Geistesfrucht-09: Selbstbeherrschung

Frucht des Geistes

 

 Einleitung

Aus der heiligen Schrift wissen wir, wer sich reinigen lässt von aller Sünde, der wurde in den Priesterdienst am Heiligtum Gottes gestellt. Auch wir Christen stehen im Priesterdienst des Neuen Testamentes. Wir haben uns von der Welt abgesondert, um unser Leben Gott zu weihen. Wir dienen nicht mehr uns selbst, sondern Gott, der uns von aller Sünde befreit hat.

Deshalb werden wir aufgerufen durch den Heiligen Geist: 1. Petrus 1,13-16. Umgürtet zu sein bedeutet, bereit sein für den Dienst an Gott. Wir haben uns Gott hingewandt und sind Kinder des Gehorsams geworden. Wir lassen uns aufklären über alles, was fleischlich ist und uns vom heiligen Gott trennt. Wir lassen uns nicht mehr von allerlei weltlichen Begierden knechten, wie vor unserer Wiedergeburt, als wir unwissend waren und Gott nicht kannten. Wir haben unser Leben der Heiligung hingegeben.

Die Folge dieses Heiligungsprozesses ist die Frucht des Geistes, die in uns entstanden ist und heranwächst. Eine köstliche Frucht ist im Griechischen Enkráteia (ἐγκράτεια), Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, Selbstzucht, Keuschheit. Alle Definitionen, die mit Selbst … beginnen, sind eher irreführend, da es nicht in erster Linie um unsere eigene Kontrolle geht, sondern um Gottes Kontrolle über uns. Damit will ich nicht sagen, dass Gottes Geist alleine für unsere Enthaltsamkeit oder Selbstbeherrschung verantwortlich gemacht werden kann.

 I.   Viele Menschen kennen keine Selbstdisziplin

Sie lassen sich von allem Möglichen ablenken, ziehen, versuchen, verführen, vom geraden Weg abbringen, zum Beispiel: Sie kaufen und kaufen, bis ihre finanzielle Lage ausser Kontrolle gerät. Sie essen zu viel oder zu gierig. Sie lassen es zu, dass der Alkoholpegel ihre physischen Grenzen übersteigt. Sie werden den besten Beziehungen untreu, um ihre Abenteuerlust zu befriedigen. Sie haben ein nimmersattes Bedürfnis nach mehr! Sie lassen sich von ihren fleischlichen Lüsten treiben wie Tiere, die keinen Verstand haben (Ps 32,9).

Viele Menschen haben in ihrem Leben nie gelernt, sich ein bisschen zurückzuhalten und sich in Selbstdisziplin zu üben (2 Tim 3,1-5). Als Kind haben sie von den Eltern alles bekommen, was sie wollten. Sie haben diese Machtspielchen schon früh im Leben begriffen, wie man mit gezieltem Aufstand am Ende das kriegt, was man will (Spr 12,12). Doch Selbstdisziplin oder Enthaltsamkeit kann jeder Mensch durch den Heiligen Geist lernen!

 II.   Es gibt drei Ansichten, um Enthaltsamkeit zu pflegen

In der griechischen Kultur gehörte Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung zur höchsten und erstrebenswertesten Tugend für ein schöneres Leben. Man pflegte Selbstdisziplin über die Vernunft, d. h. den Verstand. Es galt die Ansicht: je grösser die Erkenntnis, desto besser kann der Mensch sein Leben in den Griff bekommen. Plato z. Bsp. glaubte, dass jeder, der einmal erkannt hat was wahr, was echt und was gerecht ist, von selbst unbescholtener lebe.

Auch in der jüdischen Gemeinschaft der Essener wurde die Selbstkontrolle sehr stark betont und über alles gesetzt. Eine bessere Selbstkontrolle wurde durch asketische Werke erreicht: Man zog sich von der Gesellschaft zurück ins Kloster. Man verpflichtete sich niemals zu heiraten. Man teilte alles Hab und Gut mit den übrigen Asketen. Man lebte ein Leben in Armut und Verzicht. Man fastete und betete usw. Die Verrichtung der Notdurft am Sabbat war z. B. verboten.

Die dritte Ansicht über Enthaltsamkeit ist christlich und wird im Wort Gottes gelehrt. Christen setzen nicht allein auf ihren Verstand oder ihre Klugheit (Spr 3,5). Christen setzen auch nicht auf asketische Werke, noch glauben sie, dass die Selbstbeherrschung angeboren sei. Im Gegenteil! Es ist die Gabe des Heiligen Geistes. Das heisst, die Kunst besteht darin, sich allezeit vom Heiligen Geist Gottes beherrschen oder führen zu lassen. Unsere neue Gesinnung sagt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Oder (Phil 1,21a): „Leben heisst Christus [dienen], und Sterben ist für mich Gewinn.“

Christen setzen nicht auf Eigenwerke und leibliche Übungen der Enthaltsamkeit, die für weniges gut sind (1 Tim 4,8), sondern auf die Frömmigkeit und die Gottesfurcht, die Gott den obersten Platz einräumt: Kohelet 12,13-14. Es geht um eine veränderte Gesinnung, die das sucht, was Gott für weise und gerecht hält. Der Heilige Geist lehrt, dass ein Mensch, der sich selbst nicht beherrscht, wie eine eingerissene Mauer ist (Spr 25,28). Oder (Spr 16,32): „Besser langmütig sein als ein Kriegsheld, und besser sich selbst beherrschen als Städte bezwingen.“ Es geht also auch im christlichen Glauben um Erkenntnis und Werke, die aber vom Heiligen Geist bewirkt werden und nicht von uns Menschen.

Ein Mensch, der den Heiligen Geist von sich weist, lässt sich nicht belehren, wie z. Bsp. der Prokurator Felix und seine Frau Drusilla: Apg 24,25. Gerechtigkeit, Selbstbeherrschung und das zukünftige Gericht sind Themen, die fleischliche Menschen nicht einmal hören wollen. Besonders Felix nicht, der schon das dritte Mal verheiratet war. Seine Lust und Machtgier, konnte nie befriedigt werden. Auch Drusilla verliess ihren Mann mit 16 Jahren, um den schönen, verführerischen und erfolgreichen Felix zu heiraten. Beiden war Gerechtigkeit und Selbstbeherrschung ein Fremdwort. Sie lebten, wie es ihr Herz begehrte und hielten Paulus ungerechtfertigt gefangen, weil sie in ihrer Habgier auf hohe Bestechungssummen hofften (V. 26).

 III. Welche Gebiete betrifft die Selbstbeherrschung?

Zorn, Wut
Es heisst in Sprüche 29,11: „Ein Dummer lässt seiner ganzen Wut freien Lauf, ein Weiser hält ihn bis zuletzt zurück.“ Die Wut und der Zorn verschwinden also nicht aus dem christlichen Leben, sondern werden durch den Heiligen Geist zurückgehalten. Gottes Geist lehrt uns aber nicht leidenschaftslos, farblos, oder gar schmeichlerisch aufzutreten. Christen dürfen durchaus die Fähigkeit besitzen, zornig zu werden. Es gibt vieles im Leben, was uns zornig machen kann (siehe Jesus; Mk 3,5). Wir werden jedoch darauf hingewiesen, dass wenn wir zornig sind, uns nicht versündigen sollen (Eph 4,26). Wenn wir dem Teufel keinen Raum geben wollen, dann lassen wir die Sonne nicht untergehen über unserem Zorn, sondern suchen die Versöhnung. Es gibt Menschen, die weinen, wenn sie leiden, andere werden zornig. Diese Gefühle sollten nicht unterdrückt werden, denn sie gehören zum Leben. Wichtig ist, dass wir uns durch Gottes Geist oder durch den Beistand anderer Gleichgesinnten wieder beruhigen lassen (Gal 6,2).

Die Zunge
Sie ist ein kleines Glied an unserem Körper, das einen unglaublich grossen Schaden anrichten kann (Jak 3,5). Mit der Zunge wird verleumdet, gerichtet, gelogen, geheuchelt, schlecht geredet, beleidigt, geflucht, verflucht, Gewalt ausgeübt usw. Es heisst im Jakobus 3,8: „Die Zunge vermag kein Mensch zu zähmen.“ Der Mensch nicht, aber der Heilige Geist vermag das! (Gal 5). Leider vermag er dies nicht bis zur Vollkommenheit (Jak 3,2), weil der Mensch es nicht zulässt, sondern immer wieder ausbricht. Unsere Aufgabe ist es nun, hinzuwachsen zum Herrn, der vollkommen ist (Mt 5,48; Eph 4,15) und den Heiligen Geist immer mehr wirken lassen in unseren Herzen: Kolosser 3,8-10. Auf all diesen Gebieten gilt es Enthaltsamkeit oder Selbstbeherrschung zu üben. Je mehr wir uns dem Heiligen Geist hingeben, desto besser kann diese köstliche Frucht des Geistes in uns heranwachsen.

Ein weiteres Gebiet, auf dem Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung angesagt ist, sind die vielen Begierden (1 Joh 2,15-17), die uns ins Unermessliche verführen wollen: Sexuelle Leidenschaften: 1. Thessalonicher 4,3-5.
In der alten Zürcherübersetzung stand: „… dass jeder von euch sich seine Frau zu erwerben weiss in Heiligung und Ehrbarkeit …“ In der neuen Zürcherübersetzung ist vom eigenen Gefäss, dem Leib die Rede, der heilig gehalten werden soll. Tatsächlich kann hier beides gemeint sein; der persönliche Leib (2 Kor 4,7), oder der Leib der Frau (1 Petr 3,7). Die Ungläubigen, die Gott nicht kennen, haben den göttlichen Massstab völlig abgelegt; für sie ist kaum noch etwas unzüchtig. In leidenschaftlicher Begierde haben sie vor der Ehe miteinander sexuellen Umgang und nehmen es auch in der Ehe nicht so genau mit der Treue.

Gottes Wille aber ist die Genügsamkeit und die Heiligung: Hebräer 13,4.
Gott hat die Sexualität geschaffen. Er will aber, dass wir sie heilighalten und nach Gottes Willen einsetzen. Habgieriges Verlangen nach mehr Geld u. materiellem Besitztum: 1 Tim 6,9-10. Der Durchschnittsmensch greift nach den Sternen, indem er sein Leben auf Geld und Besitz aufbaut. Niemand konnte je etwas mitnehmen in das zukünftige Leben. All das Gold und die Kostbarkeiten, die man den Pharaonen mit ins Grab legte, sind – mit den Mumien vermodert oder später von Räubern oder Archäologen entfernt worden. Die meisten Menschen sind stolz auf ihre Errungenschaften und halten sich an ihnen fest, bis zum letzten Atemzug. Doch Geld und Reichtum bringt keinesfalls Sicherheit, sondern letztlich nur Kummer und Sorgen (denn Geld muss gut investiert werden). Gottes Wille ist, dass wir auf das unvergängliche Leben setzen und uns hier auf dieser Welt mit dem dankbar begnügen, das Er uns anvertraut hat.

Der Wunsch nach Ferien, Vergnügen, Spiel und Spass: Kürzlich haben sie im Fernsehen gezeigt, dass der Durchschnittsschweizer lebt, als ob es vier Erdkugeln gäbe. Es geht nicht darum, den Spass und das Vergnügen in jeder Hinsicht zu verbieten. Es geht vielmehr darum, dass wir vernünftig mit den Rohstoffen auf unserer Erde umgehen, d. h. verantwortungsvoll leben vor unserem Schöpfer.

1. Thessalonicher 3,12; 4,10-12: In der Liebe sollen wir reich werden, nicht im materiellen Besitz! Unser Leben beruht nicht auf dem Besitz, sondern auf der Dankbarkeit gegenüber Gott und der Genügsamkeit. Wir müssen nicht alles haben und alles erlebt haben, was es zu erleben gibt! Christen leben nicht so als ob Ferien, Vergnügen, Spiel und Spass das Wichtigste ist, sondern die Frömmigkeit und Gottesfurcht, die Freude an der Anbetung und der Gemeinschaft der Heiligen.

Lust auf Genussmittel aller Art; nach Essen, Trinken: Römer 13,11-14.
Der Lebensstil der Welt steht dem Lebensstil eines Wiedergeborenen im Weg. Übergewicht und Betrunkenheit ist die Frucht eines fleischlichen Lebenswandels. Durch den Heiligen Geist werden wir aufgerufen, das Fleisch nicht so zu pflegen, dass Begierden erwachen, d. h. immer noch mehr zu wollen! Ein Christ übt sich in der Enthaltsamkeit, Genügsamkeit, Selbstbeherrschung und nicht im ausschweifenden Lebenswandel: 2 Petr 1,5-11. Wer diese Tugendleiter nicht erklimmt, der ist (so sagt die Schrift) blind, kurzsichtig und hat vergessen, dass er kein Sklave mehr ist, sondern von seinen Sünden befreit worden. Es liegt also an uns, unsere Berufung fest zu machen, indem wir uns bemühen, die Frucht des Geistes in uns wachsen zu lassen. Wer sein Leben dem Heiligen Geist Gottes hingibt, der wird von IHM zum Guten verändert und schliesslich reichlich belohnt.

Was macht ein Sportler, der um einen vergänglichen Pokal kämpft? Er trainiert täglich seine Muskeln und lebt enthaltsam (1 Kor 9,24-27). Wer hat schon das Trainingsprogramm eines Boxers gesehen? (Es ist ausgesprochen hart und quälerisch.) Er muss sich aber auch streng an das vom Trainer vorgegebene Ernährungsprogramm halten. Weil wir um eine unvergängliche Siegeskrone kämpfen, haben wir noch viel mehr Gründe uns kasteien zu lassen, damit wir das himmlische Ziel erreichen. Das heisst, wir geben uns nicht irgendwelchen menschlichen Programmen oder gar Drogen hin. Wir öffnen uns vielmehr für den Heiligen Geist, damit er in und an uns wirken kann.

 Schlussfolgerungen

Der Heilige Geist Gottes lässt in uns eine köstliche Geistesfrucht heranwachsen, wenn wir es zulassen. Wenn Christus in unseren Herzen wohnt, dann müssen wir uns nicht selbst beherrschen, sondern werden von IHM beherrscht, in einem guten Sinn. Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung in Christus machen uns glücklich und dankbar. Sie füllen uns mit dem Heiligen Geist Gottes und machen uns zu Vorbildern für die Welt und die Gemeinde. Deshalb sollen Vorsteher der Gemeinde diese Frucht aufweisen (Tit 1,8).

Gebet:
„Himmlischer Vater, – demütig kommen wir zu Dir und unterstellen unseren Willen Deinem Willen und übergeben Dir die Kontrolle.
Wir wollen die Kontrolle über unser Leben nicht (wieder) selbst in die Hand nehmen, auch dann nicht, wenn wir unter Druck stehen und mit Problemen konfrontiert werden, sondern, wir wollen es zulassen, dass Du uns regierst.
Zeige uns, wie wir uns Dir ganz übergeben können! Im Namen Jesu, Amen.“