Einführung-NT02: Antiochus IV. Epiphanes

Einführung ins Neue Testament

 

 

Um 170 vor Christus zog der Seleukiden König, Antiochus Epiphanes nach Ägypten, um es zu erobern. Unter der Herrschaft des Ptolmäus VI. (Philometor, 181-145 v. Chr.) war das Reich heruntergekommen. Zwischen dem Berg Kasios und Pelusion wurde die ägyptische Armee von den Syrern geschlagen. Anschliessend zog Antiochus nach Memphis und liess sich dort zum Herrscher Ägyptens ausrufen. Dann wandte er sich nach Alexandria. Doch Rom intervenierte und liess es nicht zu, dass das syrische Reich und damit der hellenistische Einfluss noch grösser werden konnte. Sie entsandten einen römischen Senator, Gaius Popillius Laenas, der Antiochus unbewaffnet und mit sanfter Gewalt aufforderte, Ägypten sofort zu verlassen (Dan 11,18.29-30). Der Gesandte nahm einen Stab, zog rund um Antiochus einen Kreis im Sand und zwang ihn, sich zu entscheiden, da dieser sich die Sache noch überlegen wollte. Antiochus war sich bewusst, dass er Rom unmöglich widerstreben konnte und deshalb gab er gedemütigt klein bei, indem er nach Syrien zurückkehrte. Zu gross war der Respekt vor der Macht Roms, die er während zehnjähriger Gefangenschaft fürchten gelernt hatte.

Doch auf dem Rückmarsch änderte er seine Pläne. Er war verärgert über die Juden, weil viele die hellenistische Lebensweise ablehnten und seine Einsetzung von Menelaus (171-161 v. Chr.) zum Hohenpriester nicht akzeptierten, da er ein Benjamit war. Zudem kam, dass durch ein falsches Gerücht, Antiochus sei getötet worden, Jason (der frühere Hohepriester) angetrieben wurde, Jerusalem zu erobern, sein Hohepriesteramt und damit auch die Macht in der Stadt wieder an sich zu reissen. Damit machte er die Rechnung ohne Antiochus, der „mit tierischer Wut im Herzen” (2Makk 5,11) über die Stadt Jerusalem einstürzte. Jason wurde verjagt und kam später in der Verbannung ums Leben (2Makk 5,1-10). Gleichzeitig richtete er sich gegen die Juden, in der er 40'000 hinmetzelte und ebenso viele als Sklaven verkaufte (2Makk 5,14). „Und damit nicht zufrieden, erfrechte er sich, in den heiligsten Tempel der ganzen Welt einzudringen unter der Führung des Menelaus, der sich als Verräter an Gesetz und Vaterland bewiesen hatte. Mit besudelten Händen ergriff er die heiligen Geräte, und mit roher Faust raffte er zusammen, was von andern Königen zur Erhöhung der Herrlichkeit und Ehre dieser Stätte gespendet worden war” (2Makk 5,15-15). Er raubte den goldenen Schaubrottisch, den goldenen Leuchter, den Räucheraltar mit den Weihrauchgefässen, die goldenen Geräte samt Vorhänge und Teppiche. Auf dem Brandopferaltar brachte man für Zeus Schweinefleisch dar (Dan 11,31). Die Tempel­gemächer dienten als Bordell (2Makk 6,4).

Schliesslich zwang Antiochus die Juden, nach den syrischen Bräuchen zu leben (2Makk 6). Er verbot ihnen die Beschneidung, die täglichen Opferungen, den Besitz der Heiligen Schriften (wurden verbrannt), das Gesetz und die Einhaltung des Sabbats (auf Todesstrafe). Er zwang die Juden, unreines Fleisch zu essen und den griechischen Göttern zu opfern. Die schönsten Stadtteile liess er in Brand stecken. Er stellte Beamte ein, die bei Zuwiderhandlung seiner Befehle dem Volk grausame Strafen auferlegten. So wurden Frauen, die ihre Söhne beschnitten hatten, erwürgt und ihre Söhne erhängt. Fanden die Beamten eine Schriftrolle, so wurden die Besitzer wie Verbrecher hingerichtet. Nie zuvor gab es einen grausameren Versuch, den jüdischen Glauben auszulöschen.

Tragischer weise sahen einige jüdischen Brüder in Judäa, die pro-hellenistisch eingestellt waren, nichts Schlimmes, den Bestimmungen des Antiochus nachzugeben. Sie verstanden die Bemühungen des Antiochus, sein syrisches Volk zu vereinen und treue Juden, die sich weigerten, als Verräter zu bestrafen. Sie liebten das Theater und den Sport. Sogar Priester nahmen nackt an der Olympiade teil und um ganz hellenistisch zu sein, verbargen sie sogar das Zeichen ihrer Beschneidung. So bewirkte Antiochus eine Spaltung unter den Juden.

Im zweiten Buch der Makkabäer werden zwei bekannte Geschichten geschildert, die von unsagbaren Misshandlungen treuer Juden berichten:

Die erste Geschichte berichtet von Eleasar, einem betagten Schriftgelehrten (2Makk 6,18-31), der gezwungen wurde, Schweinefleisch zu essen. Er weigerte sich und sagte (1Makk 6,27): „Deshalb will ich jetzt durch ein mannhaftes Scheiden aus dem Leben mich meines Alters würdig zeigen und der Jugend ein edles Beispiel hinterlassen, wie man freudig und hochgemut für die Lehren und heiligen Gesetze einen schönen Tod erleidet.” Danach wurden ihm, auf Befehl des Königs, die Zunge herausgeschnitten, Hände und Füsse abgehackt, bis zur Ohnmacht Peitschenhiebe verpasst. Schliesslich führte man ihn verstümmelt zum Scheiterhaufen, wo er in einer Pfanne gebraten wurde.

Die zweite Geschichte handelt vom grausamen Märtyrertod der sieben Brüder und ihrer Mutter (2Makk 7). Auch ihnen wurden die Zunge abgeschnitten, die Kopfhaut abgezogen, die Gliedmassen abgehauen, weil sie sich weigerten, Schweinfleisch zu essen und damit gegen das Gesetz Mose zu verstossen. Das Kapitel schildert äusserst brutal und detailliert die grausamen Folterungen jedes einzelnen. Hinzu kommen die tapferen und berührenden Bekenntnisse der Märtyrer.

Tatsache ist, dass die Juden, trotz grossen Verfolgungen, ihren Glauben nicht aufgaben. Im Gegenteil! Der ungerechtfertigte, harte Umgang mit ihnen, schrie immer mehr nach einem Aufstand der Vergeltung. Dies führte zur Zeit der Makkabäer (167 – 143 v. Chr.), in der jüdische Freiheitskämpfer auftraten, um gegen die syrischen Ungerechtigkeiten zu rebellieren. Dazu das folgende Beispiel:

Antiochus entsandte Abgeordnete in die Stadt Modein (nordwestlich von Jerusalem). Sie sollten einen Altar errichten und den Bewohnern der Stadt befehlen, den griechischen Göttern Opfer darzubringen. Dabei versuchten sie Mattathias, ein vornehmer und einflussreicher Jude, zu überreden, mit gutem Beispiel voranzugehen (1Makk 2,17-18). Doch der weigerte sich und war zornig über diese absurde Idee. Er trauerte mit seinen Söhnen bereits um die gotteslästerlichen Dinge, die in Judäa und Jerusalem geschahen (1Makk 2,1-14). Da trat ein Landsmann, der sein Leben retten wollte, an seine Stelle, um zu opfern. Das brachte für Mattathias das Fass zum überlaufen. Er ereiferte sich so sehr, dass er in seinem Zorn seinen Landsmann tötete, der am Altar opferte und den königlichen Beamten, der sie zum Opfer zwingen wollte. Danach riss er den Altar nieder, rief zum Aufstand auf und floh mit seinen fünf Söhnen ins Gebirge (1Makk 2,28). Es folgten ihm aber Tausende in die Wüste, um für ihre Freiheit und ihren Glauben zu kämpfen, so dass damit der Jahrzehnte lange jüdische Krieg der Makkabäer begann (ab 1Makk 3).