Matthäus-27: Leiden und Sterben

Jesus, der König

 

 

Kapitel 27,1-2: Jesus wird an Pilatus ausgeliefert

Es gab zwei Hauptverhandlungen für Jesus:

1. Einen religiösen Prozess vor den jüdischen Führern (Sanhedrin)

2. Einen Zivilprozess vor der römischen Verwaltung.

Pontius Pilatus war Statthalter zu jener Zeit (Lk 3,1-2).

Lektion: Im Kampf gegen die Wahrheit werden plötzlich die grössten Feinde zu Freunden: Apg 4,27 (Lk 23,12); Spr 4,16-18 (Mi 2,1).

 

Kapitel 27,3-10: Judas begeht Selbstmord

Nachdem Jesus verurteilt worden ist, begreift Judas, was er getan hatte, nämlich; „unschuldiges Blut verraten“ (V. 4). Er geht in den Tempel zu den Hohenpriestern und Ältesten zurück. Wie kann das möglich sein, wenn diese doch bei Pilatus waren, um Jesus zu verhören?
a) In Johannes 18,28 lesen wir, dass die Juden nicht zu Pilatus in die Burg gingen, „damit sie nicht unrein würden ...“ Die Burg Antonia befand sich auf heidnischem Gebiet. Es ist interessant, auf was die Juden besonders Wert legten, sich nicht zu verunreinigen, dabei aber ganz ausser Acht liessen, dass sie gleichzeitig dabei waren, einen gerechten Mann zu verurteilen. Irgendwann, während des ganzen Prozesses Jesu bei Pilatus, mussten einige der Juden in den Tempel gehastet sein, um ihren allmorgendlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Die Juden wollten mit den einsichtigen Gefühlen des Judas nichts zu tun haben. Judas bekommt keine Chance zur Rechtfertigung seiner Tat indem er wenigstens das Geld wieder zurückgeben konnte. Einsam wird er von seinen Mitschuldigen im Stich gelassen indem sie sagten (V. 4): „Was geht das uns an? Sieh du zu!“

So geht es in der Welt zu und her:

- Es scheint so, als ob alle mitmachen und mit Dir auf einer Seite stehen.

- Am Ende ist man mit seiner Sünde ganz allein.

- Jeder versucht selbst seine Haut zu retten.

- Nach dem Sündenfall war die Schlange spurlos verschwunden und Adam und Eva mussten auch selbst zusehen, wie sie jetzt mit ihrer Situation klar kamen.

Judas wirft das Geld auf den Tempelboden und verlässt ganz verstört Jerusalem.

Die Hohenpriester wollten das Geld nicht in den Tempel legen (V. 6). Dazu waren sie offenbar zu „geistlich“, aber nicht, um Jesus zu Tode zu bringen. Es gibt kein Gesetz im AT, das regelt wie man mit solchem Geld umgeht. Demzufolge musste dies ein zusätzliches menschliches Gebot sein, das die Hohenpriester einhalten wollten. Das Geld wurde verwendet, um den Acker eines Töpfers zu kaufen, auf dem dann unreine Heiden beerdigt werden sollten. Dieser Acker wurde Blutacker genannt, weil er mit dem Preis des Blutes gekauft wurde. Matthäus sagt, dass er so genannt wird „bis heute“ (V. 8), das bedeutet, dass er alle diese Ereignisse etwa 30 Jahre später niederschrieb.

Damit wurden Prophezeiungen erfüllt.

Diese Worte können im Jeremia nicht gefunden werden.

Sie stammen aus Sacharja 11,12-13.

Nur der Apostel Matthäus berichtet von der Verzweiflungstat des Judas.

Lukas spricht erst in der Apostelgeschichte darüber: Apg 1,16-19.

Gemäss dem Abschnitt in Matthäus 27 könnte es ein paar Widersprüche geben:

Matthäus erzählt, dass die Hohenpriester den Acker kauften (Mt 27,7), während Lukas sagt, dass Judas ihn selbst kaufte (Apg 1,18).

Matthäus erzählt, dass Judas sich selbst erhängte (Mt 27,5), während Lukas darauf hindeutet, dass Judas vornüber fiel und sich tödlich verletzte (Apg 1,18).

Matthäus erzählt, dass der Acker „Blutacker“ genannt wurde (Mt 27,6.8), während Lukas erklärt, dass jener Acker den Namen „Hakeldama“ erhielt, nachdem Judas Blut darauf vergossen wurde (Apg 1,18-19).

Auflösung der vermeintlichen Widersprüche:

- Obschon die Hohenpriester den Acker kauften, war es dennoch Judas Acker, weil es mit seinem erworbenen Geld geschah.

- Judas, der sich an einem Baum erhängte, blieb vermutlich solange unentdeckt hängen, bis der Strick riss und sein lebloser Körper auf den Boden aufprallte, sodass die Eingeweide heraushingen.

- Es kann sein, dass es zwei gute Gründe gibt, warum dieser Acker so genannt wurde.

Die Tragödie des Judas war absehbar: Selbst Judas hätte Vergebung empfangen können bei Jesus, wie auch Petrus (1Joh 1,9; 2,1)! Doch leider bat er nicht um Vergebung, dass er wieder auf den geraden Weg zurückkehren konnte (μεταvοια = bereuen, umdenken): 2Kor 7,10. Das hier benutzte griechische Wort für Reue (μεταμέλλομαι) deutet darauf hin, dass seine Betrübnis weltlich war (= hartherzig), aus Mitleid mit sich selbst: Apg 1,25; 5,3-4.

Jesus warnte noch mit den Worten: Mt 26,24; Joh 17,12.

Lektion: Wird dein Tod ein Sieg oder eine Tragödie sein? 1Kor 15,54-58 (Ez 33,11).

Synopseneinschub: Jesus wird vor Herodes Antipas geführt: Lk 23,6-12.

Ps 34,22: „Den Frevler wird das Unheil töten, und die den Gerechten hassen, werden es büssen.”

Ps 34,23: „Der Herr erlöst das Leben seiner Diener, und keiner wird es bereuen, der Zuflucht sucht bei ihm.”

 

Kapitel 27,11-14: Jesus wird dem Pilatus vorgeführt

Jesus wird umhergeschoben von einer römischen Behörde zur andern: Johannes 18,28-32. Niemand war bereit, die Verantwortung an einem Unschuldigen zu übernehmen. Pilatus und Herodes erkannten, dass Jesus unschuldig war (Lk 23,13-15). Beide wollten mit dieser religiösen Auseinandersetzung am liebsten nichts zu tun haben. Pilatus durfte sich vor dem röm. Kaiser ehe nichts mehr zu Schulden kommen lassen, da er sonst abgesetzt wurde (Lk 13,1). Doch die Juden liessen nicht locker und so musste Pontius Pilatus wohl oder übel die Sache doch noch selbst in die Hand nehmen, wenn er seine Beziehung und seinen Einfluss nicht ruinieren wollte.

Die Juden waren nicht befugt, jemanden zum Tode zu verurteilen. Die Todesvollstreckung bei den Juden wäre Steinigung (Apg 7,58). Die römische Todesvollstreckung war die Kreuzigung.

Um ihren Beschuldigungen mehr Kraft zu verleihen, brachten sie drei politische Anklagen gegen Jesus vor: Lukas 23,2.5.

Jesus sei ein Revolutionär, der eine Gefahr für das röm. Reich darstelle.

Jesus verführe Menschen dazu, keine Steuern zu zahlen und gefährde damit die Einnahmen des röm. Reiches.

Jesus behaupte von sich, dass er der König sei und bedrohe damit die Macht und die Stellung des Kaisers.

Deshalb befragte Pilatus in unserem Abschnitt vom Matthäus den Herrn wegen der dritten Anklage, ob Jesus der König der Juden sei. Jesus gibt zu, dass er König ist, jedoch von einem Königreich das nicht von dieser Welt ist, sondern im Himmel (siehe auch Joh 18,33-38). Als die Juden anfingen, ihn mit Anklagen zu überhäufen, schwieg Jesus. Er hätte fluchend und schwörend sich verteidigen können, wie das vermutlich alle andern Menschen getan hätten, um seine Haut zu retten (Mt 5,34-36). Vermutlich hatte Pilatus bisher noch niemanden gesehen, der bei solchen Angriffen schweigen konnte (Jes 53,7; 1Petr 2,23).

Lektion: Jeder Mensch soll schnell sein im Hören, langsam im Reden und langsam zum Zorn (Jak 1,19-20).

 

Kapitel 27,15-26: Das Todesurteil

Offenbar war es bei den Römern üblich, die Juden ruhig zu halten, indem sie zur Passahzeit einen jüdischen Gefangenen freiliessen (Joh 18,39). Einer der dafür in Frage kommenden Gefangenen war Barabbas = Sohn des Vaters (war nicht einmal unter einem richtigen Namen bekannt). Er war ein Räuber (Joh 18,40). Er sass wegen eines Aufruhrs in der Stadt und wegen eines Todschlags im Gefängnis (Lk 23,19).

Pilatus erkannte richtig, dass die Juden Jesus aus Neid überlieferten. Die Frau des Pilatus hatte einen beunruhigenden Traum, der sie vermutlich warnte, an Jesus Hand anzulegen, weil er ein Gerechter ist (1Petr 2,22; Lk 23,41.47; Mt 27,4; Jes 53,11). Während Pilatus auf dem Richterstuhl sass und man ihm die Botschaft von seiner Frau überbringen liess, nutzen die Juden die Gelegenheit, um die Volksmenge anzustiften gegen Jesus.

Pilatus findet keine Schuld an Jesus und übergibt die Verantwortung dem Volk. In Lukas 23,15b-25 wird noch deutlicher als im Matthäus, wie sehr die Juden Pilatus bedrängten, damit Jesus gekreuzigt werde. Dreimal versuchte Pilatus Jesu Kreuzigung zu verhindern. Aber es war zu spät für eine ruhige Lösung, denn die Massenhysterie hatte schon gesiegt. Es kann sein, dass es etliche gab, die vor ein paar Tagen beim Einzug Jesu nach Jerusalem dabei waren und noch „Hosianna“ riefen (Mt 21,9). Doch als ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden und sie Jesus als Gefangenen vor den römischen Behörden und den Juden stehen sahen, liessen sie sich von der Mehrheit beeinflussen (= Gruppendruck, Mt 27,20).

Die Juden bedrohten Pilatus mit den Worten: Joh 19,12-16. Schliesslich wusch Pilatus seine Hände in Unschuld (Mt 27,24). Pilatus wollte neutral bleiben. Kann man das? Mt 10,32-33; 12,30; Joh 12,48. Die Juden schrien (Mt 27,25): „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Mit andern Worten: „Wir sind bereit, die volle Verantwortung zu tragen!“ Was für ein fataler Fehler, der bis heute seine Konsequenzen trägt: Apg 2,36; 3,13-15.

Während Barabbas freigelassen wurde, führte man Jesus ab zur Geisselung und dann zur Kreuzigung. Barabbas, ein Mörder und Aufrührer des Volkes, stellte für die Öffentlichkeit eine grosse Gefahr dar. Doch das Volk wollte lieber ihn frei haben als Jesus, der die Menschen heilte, sie speiste und ihnen in vielen Angelegenheiten des Lebens diente.

In Johannes und Lukas wird berichtet, dass Jesus vor dieser Verurteilung durch das Volk bereits gegeisselt wurde und nun blutend vor dem Volk stand.

Verspottung und Geisselung bei Herodes: Lukas 23,6-12.

Verspottung und Geisselung durch Pilatus: Johannes 19,1-5.

Vielleicht war dies der letzte Versuch des Pilatus, um Jesu vor der Kreuzigung zu bewahren. Er hoffte, dass durch diese blutige Geisselung einige im Volk Mitleid empfanden und sagen würden: „Jetzt ist es aber genug, lasst ihn gehen!“ In Johannes lesen wir, dass Pilatus Jesus dem Volk noch einmal vorführte und sagte:

„Da seht den Menschen!“ (Joh 19,5).

„Da seht euren König!“ (Joh 19,14).

Mit andern Worten:

„Wollt ihr ihn immer noch kreuzigen?“

„Hat er nicht schon genug gelitten?“

Dann wird im Johannes auf die sechste Stunde hingewiesen, in der Jesus abgeführt wurde zur Kreuzigung (Joh 19,14).

Lektion: Vorsicht vor schlechter Beeinflussung durch eine Mehrheit (Mt 27,20). Laut der biblischen Geschichte war es selten so, dass die Mehrheit im Recht war. Viele haben oft nicht den Mut, für die Wahrheit geradezustehen, weil sie durch die Masse negativ beeinflusst werden (1Kön 18,21). Jeder Mensch muss darüber selbst entscheiden, wie er über Jesus denkt und was er für eine Beziehung zu ihm haben will.

 

Kapitel 27,27-31: Die Soldaten verspotten und misshandeln Jesus

Eine Geisselung war eine schreckliche Angelegenheit (Mt 27,26):

Die Peitsche enthielt einen Lederriemen, der am Ende mit einem Knoten versehen war.

Um dem Geschlagenen noch mehr Schmerzen zuzufügen, flocht man in den Lederknoten kleine Bleistücke oder scharfkantige Knochensplitter von Tieren.

Dies riss das Fleisch bei jedem Schlag auf den Rücken buchstäblich auf.

Doch die grausamen Menschen hatten nach der Geisselung noch nicht genug! Die herumstehenden Soldaten fingen an, Jesus zu verspotten und zu misshandeln. Sie legten ihm einen Königsmantel um die Schulter. Sie flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie ihm auf, was sehr schmerzhaft war und sofort anfing den Kopf hinunter zu bluten. Das Rohr diente als Königszepter, das sie ihm in die Hand gaben. Doch das Rohr nahmen sie ihm aus der Hand und schlugen ihn damit auf den Kopf und spien ihn an. Sie beugten sich lästerlich vor ihm, wie vor einem König und verspotteten ihn.

Lektion: Was tun wir mit Jesus? Hebräer 12,2-3. Geht uns ein Stich durch das Herz, sodass wir ihm gehorsam folgen wollen?

Judas: „Ich verkaufe Jesus für dreissig Silberlinge.“

Petrus: „Ich verleugne Jesus dreimal.“

Der Sanhedrin: „Wir verurteilen Jesus zum Tod.“

Herodes: „Ich freue mich auf Jesus, weil ich seine Zeichen sehen möchte.“

Die Menschenmenge: „Wir wollen, dass Jesus gekreuzigt wird.“

Pilatus: „Ich wasche meine Hände in Unschuld und bin neutral.“

 

Kapitel 27,32-44: Die Kreuzigung des Königs

Verse 31b-32: Die Abführung zur Kreuzigung.
Es kann heute nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden, wo Jesus genau gekreuzigt wurde (nahe bei der Stadt: Joh 19,20; Mk 15,29). Eins ist sicher, die Stätte befand sich ausserhalb der Tore Jerusalems. Im AT wurden Opfertiere ausserhalb des Lagers gebracht: Hebr 13,11-13.

Da eine Kreuzigung damals als Abschreckungsmethode gegen das Verbrechen galt, musste der Verurteilte sein Kreuz selbst tragen. Einen Teil des Weges trug Jesus das Kreuz selbst: Joh 19,17. Der Verurteilte wurde auf dem weitesten Weg, der möglich war, zur Richtstätte geführt, damit sein Anblick möglichst vielen Menschen als abschreckendes Beispiel diente. Vier Soldaten bildeten um den Verurteilten ein Viereck. Vor ihnen marschierte ein Soldat mit der Tafel des Schuldspruchs.

Jesus hatte nicht mehr genügend Kraft, das Kreuz bis zur Hinrichtungsstätte zu tragen: Er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan; zuerst das Passafest mit seinen Jüngern. Die Gefangennahme und das ganze Verhör erschöpfte ihn sehr. Die Verspottung der Soldaten und die tödlichen Geiselhiebe gaben Jesus noch den Rest. Schliesslich brach Jesus unter der Last des Kreuzes zusammen.

Die Soldaten zwangen Simon (vermutlich ein Jude), der Vater des Alexander Rufus (weiss Markus 15,21, vermutlich ein bekannter Gläubiger aus der Gemeinde Jesu Röm 16,13), aus Cyrene (in Nordafrika), das Kreuz den Hügel hinauf zu schleppen.

Viele Menschen folgten Jesus und trauerten um ihn: Lk 23,26-32. Jesus wollte kein falsches Mitleid von den Sündern, für die er sich opfern lassen musste. Er wusste auch, dass der kommenden Generation eine Zeit des Schreckens bevorstand (Hos 10,8). In Judäa gab es kein grösseres Unglück als eine kinderlose Ehe; ja, Kinderlosigkeit war ein anerkannter Scheidungsgrund. Doch es wird eine Zeit kommen, prophezeit Jesus, da die kinderlosen Frauen froh sein werden, dass sie keine Kinder haben. Jesus deutet hier auf die Zerstörung Jerusalems hin (Mt 24,19): Offb 6,16; 9,6. Mit andern Worten sagt Jesus: 1Petr 4,17-18. Wenn dies mit einem Unschuldigen (Jesus= grünen Holz) geschieht, was wird mit den Schuldigen (Jerusalem= dürren Holz) getan werden?

Vers 33: Die Kreuzigung fand auf einem Hügel statt.

Hebräisch, „Golgotha“ (Γολγοθᾶ, Mt 27,32), Golgatha (Lutherübersetzung).

Griechisch, „Kranion“ (κρανίον, Lk 23,33), Schädel (medizinisch, Cranium).

Lateinisch, „Calverium“ (englisch, Calvary).

Bedeutung: Schädel (Hügel hatte eine Form wie ein Menschenschädel).

Vers 34: Dort wollten sie ihm ein Betäubungsmittel zu trinken geben.
Wein mit Galle und (oder) Myrrhe (Mk 15,23) vermischt. Doch Jesus wies diesen Schmerzkiller zurück. Er war entschlossen, die Schmerzen in vollem Bewusstsein für die Sünden der Menschheit zu ertragen, deshalb wollte er nicht trinken (Joh 18,11).

Vers 35: Das Barbarische an der Kreuzigung.
Markus berichtet, dass es die dritte Stunde (9:00) des Tages war, an dem sie Jesus kreuzigten (Mk 15,25). Die Römer benutzten oft ein T-Kreuz in Palästina. Doch es wird vermutet, dass Jesus an einem lateinischen Kreuz hing. Die Tatsache, dass über seinem Kopf eine Tafel angebracht wurde, könnte diese Annahme bestätigen (Vers 37).

Sie legten Jesus mit ausgestreckten Armen auf das Kreuz. Dann schlugen sie in beide Hände einen eisernen Nagel. Der Nagel war ungefähr 8 mm dick und 10 cm lang. Vermutlich wurde er durch die Handwurzel oder zwischen Elle und Speiche hindurchgetrieben. Ein Nagel durch die Mitte der Handflächen, ist wegen des Körpergewichts anatomisch nicht möglich. Ein dritter Nagel wurde seitlich durch den rechten Fersenknochen getrieben.

Dann wurde das Kreuz aufgerichtet und in ein Loch im Boden gesteckt. Die ausgestreckten Arme in der Hängelage führten zu grösster Atemnot. Manchmal wurden Sitzpflöcke oder Fussbretter am Pfahl montiert die das Hochziehen beim Atmen erleichtern sollten, jedoch den Todeskampf um etliche Stunden verlängerten. Durch die Verletzung hochempfindlicher Nerven verursachte jede Bewegung unsägliche Schmerzen. Der Gepeinigte konnte dem Erstickungstod nur entgehen, indem er sich mit den Armen und Beinen unter unsäglichen Qualen hochzog und für jeden Atemzug aufrichtete. Zudem wurde er durch rasende Kopfschmerzen, Krämpfe, Erschöpfungszustände, hohes Fieber und Infektionen geplagt. Die blutenden Wunden lockten Mücken, Fliegen und andere Insekten an. Aufgrund der schweren Verletzungen und des starken Blutverlustes, kam es oft zu Schockzuständen, die in einem Zusammenbruch des Kreislaufs endeten. Manchmal schnitt man den Verurteilten am Kreuz die Zunge heraus, um das laute Schreien zu verhindern.

Der ganze Kreuzigungsakt war eine barbarische Folterung. Es gab Opfer, die diese Tortur mehrere Tage lang aushielten, ehe der Tod ihren Qualen ein Ende bereitete. Vieles hing auch mit der körperlichen Kondition des Verurteilten zusammen. Markus und Matthäus berichten, dass Jesus um die neunte Stunde (15:00) starb (Mt 27,46; Mk 15,34). Das heisst; Jesus hing „nur“ sechs Stunden am Kreuz. Das war eine verhältnismässig kurze Zeit, denn oft genug kam es vor, dass die Gekreuzigten tagelang am Kreuz hingen ehe der Tod ihren Qualen ein Ende bereitete. Schliesslich verteilten sie noch Jesu Kleider durch das Los unter sich, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt worden ist: Joh 19,23-24 (Ps 22,19).

Vers 36: Soldaten bewachten Jesus, damit er von seinen Freunden nicht heruntergeholt werden konnte.

Vers 37: Pilatus liess einen Schuldspruch in drei Sprachen über das Haupt Jesu anbringen: Johannes 19,19-22. Die meisten konnten mindestens eine der drei Sprachen verstehen:

Hebräisch war die Sprache der Juden.

Lateinisch war die Sprache des römischen Gesetzes.

Griechisch war die damalige Weltsprache.

Der Schuldspruch lautete: „Dies ist Jesus, der König der Juden.“ Das ist doch kein Schuldspruch! Deshalb wollten die Juden, dass Pilatus diesen Spruch in eine eigenwillige Behauptung abänderte, doch er liess es ihnen nicht mehr zu.

Vers 38: Die beiden Räuber: Lukas 23,33-43.
Es waren offenbar auch eine Handvoll Nachfolger Jesu dabei (Joh 19,25). Markus (15,28) macht darauf aufmerksam, der Prophet Jesaja (der ca. 700 Jahre v. Chr. lebte) habe das durch den Geist Gottes vorhergesagt, dass nämlich der Herr Jesus sich zu den Verbrechern zählen lassen würde (Jes 53,12).

Verse 39-44: Sechs Stunden am Kreuz.
Jesus hing drei Stunden im Licht und drei Stunden in Finsternis (27,45). Die Kreuzigungsmethode wurde von den Persern, Ägyptern, Babyloniern und Phöniziern praktiziert. Die Römer spezialisierten sich auf diese Todesstrafe, die möglichst einen langen Todeskampf mit maximalen Leidensqualen verursachen sollte.

Die Vorübergehenden lästerten Jesus mit sarkastischen Worten des Unglaubens. Wenn er tatsächlich den riesigen Tempel in drei Tage aufzubauen vermöge, dann wäre es ein kleineres Wunder vom Kreuz herunterzusteigen. Wir wissen, dass Jesus diese Aussagen vom Aufbau des Tempels in drei Tagen nie gemacht hatte (Joh 2,21).

Die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten spotteten über Jesus. Wenn er der König sei, so steige er doch vom Kreuz herab. Wenn er andere retten könne, dann müsse er doch auch fähig sein, sich selbst zu retten.

Selbst die Mitgekreuzigten schmähten Jesus, wobei aus dem Lukasevangelium entnommen werden kann, dass der eine Räuber Einsicht zeigte und Jesus um Gnade anflehte.

Die Mutter Jesu, zusammen mit andern Frauen und Johannes standen unter dem Kreuz und trauerten: Johannes 19,25-27. Ist das nicht gewaltig? In einer Situation, in der Jesus selbst Ermutigung am allernötigsten hatte, vermochte er noch an andere zu denken und sie zu ermutigen. Jesus konnte mitfühlen, wie seine Mutter innerlich schwer um ihren Sohn litt. Mit Johannes sollte sie einen kleinen Trost und Ersatz haben, indem sie nun für ihn sorgen durfte. Gleichzeitig wandte Jesus sich zu dem Jünger und bat ihn, das zu tun, was ein Sohn für seine Mutter tun würde. Wie selbstlos und mitfühlend Jesus doch war. Trotz seinen Qualen spürte er, wie sehr seine Lieben unter dem Kreuz jetzt Trost und Mut brauchten.

Lektion: An der Grausamkeit der Kreuzigung Christi wird deutlich, wie ernst es Gott mit unseren Sünden nimmt. Gott ist heilig und kann keine Gemeinschaft haben mit Sündern. Deshalb war es nötig, dass Jesus sich als Opfer für unsere Sünden hingab. Vor Gott vermochte das Opferblut von unschuldigen Tieren die Menschheit nicht von Sünden zu befreien (Hebr 9,12-15.18.22-23.25-26). Gott forderte auch kein Opfer eines Vaters wie z.B. Abraham, sondern er gab seinen eigenen Sohn hin (Gen 22).

 

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

CHRISTUS IST DAS VOLLKOMMENE SÜHNOPFER
Das alles tat Jesus für uns, damit wir Vergebung von unseren Sünden empfangen können. „Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“ (1. Petrus 1,18-19).

Gab es denn keine andere Möglichkeit für uns Menschen, Vergebung der Sünden zu erlangen? Der Geist Gottes sagt, dass es ohne Blutvergiessen keine Vergebung geben kann (Hebräer 9,22). Obwohl im Alten Testament jährlich Tausende von Böcken und Stieren hingeschlachtet wurden, so konnten all diese Opfer nur eine Art zeremonielle Reinigung herbeiführen, nicht aber das Gewissen heiligen (Hebräer 9,9-10). Dazu brauchte es besseres Blut. „Denn es ist unmöglich, durch das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegzunehmen“ (Hebräer 10,4). Jesus wird auch von Johannes als das Lamm Gottes bezeichnet, das die Sünden der Welt hinwegnimmt (Johannes 1,29). Der Grund ist, dass sein Blut untadelig und unbefleckt war, und deshalb die Kraft hat, unser Gewissen zu reinigen von den toten Werken (Hebräer 9,11-15). Als Hoherpriester ging er nicht mit fremdem Tierblut, sondern mit seinem eigenen kostbaren Blut in den Himmel hinein (Hebräer 9,24), um für alle Generationen eine ewige Erlösung zu ermöglichen. Der Hohepriester jedoch musste jährlich einmal (am grossen Versöhnungstag Jom Kippur, 3. Mose 16) in das Allerheiligste hineingehen und mit dem Blut der geschlachteten Tiere für sich selbst und für das Volk, vor Gott Sühne bewirken. Hier sehen wir die unvergleichlich grössere und bessere Wirkung des Blutes Jesu. Denn durch eine einzige Opfergabe hat er alle die geheiligt, die durch den Glauben an ihn seinem Wort gehorsam sind (Hebräer 10,10). Im Gegensatz zu den Hohenpriestern musste Jesus Christus nicht zuerst für die eigenen Sünden Opfer darbringen (Hebräer 7,27). Denn da er ohne Sünde war, ist er das vollkommene Sühnopfer für unsere Sünden, „nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“ (1. Johannes 2,2).

GOTT NIMMT DIE SÜNDE SEHR ERNST
Die Grausamkeit des Kreuzes Jesu und auch all die Opferungen im Alten Bund zeigen uns erst, wie ernst es Gott mit der Sünde nimmt. Die Bibel sagt, dass die Sünde uns alle von der Gemeinschaft mit Gott trennt (1. Johannes 1,5-10). Gott hat uns Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn am Kreuz sterben liess, damit wir von der Sünde losgesprochen werden und in die Gemeinschaft mit ihm zurückkehren können (2. Korinther 5,18-21). Diese Liebestat von Seiten Gottes geschah nicht, damit jeder auf seine Art irgendwie selig werden soll. Der Herr war bereit, sein Liebstes zu geben, weil er mit uns Menschen einen ganz bestimmten Plan hatte.

Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lukas 14,27). Wer sich mit dem Kreuz Christi näher auseinandergesetzt hat, bei dem müsste die Forderung Jesu eine Schockwirkung hervorrufen. Denn das Kreuz veranschaulicht Schmach und Schande, mit der die Welt den Sohn Gottes überhäufte und welche die Welt auch auf alle die laden wird, die sich entschieden haben, gegen den Strom zu schwimmen. Jeder, der sich anschickt, Christus zu folgen, sollte an Gethsemane und Golgotha denken. Erst nachdem er die Kosten gut überschlagen hat, soll er sich entscheiden. Was sind die Kosten? Die Kosten sind „alles“ - alles, was ein Mensch hat und ist. Genau das bedeutete es auch für den Heiland. Es kann demzufolge nicht weniger bedeuten für die, die ihm nachfolgen wollen. Jesus sagte: „So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lukas 14,33).

 

Kapitel 27,45-56: Der Tod des Erlösers

Verse 45-50: Jesus hing eine verhältnismässig kurze Zeit am Kreuz.
Um die dritte Stunde wurde er gekreuzigt, um 9:00 Uhr morgens (Mk 15,25). Um die neunte Stunde gab er den Geist auf, das heisst um 15:00 Uhr nachmittags (Mk 15,34).

Um die sechste Stunde kam für drei Stunden eine Finsternis über die Erde, das heisst um 12:00 Uhr mittags bis 15:00 Uhr nachmittags (Mt 27,45). Es war dann, wenn die Sonne gewöhnlich am hellsten schien. Diese Finsternis kann keine Sonnenfinsternis gewesen sein, denn das Passa fand immer an einem Vollmond statt (Ex 12,6). Eine Sonnenfinsternis aber kann bei einem Vollmond nicht stattfinden. Diese Finsternis war ein übernatürliches Ereignis das von Gott in die Wege geleitet wurde. McDonald schreibt in seinem Kommentar: „Während dieser Zeit trug er den unbeschreiblichen Fluch für unsere Sünden.“ Es kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, wie viele Stunden, Minuten oder Sekunden Jesus die Verlassenheit Gottes ertragen musste.

Die letzten sieben Worte Jesu am Kreuz:

1. „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34).

2. „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein“ (Lk 23,43).

3. „Weib, siehe, dein Sohn!“ (Joh 19,26-27).

4. „Eli, Eli, lema sabachthani? (das heisst: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Einige hörten Jesus „Elia“ rufen (Mal 4,5-6). (Mk 15,34) „Elohi, Elohi, lama sabachthani? (das heisst übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?)“

5. „Mich dürstet“ (Joh 19,28). Gemäss Ps 69,22 war dies kein Liebesdienst.

6. „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30).

7. „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“ (Lk 23,46).

Obschon der Tod Jesu äusserlich gesehen nicht den Eindruck eines Triumpfes hinterlässt, so ist er dennoch ein grosser geistiger Sieg,

weil Jesus in völligem Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes starb (Phil 2,8-11). (Jeder, der sich erniedrigt, wird erhöht werden!)

weil Jesus im Glauben starb, dass der Vater ihn von den Toten auferwecken konnte (1Joh 5,4).

weil er durch seinen Tod die Macht des Bösen besiegte (Hebr 2,14) und die Gewalten und Mächte entwaffnete (Kol 2,15).

weil er den Stachel des Todes für uns unschädlich und uns zu Siegern gemacht hat (1Kor 15,55-58; 2Kor 5,21).

weil Jesus mit seinem Opfertod das Sühnopfer für unsere Sünden geworden ist (1Joh 2,2).

Verse 51-56: Ungewöhnliche Ereignisse demonstrieren Gottes Allmacht.
Der Vorhang im Tempel (Ex 26,31-37; 2Chron 3,14). Jesus starb in der neunten Stunde, d. h. um 15:00, als gläubige Juden (Männer und Frauen) sich zum Gebet im Tempel versammelten: Apg 3,1. Während sie beteten, ging ein auserwählter Priester (Hoherpriester) in den Tempel, um auf dem Räucheralter zu opfern (Offb 8,3-4). Normalerweise stand der Altar im Heiligtum, ausser am grossen Versöhnungstag „Jom Kippur“ stand er im Allerheiligsten (Hebr 9,3-4). Der Hohepriester durfte nicht jederzeit in das Allerheiligste hinein gehen (Lev 16,2.12-13). Es gab keinen heiligeren Ort auf Erden als das Allerheiligste, das durch einen riesigen und wunderschönen Vorhang verdeckt wurde. Stellen wir uns den Hohenpriester vor, der auf der Räucherpfanne seine feurigen Kohlen hatte und sie auf den Räucheraltar legen wollte. Da zerreisst der Vorhang, der das Allerheiligste vom Heiligtum trennte, von oben bis unten in zwei Teile und alle Anwesenden sehen den Altar, die Bundeslade und den Rauch im Allerheiligsten. Bestimmt war das für alle Beteiligten ein unvergesslicher Augenblick. Der Hohepriester musste allen Priestern erklären, warum der Vorhang zerrissen sei; vielleicht war das mit ein Grund, warum sich später etliche Priester zu Christus bekehrten: Apg 6,7.

Was hat das alles zu bedeuten?
Die Zerstörung des Vorhangs bedeutet das Ende des Alten Bundes, der wie ein Vertrag auf einem Stück Papier zerrissen wurde. Der Hebräerbrief-Schreiber erklärt, dass der Vorhang für den Leib Jesu steht: Hebräer 10,19-22. Durch den Tod Jesu erhalten alle Gläubigen den Zugang zum enthüllten Allerheiligsten (= den Himmel). Der Vorhang symbolisiert den Leib Jesu, der zerstört wurde, damit wir mit unseren Gebeten direkt in die Gegenwart Gottes treten dürfen: Hebräer 6,19. Damit gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen Priestern und dem Volk, sondern alle Gläubigen sind nun Priester: 1Petr 2,5.9. Es gibt auch keine Unterscheidung mehr zwischen Juden und Heiden, sondern alle Gläubigen sind nun Juden im Geist: Eph 2,14-16 (Gal 3,27-29; Röm 2,28).

Das gewaltige Erdbeben.
Es wäre interessant zu wissen, wie hoch das Beben auf der Richterskala war. (Warum Richterskala? Benannt nach Charles Richter, der diese Messungen graphisch aufzeichnete.) Als Mose die 10 Gebote vom Herrn empfing, erbebte der ganze Berg Sinai: Exodus 19,16-19. Genauso bebte die Erde, als Jesus die Gebote erfüllte und schrie: „Es ist vollbracht!“ Damit erwies Gott seine Macht und seine Antwort auf das, was geschah. Noch einmal wird Gott die Erde samt Himmel erschüttern: Hebr 12,25-29.

Die Auferstehung der Toten.
Es könnte sich hier um zwei grosse Wunder handeln: Die Grüfte öffneten sich nach dem Tod Jesu am Freitag. Nach seiner Auferstehung aber wurden sie erst auferweckt. Vermutlich erzählt hier Matthäus von einem Ereignis das später d.h. erst am Sonntag „nach seiner Auferweckung“ geschah! Es gibt vieles was wir nicht wissen über dieses Ereignis. Wann dies alles genau geschah? Wer auferweckt wurde von den Heiligen? Wem die Auferstandenen erschienen sind? Wie lange sie auf Erden weiterlebten, oder ob sie am selben Tag wieder in die Gräber zurückgingen? Trotzdem können wir aus diesen Ereignissen folgendes klar erkennen:

Jesus ist in Wahrheit der Sohn des lebendigen Gottes (V. 54): Lukas 23,44-49.

Jesus ist der Sieger über den Tod: Johannes 5,25-29; 6,40.

Durch seinen Tod und seine Auferstehung ist er allen Gläubigen vorangegangen: 1. Korinther 15,20-25; 51-57.

Lektion: Mit dem Tod Jesu tritt der Neue Bund in Kraft (Hebr 9,16-17), der allen Gläubigen auf der ganzen Welt und zu allen Generationen den Zutritt zum Allerheiligsten, d. h. zum Himmel, schenkt (Hebr 6,17-20; 10,21-22). Es ist interessant, dass die Frauen bis zum Tode Jesu bei ihm blieben, während sämtliche Jünger ihn verliessen und flohen. Zwar heisst es, dass die Frauen im Gegensatz zu den Männern nichts zu befürchten hatten. Nichts desto trotz blieben sie bei Jesus, weil sie ihn lieb hatten und weil diese Liebe alle Furcht vertrieb (1Joh 4,18). Mindestens zwei Frauen waren Zeugen seines Todes (Mt 27,55-56), seines Begräbnisses (Mt 27,61) und seiner Auferstehung (Mt 28,1-10). Das Evangelium Christi besteht aus drei zentralen Fakten: 1. Korinther 15,1-3.

 

Kapitel 27,57-61: Jesus wird begraben

Der Rüsttag (Tag der Vorbereitung): Johannes 19,31-37. Gemäss dem Gesetz Mose durften tote Körper am Sabbat nicht am Kreuz hängen oder unbeerdigt bleiben (Dtn 21,22-23; Jos 8,29; 10,26-27). Jeder, der am Kreuz hing, wurde zum Fluch: Galater 3,13. Wer einen Toten berührte, wurde unrein und durfte am Sabbat kein Passa essen (Num 19,11; Ex 20,8-11; Joh 18,28). Da es sich hier um einen speziellen Sabbat handelte, auf den das sieben Tage Fest der ungesäuerten Brote folgte, wonach man sich besonders heiligen liess, mussten die Toten unbedingt noch beerdigt werden. Um einen Gekreuzigten beerdigen zu können, musste er gestorben sein. Wir wissen, dass die Römer durch die Kreuzigung den Todeskampf möglichst lange hinausziehen wollten. So konnte es 3 bis 4 Tage dauern, bis ein Gekreuzigter den Geist aufgab. In diesem Fall blieb keine Zeit mehr dafür, deshalb brach man den noch Lebenden am Kreuz die Schenkel, um so den frühzeitigen Tod herbeizuführen. Bei Jesus erübrigte sich das, da er schon tot war. Um sicher zu gehen, stiess ein Soldat mit einer Lanze in die Seite des Körpers, so dass Blut und Wasser herauskam, was medizinisch den Tod anzeigte. Damit wurde wiederum eine Verheissung erfüllt: Psalm 34,20.

Ein reicher Mann begrub Jesus: Johannes 19,38-42. Joseph aus Arimathäa (Juda) war ein Ratsherr und heimlicher Jünger Jesu, der auf das Reich Gottes wartete und an Jesus als den König glaubte (Lk 23,50-51). Mit ihm war Nikodemus ein Vorsteher der Juden (Joh 3,1; 7,50). Diese Beisetzung war eine Provokation für die Juden, weil sie sich zu Jesus bekannten. Damit begruben die beiden Mitglieder des Sanhedrin, auch sich selbst in sozialer, wirtschaftlicher und religiöser Hinsicht (= kein Anteil am Passa). Damals ging man mit unterschiedlichen Meinungen noch nicht so grosszügig und liberal um wie in unserer heutigen postmodernen Zeit (Joh 9,22).

Sie konservierten den Leib Jesu, indem sie ihn in ein leinenes Tuch wickelten und zwischen den einzelnen Lagen Kräuter taten. Dann legten sie den Leib Jesu in ein neues Grab, das aus dem Felsen gehauen wurde. Die Öffnung des Grabes wurde mit einem grossen Mühlstein verschlossen. Hier erfüllte sich, was Jesaja prophezeite: Jesaja 53,9. Jesus wurde wie alle Sünder in ein weltliches Grab gelegt. Doch der Herr liess es nicht zu, dass der Leib die Verwesung sehe (Apg 2,30-31; 13,36-37).

Die beiden Marias waren nicht glücklich darüber, wie die beiden Männer Jesus im Schnellverfahren abfertigten. Es waren die Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus (Mk 15,40.47). Sie gingen in die Stadt und bereiteten zusätzlich Balsam vor, doch sie warteten den Sabbat ab: Lukas 23,55 – 24,1; Mk 16,1.

Lektion: Wie weit sind wir bereit zu gehen, mit unserem Glaubenszeugnis vor den Menschen?

 

Kapitel 27,62-66: Die Grabwache

Für die Nachfolger Christi war es eine Zeit -

der Verzweiflung voller Trauer und Weinen: Markus 16,10.

der Angst vor den Juden: Johannes 20,19.

in der sie wie Schafe ohne Hirte waren: Matthäus 26,31.

Die Feinde Jesu waren immer noch aktiv und versammelten sich zur Beratung. Vielleicht erschraken sie, als sie von der Erlaubnis des Pilatus bezüglich des Leibes Jesu erfuhren (V. 58). Es ist interessant, dass die Jünger Jesu es nicht verstanden hatten, als Jesus von seiner Auferstehung sprach (Mt 16,21; 17,22-23). Die Juden hingegen begriffen, dass Jesus dies behauptete, obschon sie keineswegs daran glaubten (Mt 12,39-40; 20,19; 26,61; Joh 2,19-21; 10,17-18). Die Schlussfolgerung ihrer Beratung war, dass das Grab Jesu bewacht werden müsse.

Sie gingen zu Pilatus und baten um zwei Dinge:

- eine Wachmannschaft (einige Männer, Mt 28,11), die durch die Juden unterstützt wurde (siehe Vers 66).

- Versiegelung des Grabes, so dass der ohnehin schwere Stein nicht mehr weggerollt werden konnte. (Wer ein versiegeltes und bewachtes Grab öffnete, wurde zum Tode verurteilt.)

Wäre Jesus nach drei Tagen immer noch im Grab gewesen, so hätten die Juden den Leichnam Jesu eventuell selbst herausgenommen und ihn in ganz Jerusalem umhergetragen, um allen zu zeigen, dass Jesus nicht auferstanden sei. Weil die Juden mit verführerischen Methoden vorgingen (Mt 26,58), dachten sie, dass auch die Jünger Jesu sich solchen Methoden bedienen würden (die meisten meinen, dass alle so denken und fühlen wie sie selbst). Doch die Jünger dachten gar nicht an eine solche Möglichkeit, weil sie ehrliche Leute waren und an Gott und seinen Sohn glaubten.

Lektion: Der allmächtige Gott braucht sich nicht faulen Tricks zu bedienen, noch braucht er menschliche Hilfe, um seine Wunder zu verwirklichen: Sprüche 21,30.