Begriffe2-14+15: Methe u. Komos – Saufen u. Fressen

Fleisch oder Geist

William Barclay

 

Luther: Saufen und Fressen; Elberfelder: Trinkgelage, Völlereien; Zürcher Übersetzung: Völlerei, Schwelgerei. Es ist ganz natürlich, dass man diese beiden Wörter in einem Atemzug nennt. In Galater 5 und auch in Römer 13,13 bezeichnen sie Dinge, von denen der Christ für immer Abstand nehmen soll.

Die Einstellung der antiken Welt und auch der Heiligen Schrift gegenüber Wein und ähnlichen Getränken ist klar. Trunkenheit wurde als etwas äusserst Beschämendes verabscheut, von Abstinenz war man jedoch weit entfernt. In Griechenland tranken sogar die Kinder Wein. Das Frühstück bestand zum Beispiel aus einem Stück Brot, das man in Wein tauchte. Am Fest der Weinernte nahmen in Griechenland alle Altersgruppen teil. Trotzdem gab es wenig Trunkenheit, weil der Wein normalerweise mit Wasser verdünnt wurde; man vermischte zwei Teile Wein mit drei Teilen Wasser.

Die Gefahr der Trunkenheit wird im AT und auch in den Apokryphen genau erkannt. Der Schreiber der Sprüche sagt: „Der Wein macht Spötter, und starkes Getränk macht wild“ (Spr 20,1). Jesaja spricht von der Verdammnis derer, die vor Trunkenheit taumeln (Jes 28,7). Im Buch der Weisheit Sirachs wird die Einstellung der antiken Welt zum Wein besonders deutlich: „Der Wein erquickt den Menschen das Leben, so man ihn mässig trinkt. Und was ist das Leben, da kein Wein ist? Der Wein ist geschaffen, dass er die Menschen soll fröhlich machen. Der Wein, mässig getrunken, erfreut Leib und Seele. Aber so man zu viel trinkt, bringt er Herzeleid, dieweil man sich reizt und widereinander streitet. Die Trunkenheit macht einen tollen Narren noch toller, dass er trotzt und pocht, bis er wohl gebleut, geschlagen und verwundet wird“ (Sirach 31,32-38 nach Luther).

Wir wissen, dass Jesus dem Wein gegenüber nicht vollkommen enthaltsam war, denn Johannes berichtet uns die Geschichte von der Verwandlung des Wassers in Wein (Joh 2,1-11). Auch er wurde von seinen Feinden als Fresser und Säufer verleumdet (Mt 11,19).

Man kann zwar völlige Abstinenz als ein christliches Gebot hinstellen, aber nicht aufgrund eindeutiger Erklärungen und Verbote in der Schrift, sondern nur nach dem Grundsatz, den Paulus zweimal darlegt: „Es ist besser, du isst kein Fleisch und trinkst keinen Wein und tust nichts, woran sich dein Bruder stösst“ (Röm 14,21). Die christliche Freiheit darf nie zu einem Stein des Anstosses für den Schwachen werden. „Darum, wenn Speise meinen Bruder zu Fall bringt, will ich nie mehr Fleisch essen, damit ich meinen Bruder nicht zu Fall bringe“ (1 Kor 8,9.13).

Komos - Schwelgerei hat im griechischen Sprachgebrauch einen besonderen Hintergrund. Es beschreibt vor allem den fröhlichen Umzug durch die Strassen einer Stadt und die anschliessende Feier zu Ehren eines in den Spielen erfolgreichen Sportlers. Alle seine Freunde zogen mit ihm durch die Strassen und feierten dann bei Essen und Trinken.

In der Bibel hat komos eine viel ernstere Bedeutung. Im NT gebraucht es nur der Apostel Paulus im Römer- und im Galaterbrief. In den kanonischen Schriften des griechischen Alten Testaments kommt es nicht vor, sondern nur zweimal in den Apokryphen. Im Buch der Weisheit beschreibt es die wachsende Sünde des Menschengeschlechts (14,23-24 nach Luther). Hier bedeutet komos offensichtlich weit mehr als nur eine gelegentliche Feier, die vielleicht in eine vorübergehende Ausschweifung ausartet. Sehr bezeichnend ist der Gebrauch in 2. Makkabäer 6,4. Diese Stelle berichtet von den Taten des Antiochus Epiphanes, der in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts vor Christus Jerusalem eroberte. Er wollte den jüdischen Glauben ausrotten, deshalb verbot er bei Todesstrafe, den Sabbat zu halten und eine Abschrift der Gesetze zu besitzen. Er beschmutzte den Brandopferaltar, indem er Schweinefleisch darauf opferte, und richtete in den Räumen des Tempels Bordelle ein. Der Tempel, so wird berichtet, war mit Schwelgerei und Gelagen erfüllt. Komas kennzeichnet lustvolle Ausschweifung in sexuellen und anderen körperlichen Freuden, verletzend für Gott und die Menschen.

Die beiden Wörter Trunkenheit und Schwelgerei - methe und komos beschreiben die Freude, die zur Ausschweifung geworden ist. Für den Christen gibt es eine Möglichkeit, solche Freuden zu meiden. Er muss sich nur daran erinnern, dass er immer in der Gegenwart Christi lebt, und dass er deshalb versuchen soll, sein Leben mit all seinem Tun und seiner Freude so zu gestalten, dass er sich vor Christus nicht zu schämen braucht.