Jesus, der König
Kapitel 26,1-5: Jesus soll getötet werden
Verse 1-2: Zwei Tage vor dem Passafest.
Wir befinden uns mitten in der letzten Woche Jesu. Das Passafest war am Freitag. Zwei Tage vor dem Passafest bedeutet folglich der Mittwoch.
Es heisst: „Als Jesus alle diese Reden beendet hatte ...“ Damit wird auf den Anfang dieser Reden in Kapitel 24,3 verwiesen. Alles, was Jesus auf dem Ölberg lehrte, ist ein zusammenhängender Block. Es war ein internes Seminar, ganz speziell für die Jünger.
Jesus macht die vierte Ankündigung seines Leidens.
Erste Ankündigung (Mt 16,21-23).
Zweite Ankündigung (Mt 17,22-23).
Dritte Ankündigung (Mt 20,17-19).
Jesus bereitet seine Jünger auf die bevorstehende Zeit vor. In dieser Aussage wird Jesus ganz konkret in Bezug auf die Art seines Todes. In diesem Jahr erfährt das Passa seine wahre Bedeutung.
Verse 3-5: Die Versammlung des Sanhedrin.
Der Sanhedrin bestand aus 71 Mann. Der Präsident war zugleich der Hohepriester, der auf Lebenszeit gewählt wurde. Der Exhohepriester war Hannas (Joh 18,19-24), der Schwiegervater des Kajaphas (Joh 18,13), der abgesetzt wurde. Der neue Hohepriester war Kajaphas (Joh 11,49), der dem Sanhedrin vorstand und der bei ihm in seiner Burg (Joh 18,28) oder in seinem Palast tagte. Es war in jener Zeit niemals sicher, ob der Hohepriester des Jahres, der diesmal am Versöhnungstag ins Allerheiligste ging, auch im nächsten Jahr noch sein Amt besitze. Darum hebt Johannes hervor, dass Kajaphas der Hohepriester des Jahres war ...
Der ganze Vorstand traf sich schon mindestens einmal wegen Jesus: Joh 11,47. Es gab auch einzelne Besprechungen im kleineren Rahmen (Mt 12,14, 22,15). Später verurteilten sie Jesus in der Nacht zum Tode (Mt 26,57). Der Hohe Rat suchte nach einem Weg, um Jesus mit List umzubringen, denn sie fürchteten das Volk (Lk 22,2b) und wollten nicht, dass ein Aufruhr entsteht.
Warum musste Jesus sterben (aus der Sicht der Juden)? – Weil er die Wahrheit predigte! Jeder, der die Wahrheit lehrt und versucht gerecht zu leben, macht sich bei den meisten Menschen unbeliebt.
Bsp. Josef und seine Brüder (Gen 37,5-11).
Bsp. die Propheten (Jes 6,10; Jer 37,1-2).
Bsp. Jesus: Johannes 8,37-47.
Bsp. Paulus: Galater 4,16 (2Kor 7,8-12).
Fast alle Apostel Jesu starben als Märtyrer!
Kapitel 26,6-13: Jesus wird von einer Frau gesalbt
Diese Begebenheit fand viel früher statt, als Matthäus sie schildert (verm. samstags). Matthäus will mit seinem Evangelium keine chronologisch perfekte Abhandlung schreiben. Gemäss Johannes fand diese Begebenheit „sechs Tage vor dem Passa“ statt: Johannes 12,1-8.
An dieser Mahlzeit waren folgende Personen anwesend (gem. Joh 12):
Der vom Aussatz geheilte Simon, ein Pharisäer (gem. Lk 7,36, der in seinem Haus öfters Gäste hatte).
Lazarus, ein Ehrengast, der von den Toten auferweckt wurde.
Marta und Maria (Geschwister des Lazarus, Joh 11,1.5), die über Jesus die teure Salbe ausgoss.
Die Jünger Jesu, samt Judas Ischariot, der den Herrn anschliessend verriet.
Es war sicher ein wunderbarer Abend in schöner Gemeinschaft.
Verse 6-7: Maria zerbricht eine Alabasterflasche u. giesst die Salbe über Jesu Kopf. Maria war vermutlich keine Person mit vielen Worten. Sie erinnerte sich daran, als Jesus sie in Schutz nahm vor Martha, die sich zu sehr um die äussere Bewirtung zu schaffen machte (Lk 10.40). Nardensalbe war eine äusserst kostbare Pflanze, die zur Herstellung von Arzneien, Salben und Ölen diente; als Importartikel aus Indien sehr teuer. Sie betrug ungefähr den Wert eines Jahresgehalts eines durchschnittlichen Arbeiters (= 300 Denare). Sie wurde gebraucht, um die Verstorbenen einzubalsamieren. Wahrscheinlich hätte sie Jesus auch nur mit ein paar Tropfen salben können (wie die Hure in Lk 7,46).
Die Salbung:
Markus berichtet, dass Maria das Haupt Jesu salbte (Mk 14,3).
Johannes berichtet, dass Maria Jesu Füsse salbte (Joh 12,3a).
Heute würden wir sagen, dass sie ihn von Kopf bis Fuss salbte.
Danach trocknet sie mit ihren Haaren seine Füsse (= erotisch, sehr intim).
Verse 8-9: Die Jünger wurden unwillig.
Johannes 12 berichtet uns, dass es nur Judas war, der sich darüber äusserte. Christus war sich seiner Stunde voll bewusst, während seine Jünger das ganze Kreuzesleiden noch nicht verstanden: Johannes 12,23; 13,1; 17,1. Ich glaube nicht, dass Maria sich in dieser Weise bewusst war, was sie tat. Für sie war es ein spontaner Liebesbeweis.
Verse 10-13: Jesus verteidigt Marias Tat.
Jesus sieht in dieser Tat die Salbung für sein Begräbnis. Der Duft dieser Nardensalbe erfüllte nicht nur das Haus des Simon, sondern im geistlichen Sinn die ganze Welt, in der diese Geschichte erzählt wird.
Was können wir aus dieser Begebenheit lernen?
- Es gibt einen starken Kontrast zwischen Maria und Judas. Beide waren Jesu Jünger, beide standen Jesus sehr nah. Doch da gab es einen grossen Unterschied zwischen den beiden: Nichts war Maria zu teuer für den Herrn, während Judas den eigenen Profit sah. Für Maria war es ein Ausdruck ihrer Liebe, während es für Judas pure Verschwendung bedeutete. Er war keineswegs um die Armen besorgt (Joh 12,4-6)! Verhält es sich nicht genau gleich mit uns Gläubigen in der heutigen Zeit, wenn es um die Kollekte für die Gemeinde geht?
- Wir alle setzen unser Geld, Zeit, Arbeit usw. ein im Leben. Die Frage ist nur: Für was oder wen zerbrichst Du Deine Alabasterflasche?
- Liebe kalkuliert nicht, sondern gibt freiwillig mit freudigem Herzen!
Kapitel 26,14-16: Der Verrat des Judas
Die Salbung Jesu durch Maria belastete Judas vermutlich vielmehr, als hier beschrieben wurde. Judas war ein Dieb, wie Johannes sagte (Joh 12,6). Es war auch kein Zufall, dass gerade er die Aufsicht über die Kasse hatte. Aus diesem Geld hätte er schon lange den Armen etwas davon geben können. Das schlimmste aber an der ganzen Sache war, dass Jesus ihn dafür zurechtwies und damit diese „Verschwendung“ unterstützte. Das brachte das Fass des Judas endgültig zum Überlaufen.
Judas entfernt sich von der Gemeinschaft Jesu und den übrigen Aposteln und geht (vermutlich noch am Mittwoch) ins andere Lager über: Lukas 22,3-6. Wenn es heisst, dass Satan in Judas hineinfuhr, dann ist damit nicht gemeint, dass der Teufel so grosse Macht über Judas hatte, dass er unwiderstehlich war und mit ihm machen konnte was er wollte. Was hätte Judas verändern müssen? Judas hätte die Liebesgemeinschaft nicht verlassen dürfen. Er hätte sich Gott unterwerfen müssen: Jakobus 4,7-8. Er geht zu den Hohenpriestern und Befehlshabern.
Für die geistlichen Führer war es längst beschlossene Sache, dass sie Jesus töten wollten. Sie gaben öffentlich bekannt, dass sie Jesus suchten: Joh 11,57. Es musste so geschehen, dass das Volk sich nicht gegen sie wandte. Der Verrat des Judas kam ihnen sehr gelegen und sie freuten sich. Sie waren bereit ihm dafür Geld zu geben; dreissig Silberlinge. Damit erfüllte sich eine Prophezeiung, die Jahrhunderte vorher gemacht wurde von Sacharja 11,12. Dieser Betrag beinhaltete etwa vier Monatssaläre für die Arbeit eines Knechtes damals. Es kann auch möglich sein, dass dies nur ein Teilbetrag war und der Rest ihm bei der Festnahme gegeben wurde.
Judas kannte die Gewohnheiten Jesu und war deshalb im Stande, die Festnahme in die Nacht zu verlegen, wo kein Volk anwesend war: Joh 18,2; Lk 22,6.
Lektion: Schon so mancher ist der Habgier verfallen und hat dadurch seinen Glauben verloren (1Tim 6,10).
Kapitel 26,17-29: Jesus feiert das letzte Passamahl mit seinen Jüngern
Vers 17: Der erste Tag der ungesäuerten Brote.
Es ist Donnerstagmorgen. Am 10. Tag des ersten Monats im neuen Jahr wurde das Passalamm bereits ausgewählt (Ex 12,2-3); das entspricht ungefähr unserem Monat April. Das ausgewählte einjährige und fehlerlose Lamm wurde jedoch erst am 14. Tag, d.h. am 14. Nisan, gegen Abend geschlachtet (Ex 12,5-6; Lk 22,7). An die Feier des Passa schliesst sich das Fest der Mazzot an (ungesäuerte Brote) das sieben Tage lang dauerte (Ex 12,15-20).
Verse 18-19: Die Jünger bereiteten das Passamahl vor.
Jesus hatte schon alles vorbereitet: Das Lamm, das im Tempelhof geschlachtet wurde; das möblierte Obergemach für die Mahlzeit (Mk 14,15). Das Haus musste frei von allem Sauerteig sein (Ex 12,15).
Die Jünger mussten nur noch das Passa zubereiten: das Lamm im Tempel abholen, das am Feuer gebraten wurde (nicht etwa in Wasser gekocht), Ungesäuertes Brot mit Bitterkräutern (Ex 12,8) und Wein.
Das Passa wurde in den Häusern innerhalb der Stadtmauern von Jerusalem gegessen (Dtn 16,1-8; Mk 14,12-16), am Donnerstagabend.
Verse 20-25: Jesus enthüllt den Verrat des Judas.
Es ist nun Donnerstagabend geworden und Jesus setzt sich mit seinen zwölf Jüngern zu Tisch, um das Passamahl zu feiern. Das Wort Passa (hebr. paessach) bedeutet: zurückprallen, vorübergehen. Das an den Türrahmen und Schwellen gestrichene Blut liess den Würgengel zurückprallen. Er ging an den Häusern der Israeliten vorüber (Ex 12,13). Doch zur Zeit Jesu strich man das Blut nicht mehr an die Türpfosten und man ass es auch nicht mehr in angstvoller Eile (Ex 12,11). Jesus und die Jünger lagen am Boden rund um den Tisch, wie es damals so Sitte war und assen das Passamahl.
Die Enthüllung ist im Matthäus vermutlich einen Abschnitt zu früh angebracht. Unter den Jüngern entstand zuerst ein Rangstreit: Lukas 22,21-30. Dann steht Jesus auf und beginnt seinen Jüngern die Füsse zu waschen: Johannes 13,2-20. Was zeigt diese Handlung? Das Herz Jesu war voll Liebe und Hingabe für seine Jünger bis zum Ende (V. 1). Jesus hätte traurig, enttäuscht oder gar zornig sein können, wegen Judas, der ihn verraten würde. Wenn ich z. B. das Evangelium verkündige und mich nur 19 von 20 Personen annehmen, dann ist mein Geist bereits betrübt. Anschliessend entlarvt Jesus den Verräter: Johannes 13,21-30 (Lk 22,21-23 und Matthäus 26,21-25).
Verse 26-29: Jesus verbindet das Passa mit seinem Tod.
Nach dem vierten Becher, der herumgereicht wurde, verweist Jesus auf sich als das wahre Lamm: Lukas 22,14-20. Was bedeutet diese Aussage: Das Passa wird in seiner Vollendung im Reich Gottes gefeiert (Vers 16)? Das Passa ist ein Schatten auf das Reich Gottes im Neuen Bund. Jesus ist das wahre Passalamm das für unsere Sünden geschlachtet wurde: 1Kor 5,7; Joh 1,29.36; 1Petr 1,18.19; Hebr 9,14; Offb 5,6.12. Das Reich Gottes (Vers 18) ist die Gemeinde, die das Herrnmahl feiert und mit Jesus in geistlicher Gemeinschaft steht.
Das Brot symbolisiert den Leib Jesu, der für uns dahingegeben wurde.
Der Kelch symbolisiert das Blut Jesu und gleichzeitig auch den Neuen Bund, den Gott mit uns Menschen aufgerichtet hat!
Irrtümliche Auffassungen:
- Das Herrnmahl ist nicht zur Vergebung der Sünden!
- Wir essen nicht Jesu Leib und trinken nicht sein Blut!
- Wir müssen nicht würdig sein, um das Mahl zu essen!
- Das Herrnmahl ist kein Sakrament!
Was ist das Herrnmahl?
Es ist ein Gedächtnismahl,
ein Bundesmahl,
ein Gemeinschaftsmahl,
ein Hoffnungsmahl,
unsere geistliche Speise.
Lektion: Jesus erwies seine Liebe allen Menschen, indem er bereit war, sich als das wahre Passalamm am Kreuz opfern zu lassen.
Kapitel 26,30-46: Jesus im Garten Gethsemane
Bevor Jesus mit seinen Jüngern an den Ölberg hinausgeht, vergehen Stunden. Das Gedächtnismahl war keine Sache von einer Viertelstunde (wie bei uns). Anschliessend gab Jesus seinen Jüngern letzte Anweisungen: Joh 13,31 - 14,31. Dann hält Jesus vermutlich das Hohepriesterliche Gebet: Joh 17,1-26.
Verse 30-36: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag geht Jesus mit den elf Jüngern in den Garten Gethsemane. Judas hatte die Gruppe bereits verlassen, um zu den Hohepriestern zu gehen (Joh 13,30). Nachdem sie den Lobgesang (= Hallel, Psalm 113-118, Mk 14,26) gesungen hatten, sagt aus, dass dies nach dem Passafest stattfand. Es war so üblich, dass das Passafest mit einem Lobgesang abgeschlossen wurde, deshalb singen auch wir nach dem Mahl jeweils ein Loblied (z.B. Ps 118,1). Der Schatten des Kreuzes trübte den Geist Christi nicht so sehr, dass er dem Vater kein Lobgesang mehr singen konnte.
Jesus macht seine Jünger ein letztes Mal darauf aufmerksam, was diese Nacht noch geschehen werde (Vers 31-35): Mt 11,6. Damit werde sich die Prophezeiung des Sacharja erfüllen (Sach 13,7). Jesus wusste, dass er laut dieser Prophezeiung nicht auf seine Jünger zählen konnte (Vers 56). Die Jünger würden ihn zunächst einmal verlassen wie Schafe, die auseinandertreiben, wenn der Wolf eine Herde überfällt: Joh 16,32.
Die Reaktion des Petrus: Sein Eifer für Christus war ohne Zweifel gut gemeint und edel: Lk 22,33; Joh 13,36-38; 21,15. In der Praxis verhielt sich Petrus – wie alle andern auch – fleischlich (V. 40.75):
Spr 20,6 (GN): „Viele reden von ihrer Treue, aber finde mal einen, auf den Verlass ist!“
Die Zwiespältigkeit des Menschen: Jer 17,9; Röm 7,22-25; Mt 21,29. Die Jünger meinten es ehrlich, kannten aber ihre eigenen Herzen noch nicht richtig (Mt 20,22-23; 1Kor 10,12; 1Petr 1,17).
Trotzdem liess Jesus seine Jünger nicht ohne Hoffnung zurück (V. 32). Obwohl sie ihren Meister verlassen würden, um ihre eigene Haut zu retten, gab Jesus sie nicht auf. Nachdem er von den Toten auferweckt sein würde, werde er sie in Galiläa wiedertreffen: Mt 28,7.10.16. „Wenn wir untreu werden, bleibt er treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2Tim 2,13). Schliesslich kamen sie im Garten Gethsemane (= Olivenpresse) an. Hier im Matthäus sieht es so aus, als ob Jesus diese Worte unterwegs zu den Jüngern redete. Jesus verbrachte die Nacht öfters in diesem Garten: Lk 21,37.
Verse 37-46: Petrus, Jakobus und Johannes werden vom Schlaf überwältigt. Jesus nimmt wieder dieselben drei Jünger mit. Jesus ist zu Tode bekümmert: Mk 14,33-34; Lk 22,44; Joh 12,27. Jesus geht allein einen Steinwurf (Lk 22,41) vorwärts und wirft sich zu Boden „auf sein Angesicht“, um intensiv zu beten (προσεύχομαι): Beispiel eines intensiven Gebets: Ps 88,1-7; Hebr 5,7. Lukas berichtet, dass Jesus in angstvollen Kampf geriet und sein Schweiss wurde so dick wie Blutstropfen (Lk 22,44).
Gebetszuversicht: 1Joh 3,19-24; 5,13-15. Ein Engel vom Himmel kam und stärkte ihn (Lk 22,43). Auch wir haben Engel die uns beistehen, wenn wir beten!
Jesus bittet (V. 39): „... nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ Den Kelch (= Todeskelch) wegnehmen, wenn es eine Möglichkeit gibt. Rein fleischlich gesehen, wollte Jesus sein Leben nicht hingeben, um qualvoll am Kreuz zu sterben (Hebr 4,15). Doch geistlich gesehen, war Jesus sehr wohl bereit dazu: Joh 12,27. Im Unterschied zu Petrus und den Jüngern hielt Jesus, was er versprach. Mit diesen Gedanken bereitete Jesus sich mental auf den Tod vor, indem er seinen fleischlichen Willen völlig ablegte und sein Leben vertrauensvoll in die Hände des Vaters legte: Phil 2,8.
Jesus findet die Jünger dreimal schlafend.
Wir dürfen uns die Jünger nicht vorstellen, als hätten sie sich einfach schlafen gelegt, sondern auch sie haben gekämpft. Jesus fragt Petrus, weil der mit ihm sterben wollte: Mk 14,37. Es war ihnen peinlich, als Jesus sie fand und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten (Mk 14,40b). Die letzten Tage waren anstrengend und das Passafest hat ihnen noch die letzte Kraft genommen. Wir werden aufgerufen zu wachen und zu beten: 1Petr 5,8; 4,7; Mt 6,13 (Eph 6,18; 1Kor 16,13). Schliesslich erkannte Jesus ganz genau, dass seine Todesstunde endlich gekommen war, in der er überliefert würde.
Oft musste Jesus sagen: „Die Stunde ist noch nicht genaht ...“
Obschon Jesus den Jüngern seine Todesstunde immer wieder ankündigte, verstanden sie bis zuletzt nicht, was er damit meinte (Joh 2,4; 7,30; 8,20; 12,23.27;13,1; 17,1).
Jesus sagte nicht: „Steht auf, lasst uns gehen!“, um zu fliehen, sondern um gehorsam dem Feind gegenüber zu treten.
Lektion: Wer dem Abba, Vater (Mk 14,36) selbst in grösster Todesgefahr vertraut, wie Jesus, der wird die Krone des ewigen Lebens empfangen (Jak 1,12).
Kapitel 26,47-56: Jesus wird verraten und gefangengenommen
Verse 47-49: Am frühen Freitagmorgen wird Jesus gefangen genommen (siehe Bericht in Johannes 18,1-14). Judas kommt mit einer grossen Schar von Leuten:
- Mit Hohepriestern, Schriftgelehrten und Ältesten des Volkes (Mt 26,47; Mk 14,43).
- Mit einer römischen Kohorte = 600 Soldaten.
Warum wurden so viele Soldaten aufgeboten? Vermutlich dachten die Anführer, dass Jesus fliehen würde und sie ihn im Garten und in der näheren Umgebung suchen und jagen müssten. Sie alle kommen mit Fackeln, Laternen und Waffen (Schwertern und Stöcken).
Jesus läuft nicht weg, sondern stellt sich mutig seinen Feinden mit der Frage (Joh 18,4): „Wen sucht ihr?“ Jesus gibt sich zweimal zu erkennen, während etliche zurückwichen und zu Boden fielen (Joh 18,5-8). Jesus versucht mit dieser Konfrontation seine Jünger vor einer Gefangennahme zu bewahren: Joh 18,8b. Judas, der mit den Anführern ein Zeichen abgesprochen hat, geht auf Jesus zu, um ihn mit einem Kuss zu verraten (Mt 26,49).
Warum sollte Jesus mit einem Kuss verraten werden?
Weil alle Jünger ihren Herrn mit einem Kuss an die Backe grüssten. Weil dies ein Zeichen engster Verbundenheit bedeutet, aber für die Aussenstehenden fremd war (Röm 16,16; 1Kor 16,20; 1Petr 5,14). Jesus fragt Judas in Lukas 22,48.
Verse 50-56: Petrus wehrt sich zuerst, dann aber fliehen die Jünger Jesu. Matthäus stellt die Situation so dar, als ob Jesus nicht weiss, wozu Judas ihm entgegenkommt. Da nimmt Petrus sein Schwert und greift den Knecht des Hohenpriesters an. Doch er verfehlt seinen Kopf und haut ihm aber dabei das Ohr ab. Jesus versucht ein grösseres Blutvergiessen zu verhindern, indem er Petrus zurückruft und das Ohr des Malchus heilte (Joh 18,10-11).
Obschon Jesus auch in dieser Situation beweist, dass er nur Gutes im Sinn hat, indem er heilt und lehrt, behandeln seine Gegner ihn wie einen Schwerverbrecher: Matthäus 26,55-56 (Lk 22,52-53; Mk 14,48-49). Jesus hätte die Macht gehabt, 12 Legionen Engel zu Hilfe zu rufen (1 Legion = 6000 x 12= 72'000 Engel; schon ein Engel hätte genügt, siehe Offb 8+9). Doch das war die Stunde des Widersachers.
Römische Soldaten nehmen Jesus gefangen und fesseln ihn (Joh 18,12). Die Jünger bekommen Angst und fliehen. Markus berichtet, dass einer sogar nackt floh: Markus 14,51-52. Es wird angenommen, dass Markus von sich selbst berichtete. Damit gibt er Zeugnis darüber, dass er über alles genau im Bilde ist, weil er selbst dabei war. Jesus wurde allein zurückgelassen (Joh. 16,32), doch dies musste so geschehen, damit die Schriften erfüllt würden (Mt. 26,31; Ps. 41,10).
Lektion: Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen! Das ist eine Verheissung! Geistige Kriege können niemals mit weltlichen Waffen gewonnen werden: 2Kor 10,3; Joh 18,36; Eph 6,12. Wir Christen sind nicht dazu berufen, Gericht auszuüben, sondern das Gericht dem Vater zu überlassen: Römer 12,17-19 (Lk 9,54-55); Mt 5,9 (Ps 28,3).
Kapitel 26,57-68: Jesu Verurteilung vor Kajaphas
Am frühen Freitagmorgen.
Synopseneinschub: Verhandlung vor Hannas (Joh 18,12-14.19-23, und V.15-18 lesen). Es heisst: „... zuerst führten sie Jesus zu Hannas ...“ Er war der Schwiegervater des Kajaphas und Exhohepriester. Normalerweise hatte ein Hohepriester sein Amt für Lebzeiten inne. Doch es wurde immer mehr Sitte, dass Hohepriester aus irgendwelchen Gründen abgesetzt wurden wie Hannas (Joh 11,49.51). Er war sehr reich und korrupt und wollte sich vermutlich der Gefangennahme Jesu vergewissern, da er sich an Joh 2,14-16 erinnerte.
Hannas begann sein Verhör mit zweideutigen Fragen über Jesu Jünger und seine Lehre (Joh 18,19). Doch Jesus tat nichts Verbotenes, noch tat er es im Geheimen, sondern in aller Öffentlichkeit lehrte er im Tempel und in den Synagogen (Joh 18,20). Deshalb antwortete Jesus mit andern Worten: „Beschafft euch das Beweismaterial gegen mich auf legale Weise. Vernehmt die Zeugen, das ist euer gutes Recht.“ Doch an einer legalen Prozedur waren die Oberen der Juden gar nicht interessiert.
An der folgenden Reaktion erkennen wir Jesu wirkliche Grösse (Joh 18,22): Der Sohn Gottes lässt sich nicht provozieren von einem Diener. Er bleibt ruhig, obschon er zu Unrecht ins Gesicht geschlagen wird. Er macht den Diener darauf aufmerksam, dass er sich mit seiner Antwort in keiner Weise schuldig gemacht hat. Doch das alles ist erst der Anfang der ungerechten Verurteilungsmethode. Anschliessend führten sie Jesus zu Kajaphas.
Verse 57-58: Petrus und Johannes.
Petrus und vermutlich Johannes (Joh 18,15) waren sehr mutig und folgten der Kohorte bis in den Hinterhof des Hohenpriesters Kajaphas. Im Abschnitt des Johannes (Joh 18,15-18) lesen wir von der ersten Verleugnung.
Verse 59-68: Jesus wird vom Hohen Rat verurteilt.
Der Hohe Rat (Sanhedrin) war die höchste jüdische Instanz und bestand aus einundsiebzig Mitgliedern. Es waren angesehen Leute aus verschiedenen religiösen Parteien. Die Sadduzäer, die weder an Engel noch an eine Auferstehung der Toten glaubten (Apg 23,8). Die Pharisäer (die Abgesonderten), die eifrig waren in der Erfüllung ihrer mündlichen Traditionen. Die Schriftgelehrten und Ältesten waren Führer unter den Juden. Der Hohepriester und die Priester, die sich aus hohen Tempelbeamten zusammensetzten und sich auf die Tora des Mose beriefen.
Zweifellos übertrat der Hohe Rat bei diesem Verhör alle bindenden Gesetzesbestimmungen.
Erstens war es illegal ein Verhör in der Nacht durchzuführen.
Zweitens gab es genaue Vorschriften, wo ein solches Verhör stattfinden durfte, nämlich in den Räumen des Tempels und nicht privat (sonst war der Urteilsspruch ungültig).
Drittens schrieb das jüdische Gesetz vor, dass der Hohe Rat ein Todesurteil niemals am Tag der Untersuchung verhängen durfte. Dies konnte Ungerechtigkeiten und zu schnelle Verurteilungen verhindern. Der Hohe Rat war ein religiöses Gericht, das sich den Angeklagten zuerst anhörte, aber niemals selbst zum Ankläger wurde. Doch das alles interessierte in dieser Situation keinen, da man Jesus noch in derselben Nacht loswerden wollte.
Viertens, weil die Römer im Lande regierten, durfte die Todesstrafe gar nicht durch den Hohen Rat verhängt werden (V. 65). Es war dem Hohen Rat von den jüdischen Behörden verboten, sich nachts aus irgendwelchen Gründen zu versammeln. Selbst der Strafvollzug musste von den Römern durchgeführt werden (V. 66).
Fünftens durfte niemand ohne zwei Zeugenaussagen verurteilt werden! Ein einzelnes Zeugnis reichte nicht: Dtn 19,15-21. Dieselbe Vorgehensweise bei Stephanus und Paulus: Apg 6,8.10-13; 24,1.12-13.
Es heisst, dass sie nach einem falschen Zeugnis suchten wider Jesus und keins fanden. Normalerweise wurden die Zeugen getrennt befragt und auf alle Einzelheiten hin überprüft. Die Aussage Jesu über den Tempel wurde völlig verdreht: Mk 14,58.
Was sagte Jesus wirklich nach der Tempelreinigung? Joh 2,18-21. Halbwahrheiten sind bei Verurteilungen immer besonders belastend. Jesus hatte nie gesagt, dass er selbst den Tempel zerstören würde. Von allen Seiten brachten sie falsche Zeugnisse wider den Sohn Gottes vor, doch Jesus blieb stumm, wie Jesaja vorausgesagt hatte: Jes 53,7; 1Petr 2,23.
Zuletzt nahm Kajaphas die Sache selbst in die Hand und stellte eine Frage, wie sie das Gesetz ausdrücklich verbot. Es war verboten, einen Angeklagten so zu fragen, dass er gegen sich selbst aussagen musste. Doch Jesus zögerte nicht und gab ihm die Antwort, auf die er und die andern warteten, um über ihm die Todesstrafe zu verhängen. In früheren Situationen hatte Jesus die Juden immer wieder darauf hingewiesen, dass Er der verheissene Messias ist, der in die Welt kommen sollte (Lk 4,21; Joh 8,42; 8,58). Jesus antwortete in Vers 64 und nahm Bezug auf:
- Psalm 110,1, wo geschrieben steht, dass Gott selbst seinen Sohn bittet, neben ihm auf dem Thron Platz zu nehmen.
- Das prophetische Wort Daniels in Kapitel 7,13.
Mit dieser Aussage sagte Jesus die Wahrheit und bestätigte nicht nur, dass er der Sohn Gottes war, sondern er sagte mit andern Worten: „Heute bin ich euer Gefangener und ihr richtet über mich. Doch es wird der Tag kommen, wo ich über euch richten werde vom himmlischen Thron aus.“
Stephanus sah bei seiner Steinigung Jesus bereits auf dem Thron: Apg 7,55-56 (Hebr 1,3). Mit diesen Worten stellte sich Jesus über jede gesetzliche Instanz und machte sich Gott gleich (Joh 10,33.36). Das war das Zeugnis, das der Hohe Rat brauchte, um Jesus zu verurteilen, weil er damit in ihren Augen gegen Gott gelästert hatte (Apg 7,52). Das Gesetz Mose verurteilte jeden zu Tode, der den Namen des Herrn lästerte (Lev 24,16; Joh 19,7).
Schliesslich zerriss Kajaphas seine Kleider, um einen Schlusspunkt zu setzen. Das Zerreissen der Kleider war eigentlich ein Akt tiefer Trauer, Betroffenheit und Erschütterung über ein Elend. Doch es war absolut fehl am Platz und heuchlerisch, in dieser Situation die Kleider zu zerreissen. Zudem war es ein erneuter Verstoss gegen das Gesetz Mose, denn es heisst (Lev 21,10): „Der aber, welcher Hoherpriester ist unter seinen Brüdern, ... der soll seine Kleider nicht zerreissen.“
Damit war der Urteilsspruch der Juden gefällt, obschon sie weder legal handelten, noch zu so einer Verurteilung gesetzlich das Recht hatten. Es ist etwa gleich zu setzen, wie wenn die katholische Kirche jemand in unserem Land zum Tode verurteilen würde. Dazu hat sie keine Macht, sondern sie muss sich an die Gesetze des Staates halten und dem Staat das Gericht über einen Menschen überlassen. Genauso war es damals, als die römische Armee die Herrschaft über Israel hatte.
Es galt nun, die oberste Behörde der römischen Armee zu überzeugen, dass Jesus zum Tode verurteilt werden sollte. Deshalb brachten sie Jesus zu Pontius Pilatus, dem römischen Stadthalter von Jerusalem (Mk 15,1 ...). Doch zuerst fingen sie an Jesus anzuspeien und auf ganz lästerliche und brutale Art zu schlagen, indem sie ihm die Augen verbanden und spotteten: „Sage uns doch, wer dich geschlagen hat! Du willst ja Gott sein, der alles weiss!“ Jesus sagte diese Misshandlungen alle voraus: Mt 20,17-19.
Lektion: Wer an Gott glaubt, wird niemals einen anderen Menschen verurteilen, ohne ihn vorher genau angehört zu haben (Jak 4,11-12). Der Mensch ist zu allem bereit, sogar zum Mord, wenn es sein muss, um damit die Wahrheit aus der Welt zu schaffen. Der ganze Verurteilungsprozess Jesu ist ein einziger Skandal. Im Gegensatz zum Sohn Gottes, leiden wir oft für unser eigenes Unrecht, das wir getan haben (1Petr 2,20-25).
Kapitel 26,69-75: Petrus verleugnet Jesus
Am frühen Freitagmorgen stehen Petrus und Johannes am Feuer im Hof des Hohenpriester Kajaphas zusammen mit einigen Dienern (Joh 18,15-18). Johannes hatte offenbar freien Zugang zum Hof und veranlasste, dass auch Petrus, der an der Tür stand, eingelassen wurde. Doch schon unter der Tür wurde Petrus von einer Magd das erste Mal erkannt, wie wir bereits in Vers 58 festgestellt haben. Nun wird er erneut von mehreren Leuten, die um das Feuer herumstanden erkannt (Joh 18,25-27).
Matthäus schildert die Verleugnung des Petrus nicht so milde wie Johannes. Er berichtet,
- dass alle drei Verleugnungen beim Feuer stattfanden.
- dass nach Verlauf von ungefähr einer Stunde Petrus das dritte Mal herausgefordert wurde (Lk. 22,59).
- Petrus habe geflucht und geschworen und während er noch redete, krähte der Hahn das zweite Mal (Mk 14,72 = das ist kein Widerspruch zu Mk 14,30).
Der Hahnenschrei fand ungefähr um 3:00 Uhr morgens statt.
Warum verleugnete Petrus den Herrn Jesus?
Wir können diese Frage nicht beantworten. Petrus war stets mutig und stand immer neben Jesus (Joh 17,1; 26,37). Er zögerte keinen Augenblick, als Jesus ihn aufforderte, ihm zu folgen (Mt 4,20). Er glaubte fest an Jesus, bis es zur Prüfung kam (Mt 14,25; 26,75). Petrus verstand die Königsherrschaft Christi noch nicht richtig: Mt 16,22; 26,52. Petrus stand zu diesem Zeitpunkt unter extremem Druck. Es wäre falsch, Petrus wegen dieser Sünde auf ewig zu verurteilen (1Kor 10,12).
Lektion: Wenn Jesus dem Apostel Petrus einen solchen fatalen Fehler vergeben konnte, so dürfen wir getrost sein, dass Jesus auch uns alle Fehler vergeben wird. Voraussetzung? = Wir sehen den Fehler ein! 1Joh 1,8-10. Selbst diese Sünde war keine Sünde wider den Heiligen Geist (Mt 12,32). Aus Johannes 21,15-19 sehen wir, dass Jesus dem Petrus vergeben hatte.