2. Könige-03: Die Heilung Naamans

Geschichte des gespaltenen Königreichs

Kapitel 5

 

 Die Heilung des Aramäers Naaman: 2Kön 5,1-27

Verse 1-7: Naamans Zustand.
Elischa wird nur einmal im Neuen Testament erwähnt. Als Jesus in der Synagoge in Nazaret predigte, sprach er vom Syrer Naaman (Lk 4,27). Damit wollte er den Juden zu verstehen geben, dass Gott auch an Ausländern interessiert ist. Doch das wollten die Juden gar nicht hören. Die berührende Geschichte Naamans zeigt, wie sich ein Heide von den Götzen abwendet und zu Gott bekehrt.

Naaman (in älteren Übersetzungen bekannt als Naemann) war ein syrischer Heerführer Ben-Hadads (1Kön 20,1-45; 22,1-44). Im AT wird das Gebiet nördlich des galiläischen Sees, Aram bezeichnet. Die Hauptstadt war Damaskus (2Kön 8,7). Im NT ist diese Region als Syrien bekannt (Mt 4,24; Lk. 2,2; Apg 15,41). Der israelitische König Ahab7 führte etliche Male Krieg gegen Ben-Hadad, bis er schliesslich von einem Pfeil tödlich getroffen wurde (1Kön 22,34-35). Eine jüdische Überlieferung sagt, dass der Bogenschütze Naaman war, der Ahab tötete. Das ist das erste Mal, dass Aram im Leben Elischas erwähnt wurde. Israel und Syrien waren von Feindseligkeit beherrscht (2Kön 6,8.24; 8,7.28). Dieser Konflikt dauerte an bis zum Ende des Lebens Elischa (2Kön 13,17-20a).

Naaman war der Heerführer und sehr beliebt beim König, weil er ein tapferer Krieger war. Ben-Hadad übergab ihm die Truppen, die er selbst einmal anführte (1Kön 20,1.26). Durch ihn verlieh „der Herr“ den Aramäern zum Sieg. Gott ist auch an Kriegen beteiligt, die von Ungläubigen geführt werden. Gott schreibt die Menschheitsgeschichte und gebraucht auch heidnische Nationen, um seine Ziele zu erreichen (Jes 44,28; Ez 30,24-25; Dan 4,25). Gott gab sein ungläubiges Volk mehr als einmal in die Hand der Feinde, um es zu züchtigen (2Kön 13,3). Bei all dem hatte Naaman eine tödliche Krankheit (V. 7a): Aussatz. Manche Übersetzer sprechen von Lepra. Wir wissen nicht genau, welche Form von Aussatz es war, da es damals verschiedene Formen von Lepra oder Aussatz gab. Wir wissen nur, dass der Erkrankte keine grossen Schmerzen hatte und nicht abgesondert wurde. Im Judentum mussten Aussätzige, gemäss dem Gesetz Mose, abgesondert werden (Lev 14,33-53; 13,4.21.26.31.33.45-46.50). Es gab aber auch Kranke, die offenbar eine andere Form von Aussatz hatten, die keine absolute Absonderung erforderte (2Kön 7,3). Naamans Körper war schneeweiss wie Mirjam damals (V. 27; Num 12,10). Er hatte eine Krankheit, die nicht geheilt werden konnte (5,27). Auch die Mediziner und die Götter waren untauglich zu helfen. Er war, ohne Zweifel, ein hoffnungsloser Fall. Doch die Hilfe kam von unerwarteter Seite.

Bei regelmässigen Raubzügen über Nordisrael (2Kön 6,8-9.23b) nahmen die Soldaten ein jüdisches Mädchen gefangen, das schliesslich als Sklavin in Naamans Haus landete. Dieses Mädchen war nicht bitter oder rebellisch, obschon es eigentlich allen Grund dazu hatte. Es wurde aus seiner Familie gewaltsam entrissen und in ein fremdes Land geführt. Statt glücklich zu Hause aufwachsen zu dürfen, wurde es seiner Jugend beraubt. Es musste dort als Sklavin einem gottlosen Haus dienen, von falschen Göttern umgeben. Das Mädchen hätte sich heimlich darüber freuen können, dass der Hausherr erkrankte und nicht mehr lange leben würde. Doch statt Selbstmitleid, fühlte es Mitleid für Naaman.

Das Mädchen hatte, trotz ihres traurigen Schicksals, einen starken Glauben. Eines Tages erzählte sie der Frau Naamans vom Propheten Elischa der ein Gottesmann war, von dem sie bestimmt wusste, dass er sogar schon Tote auferweckte. Weil dieses Mädchen den Mut hatte, ihren Glauben zu bekennen, geht sie als grosses Vorbild in die Geschichte ein. Als Naaman das erfuhr, ging er ohne zu zögern zu seinem König und erzählte ihm alles.

Der König von Aram sandte dem König von Israel einen Brief, indem er ihn um Hilfe bat. Denn, um Elischa zu sehen, musste er mit seinen Truppen und einem Aussätzigen in ein fremdes Land einreisen, dabei wollte er nicht attackiert werden. Zudem dachte er vermutlich, dass Elischa dem Königshaus unterstand und deshalb brauchte er dessen Zustimmung. Auch ein grosser Geldbetrag und Kleidungen wurden bereit gestellt, um zu beweisen, dass er in Frieden kam.

- 10 Kikkar Silber = 350 kg zu Fr. 300'000.-

- 6'000 Schekel Gold = 66 kg zu 3 Millionen

- 10 Wechselkleider = wertvolle Festkleider

Statt das als Anlass zu nehmen, um Bedingungen zu stellen, fiel Jehoram9 (König von Israel) in Entsetzen und zerriss seine Kleider. Er hätte z. B. vorschlagen können, dass alle Gefangenen der letzten Jahre an Israel zurück gegeben werden müssen, dass dieser Besuch nur unter der Bedingung eines Friedensvertrags erlaubt werde, usw. Mit diesem Verhalten zeigte Jehoram seinen Unglauben, ja, seine Gottlosigkeit. Denn, er konnte gar nichts Positives in dem geplanten Besuch sehen, sondern fürchtete sich nur vor einem erneuten Krieg. Ein gläubiger König hätte Gott befragt! Doch so ergeht es allen, die ohne Gott leben und sich von negativen Gedanken herunterziehen lassen. Viele Menschen neigen dazu, immer zuerst das Negative zu sehen. Wir haben selbst die Wahl, wie wir leben möchten: wir können alles im Vertrauen an den lebendigen Gott betrachten, oder wir können uns von negativen Gedanken, von Ängsten und Sorgen beherrschen lassen.

Verse 8-14: Naamans Reinigung.
Als Elischa vernahm, dass der König von Israel seine Kleider zerriss, hätte er ihn fragen können: „Weshalb bist du so hysterisch?“

Stattdessen liess er dem König sagen (V. 8): „Schicke ihn zu mir damit er erkennt, dass es in Israel einen Propheten Gottes gibt!“ Mit anderen Worten: „Auch du sollst erkennen, dass es in Israel einen Propheten Gottes gibt!“

Schliesslich wurde Naaman zum Haus des Propheten geführt. War Elischa etwa immer noch im Haus der Schunammitin (4,8-11)? Stellen wir uns Ross und Reiter vor, die mit einem Aussätzigen und viel Geld durch Samarien zogen und vor einem gewöhnlichen Haus Halt machten, wo Elischa wohnte. Doch Elischa liess sich nicht blicken, sondern gab seinem Diener bloss ein Rezept das dem Kranken übergeben werden sollte.

Die erste Reaktion Naamans war typisch für einen grossen Kriegsheld. Er wurde zornig über die respektlose Behandlung Elischas. Vielleicht erwartete er, dass der Prophet aus dem Haus kam, sich verneigte und ihn auf eine Trage legte. Danach hätte er vielleicht teures Öl über ihn gegossen. Schliesslich hätte er irgendwelche Formeln gesprochen und wäre um das Bett herumgetanzt, oder hätte zumindest seine heilende Hand auf ihn gelegt. Solche und ähnliche Rituale waren sich die Götzendiener in fremden Landen gewohnt (1Kön 18,24.26-29). Doch nichts dergleichen geschah.

Gott, der Herr war nicht so sehr interessiert an Naamans Körper, als vielmehr an seiner Seele. Naamans Herz musste auf den lebendigen Gott vorbereitet werden. Nicht Elischa, sondern Gott sollte sich als Heiler erweisen. Der Heeresführer musste zuerst Demut lernen (Lk 14,11). Bevor sein Leib, wie der eines jungen Knaben aussah (V. 14), musste sein Herz wie das eines kleinen Kindes werden (Mt 18,3-4).

Gechasi teilte dem Heeresführer mit, dass er sieben Mal im Jordan untertauchen müsse, um geheilt zu werden (V. 10). Weshalb sieben Mal? - Die Zahl 7 bedeutet vollkommen, perfekt. Sieben setzt sich zusammen aus den vier irdischen Himmelsrichtungen und der Dreieinigkeit Gottes. Die Zahl 7 taucht oft in der Bibel auf (Gen 2,2; Jos 6,4). Das siebenmalige Untertauchen verlangte von Naaman Glauben, der sich im Gehorsam erwies. Naaman musste glauben, dass Gottes Versprechen wahr wird: „... dann wird dein Leib wieder rein sein.“

Doch statt zu glauben wie ein kleines Kind, reagierte er trotzig wie ein kleines Kind. Auch in der heutigen Zeit müssen die Menschen Gott vertrauen und an den Herrn Jesus glauben, um sich bekehren zu lassen.

Hebräer 11,6: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm zu gefallen.” Glauben heisst Gott beim Wort nehmen (Mk 1,15; Röm 10,17)! Obschon wir nicht durch eigene Verdienste gerecht gesprochen werden können, will Gott unseren Gehorsam sehen, der mit der richtigen Gesinnung verbunden ist!

Glaube ist in der Bibel oft mit einer Tat verbunden, d. h. mit einem Akt des Gehorsams.

Bsp. Noah, der eine Arche bauen musste (Gen 6).

Bsp. Abraham, der mit seinem ganzen Hab und Gut aus seiner Heimat ausziehen musste (Gen 12).

In der heutigen Zeit kann das mit folgenden Beispielen dargestellt werden:

Bsp. Der Seilakrobat im Zirkus, der einen Zuschauer bittet, auf seine Schultern zu steigen.

Bsp. Die medizinischen Anweisungen eines Arztes können mir nur dann helfen, wenn sie nicht bloss zur Kenntnis genommen, sondern auch befolgt werden (Mt 9,12-13).

Als Hauptmann eines grossen Heeres fühlte er sich gedemütigt vor seiner Truppe. Zudem gab es in Damaskus und Umgebung genügend andere Flüsse, die viel sauberer waren, in denen er hätte rein werden können. Flüsse, die von den schneebedeckten Amanus Bergen flossen. Der Abana oder Amana floss direkt durch Damaskus. Auch der Parpar (heutiger El-Awaj), der etwa zehn Kilometer südlich vom Hermon herunterfloss, war viel sauberer.

Weshalb sollte er sich ausgerechnet in einem der schmutzigsten Flüsse baden? Das widersprach jeder menschlichen Vernunft. Deshalb geriet Naaman ausser sich vor Zorn und befahl der Truppe, mit ihm nach Hause zurückzukehren. Die übrigen Soldaten dachten offenbar alle klarer als ihr Führer. Doch wie brachten sie ihm das bei? Es brauchte viel Mut und Fingerspitzengefühl. Leider werden die wichtigsten Personen in der Geschichte oft nicht erwähnt. Hätten sich seine Diener nicht überwunden, um Naaman zu überzeugen, dann wäre er aussätzig gestorben. Doch, sie gingen ihn behutsam an, mit einer Frage. Die Fragen, die sie ihm stellten, waren mit andern Worten:

„Ist es denn so schlimm, was der Prophet anordnete?“

„Hätte er nicht viel Schlimmeres verlangen können?“ zum Beispiel, dass du mit einem wilden Tier kämpfen müsstest oder eine goldene Statue errichten müsstest?“

„Bist du nicht bereit, noch viel Schlimmeres über dich ergehen zu lassen, um von deiner tödlichen Krankheit geheilt zu werden?“

„Was kostet es dich, probiere es doch aus?! Nützt es nichts, so schadet es nichts!“

„Wir sind doch den langen Weg nicht umsonst gereist?!“

„Was hast du schon zu verlieren, ausser vielleicht deinen Stolz, falls es nicht funktioniert?“

Schliesslich siegte die Vernunft der Soldaten und Naaman kehrte um und ritt, statt in den Norden, mit seiner Truppe zurück an den Jordan. Das erforderte mindestens einen Tag. Dort angekommen, stieg er in den schmutzigen und reissenden Jordan und tauchte sieben Mal unter. Doch, nicht nach dem fünften oder sechsten Mal wurde er geheilt. Erst nach dem siebten Mal war seine Haut wieder rein, wie die eines Kindes.

Verse 15-19a: Naamans Bekehrung.
Naaman wurde es endlich bewusst, dass Elischa ein wirklicher Gottesmann war. Naaman war nicht nur körperlich verändert, sondern auch in seinem Geist. Deshalb ging er mit seiner Truppe noch nicht heim, sondern ritt zum Haus des Gottesmannes, um seine Dankbarkeit zu erweisen. Vor seiner ganzen Truppe bekannte er, dass Gott nicht bloss ein Gott Israels ist, sondern der einzige Gott auf der ganzen Welt. Dann wollte er den Propheten mit einem grosszügigen Geschenk belohnen. Doch Elischa wehrte vehement ab, weil er wusste,

dass nur falsche Propheten in Syrien Geschenke annehmen würden,

dass Gott keine Freude gehabt hätte, wenn Elischa von Götzendienern Geschenke angenommen hätte,

dass nur Gott allein für diese Heilung verantwortlich gemacht werden konnte und er nichts dazu beitrug,

dass er sich nicht auf Kosten der Macht Gottes bereichern durfte.

Elischa lehnte ab mit den Worten „so wahr der Herr lebt,“ was ein überzeugter und fester Entschluss darstellt. Elischa lehnte nicht in jedem Fall Geschenke ab (4,8-11.42). Er war nicht etwa zu stolz, sondern gab damit allein Gott die Ehre. Schliesslich hätte das Geld seiner Prophetenschule sehr nützlich sein können. Ursprünglich war ja das Geschenk für den König Israels gedacht. Interessanterweise weigerten sich Daniel und seine Freunde nicht, vom babylonischen König Geschenke anzunehmen (Dan 2,48-49; 3,26-30).

Naaman bedrängte Elischa und erbat sich von ihm einen Wagen voll Erde. Weshalb? Vermutlich wollte er in Syrien aus dieser Erde einen Altar bauen, um dem alleinigen Gott zu opfern (Ex 20,24). Auf jeden Fall erkannte er, dass die Erde auf Israels Boden speziell war, weil sie mit dem alleinigen Gott verbunden war (Ex 3,5). Gleichzeitig wurde sich Naaman auch bewusst, dass sein neugewonnener Glaube mit seinem zukünftigen Beruf nicht mehr vereinbart werden konnte.

Mit seinen Aussagen lässt uns der Heeresführer tief in sein Herz blicken (ab V. 18):

- Er bezeichnet sich als Diener Elischas.

- Er überlegt sich, was sein Entschluss, dem alleinigen Gott zu dienen, für Konsequenzen mit sich trägt.

- Er ist so ehrlich und äussert seine Bedenken.

- Er ist sich bewusst, dass es falsch ist, sich im Tempel vor dem Gott Rimmon niederzuwerfen.

- Deshalb bittet er Elischa um Vergebung, wenn er sich zu Hause trotzdem noch formal vor dem Götzen niederwerfen muss, um seinem König zu gefallen.

- Mindestens kann gesagt werden, dass er sich gut überlegte, bevor er sich den Anweisungen Elischas gehorsam ergab.

Ob Elischa mit seiner Antwort, „Geh in Frieden“, die Zustimmung gab oder nicht, wissen wir nicht. Auf jeden Fall wissen wir, dass Menschen Zeit brauchen, um im Glauben an den Herrn zu Wachsen und dass wir am Anfang nicht zu viel erwarten dürfen. Wir wissen aber auch, dass keine Bekehrung lange anhält, wenn wir alleine in der gottlosen Welt bestehen wollen. Interessant ist die Frage: Wie verhielt sich Naaman mit dem Mädchen das seiner Frau den Hinweis gab? Bedankte er sich beim Mädchen? Entliess er sie in ihr Heimatland? Betete er nun mit seiner Familie, samt dem Mädchen, zu Hause den allmächtigen Gott an?

Verse 19b-27: Gechasis Habgier.
Naaman beginnt als Aussätziger und endet als Diener des Herrn. Gechasi beginnt als Diener des Herrn und endet als Aussätziger. Gechasi bedeutet „Tal der Schauung“. Mehr wissen wir nicht von diesem Prophetenjünger. Vermutlich wurde er in der Prophetenschule von Elischa als persönlicher Begleiter ausgewählt, wie früher Elischa den Elija begleitete. Statt das als besonderes Privileg zu sehen, an der Seite eines grossen Propheten Gottes zu wandeln, widersetzte er sich den Anweisungen Elischas. Wenn dieses Ereignis nicht geschehen wäre, dann würden wir heute vielleicht von drei grossen Propheten im Nordreich Israels sprechen: Elija, Elischa und Gechasi.

Gechasi hatte sicher ein grosses Potential. Er erkannte, dass die Schunammitin sich ein Kind wünschte (4,14). Elischa beauftragte ihn, nach dem toten Sohn zu schauen (4,29). Gechasi war auch beim König anerkannt, um von den Machttaten Elischas zu erzählen (8,4-5).

Auf der andern Seite zeigte Gechasi, der Prophetenjünger auch geistliche Unmündigkeit. Er wollte die trauernde Schunammitin wegstossen, als sie die Füsse Elischas festhielt (4,27). Vermutlich war es auch Gechasi, der seinen Zweifel ausdrückte, als er mit zwanzig Gerstenbroten hundert Männer ernähren sollte (4,42-43). Es war mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Gechasi, der vor der Aramäischen Armee verzweifelte (6,15). Doch alle seine Mängel hätten vergeben und vergessen werden können. Denn seine Fehler waren nicht grösser als die der Apostel, die später grosse Leiter in der Gemeinde des Herrn wurden. Doch in den wichtigsten Glaubensprüfungen versagte Gechasi kläglich.

 

 Die nichtbestandene Glaubensprüfung

Mitgefühl für Kranke!
Statt dem kranken Naaman helfen zu wollen, schaute Gechasi mit gierigen Blicken auf das Geld das Naaman mit sich trug. Wie war er doch enttäuscht, als er Naaman mit seinen, voll Geld beladenen Eseln, ziehen lassen musste. Wie vielmehr glitzerten seine Augen, als der geheilte Naaman zurückkam und Elischa das Geld aufdrängen wollte.

Gechasi dachte:

„Das kann doch nicht wahr sein, dass Elischa diesen reichen Aramäer verschont und einfach kostenlos ziehen lässt!“

Wir verdienen doch eine Belohnung.“

„Wir können das Geld dringend gebrauchen.“

„Unser Küchenschrank ist leer.“

„Elischa könnte ein neues Kleid gebrauchen und ich auch.“

„Die Prophetenschulen brauchen dringend finanzielle Unterstützung.“

„Was sind schon 100'000 Franken für diesen Reichen Aramäer.“

Gechasi pflegte die Ansicht, dass dieser gottlose Fremde eher eine Bestrafung verdiente, als eine solche Belohnung. Den Juden fehlte es allgemein an Mitgefühl für Menschen, die Schlimmes im Leben erfahren hatten, egal wer sie waren und woher sie kamen. Doch die Juden taten sich schon immer schwer daran, diese geistliche Lektion zu lernen (Lk 4,27-28). Die Geschichte vom barmherzigen Samariter verdeutlicht die Einstellung der Juden (Lk 10,30-32). Deshalb lehrte Jesus im NT, dass Gott Barmherzigkeit will und keine Tieropfer (Mt 9,13). Jesus fühlte sehr oft Mitleid mit den Menschen (Mt 20,34; Mk 1,41). Jesus liess sich niemals bezahlen für seine Dienste am Volk.

Paulus sagt in Kol 3,12: „Kleidet euch mit ... innigem Erbarmen!“

Auch wir werden täglich in unserem Mitgefühl getestet. Menschen brauchen unser Mitgefühl und Verständnis. Menschen brauchen liebevolle Hilfe, ohne uns dafür entschädigen zu müssen (Gal 6,10; Eph 4,28b).

Ehrlichkeit!
Auch er gebrauchte die Aussage: „So wahr der Herr lebt“ (V. 20). Das ist beunruhigend, weil Gechasi diese Aussage in der falschen Situation machte und weil er im völlig falschen Moment überzeugt war, was er tat.

Gechasi missbrauchte Gottes Name (Mt 6,9; Ex 20,7), um seine Lügen zu unterstützen. Als er versuchte die Truppe aufzuholen, die zurück in ihr Heimatland zog, fragte ihn Naaman besorgt, ob alles in Ordnung sei. In Naamans Reaktion erkennen wir eine Veränderung. Früher hätte er sich kaum mit einem niedrigen Diener, wie Gechasi, abgegeben und solches gefragt.

Gechasi nutzte seine Gelegenheit und log Naaman etwas vor.

Lüge #1: „Mein Herr hat mich gesandt“ (V. 22a).

Lüge #2: „Mein Herr lässt fragen“ (V. 22a).

Lüge #3: „Zwei junge Männer vom Gebirge Efraim seien gekommen“ (V. 22b).

Lüge #4: „Bitte gib mir für die Männer ein Kikkar Silber und zwei Festkleider“ (V. 22c).

Lüge #5: „Nirgendwo ist dein Diener hingegangen“ (V. 25c).

Naaman freute sich über die Gesinnungsänderung und gab dem Prophetendiener gleich den doppelten Anteil vom Erbetenen. Ein Kikkar Silber und zwei Wechselkleider wiegten etwa 55-68 kg. Der Wert des Schatzes würde in der heutigen Zeit ungefähr 100'000 Schweizerfranken – Euro und Dollars betragen. Zwei Diener halfen Gechasi, die erlogene Beute bis kurz vor sein Haus zu schaffen. Dort nahm er sie ihnen ab und schickte sie zurück zur Truppe. Er wollte nicht, dass die zwei aramäischen Männer am Ende Elischa begegneten oder sich nach den erwähnten Prophetenjüngern erkundigten, die angeblich zu Gast waren und so seine Lüge aufflog. Im Haus angekommen, versteckte er die Beute.

Gechasi hatte es geschafft. Nun war er ein reicher Mann und konnte sich ein Haus mit Umschwung kaufen. Er konnte sich Diener leisten und musste nicht mehr selbst ein Diener sein usw. Er trat vor Elischa und versuchte nicht schuldig zu gucken. Elischa fragte ihn, wo er denn gewesen sei. Gechasi konnte Naaman und am Ende Elischa belügen, aber nicht Gott (Hebr 4,13). Elischa, der von Gottes Geist begleitet war, durchschaute seinen Diener.

Das Problem der Lüge ist, dass sie sich immer weiter entwickeln muss, um aufrecht erhalten zu werden. Ein Lüge wird von einer weiteren gedeckt usw. In der Bibel heisst es, dass Lügner ihr Ende im Feuersee finden werden (Offb 21,8). Gott hasst die Lüge (Spr 6,16-17). Oft beginnt alles mit einer Halbwahrheit. Eine Halbwahrheit oder eine abgeschwächte Aussage ist auch eine Lüge! Im NT werden wir aufgerufen, die Wahrheit zu reden (Eph. 4,15a.25).

Habsucht!
Aus diesem Beispiel lernen wir, dass Lüge eng mit Habgier verbunden ist. Bibelstellen mit Habgier, Habsucht:

Ex 20,17: Du sollst nicht ... begehren.

Spr 28,25: Habgier erregt Streit.

Mt 6,19: Warnung vor Habsucht.

Lk 12,15: Hütet euch vor aller Habsucht.

Röm 1,29: erfüllt mit jeglicher Habsucht.

1Kor 6,10: Weder Unzüchtige noch Habsüchtige werden ...

Eph 5,3: Habsucht soll bei euch nicht einmal genannt werden.

Eph 5,5: dass kein Habsüchtiger Erbteil hat am Reich Christi.

Kol 3,5: tötet die Habsucht, die Götzendienst ist.

2Tim 3,2-4: Die Menschen werden selbstsüchtig, geldgierig sein ...

Hebr 13,5: Führt ein Leben frei von Geldgier, begnügt euch ...

Gechasis Bestrafung (V. 27).
Wie peinlich war das schliesslich für Gechasi, als er von Elischa aufgedeckt wurde. Doch es kam noch schlimmer, denn Gechasi wurde hart bestraft, indem der Aussatz Naamans auf ihn und seine Nachkommen übertragen wurde.

Das Gesetz Mose sagte, dass jemand bis in die vierte Generation gestraft werden konnte (Ex 20,5; 34,7; Num 14,18; Dtn 5,9). Dabei ist wichtig zu wissen, dass die Nachkommen nicht die Schuld der Missetat trugen, sondern die Konsequenz der Missetat. Das ist ein grosser Unterschied. Wir leben heute nicht mehr unter dem Gesetz Mose. Trotzdem ist es so, dass die Konsequenzen der Sünde unserer Vorfahren, oft noch Auswirkungen auf uns haben:

Z. B. Ein missbrauchtes Kind neigt dazu, seine Kinder später auch zu missbrauchen, weil es nichts anderes gelernt hat.

Z. B. Ein Kind alkoholkranker Eltern ist der grösseren Gefahr ausgesetzt, alkoholkrank zu werden, als ein Kind gesunder Eltern.

Z. B. Ein Kind von geschiedenen Eltern ...

Leider ist es so, dass wir Menschen uns viel schneller von der krankmachenden Sünde anstecken lassen, als von gerechten Taten (das muss nicht sein, aber es ist oft der Fall!).

Mit Gottes Geist können wir dem Sog dieses Fluchs entkommen! Wichtig ist, dass wir die Folgen der Sünde nicht nur auf uns selbst beschränkt sehen, sondern auch auf die um uns herum. Wir tragen auch eine grosse Verantwortung für unsere Mitmenschen, in allem was wir tun oder unterlassen. Oft leiden unsere Liebsten mehr als wir, unter den Folgen unserer Sünden (Röm 6,23; Spr 13,15-16; 1Joh 1,9).

Gehorsams!
Gehorsam gegenüber seinem Vorgesetzten war Gechasi offenbar ein Fremdwort. Er war sich nicht bewusst, dass sein Gehorsam gegenüber Elischa auch Gehorsam gegenüber Gott bedeutete. Wer seinem Vorgänger treu diente, hatte gute Chancen von Gott zum Nachfolger bestimmt zu werden:

Wie Josua unter Mose.

Wie Elischa unter Elija.

Die Einheit der Gemeinde kann nur aufrecht erhalten werden, wenn sich jeder gehorsam an die Regeln hält und nicht in eigener Regie Entscheidungen trifft. Das ist letztendlich auch Gehorsam gegenüber Gott!