Gebet-10: Ergänzungen

Herr, lehre uns beten!

 

 

 I.   Welche Ausdrücke von Gebeten kennt die Bibel?

Das AT kennt 19, das NT 14 verschiedene Ausdrücke für das Gebet. Die gebräuchlichsten Ausdrücke des NTs sind hier aufgeführt:

Proseuche (προσευχή) 37x, Proseuchomai (προσεύχομαι) 85x:
Gebet, beten, etwas erflehen, um etwas bitten, geloben, Bsp. Mt. 6,5-9.

Proskynese, Proskynetes, Proskyneo (προσκυνέω) 59x:
Anbetung, Anbeter, anbeten, fussfällig verehren, huldigen, Bsp. Mt. 4,9-10; Joh. 4,20-24.

Aitema (αἴτημα), Aiteo (αἰτέω) 70x:
Bitte, bitten, Forderung, fordern, Bsp. Mt. 7,7-11; 21,22.

Deesis (δέησις) 18x, Deomai (δέομαι) 22x:
Bitte, bitten, flehen, Bsp. Röm. 10,1.

Eucharistia (εὐχαριστία) 15x, Eucharisteo 38x:
Lob(en), Dank(en), Bsp. Phil. 4,6; Mt. 26,27d.

Sebo 10x, Sebomai (σέβομαι):
Anbeten, verehren, heilig halten, hochachten, Bsp. Mt. 15,9; Apg. 13,43.

Gonypeteo (γονυπετέω) 4x:
Kniefällig verehren oder bitten, anbeten (wird parallel zu anderen Ausdrücken gebraucht), Bsp. Mk. 1,40; 10,17.

 

 II.   Körperhaltungen

Biblische Beispiele:
Verneigend und hinwerfend, fussfällig verehrend (1. Mos. 19,1.24.26: Mt. 4,9). Immer ist es der Höherstehende, an Macht Überlegene, dem diese Verehrung entgegengebracht wurde (Gn. 19,1; 42,6; Mt. 27,29). Auch vor Götzen warfen Menschen sich flach nieder (Dan. 3,5-7).

Kniend verehrend, anbetend (Lk. 5,8; Apg. 7,60). Der Prophet Daniel betete als gläubiger Jude dreimal am Tag mit offenem Fenster auf den Knien zum himmlischen Vater (Dan. 6,10). Der Anbeter beugte sich so tief, dass beide Handflächen samt der Stirn die Erde berührten (Ex. 34,8), und manchmal mit ausgestreckten Händen (2. Chron. 6,13). Auch Jesus betete auf den Knien zum Vater (Mt. 26,39; Lk. 22,41). Als Jesus seine Jünger beten lehrte (Lk. 11,1), befahl er ihnen nicht eine bestimmte äussere Haltung einzunehmen.

Elia betete zur Erde gebeugt und mit dem Kopf zwischen den Knien (1. Kön. 18,42).

Stehend (1. Kön. 8,22). Die Hände ausbreitend (1. Tim. 2,8). Der Zöllner schlug sich an die Brust und verneigte den Kopf (Lk. 18,13).

Nach oben schauend (Joh. 11,41-42; 17,1).

Sitzend oder liegend; Paulus war in seiner Gefangenschaft gezwungen, eine ganz ungewohnte Körperhaltung einzunehmen (Füsse im Block und Hände gefesselt Apg. 16,24-26).

Die Körperhaltung hängt manchmal von den äusseren Umständen ab und spielt vor Gott keine Rolle. Die Körperhaltung ist jedem freigestellt. Viel entscheidender bei Beten ist unsere Herzenshaltung (Eph. 3,14). Auswendig gelernte oder abgelesene Worte hindern die lebendige Beziehung zum Herrn. Alle Menschen werden sich vor Gott und seinem Sohn beugen (Phil. 3,10). Im Himmel ist von den 24 Ältesten die Rede, die sich vor Gottes Thron niederwerfen (Offb. 19,4). Alle Engel werfen sich vor Gott nieder, um anzubeten (Offb. 7,11)

Gott ist Geist und deshalb spielen die äusseren Umstände oder Orte keine Rolle!

 

 III. An einem „Heiligen“ Ort (an)beten

Das griechische Wort „hagios“ bedeutet heilig, gottgeweiht, ehrwürdig; rein. Im Neuen Bund werden alle Christen Heilige genannt (1. Kor. 1,2). Heilige sind nicht fehlerlose Menschen, sondern Gottgeweihte, von Gott Geheiligte (1. Pet. 1,14-16).

Im AT gab es verschiedene heilige Orte:

- Jakob in Bethel (1. Mos. 28,10-19).

- Der heilige Berg Sinai (2. Mos. 19,16-25).

- Das Zelt als Heiligtum in der Wüste (2. Mos. 25,8-9).

- Die heilige Stätte in Jericho (Jos. 5,13-15).

- Der Tempel als das Heiligtum Gottes (1. Kön. 9,1-3).

Im NT lesen wir nur noch von einem heiligen Ort; vom Reich der Himmel: Offb. 21,1-5.
Im neuen Bund bilden alle Gläubigen den heiligen Ort; den Tempel (2. Kor. 6,16-18). Gott wohnt in uns (1. Kor. 3,16-17). Wir sind Pfeiler des geistigen Tempels (Offb. 3,12). Jesus klärt auf und lehrt, dass es nicht mehr um bestimmte Orte geht, die heilig sind (Joh. 4,20-24). Gott ist allgegenwärtig und kann von allen Menschen überall auf der ganzen Welt angerufen und angebetet werden (Röm. 10,11-13; Apg. 10,34-35). Wichtig ist, dass der Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbetet!

 

 IV. Kleidung

Im AT lesen wir, dass der Priester nur mit ganz bestimmter Kleidung sich im Heiligtum aufhalten durfte: 2. Mos. 28,31-43 (23,15).

Im NT lesen wir, dass die Frauen in Korinth Kopftücher trugen: 1. Kor. 11,1-16.
Juden und Römer beteten im ersten Jahrhundert mit bedecktem Haupt an, Griechen hingegen waren unbedeckt. Paulus schrieb an eine griechische Gemeinde. Es gab damals zwei Arten der Bedeckung bei griechischen Frauen: Ein Gewand, das in der Öffentlichkeit getragen wurde, mit dem die ganze Person eingehüllt oder bedeckt werden konnte. Dann gab es den Schleier, der das Gesicht verhüllte ohne die Augen. Von einem solchen Schleier kann hier nicht die Rede sein.

Paulus hatte mit seinen Erklärungen zum Ziel, die Beziehung der Frau zum Mann zu erläutern. Gottes Ordnung wird mit der Schöpfung begründet (V. 8) und lautet: Gott - Christus - Mann - Frau. Propheten und Prophetinnen gab es nur im ersten Jahrhundert, als die Bibel noch nicht vollständig war. Da es heute die Gabe nicht mehr gibt, brauchen Frauen sich auch keine Gedanken zu machen, ob sie einen Schleier brauchen oder nicht (V. 5).

Im Neuen Bund ist das Tragen von besonderen Kleidungstücken (Talar usw.) in der Anbetung weder geboten noch angebracht (1. Tim. 2,8-14; Jak. 2,1-10).

 

 V.  Beten und Fasten

Das Fasten wird in der Bibel oft dazu benutzt, um die Gebete zu bekräftigen.

In der Bibel bedeutet Fasten, für eine bestimmte Zeit vollständig auf Essen und Trinken und nicht nur auf bestimmte Speisen zu verzichten: Est. 4,16.

- Nach verlorener Schlacht (Ri. 20,26-28).

- Um Einsicht über Sünde zu bekunden (1. Sam. 7,6).

- Um beim Herrn Gnade zu bewirken (2. Sam. 12,16.22).

- Um von Gott Hilfe zu erflehen (Esr. 8,23).

- Um Trauer bei Gott zu bekunden (Neh. 1,4).

Im AT gab es nur eine Fastenzeit, die den Juden durch das Gesetz geboten war, der Jom Kippur (3. Mos. 16,29-31). Durch diese jährliche Fastenzeit sollten sich die Juden vor Gott erinnern und demütigen, dass Er sie mit starker Hand aus der Knechtschaft Ägyptens befreite. Alle zusätzlichen Fastentage (Mk. 2,18; Lk. 18,12) waren menschliche Traditionen und Gebote. Der ursprüngliche Sinn des Fastens ging bei den Juden immer mehr verloren und wurde zunehmend Ausdruck frommer Leistung.

Im NT wird uns mit keinem Gebot bestimmte Fastenzeiten auferlegt, denn das Fasten gehört in die Zeit des Gesetzes; das Gesetz aber ist abgetan (Eph. 2,15). Die Bibel warnt vor Irrlehrern, die gebieten sich von Speisen zu enthalten und sich in äusserer Enthaltsamkeit zu üben (1. Tim. 4,1-8). Fasten war nie gedacht als rein äussere Angelegenheit (Jes. 58,1-11). Auch Jesus fastete vor Beginn seiner öffentlichen Wirksamkeit (Mt. 4,2). Jesus verbietet seinen Jüngern das Fasten nicht, sondern verurteilt nur das heuchlerische Fasten, um gesehen zu werden (Mt. 6,16-18). Jesus bringt das Fasten mit echter Trauer in Zusammenhang, für die es einen klaren Grund geben muss (Mt. 9,14-15). Fasten half auch, um von bestimmten dämonischen Bindungen frei zu kommen (Mt. 17,21). Es kann eine gute Übung der Enthaltsamkeit und Selbstzucht sein (1. Kor. 9,26-27). Die Gläubigen fasteten auch, als Missionare ausgesandt und Älteste eingesetzt wurden (Apg. 13,2-3; 14,23). Im Neuen Bund ist das Fasten und Beten jedem selbst überlassen (2. Kor. 6,5; 11,27; Apg. 20,31).

 

 VI. Zusammenfassung

Im NT kommt es beim Gebet weder auf die Körperhaltung, den Ort, die Kleidung usw. an, sondern einzig und allein auf den Zustand unseres Herzens gegenüber Gott und unseren Mitmenschen (Mt. 22,34-40). Die wahren Anbeter, beten den himmlischen Vater in Geist und Wahrheit an (Joh. 4,24).