Paulus-03: Seine Reisen als Gefangener

Das Leben des Paulus

 

 

 I.   Paulus in Jerusalem (Apg 21, ca. 58/59 n. Chr.)

So viel wir aus der Geschichte wissen, ging er nie wieder bis nach Antiochia in Syrien zurück, von wo seine Missionsreisen begannen und endeten. Als Paulus in Jerusalem von Jesus zeugte, stiess er auf grossen Widerstand.

Da unterrichteten die Ältesten Paulus über ein Gerücht, das bei den Gläubig gewordenen Juden umherging, nämlich, dass Paulus die Juden von Mose und ihren überlieferten Traditionen abwenden wollte. Zudem gaben sie ihm eine Anweisung, die sicher nicht dem Willen Gottes entsprechen konnte. Sie sagten ihm, er solle sich mit vier anderen Männern, die ein Gelübde (= ein Versprechen an Gott) machten, 7 Tage dem Herrn weihen und die Kosten für sie übernehmen, wenn sie sich dafür die Haare abschneiden liessen. Paulus tat das aus dem folgenden Grund: Wenn Juden von heidnischen Regionen nach Jerusalem zurückkamen, gingen sie durch einen Reinigungsprozess. Vielleicht ging es bei dieser Weihung um ein solches Ritual, wozu er auch bereit war, damit er wieder im Tempel zugelassen werden konnte. Ähnlich wie die Beschneidung des Timotheus, durch die er sich so Zutritt zu den Synagogen verschaffte (16,3).

Paulus fügte sich den Ältesten in Jerusalem, obschon er den Juden bestimmt nicht beweisen wollte das Gesetz weiterhin einzuhalten (V. 24). Doch er selbst oder ein anderer Schreiber lehrte vom Heiligen Geist inspiriert: Hebräer 13,7. Obwohl Paulus ein Apostel war, standen die Ältesten in Jerusalem der Gemeinde vor. Interessant ist, dass nirgends die 12 Apostel erwähnt werden. Wo waren sie zu dieser Zeit? Waren sie nicht die Vorsteher der Gemeinde in Jerusalem? = Vermutlich waren sie zu dieser Zeit (ca. 58 n. Chr.) bis ans Ende der Erde hinausgegangen, um das Evangelium zu verkündigen, wie ihnen Jesus vor seiner Himmelfahrt anordnete (Apg 1,8).

 

 II.   Die Inhaftierung des Paulus (Apg 21,27 – 23,22)

In Jerusalem (Apg 21,27 – 23,22):
Als die Juden Paulus im Tempel erblickten, packten sie ihn voll Zorn, ohne auf seine Zeit der Weihung zu achten. Sie erregten einen Tumult, indem sie ihn bezichtigten, gegen das Volk, das Gesetz und den Tempel zu lehren. Zudem gingen sie von einer Annahme aus, die nicht den Tatsachen entsprach: Sie meinten, Paulus habe einen Unbeschnittenen in die heilige Stätte hineingeführt und dabei den Tempel entweiht (V. 28). Menschen, die die Wahrheit nicht annehmen wollen, versuchen es mit allen Mitteln, um angeblich klare Gründe für ihr Fehlverhalten zu finden!

Die aufgebrachte Volksmenge konnte nur durch das rechtzeitige Eintreffen eines römischen Kommandanten und seinen Soldaten vom Mord an Paulus abgehalten werden. Dabei ging der Kommandant von einer Annahme aus, dass Paulus ein ausserordentlich schweres Verbrechen begangen haben musste, für dass das Volk nun Rache suchte: Apg 21,33-38. Der Kommandant hielt Paulus für einen ägyptischen Verbrecher. Deshalb wunderte er sich, als Paulus ihn in Griechisch ansprach. Die ganze Inhaftierung des Paulus beruhte auf falschen Vermutungen.

Auch heute ist es so, dass viele sich durch Voreingenommenheit den Weg zur Wahrheit selbst versperren. Statt sachlich und mit Vernunft etwas abzuklären, lassen viele sich zu leicht von der Mehrheit zu falschen Schlussfolgerungen manipulieren und von eigenen Gefühlen leiten. Deshalb haben viele Irrlehrer in der heutigen Zeit ein leichtes Spiel (Irrlehrer = Politiker, Medien, religiöse Führer usw.) Durch geschickte Massenmanipulationen spielen sie mit den Gefühlen ihrer Zuhörer und gewinnen so immer mehr Anhänger. Wir Menschen werden von unserer Zeit und Kultur stark beeinflusst und geprägt, ohne uns das bewusst zu sein. Wir neigen dazu, so zu denken, wie die meisten unserer Zeitgenossen denken. Das mag gut oder falsch sein.

Eigentlich will niemand sich im Denken manipulieren lassen, aber das geschieht von selbst und unbemerkt. Z. Bsp. in der Schweiz ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass man nicht über Religion spricht. Wer das trotzdem tut, der begibt sich in Beziehung zu anderen Menschen auf dünnes Eis. Das ist ein Grund, weshalb der christliche Glaube in der breiten Bevölkerung verlorengegangen ist. Die Mehrheit hat vergessen, dass Jesus gewarnt hat (Mt 7,13-14):

„Tretet ein durch das enge Tor! Denn weit ist das Tor und breit der Weg, der ins Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen. Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der ins Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden!”

In Kapitel 22 erhält Paulus endlich die Möglichkeit, sich vor den Obersten und dem Volk in Jerusalem, mit einer Rede, zu verteidigen. Doch das Volk hörte ihm nur eine kurze Zeit zu: Apg 22,21-25. Auch hier sehen wir, wie die Mehrheit sich manipulieren lässt vom Volk. Paulus konnte sich nur dank seines römischen Bürgerrechts viele Schmerzen ersparen.

In Kapitel 23 lesen wir, dass der Kommandant Paulus schliesslich vor den Hohen Rat brachte. Während einer weiteren Verteidigungsrede entstand auch da „ein grosser Zwist“ (V. 10). So wurde Paulus als Gefangener abgeführt. In der Nacht aber erschien ihm der Herr: Apg 23,11. Am nächsten Tag verschworen sich über 40 Juden gegen Paulus, indem sie keine Nahrung zu sich nahmen, bis sie ihn getötet hatten.  Wenn diese Leute ihren Schwur tatsächlich einhielten, dann sind sie alle an Unterernährung gestorben. Denn Gott machte seine Zusage - Paulus nach Rom zu führen - wahr, und veranlasste, dass Paulus nach Cäsarea gebracht wurde.

In Cäsarea (Apg 23,23 – 26,32):
In Kapitel 24 lesen wir vom Zeugnis des Paulus in Cäsarea. Auch dort erhielt er die Gelegenheit sich zu verteidigen. Dabei ging er so weit, dass er schliesslich von seinem Recht als römischer Staatsbürger Gebrauch machte und Berufung an den Kaiser legte. Er sagte zu Festus: Apg 25,11-12. Bevor man Paulus als Gefangener nach Rom schickte, wurde er noch Agrippa vorgeführt (Kapitel 26). Auch Agrippa stellte folgendes fest: Apg 26,30-32.

 

 III. Paulus reist als Gefangener nach Rom (Apg 27,1 – 28,16)

In den folgenden Kapiteln der Apostelgeschichte lesen wir von der abenteuerlichen Segelfahrt nach Rom.

In den Kapiteln 27 und 28 werden insgesamt 12 Stationen erwähnt, die von Cäsarea aus bis nach Rom führten: Die lange Reise mit dem Schiff beginnt also in Cäsarea. Aus der Wortwahl „wir“ (27,1) können wir entnehmen, dass Lukas offenbar als „Reporter und Kameramann“ Paulus begleitete. Da kein Schiff nach Italien fuhr, segelte der Hauptmann mit den Gefangenen an Bord, zuerst auf einem anderen Schiff, der Küste entlang, nach Norden. Er hoffte in einem anderen Hafen Anschluss zu finden. Am nächsten Tag machten sie bereits Halt in Sidon.

Sidon:
In Sidon erlaubte der Hauptmann dem Paulus seine Freunde zu besuchen und sich pflegen zu lassen (27,3). Es ist anzunehmen, dass es Glieder der Gemeinde waren, bei denen sich Paulus und Lukas vor den bevorstehenden Strapazen stärken liessen. Von Sidon segelten sie weiter nach Myra, wo sie dann auf ein grösseres Schiff umstiegen, das nach Italien fuhr (27,5).

Myra:
Dieses Schiff war beachtlich in seiner Grösse, denn es hatte Getreide geladen (27,38) und es konnte zusätzlich 276 Personen an Bord nehmen (27,37). Die Winde lagen nicht besonders günstig, so dass es am Anfang nur langsam voranging.

Knidus:
Der Sicherheit halber versuchte man möglichst immer einer Küste entlang zu segeln, so dass man bei gefährlichen Stürmen sofort an Land gehen konnte. Weil westliche Winde ihnen stark entgegenhielten, kamen sie nur bis Knidus. Von dort steuerten sie auf die südlich gelegene Insel Kreta zu.

Salmone:
Sie kamen an Salmone vorbei. Salmone liegt ganz am östlichen Zipfel der Insel Kreta.

Schöne Hafen:
Schliesslich kamen sie an einen Ort, der „Schöne Hafen“ genannt wurde und ungefähr in der südlichen Mitte der Insel lag. Da Paulus wusste, dass die Schifffahrt nach dem Fasttag der Juden im Oktober eingestellt wurde, riet er von einer Fortsetzung der Reise bis zum Frühjahr ab. Der Herbst war schon zu weit fortgeschritten, die Windstürme waren zum Teil schon losgebrochen und machten die Schifffahrt äusserst gefährlich. Weil aber der Ort zum Überwintern nicht besonders geeignet war, hörte der Hauptmann mehr auf den Kapitän und auf den Schiffsbesitzer, als auf Paulus. Die entschieden nach Phönix, einem westlich gelegenen Hafen der Insel, weiter zu segeln. Hier beginnt das Kaos!

Kauda:
Kaum waren die Anker eingezogen, da trieb es sie auf die offene See hinaus. Sie gerieten in einen, für diese Jahreszeit, typischen Wirbelsturm: Euraquilo (= Südwestwind). Der Sturm war so gross, dass das Schiff ausser Kontrolle geriet. So kamen sie von ihrem Kurs ab und trieben an der Insel Kauda vorbei, Richtung Afrika. Weil sie die Orientierung völlig verloren, fürchteten sich die Seeleute auf die bekannte „Syrte“ aufzulaufen (das sind lange Sandbänke an der nordafrikanischen Küste). Deshalb liessen sie die Treibanker herunter (eine Art Flosse, die die Fahrt verlangsamten und schon einigen Schiffbrüchigen das Leben rettete). Sie warfen auch einen Teil ihrer Ladung über Bord. Verzweifelt liessen sie sich treiben, während ihre Hoffnung auf Rettung immer mehr dahinschwand: Apg 27,20-26.

Einmal mehr beweist Paulus seinen Glauben. Obschon wir nichts davon lesen, ist anzunehmen, dass Paulus zum Herrn betete. So wie wir Paulus kennen, betete er nicht nur für sich, sondern für die Rettung aller Passagiere. Wir wissen auch, dass nur der lebendige Gott und Schöpfer Gebete erhört und auf Seine Weise beantwortet. Äusserlich gesehen, veränderte sich die Situation überhaupt nicht. Die Wolken verschwanden nicht und auch das Meer beruhigte sich nicht. Der Sturm wütete in voller Kraft weiter. Alles, was sich veränderte, war die Einstellung des Paulus. Doch diese veränderte Einstellung machte alles aus! Daraus können wir eine wichtige Glaubenslektion fürs Leben lernen: Gebete verändern nicht immer die Umstände. Aber sie verändern unsere Einstellung zu den gegebenen Umständen! Lebensprüfungen bekommen erst im Vertrauen auf den allmächtigen Gott ihren Sinn!

Malta:
Es ist ein Wunder, dass das Schiff auf seinem langen Zickzackkurs ausgerechnet auf die Insel Malta zusteuerte. Kurz vor der Insel stiess das schwere Schiff auf den Grund und blieb stecken. Durch die Gewalt der Wellen drohte das Hinterteil des Schiffes auseinander zu brechen. Wir lesen: Apg 27,42 – 28,10.

Paulus nahm überall sehr aktiv am Leben teil. Er scheute keine Arbeit. Als Gefangener war er es, der das Holz zusammenlegte und das Feuer anzündete (Ereignis mit der Natter: 28,3). Nach der anstrengenden Seereise hatte er sicher Ruhe nötig. Doch er betete für die Menschen und heilte Kranke (28,8). Gott wirkte durch Paulus auf wunderbare Weise überall, wo er hinkam. Selbst als Gefangener war Paulus allen Menschen ein Vorbild und ein grosser Segen.

Syrakus:
Nach einem dreimonatigen Aufenthalt, ging die Reise mit einem anderen Schiff weiter, das auf der Insel überwintert hatte. So kamen sie an die Zehenspitze des italienischen Landstiefels; nach Rhegium.

Rhegium:
Weil der Wind günstig stand, fuhren sie in nur zwei Tagen nach Puteoli.

Puteoli:
-war eine wichtige römische Hafenstadt.
Dort verbrachte Paulus eine Woche mit den Christen. Schliesslich ging es auf dem Landweg weiter, auf der berühmten römischen Pflastersteinstrasse (der Via Appia) bis nach Rom. Die Nachricht von der Ankunft des Paulus verbreitete sich unter den Christen sehr schnell, so dass einige von Rom ihm entgegenkamen bis nach Appii Forum, das fast 70 Kilometer von Rom entfernt war.

Was tat Paulus als erstes als er die Brüder sah?
Es heisst (28,15b): „Und als Paulus sie sah, dankte er Gott und fasste Mut.“ Was tun wir, wenn wir unser Reiseziel erreicht haben? Paulus war nicht allein in der mächtigen römischen Metropole. Es wurde ihm sogar gestattet, eine Mietwohnung in Rom zu beziehen, mit einem Soldaten, der ihn bewachte (28,16).

Endlich hatte Paulus sein fast unerreichbares Ziel erreicht. Doch kaum waren drei Tage vergangen, liess er die Obersten der jüdischen Familien zu sich in die Wohnung kommen. In Rom befand sich eine grosse Anzahl Juden. Es heisst: Apg 28,23b-24.30-31. Damit kommt der Bericht des Lukas zum Ende.

Wir wissen nicht, warum soviel Zeit verstrich, bis er vor den Kaiser treten musste. Wir wissen auch nicht, wie die Gerichtsverhandlung ausging. Alles, was wir wissen ist, dass Paulus nicht untätig blieb, sondern seine übrige Lebenszeit nutzte. Von Rom aus schrieb Paulus die folgenden Briefe: Epheserbrief, Kolosserbrief, Philipperbrief, den Brief an Philemon und Titus, zwei Briefe an Timotheus.

 

 Schlussfolgerungen

Trotz Gefangenschaft und vielen Ablehnungen, blieb Paulus dem Glauben an den Herrn Jesus Christus treu, bis an sein Lebensende. Paulus wurde dem Herrn wirklich zu einem auserwählten Werkzeug, der den Namen Gottes vor Heiden und Könige und die Söhne Israels trug (Apg 9,15). Er lehrte um Christi Namen zu leiden und Schmach zu ertragen, ja sogar den Tod. Es wird angenommen, dass Paulus aus seiner Gefangenschaft in Rom nie wieder befreit wurde und um ca. 64/65 n. Chr. dort das Todesurteil empfing.

Was sind wir bereit, für die Verbreitung des Evangeliums, in unserem Leben zu ertragen? Sind wir bereit, von den gottlosen Menschen abgelehnt und verstossen zu werden? Sind wir bereit, für dieses „herrlich anvertraute Gut“ zu leiden und zu sterben? Jesus sagt (Mt 16,26): „Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber Schaden nimmt an seinem Leben? Was kann einer dann geben als Gegenwert für sein Leben?”