersichtlich, dass Jesus hier im ganzen Zusammenhang nicht im wortwörtlichen Sinn verstanden werden darf!

 

 Kapitel 16,24-28: Jesus ruft in seine Nachfolge

Jetzt kommt Jesus zur Sache und erklärt, was Nachfolge und Jüngerschaft bedeutet:

1. Nachfolgschaft
Es geht hier mehr um das Wörtchen „will“ (θέλω = wollen, wünschen, begehren, Gefallen haben, lieben; Mk 12,38). Wenn jemand in der Absicht Jesus nachzufolgen meint, er bekomme eine Krone aufgesetzt und werde Ehre und Macht erhalten vor den Menschen und ein königliches Leben führen können, der hat sich mit der Nachfolge Jesu getäuscht. Das Gegenteil ist der Fall!

Haben wir diese Worte in Vers 24 nicht schon einmal im Matthäus behandelt? (= Mt 10,37-39). Jesus will damit zu verstehen geben, dass selbst die engste und liebste Beziehung an zweite Stelle gerückt werden muss, wenn es um die Nachfolge Christi geht. Wer kein besonderes Verhältnis zu seinem Vater oder seiner Mutter hat, dem würde eine solche Forderung Jesu leicht fallen. Wer irgendeine Liebesbeziehung vor Jesus stellt, ist seiner nicht wert. Wer nicht allem anderen entsagt, kann nicht Jesu Jünger sein: Lk 14,33. Es geht hier nicht nur um eine besondere auserwählte Gruppe von Menschen. Es geht hier nicht bloss um einen guten Willen. Es geht auch nicht bloss um einen Teilbereich unseres Lebens, den wir Jesus zur Verfügung stellen können, sondern es geht um „alles“!

2. Selbstverleugnung
Bis zur Selbstverleugnung soll unsere Liebe zum Herrn gehen. Jeder wird in seinem Glauben angemessen versucht und herausgefordert werden, wie z. B. Petrus: Er war bereit, allem zu entsagen: Mt 26,32-35. Doch gerade er war es, der dem Druck der Versuchung nicht standhalten konnte: Mt 26,69-75. Niemand wird über sein Vermögen versucht werden (1Kor 10,13). Alle müssen sich zum Herrn bekennen: Mt 10,32; Röm 10,10. Die Frage ist: Was suchen wir in der Gemeinde und was erwarten wir? (eine nette Gesellschaft, einen Ehepartner, Geld, neue Geschäftsbeziehungen?)

3. Kreuz

- Wir sterben mit Christus: Gal 2,19-20.

- Wir werden mit Christus begraben: Röm 6,6-13.

- Wir werden mit Christus auferstehen: Kol 3,1-4.

4. Verlust des Lebens
Es geht um eine Nachfolgschaft, in der wir unseren eigenen Willen verlieren und uns gehorsam unter den Willen Gottes stellen: 1Petr 4,1-3.12-16. Wir müssen durch viele Trübsale ins Reich Gottes eingehen: Apg 14,22. Jemand hat einmal gesagt: „Jeder, der sich anmutet Christus nachzufolgen, sollte an Gethsemane und Golgatha denken.“ Deshalb ist es wichtig, dass wir die Kosten vorher gut überschlagen (Lk 14,28-32). Den eigenen Willen aufgeben und andern unsere Schwächen bekennen kann sehr gefährlich sein, da es viele Sekten gibt, die dann Menschen terrorisieren und sie psychisch missbrauchen. Hingabe hat viel mit Vertrauen zum Herrn und zur örtlichen Gemeinde zu tun, das bei jedem frei wachsen und nicht erzwungen werden darf.

Aber Jesus spricht hier nicht nur von Leiden und Trübsale und vom Leben verlieren, sondern es geht dabei um das neue Leben, das uns geschenkt wird! Die Nachfolge Jesu enthält einen grossen Lohn. Es geht um den kostbarsten Schatz (Mt 13,44-46), um den unvergänglichen Kranz (2Tim 4,8; 1Kor 9,24-27). Was nützt es einem Menschen, wenn er Superstar wird, erster im Skispringen, viel Geld verdient und sich vieles leisten kann, aber das zukünftige Leben einbüsst. In der Welt kann es immer nur einen Sieger geben, in Christus dürfen alle, die glauben zu den Siegern zählen (Phil 3,7.14). Jesus hat der Versuchung der Welt in der Wüste abgesagt: Mt 4,8.

Es geht um ein Milliardenerbe, für das es sich tausendmal lohnt zu leiden und zu kämpfen (1Petr 1,3-9; Jak 2,5). Aber selbst wenn wir auf dieser Welt leiden, dann geht es uns immer noch besser als den Gottlosen. Während Gottlose sich verbittern u. z. B. Magengeschwüre bekommen, lernen wir in Christus den Hass durch die Liebe zu überwinden. In Christus und seiner Gemeinde finden wir auch teilweise Erfüllung für das, was unsere Seele sucht, weil sie so geschaffen wurde, dass sie nach Gemeinschaft, Liebe, Frieden und einen Sinn im Leben verlangt.

Die folgenden Verse (16,27-28) Jesu sind nicht einfach zu verstehen: In Vers 27 geht es um die erste klare Andeutung seiner Wiederkunft: Mt 13,41.

Um was geht es aber in Vers 28 bei dieser Königsherrschaft? Es gibt dazu verschiedene Auslegungen:

- Die Erfüllung beziehe sich auf die Verklärung Jesu in Kapitel 17.

- Die Erfüllung beziehe sich auf die Wiederkunft Christi.

- Die Erfüllung beziehe sich nur auf Pfingsten.

Ich bin zur Überzeugung gekommen, dass es sich hier um die Auferstehung, Himmelfahrt und Ausgiessung zu Pfingsten geht. Die Auferstehung Christi war die Revolution in der Menschheitsgeschichte. Sie bestätigt die göttliche Königsherrschaft Jesu vollkommen (1Kor 15,1-8). Wenn Jesus von Königsherrschaft spricht, dann spricht er –

von Macht, die ihm vom Vater her übergeben wurde: Mk 9,1; Mt 28,18 (Kol 2,15).

von seiner Verherrlichung (Königsherrschaft): Joh 12,23; 17,5.

Doch die Himmelfahrt Jesu zeugt noch mehr von seiner göttlichen Königsherrschaft: Apg 1,9. Schliesslich empfingen auch die Jünger Macht vom Himmel als Zeichen der Königsherrschaft Christi: Apg 1,8; 2,4 (zu Pfingsten).