Jesus-10: Jesus und die zehn Aussätzigen

Jesus, der Christus

 

 

 I.   Jesus begegnet den zehn Aussätzigen: Lukas 17,11-19

Gemäss Lukas war Jesus nun schon das dritte Mal unterwegs nach Jerusalem (Lk 9,51; 13,22). Als er im Grenzgebiet zwischen Samaria und Galiläa reiste kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Die Juden wollten mit den Samaritern nichts zu tun haben. Denn sie waren Abgefallene unter Jerobeam, die sich 930 v. Chr. vom Volk Israel abspalteten (1 Kön 12). Trotzdem befand sich unter den Aussätzigen mindestens ein Samariter (V. 16). Das ist ein wichtiges Gesetz im Leben: Gemeinsames Unglück lässt die Unterschiede zwischen Menschen und Nationalität vergessen. Tragische Umstände brachten Juden und Samariter zusammen. Sie betrachteten sich nur noch als Menschen in Not. Ein Aussatz ist eine schlimme Krankheit, die innert zwei Jahren zum Tod führt.

Es gab verschiedene Arten von Aussatz. Es gab zum Beispiel einen Aussatz, bei dem die Glieder langsam abstarben und die Knochen zerfressen wurden. Die Haut wird zuerst rosarot, dann braun und schliesslich schwarz. Es sieht am Ende aus wie bei einem Bergsteiger der an den Fingern oder Zehen Erfrierungen aufweist. Das Schlimmste bei diesem Aussatz ist, dass das körperliche Alarmsystem für Schmerzen nicht mehr funktioniert. Das heisst; ein solcher Aussätziger empfindet keine Schmerzen mehr, er ist gefühlslos geworden. Vorsichtig muss er zum Beispiel einen Schlüssel drehen. Wenn er zu viel Kraft einsetzt, könnte er einen Finger brechen, ohne Schmerzen zu empfinden. Alles was er berührt, muss er mit grosser Sorgfalt tun, damit er sich nicht verletzt, weil der Körper gefühlslos geworden ist. Aussätzige lebten abgeschieden von der Zivilisation, in Höhlen und Klüften (Lev 13,45-46; Num 5,2-3). Wenn sie schliefen waren Ratten und andere Tiere aktiv, die ihnen oft ganze Zehen oder Finger abbissen, ohne dass sie es merkten. Schmerzen empfinden zu können, sind also für gesunde Menschen ein Segen! Sie sind das Alarmsystem unseres Körpers, wofür wir dankbar sein sollten.

Aus ungefähr 50 Meter Entfernung rufen nun zehn Aussätzige Jesus zu und versuchen seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!“ (V. 13b). Sie wissen, dass das Gesetz ihnen verbietet, näher zu den Gesunden hinzugehen. Denn keiner will mit dieser Krankheit angesteckt werden. Jesus, der umgeben ist von seinen Jüngern und anderen Menschen, die ihm gefolgt sind, sieht plötzlich diese Kranken am Zaun der Stadt.

Wir wissen, dass Jesus schon früher einen Aussätzigen heilte (Lk 5,13). Er streckte ihm die Hand entgegen und berührte ihn. Dann befahl er ihm: „Geh, zeig dich dem Priester, und bring für deine Reinigung ein Opfer dar, wie Mose es angeordnet hat …“ (Lk 5,14; Lev 14,2-32). Die Priester waren damals die Gesundheitsinspektoren. Wenn ein Priester entschied, dass ein Aussätziger geheilt war, dann durfte der Geheilte wieder in die Gesellschaft integriert werden. Nach einem Opfer durfte er nach Hause gehen zu seiner Familie, seinen Verwandten usw. Er durfte wieder Arbeiten und den Tempel besuchen (Apg 3,2). Diesmal schickte Jesus die Aussätzigen direkt zum Priester. Vermutlich wollte er damit ihren Glauben testen. Denn erst auf dem mehrstündigen Marsch nach Jerusalem wurden sie geheilt (V. 14c).

Was für eine Erfahrung musste das für die Aussätzigen gewesen sein? Bei jedem Schritt ging es ihnen besser. Sie fühlten die Steine immer mehr unter ihren Füssen. Ihre Stimme verlor allmählich den heiseren Ton, so dass sie wieder normal sprechen konnten. Langsam wurde auch ihre Haut wieder gesund und die Knochen wieder stark. Etwas Seltsames und Wunderbares geschah mit ihrem Körper. Sie mussten vor lauter Freude getanzt und gerufen haben! Endlich wurden sie befreit von dieser grausamen und demütigenden Krankheit.

Was für ein aussergewöhnlicher Moment im Leben dieser Zehn, die folgendes gemeinsam hatten: Alle waren aussätzig und warteten abgeschieden von Menschen auf den Tod. Alle riefen verzweifelt Jesus zu, weil sie glaubten, dass Jesus sie heilen konnte. Alle gehorchten Jesus und machten sich auf den Weg zum Priester. Alle wurden geheilt auf dem Weg dorthin. Doch hier hören die Gemeinsamkeiten auf, denn nur einer kehrte zu Jesus zurück und „pries Gott mit lauter Stimme“ (V. 15). Im Griechischen wird im Vers 16 für „danken“ die durative Zeitform gebraucht (Partizip, Präsens: euchariston, εὐχαριστῶν). Damit wird darauf hingedeutet, dass der Geheilte nicht nur einmal seinen Dank aussprach, sondern fortwährend Jesus dankte (= dankbare Haltung). Der nächste Satz ist fast ein Schock: „Und das war ein Samaritaner“ (V. 16,c). Ausgerechnet ein Samariter, ein Abtrünniger! Oft ist es so, dass wir eine Wertschätzung von jemandem erhalten, von dem wir es nie erwartet hätten. Hingegen von denen wir etwas erwartet haben, werden unsere Bemühungen oft für selbstverständlich gehalten.

Ein Kommentator schreibt über mögliche Gründe, weshalb die andern neun Geheilten nicht zu Jesus zurückgingen, um zu danken: Einer wartete, um zu sehen, ob er wirklich geheilt war.
b) Einer wartete, um zu sehen, ob die Heilung auch von Dauer sei. Einer wartete mit der Begründung, dass er Jesus später noch danken werde. Einer behauptete, dass er gar nie aussätzig war. Einer behauptete, dass er eines Tages von selbst gesund geworden wäre. Einer gab dem Priester die Ehre, der ihn gesund machte. Einer sagte: „Jesus hat ja gar nichts getan. Er hat uns ja nur von weitem zugerufen wir sollen zum Priester gehen.“ Einer sagte: „Jeder andere Rabbi hätte das auch tun können.“ Einer sagte, dass er sich sowieso schon auf dem Weg der Besserung befand. Das sind typische Reaktionen, die zeigen, dass undankbare Menschen die grössten Wunder herunterspielen können.

Jesus fragte traurig (V. 17): „Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die übrigen neun?“ Ist keiner der andern zurückgekehrt, „ausser diesem Fremden?“ Das Wort „Fremder“, das Jesus gebrauchte, war dasselbe Wort, das auf dem Verbotsschild stand, beim Tempeleingang des Vorhofs der Heiden. Darauf stand: „Allen Nichtjuden [Fremden] ist der Eintritt zum Tempel unter Todesstrafe untersagt.“ Dem Samariter war also der Zutritt zum inneren des Tempels strengstens verboten. Doch er hatte Zugang zu Jesus und lag ihm anbetend zu Füssen. Jesus segnete ihn mit den Worten (V. 19): „Dein Glaube hat dich gerettet.“ Mit andern Worten (Lk 19,9): „Heute ist dir und deinem Haus Heil widerfahren.“ „Deine Dankbarkeit hat dich nicht nur körperlich, sondern auch geistig gesund gemacht.“

 

 II.   Undankbare Haltung in der heutigen Zeit

2. Timotheus 3,1-5: Diese Tage sind längst angebrochen, von denen Paulus hier spricht. Und wir fragen uns zu Recht: „Wenn es zu Jesu Zeiten bloss einer von Zehn war, der dankbar war, also 10%, wie viel wären es dann heute?“ Lassen wir uns doch von der Welt nicht anstecken! In der Welt gibt es viele unzufriedene Menschen, weil sie eine undankbare Haltung an den Tag legen. Alles ist selbstverständlich und vieles wird erwartet. Wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, dann wird ohne Ende gemurrt, gemeckert und gestreikt. Je grösser die Erwartungshaltung, desto grösser auch die Enttäuschungen. Wir Menschen neigen zur Undankbarkeit! Doch Undankbarkeit ist Sünde und zerstört unser Leben! (Röm 6,23).

Viele Menschen lehnen Gott auch deshalb ab, weil er all ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht genügend oder nicht sofort erfüllt. Römer 1,21: „Denn obwohl sie Gott erkannten, haben sie ihm nicht die Ehre gegeben, die Gott gebührt, noch ihm Dank gesagt, sondern sie verfielen mit ihren Gedanken dem Nichtigen, und ihr unverständiges Herz verfinsterte sich.“ Die Schwierigkeit liegt nicht im Glauben, dass es Gott gibt, sondern in der Dankbarkeit gegenüber IHM (Röm 1,20). Alle Menschen können Gott erkennen, doch nicht alle wollen IHM Ehre und Dank erweisen.

Die meisten Menschen sind auf das Weltliche und Vergängliche fixiert. Sie holen sich alles, was es zu holen gibt in diesem Leben. Für sie ist es selbstverständlich, dass die Sonne jeden Morgen aufgeht, dass die Bäume Früchte tragen und die Erde junges Grün sprossen lässt (Gen 1,11), dass die wunderschöne Erde bewohnbar ist für uns Menschen. Viele danken Gott nicht einmal vor dem Essen (1 Tim 4,4). Sie atmen die Luft ein, die Gott schuf und vergessen, dass sie nur Leben, weil der Herr sie ins Leben gerufen hat und sie leben lässt. Alles, was wir sind und haben stammt von Gott, dem Vater. Er allein bestimmt unser Anfang und unser Lebensende. Er gibt uns die Kraft und die Fähigkeit zu denken und zu arbeiten.

Alles scheint so selbstverständlich zu sein. Ob unsere Erwartungen und Ziele erfüllt werden, hängt nur vom allmächtigen Gott und Schöpfer ab. Dem Allmächtigen allein gebührt Lob, Ehre und Dank!

In Psalm 103,1-5 lesen wir: „Lobe den HERRN, meine Seele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Der all deine Schuld vergibt und alle deine Krankheiten heilt, der dein Leben aus der Grube erlöst, der dich krönt mit Gnade und Erbarmen, der dich mit Gutem sättigt dein Leben lang. Dem Adler gleich erneuert sich deine Jugend.“ Der König David hat erkannt wie gut der Herr ist. Ein gläubiger Mensch pflegt ein dankbares Herz!

 

 III. Es gibt immer einen Grund dankbar zu sein

Jeder von uns schuldet seinen Mitmenschen grossen Dank. Es sind Freunde, Brüder und Schwestern im Herrn. Es sind vielleicht Doktoren, die unser Leben durch eine Operation wieder lebenswert machten oder gar retteten. Es sind vielleicht Menschen, die uns mögen und denen wir viel bedeuten. Haben wir ihnen danke gesagt? Sind wir ihnen dankbar, dass es sie gibt? Paulus schreibt dem Timotheus (1 Tim 2,1): „Insbesondere bitte ich euch, vor Gott einzutreten für alle Menschen in Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung.“ Christen werden aufgerufen dem Herrn zu danken für ihre Mitmenschen, Arbeitskollegen, Staatsbürger usw. Christen pflegen eine dankbare Haltung gegenüber allen Mitmenschen, indem sie für sie beten.

Es gibt immer einen Grund dankbar zu sein!

Ich bin dankbar für die Steuern, die ich zahle, weil das bedeutet, ich habe Arbeit und Einkommen.

Ich bin dankbar für die Hose, die ein bisschen zu eng sitzt, weil das bedeutet, ich habe genug zu essen.

Ich bin dankbar für die Wohnung, die geputzt werden muss, weil das bedeutet, ich habe ein Zuhause.

Ich bin dankbar für die Wäsche, die es zu waschen gibt und den Berg zu bügeln, weil das bedeutet, dass ich genug Kleider habe.

Ich bin dankbar für den Wecker, der morgens klingelt, weil das bedeutet, dass Gott mir einen neuen Tag schenkt.

Eine Geschichte von einem dankbaren Menschen erzählt von einem schrecklichen Schneesturm. Die Strassen waren vereist und die Elektrizität ging aus. An einem Abend versammelten sich ein paar Gläubige zum Gebet. Der Eine betete so: „Herr, wir danken dir, dass das Wetter nicht immer so ist wie heute.“ Selbst in dieser Situation fand er ein Wort des Dankes.

Wie hoch ist mein DQ? Wie hoch ist mein Dankbarkeits-Quotient? (nicht IQ!) Die schwierigste Rechenkunst ist die Fähigkeit, alle unsere Segnungen zu zählen, die Gott uns täglich zukommen lässt. Viele erhaltene Segnungen übersehen wir, weil wir so vieles für selbstverständlich halten. Deshalb sollten wir uns immer wieder die Zeit nehmen, darüber nachzudenken, für was wir alles dankbar sein können. Zähle deine Segnungen!

Die Bibel betont die Wichtigkeit der dankbaren Haltung eines Christen. Das christliche Leben ist wunderbar, denn auch wir waren aussätzig. Auch wir waren hoffnungslos dem Tod geweiht. Doch Jesus hat uns gesund gemacht vom seelischen Aussatz der Sünde! Wir sind geheilt und dürfen leben mit Gott. Deshalb kommen wir am Sonntagmorgen zusammen weil wir (wie der Samariter) Jesus danken wollen für das Wunder, das er an uns getan hat. In Kolosser 2,6-7: „Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so lebt nun auch in ihm: verwurzelt in ihm und aufgebaut auf diesem Fundament, gefestigt im Glauben, so wie ihr unterrichtet worden seid, und voller Dankbarkeit.“

Kolosser 3,15: „Und der Friede Christi regiere in euren Herzen; zum Frieden seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Und dafür sollt ihr dankbar sein.“

Kolosser 4,2: „Haltet fest am Gebet, wachen Sinnes und voller Dankbarkeit!“

1. Thessalonicher 5,18: „In allem sagt Dank; das ist der Wille Gottes, in Christus Jesus, für euch.“ Der allmächtige Gott verlangt von uns keine grossen Werke, sondern nur ein dankbares Herz. Darum, lasst uns dem Herrn dankbar sein (durativ), indem wir uns regelmässig versammeln und IHM Lob und Dank darbringen!

Angenommen, es wird uns tatsächlich nicht viel Gutes gegönnt auf dieser Welt. Trotzdem gibt es den überschwänglichen geistlichen Segen, der über uns aus-gegossen worden ist in Jesus Christus und uns hoffen lässt, dass alles besser wird. Hebräer 12,28: „Darum wollen wir, die wir ein unerschütterliches Reich empfangen, dankbar sein und Gott dienen, wie es ihm gefällt, mit Scheu und Ehrfurcht.“ Paulus sagt zu Recht (2 Kor 9,15; NGÜ): „Dank sei Gott für das unbeschreiblich grosse Geschenk, das er uns gemacht hat.“ Damit meint er die Gnade in Jesus Christus, die über uns ausgeschüttet wurde. Sie ist unsere Hoffnung und unser Lebenssinn. Sie ist unser Trost in Leid und Not. Sie schenkt uns Kraft, selbst wenn alles ziemlich aussichtslos scheint.

Paulus tröstet die Gläubigen im Philipper 4,6 mit den Worten: „Sorgt euch um nichts, sondern lasst in allen Lagen eure Bitten durch Gebet und Fürbitte mit Danksagung vor Gott laut werden.“ Es gibt immer einen Grund zu danken! Selbst unsere Bitten sollen mit Danksagung vor den Herrn gebracht werden. Denn wer sich nicht dankbar zeigt für das was er hat, muss nicht neues erbitten. Unser Gott hat uns auf eine völlig andere Schiene gesetzt, als die der Welt. Statt zu murren, was alles schief läuft im Leben, üben wir uns in Dankbarkeit. Statt habgierig nach mehr zu streben, sind wir genügsam und dankbar in Christus (Eph 5,3-4). Ja, wir pflegen und kultivieren die Dankbarkeit geradezu! In einem Gottesdienst am Sonntag wird gesungen und gebetet usw. In all unseren Gedanken und Handlungen kultivieren wir so die Dankbarkeit. Die ganze Anbetung wird von der Dankbarkeit getragen. Gottesdienst bedeutet: Zurück zu kommen, um Jesus zu danken!

 

 Schlussfolgerungen

Wir wollen nicht zur undankbaren Mehrheit zählen. Wir pflegen die Dankbarkeit gegenüber unserem Herrn und Erlöser; Jesus Christus. Unser grosser Gott hat uns nicht nur erlöst vom seelischen Aussatz der Sünde. Er macht uns gleichzeitig zu Erben seines himmlischen Reichs. Was für ein überschwänglicher Reichtum in Jesus Christus, was für ein Glück, was für eine ewige Freude, Halleluja!

Deshalb sagte der Prophet Samuel zum Volk (1 Sam 12,24): „So fürchtet den HERRN und dient ihm in Treue von ganzem Herzen; seht, was er bei euch Grosses vollbracht hat.“