Hesekiel-01: Hesekiel sieht Gott in seiner Herrlichkeit

Die Herrlichkeit Gottes

 

 Einleitung

Der Prophet Hesekiel wurde 623 v. Chr. geboren. Er lebte genau in der Zeit des babylonischen Königs Nebukadnezar (640-562 v. Chr.). Seine Zeitgenossen waren Daniel und Jeremia und andere Propheten. Daniel wurde bereits 606 v. Chr., zusammen mit Sadrach, Meschach, Abed-Nego und andern Juden gefangengenommen und nach Babylon weggeführt. Jeremia konnte in Jerusalem bleiben und predigte dort zu den Juden. Acht Jahre später, 598 v. Chr., musste auch Hesekiel, zusammen mit dem König Joiachin und zehntausend andern Volksgenossen (aus der Oberschicht) das Land Juda verlassen. Er war verheiratet und erst 25 Jahre alt, als dies geschah. Fünf Jahre später, 593 v. Chr., empfing er am Fluss Kebar seine erste göttliche Vision.

Hesekiel war ein Gottesmann, ein treuer Priester, tiefgründig und fürsorglich, der sich um das ungehorsame Volk bemühte. 22 Jahre lang war er der Fürsprecher Gottes. Bis zur Zerstörung Jerusalems, 586 v. Chr., predigte er vom drohenden Gericht. Danach tröstete und ermutigte er das Volk und schenkte ihnen neue Hoffnung, denn die Rückkehr und Wiederherstellung Israels war Gottes Plan. Sein Name bedeutet „Gott stärkt“. Er verstarb relativ jung, mit 52 Jahren (623-571 v. Chr.). Seine geliebte Frau verstarb schon ein paar Jahre nach der Deportation (589 v. Chr.).

Im ersten Kapitel lesen wir von einer merkwürdigen Vision Heskiels.

 

 I.   Kapitel 1: Vision von Gottes Herrlichkeit

Verse 1-14: Hesekiel sieht den Himmel geöffnet.
In bildhafter (apokalyptischer) Sprache beschreibt er seine göttliche Vision: Mit dieser Vision wird Gottes wunderbare Herrlichkeit demonstriert. Vom Norden her sieht er einen starken Sturm aufkommen. Das ist oft die Richtung, von der gesagt wird, dass Gottes Gerichte kommen (Jer. 1,14; 4,6; 6,1.22; 10,22;13,20). Er sieht eine grosse Wolke, in der es unaufhörlich blitzt. In dieser Wolke ist ein flackerndes Feuer und rings um glänzt es hell. Dieses Feuer sieht aus wie Bernstein (d. h. es ist durchsichtig wie dieser Stein).

Mitten drin befinden sich vier Menschengestalten (V. 4-14.24): Jede Gestalt hat vier Gesichter und vier Flügel. Diese Gestalten brauchen sich nicht umzudrehen, denn sie schauen in alle vier Himmelsrichtungen. Die Zahl 4 weist auf Gottes Allgegenwart hin. Jedes Gesicht schaut gerade aus und sieht ganz anders aus: Vorne ist ein Menschengesicht. Rechts ist ein Löwengesicht. Links ist ein Gesicht eines Stiers. Hinten ist ein Adlergesicht. Die vier Flügel geben diesen Gestalten eine besonders hohe Mobilität. Mit zwei Flügeln bedecken sie ihren Leib. Unter ihren Flügeln sind Menschenhände, zum Dienst bereit. Mit den andern beiden Flügeln berühren sie die andern Gestalten, wenn sie ausgestreckt sind und fliegen.

Was hat das zu bedeuten? - Es ist hier von Cherubim die Rede (Ez. 10,18-22). Cherubim werden nirgends in der Bibel als Engel bezeichnet, sondern einfach als geschaffene Wesen für den Himmel (Ps. 18,11). Über der Deckplatte der Bundeslade waren zwei Cherubim aus Gold angebracht (Heb. 9,5). Cherubim bewachen den Baum des Lebens im Garten Eden (Gn. 3,24). Über den Cheruben thront Gott (1. Sam. 4,4; 2. Sam. 6,2; siehe Engel, L.3). Ihre Beine stehen aufrecht und stramm, wie die eines Menschen. Doch statt Füsse besitzen sie Hufen eines Stiers. Diese Hufen glänzen wie Bronze. Das bedeutet, dass die Beine und Füsse sehr stabil, mobil und dauerhaft sind, nicht so verletzbar, wie die eines Menschen.

Diese vier Wesen bewegen sich ganz nach dem, wie sie von Gottes Geist getrieben werden. Sie sehen aus wie glühende Kohlen. Zwischen ihnen blitzen Feuerfackeln. Aus dem Feuer zucken Blitze. Sie sind so schnell, dass sie selbst wie zuckende Blitze aussehen. Die vier Gesichte werden durch die bedeutensten Lebewesen auf Erden repräsentiert. Das Menschengesicht: Der Mensch ist Gottes Krönung der Schöpfung. Als Abbild Gottes ist er scharfsinnig, klug und intelligent. Er wurde beauftragt, sich die Erde und alles untertan zu machen.

Das Löwengesicht: Der Löwe ist der König der wilden Tiere. Er symbolisiert Mut und Stärke. Der Löwe aus dem Stamm Juda (Gn. 49,9).

Der Stier: Das Symbol für grosse Kraft. Ein Stier ist sehr nützlich und dienstfähig. Im AT sind Stiere geopfert worden.

Der Adler: Das Symbol für Wachsamkeit. Er ist schnell und beweglich. Er ist der König der Lüfte.

Verse 15-21: Dann entdeckt Hesekiel vier Räder.
Jedes hat mitten drin ein weiteres Rad eingebaut. Alle vier Räder sehen gleich aus; wie Topas (ein grüner Edelstein). Sie bewegen sich nach allen vier Seiten gleichzeitig. Diese Räder repräsentieren vermutlich die Beweglichkeit Gottes. In der Antike glaubten offenbar viele Juden, dass Gott an den Ort wo er war gebunden war (2. Kön. 20,23.28). Gott konnte nicht zu ihnen kommen. Doch die bewegbaren Räder beweisen das Gegenteil. Gottes Allgegenwart wird in apokalyptischer Art erklärt.

Die Räder haben grosse, dicke Felgen und auf jedem dieser Felgen gibt es rundherum Augen. Hesekiel sagt, dass sie furchterregend sind. Mit den Rädern und den Augen wird die Allgegenwart und Allwissenheit Gottes zum Ausdruck gebracht. Gott weiss und sieht alles, auch wenn das Volk in Babylon ist. Gottes Augen entgehen nichts, es sei gutes oder böses. Die Räder bewegen sich nicht unterschiedlich von einander, sondern gleichzeitig und in perfekter Harmonie miteinander. Wie ist so etwas möglich? Hesekiel weist mehrmals darauf hin, dass alles vom Geist Gottes angetrieben wird (V. 12, 20, 21b). Die vier Räder wie auch die vier Wesen werden vom Geist Gottes getrieben (V. 21b).

Verse 22-23: Der dritte Teil der Vision befasst sich mit dem kristallenen Gewölbe.
Dieses Gewölbe trennt den unteren vom oberen Teil seiner Schauung. Im unteren Teil befinden sich die vier Wesen und die vier Räder. Im oberen Teil befindet sich Gottes Thron. Dieses Gewölbe bildet wie ein Fundament oder ein Boden auf dem der Thron Gottes steht (siehe Offb. 4,6). Offenbar ist Hesekiel von den vier Wesen tief beeindruckt, weil er sie (V. 24) wieder erwähnt. Er kann das Geräusch ihrer Flügel hören. Er vergleicht das Geräusch mit grossen Wassermassen, mit dem Lärm eines Heerlagers, und der Stimme des allmächtigen Gottes.

Verse 25-28: Plötzlich hört Hesekiel eine Stimme oberhalb des Gewölbes, wo sich der Thron Gottes befindet.
Der Thron ist aus Saphirgestein und symbolisiert Macht, Autorität und Herrschaft. Auf dem königlichen Thron sitzt eine menschenähnliche Gestalt, die wie Gold glänzt und wie Feuer leuchtet. Es ist die Herrlichkeit Gottes auf dem Thron (Ex. 16,7; 24,16; 40,34; Lv. 9,6.23; Nu. 14,10; 16,19; 1. Kön. 8,11; 2. Chron. 7,1). Gottes Gestalt ist umgeben von hellem Lichtglanz, der alle Farben des Regenbogens in sich trägt. Der Regenbogen ist ein Symbol von Gottes Bund der Gnade (Gn. 9,13). Ein Regenbogen kommt nach einem Sturm. Hesekiel sieht zwar in seiner Vision den Sturm von Gottes Gericht aufkommen, aber da gibt es auch Hoffnung.

Der Prophet fällt auf die Knie und berührt voller Furcht und Entsetzen mit seinem Gesicht den Boden. Warum tut er das? Wer Gott als Mensch sieht, der muss sterben (Ex. 33,20). Hesekiel schützte sich, damit er nicht sterben musste. Alle, die Gottes Herrlichkeit erfuhren, verhielten sich ähnlich: Jakob (Gn. 32,30), Jeremia (Jer. 1,6), Daniel (Dan. 10,8-9), Johannes (Offb. 1,17).

 

 II.   Schlussfolgerungen zu Kapitel 1

In Kapitel 1 vom Buch Hesekiel lesen wir, wie Gott sich dem Propheten vorstellt mit all seiner Macht. Hesekiel erfuhr Gott in einer Vision, wie er ihn noch nie gesehen hatte. Er erkannte, dass Gott unvergleichbar ist mit irgend etwas auf Erden! Gott ist allwissend, allgegenwärtig und allmächtig. Gott thront über allem und besitzt jede Macht und Autorität. Seine Herrlichkeit ist unübertrefflich und überwältigend. Dieser Gott ist interessiert an uns Menschen und hat einen genauen Plan mit uns.