Heiliger Geist-12: In der Fülle des Geistes leben

Wie wirkt der Heilige Geist?

 


 I.   Die zweite Erfahrung

Für viele pfingstlerische und neo-pfingstlerische Autoren sind die Ausdrücke, „vom Geist getauft“ und „vom heiligen Geist erfüllt“, Formulierungen des gleichen Tatbestands, die mit aussergewöhnlichen Erfahrungen im Glauben gekennzeichnet sind.

Viele evangelische „Christen“ sind überzeugt, dass das christliche Leben zwei Entwicklungsstadien beinhaltet, die die Gläubigen in zwei Gruppen einteilt:

- Die „leiblichen“ Christen.

- Die „geistlichen“ Christen.

Nur geistliche Christen sollen angeblich die Geistestaufe erfahren haben und seien somit vom Heiligen Geist erfüllt.

Beide Bewegungen sind sich darin einig, dass im christlichen Leben eine zweite Erfahrung gemacht werden muss, um die Fülle des Geistes zu erreichen.

 

 II.   Was ist die Geistesfülle nicht?

Sie ist keine zweite Erfahrung oder eine zusätzliche Stufe!
Die Geschichte zeigt, dass diese menschliche Lehre erst im 20. Jahrhundert entstanden und verbreitet worden ist. In den neutestamentlichen Briefen an die Gemeinden lesen wir nirgends, dass die Apostel ihren Empfängern eine zweite Erfahrung lehrten. Die Schreiber des NTs wussten nichts von einer zusätzlichen geistlichen Stufe. In den Evangelien und in der Apostelgeschichte rufen Jesus und die Apostel die Menschen auf, die persönliche Erfahrung des Heils zu machen:

Johannes der Täufer (Mt 3,2): „Tut Busse! denn das Reich der Himmel ist genaht.“

Jesus Christus (Mk 16,16): „Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird gerettet werden.“

Petrus (Apg 2,38): „Tut Busse, und jeder von euch lasse sich taufen ...“

In den Briefen, die an Christen gerichtet sind, werden alle Bezüge auf diese Erfahrung in der Vergangenheitsform gemacht:

Römer 6,17-18: „Gott aber sei Dank, dass ihr Knechte der Sünde gewesen, jedoch von Herzen gehorsam geworden seid ...“

1. Korinther 12,13: „Denn wir sind in einem Geiste alle zu einem Leib getauft worden, ...“

Epheser 1,13: „Und in ihm habt ihr .... nachdem ihr gläubig geworden seid, das Siegel der Gotteskindschaft empfangen durch den heiligen Geist ...“

Kolosser 2,13: „Auch euch, die ihr tot wart durch die Übertretungen und durch die Vorhaut eures Fleisches ...“

1. Thessalonicher 1,9: „... wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen ...“

Titus 3,5: „hat er uns ... nach seiner Barmherzigkeit, gerettet durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes.“

1. Petrus 1,23: „denn nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem seid ihr wiedergeboren ...“

1. Johannes 3,14: „Wir wissen, dass wir aus dem Tod ins Leben hinüber-gegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer nicht liebt bleibt im Tode.“

Sie ist keine übernatürliche Erfahrung!
Die einzige Erwähnung der Geistesfülle im NT, in der auch aussergewöhnliche Phänomene auftreten, befindet sich zu Pfingsten. Wie wir in vorangegangenen Lektionen gesehen haben, handelt es sich zu Pfingsten und zu Cäsarea um ein aussergewöhnliches Ausnahmeereignis. In anderen Stellen, in denen die Ausdrücke „erfüllt“ oder „voll des Geistes“ vorkommen, ist weder von Zungenreden noch von Ekstase die Rede. Ein einziges Mal wird von einer ungewöhnlichen Erfahrung zusammen mit der geistigen Erfüllung berichtet. Bevor Stephanus stirbt, sieht er, erfüllt mit dem Heiligen Geist, den Himmel geöffnet (Apg 7,55).

Sie ist keine einmalige Erfahrung, die die Gläubigen in christliche Übermenschen verwandelt!

Epheser 5,18
Wörtlich: „Seid immer dabei, euch vom Heiligen Geist erfüllen zu lassen.“ Christen sollen sich also immer wieder neu vom Heiligen Geist erfüllen lassen. Vom Geist erfüllt zu sein, hat mit einer Lebenserfahrung zu tun, mit einem inneren erfüllt werden, mit einer Lebensqualität und nicht mit einem Zustand. Mit dem Geist erfüllt zu sein bedeutet nicht, dass wir strahlende Augen bekommen, dass wir plötzlich eine unerschöpfliche Energie besitzen, oder dass wir in eine dynamische und faszinierende Persönlichkeit umge-wandelt werden und ohne Schwächen, Leiden und Krankheiten leben werden, siehe:

- Paulus (Gal 4,13; 2 Kor 12,7)

- Timotheus (1 Tim 5,23)

- Trophimus (2 Tim 4,20)

- Epaphroditus (Phil 1,25-27)

 

 III. Was ist die Fülle Geistes?

Was völlig Besitz von einem Menschen ergreift, erfüllt ihn.
Eine Flasche ist dann mit Wasser gefüllt, wenn das Wasser das ganze verfügbare Volumen einnimmt und kein anderes Objekt darin Platz hat (siehe Gleichnis Fischnetz, Mt 13,48). In einem Menschen, der voll des Heiligen Geistes ist, besetzt der Heilige Geist Gottes das ganze Herz. Er lässt weder Leere noch Platz für die Sünde oder das Ich. Diese Fülle wird als das innere Leben engster Gemeinschaft mit Gott erlebt (Eph 3,14-19).

Im NT finden wir verschiedene Personen, die vom Heiligen Geist erfüllt waren:

- Die Glieder der ersten Gemeinde (Apg 4,31)

- Die sieben Männer (Apg 6,3.5)

- Paulus (Apg 9,17; 13,9)

- Barnabas (Apg 11,24)

- Die Jünger (Apg 13,52)

Dies musste jedoch keine endgültige und lebenslange Erfüllung bedeuten: Paulus wurde seit seiner Bekehrung vom Heiligen Geist erfüllt, trotzdem hat er sich mit Barnabas zerstritten (Apg 15,39). Petrus und Barnabas wurden zu Pfingsten vom Geist erfüllt, dennoch haben sie in Antiochien eine tadelnswerte Haltung eingenommen (Gal 2,11-14). Obwohl wir den Heiligen Geist als Siegel besitzen, gibt es Zeiten, in denen wir uns erfüllen lassen, gibt es Zeiten, in denen wir uns nicht vom Heiligen Geist erfüllen lassen. Das ist der Grund warum Paulus uns Christen aufruft: „werdet voll heiligen Geistes ...“ (Eph 5,18). Man kann also nicht automatisch vom Heiligen Geist erfüllt werden. Gott drängt uns nicht grösseres Mass seines Geistes auf, wenn wir es nicht zulassen (Joh 7,37-38). Wir müssen dazu bereit sein wie ein Tankwagen, der die Rohre auslegt und am grösseren Tank anzapft. Erst wenn wir bereit sind die geistige Verbindung mit Gott herzustellen, dann kann der Heilige Geist durchströmen und uns füllen. Geistesfülle ist auch das Gegenteil von Trunkenheit.

 

 IV. Wie offenbart sich diese Geistesfülle in unserem Leben?

Epheser 5,18-21
Ermuntert einander (redet zueinander = Kommunikation mit Menschen): Mit Psalmen, mit Lobgesängen und mit geistlichen Liedern. Singt und spielt dem Herrn in euren Herzen (= Kommunikation mit Gott, Röm 15,13): Der Heilige Geist ist ein Geist des Lobes. Der Heilige Geist will Jesus, den Herrn, erfreuen und verherrlichen. Sagt dem Vater Dank: Nur der Geist, der unsere Herzen erfüllt, macht unsere Herzen dankbar. Nur der Geist lässt uns darauf vertrauen, dass der Herr mit uns ist, nur das Beste für uns will, auch dann, wenn wir es nicht verstehen (Röm 8,31.35). Ordnet euch einander unter: In den folgenden Versen von Epheser 5 sehen wir, was Paulus damit meint. Durch ein geisterfülltes Leben werden die verschiedenen sozialen und familiären Beziehungen enger geknüpft. Die Geistesfülle kann nicht in der Isolation von andern Menschen erreicht werden (z. B. Mönchtum), sondern sie wird in einer ausgeglichenen Beziehung zwischen Gott und den Menschen in und ausserhalb der Gemeinde gelebt.

Epheser 3,14-19
Die Fülle des Geistes ist eine Gabe Gottes (Röm 15,14). Von dieser Gabe können wir nur dann profitieren, wenn wir uns durch sein Wort belehren lassen. Diese Fülle ist also für Gläubige, die den Heiligen Geist bereits empfangen haben (Eph 1,13). Es handelt sich bei dieser vom Apostel für die Epheser erbetenen Fülle, um eine neue Dimension des geistlichen Lebens: Um Kräfte des inneren Menschen, um Glauben, um Liebe (Phil 1,11), um Verständnis, um Erkenntnis Christi (Kol 1,9-10). Die ganze Fülle Gottes, von der wir Christen erfüllt sein sollen, ist (Kol 2,9-10): Von Gott dem Vater, dem Sohn, und dem Heiligen Geist, der das ganze innere Sein des Gläubigen durchtränkt und beherrscht, um keinen Platz für Gedanken und Gefühle, die sich Gott widersetzen.

Wenn die Rede von den Erwachsenen oder den Vollkommenen ist, handelt es sich um vom Geist erfüllte Menschen:

1. Korinther 14,20
Philipper 3,15
Kolosser 1,28; 4,12
Hebräer 5,14

Wenn der Apostel Johannes vom Geist erfüllten Leben spricht, benutzt er Ausdrücke wie,

„im Lichte wandeln“ (1 Joh 1,7),

„sein Wort halten“ (1 Joh 2,5),

„in ihm bleiben“ (1 Joh 2,28),

„einander lieben“ (1 Joh 4,12.18).

Der Apostel Petrus ermahnt uns heilig zu sein, wie Gott heilig ist (1 Petr 1,16).

Jakobus meint mit dem vom Geist erfüllten Menschen, vollkommene und ganze Leute (Jak 1,4; 3,2).

 

 V.  Zusammenfassung

Was die Geistesfülle nicht ist:

Sie ist keine zweite Erfahrung.

Sie ist auch keine übernatürliche Erfahrung.

Sie ist keine einmalige Erfahrung, die die Gläubigen in christliche Übermenschen verwandelt.

Um im Geist erfüllt zu werden, müssen wir dem Heiligen Geist Gottes in uns immer mehr Platz einräumen (Bsp. wie eine Flasche sich auffüllen lässt). Der Heilige Geist soll unser ganzes Leben beherrschen (1 Thess 5,25). Die inspirierten Autoren bezeichnen mit den verschiedensten Ausdrücken eine hohe christliche Lebensqualität (2 Thess 1,11).