Gebet-02: Die richtige Gesinnung beim beten

Herr, lehre uns beten!

 

 

 I.   Zwei völlig verschiedene Gebete: Lukas 18,9-14

Das Gebet des Pharisäers:
Zunächst ist es wichtig, dass wir wissen, warum Jesus dieses Gleichnis erzählte. Er erzählte dieses Gleichnis denen, „die sich selbst zutrauten, gerecht zu sein“ (V. 9). Damit sind die Pharisäer gemeint. Weil sie sich für gerecht hielten, verachteten sie die übrigen Menschen. Paulus, der einmal ein Pharisäer war, verglich alle Heiden mit Hunden (Mt. 7,6), Vorhaut (Eph. 2,11), Finsternis (Eph. 5,8), Gottlose (Spr. 15,9).

Der Pharisäer im ersten Jahrhundert war ein äusserst religiöser Mann.
Er hielt sich strikt an das Gesetz und distanzierte sich von dem allgemein sündhaften Volk. Er hielt sich aber auch an die Überlieferungen von gläubigen Vorgängern. Im Alltag eines Pharisäers gab es viele Reinheitsvorschriften, die er pedantisch genau einhielt (z. B. das Händewaschen). Der überzeugte Pharisäer war ein Mensch mit grosser Selbstkasteiung und Disziplin.

In diesem Gleichnis beschreibt Jesus sehr treffend einen solchen Pharisäer.
Sehr wahrscheinlich erscheint er an diesem Tag bereits zum zweiten oder gar dritten Mal im Tempel um zu beten, da er seine vorgeschriebenen Gebetszeiten genau einhalten wollte. Doch in Wirklichkeit geht er gar nicht in den Tempel um zu Gott zu beten, sondern er geht, weil er mit sich selbst betet. Der Mittelpunkt seines Gebets ist sein grosses Ich. Denn er ist nur damit beschäftigt, was er getan und was er nicht getan hat. Dabei ist er sehr stolz auf sich selbst. Er ist sicher, dass er sich damit den Himmel verdient hat. Und so fängt er in seiner Selbstzufriedenheit und Selbstgerechtigkeit an, die Dinge beim Namen zu nennen, die ihn so sehr von den Zöllnern und Sündern unterscheidet:

-Er hat niemand bestohlen.

-Er hat sich andern gegenüber korrekt verhalten (ohne Liebe).

-Er ist kein Ehebrecher im Gegensatz zum Zöllner.

-Er fastet zweimal wöchentlich,

-und gibt den Zehnten von allem was er hat.

Es ist so, als hätte er sagen wollen: „Sieh her, Gott, was für ein fantastischer Kerl ich bin!“

Bestimmt hat es dem Pharisäer nicht an der Hingabe in der leiblichen Übung gefehlt. Zweimaliges Fasten pro Woche war weit mehr, als vorgeschrieben. Der grosse Versöhnungstag war die einzige Gelegenheit im Jahr, bei der nach dem Gesetz gefastet werden sollte. Doch sein Fasten ist eine falsche Frömmigkeit, das Gott von ihm gar nicht verlangt (Jesaja 58,1-6). Gott klagt sein Volk durch die Worte Jesajas an! Sie benehmen sich wie ein Volk das Gerechtigkeit übt und Gottes Gebote einhalten will. Sie kommen täglich in den Tempel um zu beten und geben damit vor, fromm und gottesfürchtig zu sein. Wenn sie fasten, dann färben sie sich das Gesicht weiss und erscheinen in unordentlichen Kleidern, um ihre Frömmigkeit allen Menschen kundzutun (Mat. 6,16). Doch Gott hat an allen diesen äusserlichen Demonstrationen kein Wohlgefallen. Was will denn der Herr? (= Matthäus 9,13). Der Herr will, dass wir ihm mit ganzem Herzen dienen. Er will, dass wir auch unsere Mitmenschen lieben und ihnen helfend beistehen. Er will keine äusserliche Frömmigkeit (Lukas 16,15).

Es hat beim Pharisäer auch nicht an der Bereitschaft gefehlt, den üblichen Zehnten zu entrichten. Im Gegenteil! Dieser Pharisäer gab den Leviten nicht nur den Zehnten aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse (4. Mos. 18,21; 5. Mos. 14,22), sondern er gab den Zehnten von allem, was er besass, d. h. auch von Dingen, die nach dem Gesetz frei vom Zehnten waren. So konnte er auch damit prahlen. Doch Jesus verurteilt die einseitige Hingabe (Matthäus 23,23). Der Pharisäer tut alles, weil er muss, nicht weil er will. Durch seine guten Werke kommt er sich so gerecht vor, dass er Gott gar nicht mehr braucht.

Das Gleichnis vom Pharisäer ist ein gutes Beispiel, wie man trotz aller Religiosität völlig am Ziel vorbeigehen kann.

Von seinen Mitmenschen getrennt und von Gott getrennt ging sein Gebet nicht weiter als bis zum Dach des Tempels.

Das Gebet des Zöllners:
Wie ganz anders ist doch die Gesinnung des Zöllners. Er hielt sich weit abseits und wagte es nicht einmal, seine Augen empor-zurichten (1. Mos. 4,7). Seit Jahren hat er den Tempel nicht betreten (was falsch ist), und jetzt ist er nicht gekommen, um eine Schau abzuziehen. Er ist in Schwierigkeiten und braucht Hilfe für seine Seele. Es treibt ihn zu Gott, aber er ist nicht sicher, dass Gott ihn überhaupt erhören wird.

Was sollte er Gott bloss sagen?
Schliesslich schlug er sich an seine Brust und sagte: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (V. 13). Hier steht der bestimmte Artikel vor dem Wort Sünde. Er sieht sich nicht als ein Sünder, sondern als der Sünder. Sein Gebet besteht nur aus wenigen Worten, aber es trifft den Kern der Sache und ist durch und durch wahr.

Dieses Gleichnis will uns unmissverständlich etwas über die falsche Gesinnung beim Beten lehren. Wer stolz ist, kann nicht beten. Der Pharisäer stand in der Gegenwart Gottes, aber er ging ohne Hilfe und ohne gesegnet zu werden wieder hinweg. Er ging mit demselben stolzen und toten Herzen nach Hause, das er vorher schon besessen hatte.

Jakobus 4,6b-10:
Gott widersteht allen Hochmütigen. Wer ist der Hochmütige, wenn nicht der, der sich gerechter und besser vorkommt als alle anderen Menschen! Unser Hochmut lässt sich daran messen, wie gross unsere eigene Gerechtigkeit und Selbstgefälligkeit ist. Gott ruft auch uns durch sein Wort auf, die Hände zu reinigen. Damit sind aber nicht die zeremoniellen Waschungen gemeint, wie das die Pharisäer taten.

Jesaja 1,16-17:
Gott will, dass wir uns im Herzen rein waschen, nicht bloss äusserlich. Dies hätten sich die Priester bevor sie ihren Dienst am Heiligtum antraten durch die äussere Waschung immer vor Augen halten sollen. Erst wenn wir unser Elend durch die Sünden, die wir begangen haben, erkennen, können wir auch traurig sein und Busse tun!

Wer seine Mitmenschen verachtet, kann nicht beten.
Gott sagt uns durch sein Wort, dass keiner gerecht ist, sondern alle Menschen Gottes Gnade nötig haben (Römer 3,10-12.23-24). Paulus bezeichnet sich als Fehlgeburt, weil er vor seiner Bekehrung die Gemeinde verfolgt hat (1. Korinther 15,8-10).

1. Korinther 1,19-31:
Was vor der Welt verachtet ist, das hat Gott erwählt. Was in den Augen der Menschen gross ist, ist vor Gott klein. Es ist ein grosser Fehler, sich mit anderen zu messen. Wer sich schon rühmen will, der soll des Herrn rühmen! Es ist eine billige Methode, durch die Herabsetzung anderer den Wert seiner eigenen Person zu erhöhen.

Die Lektion dieses Gleichnisses steht in Vers 14 und lautet:

„Jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden;

wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“

 

 II.   Gebete mit der richtigen Gesinnung

Psalm 51,1-19: Ein Gebet mit der richtigen Gesinnung.
David sah seine Schuld mit Batseba völlig ein, deshalb konnte Gott ihm auch vergeben. Dieses Gebet enthält keine Spur von Hochmut, Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit. Eine solche Gesinnung ist vor dem allmächtigen Gott wohlgefällig. Wir müssen nicht sündigen wie David, um diese Gesinnung zu kriegen.

Jona 2,1-11: Ein weiteres Gebet mit richtiger Gesinnung.
Auch Jona hatte kein Wort der Rechtfertigung. Seine Gesinnung war voller Demut, Einsicht und Reue. Er war bereit, seinen Wandel zu verändern und von nun an Gottes Willen zu tun.

Hiob 42,1-6.12: Als drittes Beispiel sei Hiob erwähnt.
Hiob musste die richtige Gesinnung gegenüber Gott lernen. Erst als er betend einsah, dass allein Gott gerecht ist und weiss was er tut, selbst wenn Menschen leiden müssen, wurde er von seinen schweren Lebensprüfungen befreit. Durch seine richtige Gesinnung im Gebet, wurde er von Gott gesegnet.

 

 III. Zusammenfassung

Anhand des Gleichnisses in Lukas 18 sehen wir, dass die richtige Gesinnung beim Gebet äusserst entscheidend ist. Wer mit einer selbstgerechten und menschenverachtenden Gesinnung betet wie der Pharisäer, der wird von Gott nicht erhört werden. Wer will, dass sein Gebet bis vor den Thron Gottes gelangt, der muss jede Art von Stolz und Selbstgerechtigkeit ablegen!

Der Herr will, dass wir uns nach Ihm sehnen und zu Ihm kommen, weil wir unser Herz reinwaschen wollen von aller Ungerechtigkeit und Sünde. Er will nicht, dass wir ihn aus äusserlichem Formalismus und Zwang anbeten. Nur wer sich erniedrigt vor dem Herrn, der wird erhöht werden!