Hesekiel-12: Belagerung und Wegführung

Die Herrlichkeit Gottes


 I.   Einleitung

Hesekiel befindet sich noch immer im babylonischen Exil, am Fluss Kebar, wo er von Gott seine Offenbarungen erhält (Hes. 1,1).

Er musste 598 v. Chr. bei der zweiten Deportation das Land verlassen, zusammen mit andern einflussreichen Volksgenossen in Jerusalem.

Im Exil erhält er von Gott den Auftrag seine verbannten Volksgenossen auf den dritten und grössten Angriff der Babylonier vorzubereiten (12,1). Dabei ging es um die Zerstörung der Stadt Jerusalem (586 v. Chr.). Doch das Volk hörte lieber auf Lügenpropheten wie Chananja (Jer. 28). Dieser falsche Prophet behauptete doch glatt mit derselben Überzeugung (Spruch des Herrn, Jer. 28,4), dass Gott innerhalb der nächsten zwei Jahre das Volk wieder nach Hause entlassen werde (Jer. 28,4.11). Für diese Lüge musste er noch im selben Jahr sterben (Jer. 28,17). Trotzdem glaubte das Volk nicht an einen Untergang ihrer geliebten Stadt, solange der Tempel noch in ihrer Mitte war (Jer. 7,4; Mi. 3,11).

Was nützte es den Verbannten, diese Informationen zu erhalten? Gott demonstrierte damit seine Allmacht und seine Weltherrschaft. Drei Mal heisst es im Kapitel 12, „damit sie erkennen, dass ich der Herr bin.“ Sie sollten erkennen, dass allein der Herr die Macht hat, die Geschichte der Welt zu bestimmen. Denn der lebendige Gott ist der wahre König und Herrscher der Welt. Ihm allein gebührt Ehre und Anbetung. Leider hat das Volk Gottes den Herrn immer noch nicht erkannt, sondern sich sogar noch mehr von IHM entfernt. Spätestens nach der Zerstörung Jerusalems sollte allen Juden klar werden, dass nicht die Babylonier gegen sie kämpften, sondern dass der Herr sie strafte (Hes. 14,23; 17,24).

 

 II.   Verse 1-7: Hesekiel soll seinen Koffer packen und ausziehen.

Hesekiel lebt mitten „im Haus der Widerspenstigkeit“ (5x in diesem Kapitel). Mit dieser Bezeichnung beschreibt Gott sein Volk (siehe auch 2,3.5.6.7.8; 3,9). Ihre selbstzentrierte Haltung führte zur Auflehnung, die sie wiederum blind machte.

Sie haben Augen und sehen nicht (V. 2). Sie haben Ohren und hören nicht (V. 2). Diese Redewendung ist typisch prophetisch (Jes. 6,9; Jer. 5,21). Auch Jesus benutzte diese Sprache. Er zitierte sogar Jesaja (Mk. 4,12; Mt. 13,13.15). Jesus mahnte das Volk mit den Worten (Mt. 11,15): „Wer Ohren hat, der höre!“ Er lobte seine Jünger (Mt. 13,16): „Selig aber eure Augen, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören!“

Die Menschen haben sich bis heute kein bisschen geändert. Wir leben in derselben Zeit in der die Menschen nicht sehen und hören wollen was der Wille Gottes ist! Von der Belehrung durch das Wort Gottes haben sie sich abgewandt. Sie wollen sich nicht zum Gutenverändern lassen, sondern lieber etwas hören, was sie bestärkt in ihrem falschen Lebenswandel (2. Tim. 4,3-4). In der Apostelgeschichte lesen wir, dass die Juden sich sogar die Ohren zuhielten, als Stephanus ihnen einen geistigen Spiegel vorsetzte (Apg. 7,75). Anschliessend steinigten sie ihn.

In den Schriften steht: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb. 2,29). Gott ruft uns Menschen alle auf unsere physische Ausrüstung zu gebrauchen (Augen und Ohren), damit wir seine Botschaft verstehen. Doch wie die Juden damals, so wollen auch heute die meisten Menschen diese Ausrüstung nicht gebrauchen. Sie sind genauso widerspenstig wie damals. Lasst uns das dem verkehrten Geschlecht nicht nachmachen (Apg. 2,40)!

Jahrzehnte vor dem Untergang Jerusalems predigte Jesaja zum Volk (740-685). Kurz davor sandte Gott Jeremia und Hesekiel, um das Volk zu warnen. Vierzehn Monate lang führte Hesekiel mit dramatischen Darstellungen die Zerstörung Jerusalems und die Zerstreuung des Volkes vor, doch niemand wollte es glauben.

Nun gab der Herr noch eine visuelle Hilfe, die durch seinen Diener Hesekiel dem Volk wiederholt vorgeführt werden sollte (V. 3a). Der Prophet wird angeleitet seinen Koffer zu packen und auszuziehen, wie wenn er ins Exil geführt würde. Hesekiel lebte zur Zeit bereits im Exil, in Tel Abib, am Fluss Kebar (3,15).

Die Juden, die mit ihm dort lebten, sollten diese göttliche Botschaft zuerst erfahren. Sie wussten ganz genau, was es hiess, das Nötigste zu packen und aufzubrechen in ein fernes Land, das sie nicht kannten. Sie hatten die schmerzhaften Momente allzu gut in Erinnerung, als sie aus ihren Häusern vertrieben wurden und alles aufgeben mussten, was sie besassen, um als Gefangene in ein fremdes Land geführt zu werden. Nun wurde ihnen dieses Drama erneut vor Augen geführt, das diesmal jedoch über die Stadt Jerusalem hereinbrechen würde.

Sieben Mal wird der Ausdruck „vor ihren Augen“ verwendet (V. 3-7).
Hesekiel wird aufgefordert seine Darstellung wiederholt so vorzuführen, dass alle sie sehen konnten. Denn vielleicht gingen diesem widerspenstigen Volk doch noch die Augen auf (V. 3c). Damit wird deutlich, dass der Herr bis zuletzt auf Einsicht hoffte. Doch das Volk wollte auch in der Vergangenheit nicht sehen und hören. Trotzdem will der Herr, dass seine Botschaft damals wie heute unermüdlich weiter verkündet wird (das ist das Evangelisationsprinzip Gottes).

In Vers 4 wird deutlich, dass es um eine lange Nachtwanderung ging. Am Tage wurde gepackt und am Abend, wenn die Sonne verschwunden war, wurde die ungemütliche Reise angetreten. Nur das Allernötigste konnte eingepackt werden, da niemand unter der schweren Last des Reisegepäcks zusammenbrechen wollte. Das Reiseziel war irgendwo in Assyrien.

Als Nächstes wird Hesekiel angewiesen die Mauer seines Hauses zu durchbrechen und wie bei Nacht und Nebel sich davon zu machen (V. 5+7). Damit sollte er die vergebene Mühe illustrieren. Menschen werden in Panik geraten und versuchen zu fliehen. Das Haus in dem Hesekiel lebte war ein typisches babylonisches Haus. Es bestand aus sonnengetrockneten Ziegeln (8,1.7; Jer. 29,5; 1. Sam. 18,11; Am. 5,19). Diese Ziegel konnte man mit grosser Anstrengung herausbrechen.

Sein Gesicht musste er mit einem Tuch verhüllen (V. 6). Damit sollte er aufzeigen, dass es zwei Gruppen von Leuten geben werde: Die Einen, die sich während des Tages auf das Exil vorbereiten. Die Anderen, die denken, sie könnten in der Dunkelheit der Nacht den assyrischen Wachtruppen entkommen.

Im Gegensatz zu seinen Volksgenossen, tat Hesekiel alles so, wie der Herr es ihm anordnete (V. 7). Mit seiner Darstellung wurde der Prophet zum Zeichen, d. h. er zeigte dem Volk was geschehen wird (V. 6, wie Amos 4,3).

 

 III.   Verse 8-16: Erklärungen zur visuellen Darstellung.

Am nächsten Morgen sprach Gott erneut zu Hesekiel (V. 8). Der Prophet hatte eine anstrengende Nacht hinter sich. Er musste an seiner Hauswand Ziegel entfernen, so dass ein Loch entstand, durch das er hindurchkriechen konnte.

Das Volk konnte vermutlich nicht schlafen und fragte ihn, was in aller Welt er denn da mitten in der Nacht arbeite? (V. 9). Bestimmt vermuteten sie, dass es ein prophetisches Zeichen war, da er immer wieder verrückte Dinge anstellte. Hesekiel gab keine Antwort, sondern arbeitete weiter an der Hauswand.

Erst am nächsten Morgen gab der Herr ihm Anweisungen, was er dem fragenden Volk antworten sollte. Hesekiels Botschaft ging an den König in Jerusalem und die Einwohner der Stadt. Es ging um eine Last für den König und das ganze Volk. Eine Last die sie gleichmässig verteilt zu tragen hatten (2. Chr. 36,11-17). Der Koffer symbolisiert diese Last der Sünde.

Der König und das Volk haben sich gleich gross verschuldet vor Gott und mussten nun die Konsequenzen tragen (V. 10). Sie alle standen kurz vor ihrer Verbannung in die Gefangenschaft (V. 11).

Der König, der zur damaligen Zeit in Jerusalem regierte war Zedekia20 (2. Kön. 24,18-20). Er wollte nicht hören, was ihm der Prophet Jeremia schon lange versucht hatte mitzuteilen (Jer. 19,14-20,2). Im Gegenteil, er liess Jeremia ins Gefängnis werfen (Jer. 37). Er lehnte sich auch gegen den König von Babel auf (2. Kön. 24,20). Wegen seines verstockten Herzes und seiner schwachen Führung erfüllten sich schliesslich alle Warnungen Gottes. 588 v. Chr. belagerte Nebukadnezar mit seinen Truppen die Stadt. Er liess eine Rampe bauen und zertrümmerte an mehreren Stellen die Mauer (Jer. 52,4-11). Über ein Jahr lang waren die Bewohner eingeschlossen in der Stadt, so dass ihnen die Nahrung ausging.

Unfähig die Stadt zu retten, versuchte der gedemütigte König, in der Nacht zu fliehen (2. Kön. 25,1-7). Er packte zwar seinen Koffer wie alle Bewohner der Stadt, aber nicht, um sich für die Verbannung vorzubereiten, sondern um bei Nacht und Nebel zu entkommen (V. 12). Mit seinen Söhnen, samt seinen Soldaten, gelang es ihm, durch eine Bresche in der Mauer aus der Stadt zu fliehen. Doch die babylonischen Truppen entdeckten die Ausreisser und verfolgten sie bis in die Steppen von Jericho (Jer. 39,5).

Seine Soldaten zerstreuten sich und konnten entkommen, aber Zedekia wurde festgenommen und nach Ribla (ca. 600 km nördlich vom See Kinneret oder Genezaret) geführt (V. 13-14). Dort brachte man vor seinen Augen alle Führer der Stadt Jerusalems um, samt seinen Söhnen (Jer. 39,6). Das Letzte, was Zedekia mit seinen Augen sehen konnte war, wie seine Söhne hingeschlachtet wurden. Anschliessend stachen sie ihm beide Augen aus und legten ihn in Ketten, bis er starb.

Wie Hesekiel seine abgeschnittenen Haare durch den Wind zerstreuen liess, so zerstreute sich das Volk Gottes (Hes. 5,2). Seine Kohorte teilte sich auf der Flucht in drei Gruppen (V. 14): Alle, die um den König waren, gewöhnliche Bürger. Seine Helfer, die engsten Berater. All seine Scharen, d. h. seine Truppen. Sie alle flohen in verschiedene Richtungen vor ihren Verfolgern.

Der Grund für dieses tragische Ereignis, wird uns in Vers 15 gegeben, damit sie „erkennen, dass ich der Herr bin ...“ Sein Volk sollte endlich begreifen, dass der allmächtige Gott dahintersteckte. Gott allein besass die Macht, seinem Volk Sieg oder Niederlage zu geben. Gottes Hand steht über jeder Macht und Kraft (Röm. 13,1-5; 14,10-12). Gott setzt die Könige ein und ab (Dan. 2,20-23).

Es ist traurig, dass das Volk den Herrn in seinen guten Tagen nicht erkannte. Genauso ergeht es der Mehrzahl der Menschheit heute. Sie geben Gott nicht die Ehre für ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre Fähigkeit zu arbeiten und erfolgreich zu sein. Je besser es ihnen geht, desto weniger beten sie Gott an und suchen mit Dankbarkeit seine Nähe.

Doch der Herr wird dafür sorgen, dass ein paar Wenige Krieg, Hunger und Seuchen überleben (V. 16). Bei all den Gerichten Gottes gab es immer ein Rest, der einsichtig wurde und den Gott verschonte (Lv. 26,42-45; Ex. 32,10; Dt. 4,30-31). In diesem Fall handelte es sich um einen Rest, der die Gelegenheit bekam, seine Sünden zu bekennen und den umliegenden Nationen zu bezeugen, dass diese Tragödie nicht auf den unfähigen Gott zurückzuführen sei, sondern auf sein untreues Volk. Gleichzeitig ging es Gott nicht bloss darum, sein ungehorsames Volk zu bestrafen, sondern auch seine Gnade und Barmherzigkeit unter den Nationen zu bezeugen, damit alle erkennen, wer Gott der Herr ist. Noch heute ist es so, dass gerade Trübsal und Not uns veranlassen sollte, die Güte Gottes zu verkündigen, denn nichts geschieht ohne Grund und ohne Sein Wissen, nichts Schlimmes geschieht, weil Gott einen Fehler machte, sondern immer, weil wir Menschen uns nicht an seine Gebote halten.

 

 IV. Verse 17-20: Das Volk ist voll Angst, Sorge und Entsetzen.

 

 V.   Verse 21-28: Das sichere Gericht Gottes steht kurz bevor.

 

 VI. Schlussfolgerungen zu Kapitel 12

Das alles wird auch uns passieren! Die Christenheit steht heute am selben Wendepunkt, wo die Israeliten damals standen. Es wird dringend empfohlen, die Koffer zu packen und uns bereitzuhalten für den Tag des grossen Gerichts Gottes über die ganze Welt! Es gibt kein Entkommen, alle müssen da durch. Wenn wir die Allmacht Gottes kommen sehen mit seinen heiligen Engelscharen, dann werden auch wir Gläubigen uns zitternd niederwerfen (Phil. 2,10). Jesus ist der König aller König und der Herr aller Herren (1. Tim. 5,15; Offb. 1,5). Wir werden in ein anderes Land geführt und müssen alles zurücklassen.

Jesus kommt wieder, bist du bereit?! 2. Petrus 3,9-13.