Gleichnis-07: Von zwei Schuldnern

Gleichnisse Jesu

 

 

 Einleitung

Gleichnis in Lukas 7,36-50 lesen! Was ist hier vorgefallen?
Simon, ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Es waren auch noch andere Gäste eingeladen. Simon war offensichtlich kein armer Mann. Zu jener Zeit sass man beim Essen nicht aufrecht auf Stühlen. Man legte sich an auf den Boden an einen kleinen Tisch, indem man sich auf dem linken Ellbogen (mit weichen Liegepolstern) stützte, und so seine rechte Hand zum Essen frei hatte, während die Füsse nach hinten (also weg vom Tisch, nicht unter dem Tisch) waren.

Da kam eine Prostituierte und benetzte Jesu Füsse mit ihren Tränen, trocknete sie mit ihren Haaren, küsste und salbte sie mit Öl. Daraufhin begann Jesus dem Simon ein Gleichnis zu erzählen, das ihm die Uneinsichtigkeit seiner Sünde aufzeigen sollte. Auch die anderen Tischgenossen nahmen Anstoss an Jesus, als er der Frau schliesslich noch die Sünden vergab.

Was sollen wir von dieser Begebenheit halten?

 

 I.   Verschiedene Fragen, die geklärt werden müssen

Warum wurde Jesus von diesem Simon eingeladen?
Im Orient war es Sitte, dass man vor der Tür die Sandalen abzog, bevor man in ein Haus ging. Deshalb Stellte man dort auch einen Wasserkrug bereit, damit sich die Gäste von der staubigen Strasse die Füsse waschen konnten. Es war üblich, dass man den Gästen auch ein Tuch anbot, damit sie sich die Füsse abtrocknen konnten. Doch das alles fehlte in Simons Haus! Wenn man dieses Beispiel auf die heutige Zeit im 21. Jahrhundert überträgt, dann wäre es ähnlich, wie wenn wir keine Garderobe anbieten würden, wo unsere Gäste ihre Mäntel aufhängen könnten.

Normalerweise wurde ein Bruder mit einem Kuss begrüsst und nach der Waschung wurde entweder eine Prise vom süss duftenden Weihrauch verbrannt, oder etwas Rosenöl auf den Kopf des Gastes getropft. Das wäre dasselbe, wenn wir den Zutritt zur Toilette verweigern würden, wo jeder Gast sich erfrischen und die Hände waschen könnte, bevor er an den Tisch sitzt.

Diese unhöfliche Atmosphäre macht den Anschein, dass Simon die Absicht hatte, Jesus zu veranlassen etwas zu sagen oder zu tun, was ihm eine Hand-habe bieten würde, gegen Jesus vorzugehen. Vielleicht war Simon ein beauftragter Provokateur? Vielleicht aber gehörte Simon zu den Menschen, die wegen ihres eigenen Vorteils einflussreiche Personen anstaunen (Jud 16)? Was immer auch der genaue Grund gewesen sein mag, eins steht ganz sicher fest: Simon zweifelte daran, dass Jesus ein Prophet war, denn er dachte bei sich selbst: Vers 39! Die Geschichte zeigt, dass er Jesus nicht aus Liebe und Freundschaft eingeladen hatte.

Eine andere Frage, die sich aufdrängt ist: Wie kam die Frau überhaupt dazu, einfach in das Haus des Simons hineinzugehen und sich im Essraum Jesu zu Füssen zu legen? Im Orient herrschte die Sitte, dass alle möglichen Leute herbeikamen, wenn ein auswärtiger Rabbi in einem Haus einkehrte. Zudem spielte sich die Szene wahrscheinlich im Hof des Hauses ab, wo man bei gutem Wetter die Mahlzeiten eingenommen hat. Die Frau, die in der Geschichte vorkommt, wird uns nicht mit Namen genannt. Es gibt keinen Anhaltspunkt, sie mit Maria Magdalena oder Maria, der Schwester des Lazarus zu identifizieren. Sie war allgemein bekannt dafür, dass sie nichts taugte Vers 37: „die eine Sünderin war ...“ Sie war eine Dirne und wusste, dass Jesus bei Simon zu Gast war.

Da kam diese Frau herein und setzte sich zu Jesu Füssen: Vers 38. Sie fing an zu weinen und ihre Tränen tropften direkt auf Jesu Füsse. Während Jesus offensichtlich seine Füsse nicht erschrocken zurückzog, sondern in seiner Stellung liegenblieb, nahm die Frau ihre Haare und trocknete damit die durch Tränen benetzten Füsse. Um das zu tun, musste sie vor allen Anwesenden ihr Haar lösen. Eine erwachsene Frau mit offenem Haar in der Öffentlichkeit galt als höchst unanständig und unzüchtig. Aber damit war es noch nicht zu Ende! Sie küsste Jesu Füsse und salbte sie mit kostbarem Öl ein, das sie mitgebracht hatte. Wir wissen, wie empfindlich wir an den Füssen sind, wo alle Nerven zusammenkommen. Trotzdem hatte Jesus das alles stillschweigend zugelassen. Warum? (Antwort später!)

Was dachte Simon, der Gesetzgeber?
Simon konnte sich Jesu Benehmen nur so erklären, dass er nicht weiss, dass die Frau eine Prostituierte ist. Das würde aber wiederum bedeuten, dass ihm die Erleuchtung, die einen Propheten auszeichnet, fehlt. Deshalb die Worte: „Wenn ...“ und „wäre“. Nur die Unwissenheit entschuldigt Jesus, aber Unwissenheit verträgt sich nicht mit dem Prophetenamt. Das reicht wohl, um Simon endgültig zu überzeugen.Doch dann drehte sich das Blatt!

 

 II.   Warum erzählte Jesus dem Simon dieses Gleichnis?

Jesus erkannte die Gedanken des Simon: Die Reaktion zeigt deutlich, wie Jesus die Situation durchschaut hat. Seine Reaktion erinnert mich an den Propheten Nathan, der auch durch ein Gleichnis, geschickt Davids Schuld aufzuzeigen vermochte. Jesus will mit dem Gleichnis auch Simons Schuld aufzeigen.

In diesem Gleichnis geht es darum, dass zwei Menschen verschuldet sind (V. 41):

Der eine mit 500 Denar (1 Denar = 1 ½ Sfr.).

Der andere mit 50 Denar (10 x weniger).

Beide waren nicht fähig, ihre Schulden abzuzahlen.

Beiden wurde die Schuld erlassen.

Beide hatten allen Grund zur Dankbarkeit!

Jesus zeigt Simon den Unterschied zwischen ihm, dem selbstgerechten Pharisäer und der Sünderin.

Jesus will mit dem Gleichnis bezwecken, dass es auf ein reumütiges und schuldbewusstes Herz eines Menschen ankommt. Wer seine Sünden nicht einsehen will, der wird auch nicht die nötige Liebe gegen jedermann aufbringen können. Er wird sich selbstgerecht fühlen wie der hochmütige Pharisäer im Gleichnis, der so gebetet hat: „O Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner ...“ (Lk 18,11). Er wird andere verurteilen und richten wie Simon, der über Jesus schlecht dachte, und der die Sünderin verachtete. Dabei verschuldete er sich doppelt:

Er verschuldete sich für seine verurteilende Haltung.

Er verschuldete sich in der Ausübung der Liebe, die sich in der Gast-freundschaft praktisch ausdrückte.

Simon hatte Jesus nicht einmal die Höflichkeit erwiesen, wo die allgemeine Sitte vorschrieb! Deshalb hat Jesus das alles stillschweigend zugelassen, weil er dem Simon durch diese etwas aufdringliche Frau eine Lektion erteilen wollte!

 

 Schlussfolgerungen

Was können wir aus dieser Begebenheit lernen?
Eine der herrlichsten Erkenntnisse, die wir lernen können aus dieser Begebenheit ist: Jesus nimmt die Sünder an!

Lukas 5,31
Wer sich seelisch gesund und gerecht fühlt, braucht Jesus nicht! Er wird in seiner Selbstgerechtigkeit seine Ungerechtigkeit ausleben und nie erkennen wie selbstsüchtig und egoistisch er ist. Wer sich aber schämt über seine Schuld, die von Geldgier, Habsucht und Lust jeglicher Art getrieben wird, und dann Vergebung erfahren hat, der wird sein wie diese Frau.

Hast Du schon einmal über Deine Sünden geweint?
Es geht nicht darum, dass wir uns zuerst einen Schuldenberg voll Sünde zulegen müssen, um reuig werden zu können. Denn wir alle sind bereits hoch verschuldet vor Gott. So hoch, dass wir alle den Tod dafür verdient hätten. Denn die Konsequenz der Sünde ist der Tod (Röm 6,23). Es gibt also keine grösseren und kleineren Sünden vor Gott! Sünde ist Sünde und muss mit dem Tod bestraft werden. Wir alle haben gesündigt und deshalb den Tod verdient. Wir können uns nicht selbst reinwaschen; nur das Blut Jesu kann uns von unserer Sünde reinigen (1 Petr 1,18-19).

Auf der anderen Seite gibt es manchmal Menschen, die wegen ihrer grossen Verschuldungen nicht zu Jesus kommen wollen. Sie warten und wollen sich zuerst bessern, um sich der Liebe Jesu würdig zu erweisen. Auch diese Haltung ist falsch und nicht biblisch. Gerade die Freundschaft Jesu für die Zöllner und Sünder war kennzeichnend.

Nicht die Menge der Sünden ist entscheidend: Jesaja 1,18-20.
Es kommt also darauf an, wie sehr wir unserer Sündhaftigkeit bewusst sind, das ist entscheidend! Es ist sicher wahr, dass ein Mensch, der dreissig Jahre hinter Gefängnismauern zugebracht hat, seine Freiheit viel mehr schätzen kann als einer, der nur eine Nacht gefangen war. So verhält es sich auch oft mit der Sünde und der Vergebung: Es gibt Menschen, die die Knechtschaft der Sünde mehr und länger erfahren haben. Für sie ist das Leben in Christus eine grosse und ständige Freude. Es erfüllt sie auch mit tiefer Dankbarkeit für das, was Christus für sie getan hat. Je ernster wir also die Sünde nehmen, desto dankbarer werden wir auch für unsere Errettung.

Es besteht kein Zweifel, dass die Frau die Ernsthaftigkeit der Sünde erkannte. Denn Jesus musste ihr schon in einer früheren Begegnung die Sünden vergeben haben und deshalb sagte er noch einmal: Verse 47-48. Nicht weil die Frau viel liebte, wurde ihr vergeben, sondern sie konnte viel lieben, weil ihr vergeben wurde! Das ist ein entscheidender Unterschied!

Wie wenden wir das Gelernte in unserem Leben an?
Jesus belehrt seine Zuhörer über das grösste Gebot im Reich Gottes, indem er sagt in Markus 12,29-31:

1. Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden.

2. Die Liebe muss das Grundmotiv für unseren Glauben sein, die treibende Kraft.

3. Ohne sie ist alles andere wertlos, denn nur die Liebe überdauert alles.

Das Gleichnis lehrt uns, dass unsere Liebe zu Jesus nie grösser ist als unsere Würdigung des Sühnopfers Christi. Diese Würdigung aber hängt von der Erkenntnis unserer Sündhaftigkeit ab. Wir können nicht die Sünde verharmlosen und gleichzeitig dankbar sein für unsere Errettung. Je ernster wir die Sünde nehmen, desto dankbarer treten wir in die Welt hinaus und bezeugen Jesus den Christus unser Erretter! Dann aber müssen wir damit rechnen, dass es auch Menschen gibt, die Anstoss nehmen, wie die Tischgenossen im Hause des Simon. Jesus besitzt tatsächlich die Macht uns alle Sünden zu vergeben! Lassen wir uns doch von Ihm heilen und erlösen von der Gewalt des Bösen!