Gleichnisse Jesu
Einleitung
Lukas 18,1-8: Von der beharrlich bittenden Witwe.
In diesem Gleichnis wird kein Vergleich im üblichen Sinn gemacht. Der Schwerpunkt liegt im Gegensatz. Auch das folgende Gleichnis enthält denselben Schwerpunkt.
Lukas 11,5-8.3: Vom bittenden Freund.
Jesus erzählt dieses Gleichnis, weil es uns viel über das Beten zu sagen hat. Wenn ein mürrischer Hausvater dem unverschämten Drängen seines Freundes nachgibt, wie viel mehr wird dann Gott, als liebender Vater seinen Kindern gewähren, worum sie ihn bitten?
Was lehren uns diese beiden Gleichnisse über das Beten?
I. Die Pflicht des Betens
In 1. Thessalonicher 5,17 lesen wir: „Betet ohne Unterlass!“
Das Gebet ist nicht bloss ein Aufruf für uns Christen: Es ist ein Befehl! Es ist unsere Pflicht! Es ist notwendig für unsere Beziehung zum Herrn! So wie es kein Meer ohne Wasser gibt, so kann es kein Christ ohne Gebet geben.
In beiden Gleichnissen ist vom bittenden Gebet die Rede: Matthäus 7,7-11.
Was sollen wir denn vom Herrn erbitten?
Wir sollen um Erbarmen bitten, denn der Herr ist reich an innigem Erbarmen (Jak 5,11). Wir Menschen stehen in Gottes Schuld und deshalb sollen wir ihn bitten, damit uns Erbarmen zuteil wird (Mt 18,33-35). Gemäss 1. Petrus 3,21 ist die Taufe eine Bitte an Gott, um ein gutes Gewissen.
Wonach sollen wir denn suchen?
Wir sollen nach dem Reich Gottes suchen wie nach kostbaren Perlen (Mt 6,33). Wer den vergänglichen Dingen in dieser Welt nachjagt, wird nicht glücklich (Kol 3,1-4).
Wo sollen wir denn anklopfen?
Wir sollen beim allmächtigen Gott und Vater anklopfen, damit er uns aus dem sündigen Zustand herauszieht und uns in das Reich seines Sohnes versetzt (Kol 1,12). Dies geschieht nicht automatisch mit jedem Menschen. Denn Gott nimmt niemand gegen seinen Willen in sein Reich auf. Deshalb werden alle Menschen aufgerufen anzuklopfen und ihr Interesse an Gott und seinem Reich zu bekunden.
Wann entsteht dieses Bedürfnis nach Gott?
Es entsteht dann, wenn Menschen in Not geraten, wie die Witwe und der Freund. Die Witwe wurde von jemandem stark bedrängt. Vielleicht war sie ein Stalking Opfer. Vielleicht wurde sie finanziell oder materiell stark unterdrückt von ihrem Widersacher. Sie brauchte dringend Hilfe. Auch der Freund war in Schwierigkeiten. Wie viele andere Reisende in Palästina, wollte er die Hitze des Tages vermeiden, und brach vielleicht zu spät am Abend auf. Als er gegen Mitternacht völlig erschöpft sein Reiseziel endlich erreichte, war er hungrig. In seiner Not klopfte er an die Tür des Nachbarn.
Die Lektion lautet: Wann immer wir in Not geraten, sollen wir uns an den Herrn wenden.
Nicht nur dann, aber gerade dann! Gott will unsere Zuflucht sein. Gott will, dass wir ihn um alles mögliche bitten! Unser himmlischer Vater kennt zwar all unsere Bedürfnisse, bevor wir ihn bitten (Mt 6,8). Aber er will, dass wir nach ihm schreien! Gott sucht die Beziehung zu uns und will, dass wir seine Nähe suchen. Er verspricht uns nur gutes, wenn wir ihn bitten, denn der Herr ist ein liebender und gütiger Gott, der uns niemals abweist. Er ist bereit, uns vielmehr zu geben, als das wofür wir bitten. Deshalb dürfen wir unseren Gott um vieles mehr bitten: Philipper 4,6-7.
Wichtig ist nur, dass wir uns gut überlegen, wofür wir den Herrn bitten, denn er könnte uns die Bitte erfüllen!
Wenn wir z. B. bitten: „Hilf mir, dass ich geduldiger werde!“
So könnte uns Gott viele Versuchungen und Erprobungen senden. Denn die Erprobung des Glaubens bewirkt Geduld (heisst es im Jak 1,3).
Wenn wir z. B. bitten: „Hilf mir, demütiger zu werden!“
So könnte uns der Herr in Lebenssituationen geraten lassen, in denen wir gedemütigt werden. Vielleicht lässt er uns ganz tief fallen, damit wir von unserem Hochmut wegkommen und wieder den Mut haben, zu dienen.
Wenn wir z. B. bitten: „Hilf mir, sanftmütiger zu werden!“
So könnte uns der Herr züchtigen lassen, bis wir diese Frucht des Geistes hervorbringen. Sanftmut lernen wir sicher nicht, wenn unsere Ziele im Leben immer mit Gewalt und Zorn durchgesetzt werden können.
Die Folgerung ist: Lasst uns gut überlegen, wofür wir bitten, suchen und beim Herrn anklopfen!
II. Die Ausdauer des Betens
Die Witwe verkörpert die Armen und Rechtlosen.
Es bestand keine Aussicht, dass sie jemals vor solch einem ruchlosen Richter ihr Recht erlangen konnte. Doch sie besass eine Waffe: die Waffe der Hartnäckigkeit und Ausdauer. Mit einer unglaublichen Beharrlichkeit trat sie immer wieder in das Büro des Richters und klagte ihm die Ungerechtigkeit, die ihr täglich widerfuhr.
Auch der Freund, der ein Reisender zu Besuch hatte, trat mit fester Entschlossenheit auf, sich beim Nachbarn etwas zu borgen. Unaufhörlich klopfte er, mitten in der Nacht, beim schlafenden Nachbarn an die Tür. Was für eine Unverschämtheit! Die Häuser waren damals klein und oft schliefen die Eltern und Kinder im selben Raum. Mit seinem Klopfen weckte er vermutlich das ganze Haus auf, d. h. auch die Haustiere, die Hühner usw. Doch im Orient galt Gastfreundschaft als heiligste Pflicht. Es genügte nicht, einem Gast bloss mit dem Notdürftigsten zu dienen. Zudem war man als gute Nachbarn füreinander da. Doch in diesem Fall wurde die Gutmütigkeit des Nachbarn ziemlich strapaziert.
Diese ungewöhnliche Situation soll einen Kontrast zum himmlischen Vater geben. Wenn selbst ein weltlicher Mensch bereit ist, in einer solchen Situation aufzustehen, wie viel mehr dann Gott, der niemals schläft. Bei Gott dürfen wir allezeit anklopfen, denn er ist immer für uns da, weil er uns sehr liebt. Der Herr möchte sogar, dass wir mit all unseren Anliegen zu ihm kommen, denn er möchte uns im Leben beistehen und helfen. Gott ist um uns besorgt und will für all seine Geschöpfe nur das aller Beste.
Darum ist es wichtig, dass wir ohne Unterlass beten.
Von Elia heisst es, dass er „inständig“ betete, dass es nicht regnen möge: „Und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate lang“ (Jak 5,17). Mose flehte unermüdlich um Gnade beim Herrn für das Volk, und der Herr liess sich das Unheil oft gereuen (Ex 32,14). In der Schlacht gegen die Amalekiter musste Mose den ganzen Tag seine Arme hochhalten, damit die Israeliten die Oberhand behielten (Ex 17,8-13). Dieses geschichtliche Ereignis ist ein Schatten für die unermüdlichen Fürbitten, mit denen wir die Arme Jesu hochhalten, um unseren geistigen Ringkampf zu gewinnen (Eph 6,12.18).
Denken wir an die betrübte Hanna, die immer wieder im Tempel vor dem Herrn erschien und um einen Sohn bat (1 Sam 1,9-10). In ihrer Verzweiflung tat sie dem Herrn sogar ein Gelübde. Schliesslich schenkte der Herr ihr ein Kind mit dem Namen „erbeten“ (= Samuel, V. 20). Von der gläubigen Prophetin Hanna lesen wir: Lukas 2,36-37. Sie diente Gott unermüdlich mit Fasten und Beten. Was für eine vorbildliche Witwe für die Beständigkeit des Glaubens!
Bei vielen sind die guten Vorsätze und die Gebete, die sie zur Bekehrung führten, bald vom Winde verweht. Deshalb mahnt der Heilige Geist: Hebräer 10,35-36. Ausdauer ist der Schlüssel zum Erfolg! Auch in vielen Angelegenheiten der Welt ist das so, wie uns die beiden Gleichnisse von der Witwe und vom Freund lehren.
Doch Vorsicht! Die beiden Gleichnisse lehren uns nicht, dass wir hartnäckig beten und flehen sollen, dass wir solange an Gottes Tür poltern, bis wir ihm lästig werden und ihn auf diese Weise zwingen, uns zu gewähren, was wir haben möchten.
Obschon es richtig ist ausdauernd zu beten, sollten wir uns hüten, daraus zu schliessen, dass Gott uns alles gewähren wird, wofür wir ihn bitten.
Es gibt Situationen, in denen Gott manchmal „Nein“ sagen muss.
Zum Beispiel, wenn wir bitten: „Hilf mir, gesund zu werden!“
Der Herr antwortet vielleicht mit „Nein“, weil er der Meinung ist, dass seine Gnade genüge (bei Paulus, 2 Kor 12,7-9). Auch der König David flehte um seinen kranken Sohn beim Herrn, doch der Sohn starb (2 Sam 12,15-24). Gott weiss, was das Beste ist für uns.
Zum Beispiel, wenn wir bitten: „Befreie mich von meinen Schmerzen!“
Der Herr könnte z. B. sagen: „Nein, die Schmerzen sind dir gegeben, damit du mit andern, die Schmerzen haben, in Zukunft mehr Mitgefühl hast.“ Wäre es z. B. nicht ein fataler Fehler gewesen, wenn der Vater dem Sohn in seiner Todesstunde nachgegeben hätte? Wir hätten keinen Erlöser! Deshalb betete Jesus im Einklang mit Gottes Wille, indem er sagte: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“ (Lk 22,42). Auch wir sollen so beten, denn nur Gott kennt den Plan für uns.
Zum Beispiel, wenn wir bitten: „Hilf mir zum Erfolg!“
Vielleicht lehnt der Herr ab, weil er möchte, dass ich lerne nach seinem Willen zu leben und nicht nach meinen eigenen Plänen. Unser Schöpfer kennt uns ganz genau und weiss, wie viel Erfolg wir brauchen, um hochmütig und gottlos zu werden.
Eins dürfen wir gewiss sein: Kein Gebet bleibt beim Herrn ungehört oder unbeantwortet! Weil der Herr an uns und mit uns arbeitet, kann er nicht gleich jedes Gebet nach unseren Wünschen erfüllen. Zudem ändern sich unsere Wünsche ständig. Deshalb kann der Herr nur an ausdauernden Bitten erkennen, wie ernst es uns wirklich ist. (Siehe Lektionen zum Gebet!)
III. Der Lohn des Betens
In beiden Gleichnissen sehen wir, dass eindringliches Bitten zum Ziel geführt hat. Mit andern Worten ruft Jesus mit diesen Beispielen uns trotz allen Umständen und Einschränkungen zum Bitten, Suchen und Klopfen auf! Er verspricht auch (Mt 7,7), wer bittet, dem wird gegeben werden, wer sucht, der wird finden, wer anklopft, dem wird aufgetan werden. Auch der Heilige Geist sagt durch den Mund des Jakobus (5,16b): „Viel vermag die Fürbitte eines Gerechten, wenn sie inständig vorgebracht wird.“ Wir erkennen also aus der Bibel eine ganz klare Zusage von Gott, wenn wir uns an IHN wenden!
Vom todkranken Hiskia lesen wir, dass er den Herrn um Gnade anflehte und deshalb noch 15 Lebensjahre von Gott erhielt: 2. Könige 20,1-6.
Schlussfolgerungen
Im eindringlichen Gebet liegt also eine grosse Macht! Darum, lasst uns nicht müde werden, vor den Herrn zu treten und unsere Bitten vor Gott kundzutun! Weil er uns liebhat, wird er uns erhören und uns seine Gnade schenken.
Der Herr wird unser beständiges Bitten hören und erfüllen, wenn es gut für uns ist!