Hesekiel-13: Gegen falsche Propheten und Prophetinnen

Die Herrlichkeit Gottes

 

 I.   Verse 1-16: Gegen falsche Propheten.

Vers 1 klingt wie eine immer wieder kehrende Formel: „Und das Wort des Herrn erging an mich.“ Diese Satzstellung markiert eine neue Botschaft. Die folgende Botschaft in Kapitel 13 ist besonders bedeutsam. Hesekiel, ein wahrer Prophet Gottes, erhält eine wahre Botschaft von Gott. Schon damals gab es viele falsche Propheten, die behaupteten, göttliche Botschaften empfangen zu haben. Doch keine Botschaft war so glaubwürdig, wie die des Propheten Hesekiel.

Der Herr gibt Hesekiel den Auftrag, die selbsternannten Propheten in Israel anzuklagen (Vers 2). Sie gaben sich als Propheten Gottes aus, aber sie weissagten Lügen. Sie redeten aus sich heraus und nicht aus Gott. In Wirklichkeit redeten sie nach dem Mund des Königs, um ihre Anstellung nicht zu verlieren. Nebukadnezar mag dieses traurige Spiel durchschaut haben (Dan. 2). Deshalb forderte er seine Magier, Zauberer, Hexer und Sterndeuter heraus, ihm seinen Traum zu erzählen und zu deuten. Bei diesem Auftrag konnten sie nicht lügen oder irgendwelche faulen Tricks anwenden. Hier stellte sich schnell heraus, wer dem König die Wahrheit sagte oder nicht. Bei der Erfüllung dieses heiklen Auftrags, warteten Geschenke und eine grosse Ehre auf sie, bei Nichterfüllung der Tod. Auch die 450 Baals Propheten auf dem Karmel offenbarten, dass sie mit ihrem unlauteren Schauspiel vor den toten Göttern nichts auszurichten hatten, gegen den Gottesmann Elija (1. Kön. 18). Hesekiel sollte diesen Lügnern mitteilen: Wenn sie noch nie das Wort des Herrn gehört haben, dann sollten sie jetzt einmal gut zuhören, was der Herr ihnen, durch den Mund seines wahren Propheten, zu sagen hatte.

Hesekiel sollte sie warnen mit den Worten (V. 3): „Wehe euch, ihr törichten Propheten!“ Das Wort „töricht“ (hebr. nabal) bedeutet im Hebräischen mehr, als bloss dumm oder ungenügend ausgebildet. Es beschreibt eine Person, die keine moralische Basis hat. Sie kann ohne Skrupel sagen: „Es gibt keinen Gott“ (Ps. 14,1). Sie macht sich nichts draus, den Namen Gottes zu lästern (Ps. 74,18). Sie kümmert sich nicht um das, was in Gottes Augen recht ist (2. Sam. 13,13).

Solchen Propheten ist es egal, ob sie die Wahrheit verkünden oder nicht, Hauptsache es sind am Ende alle glücklich. Erinnern wir uns an den König Achab7 (Nordreich), der vierhundert Propheten befragte, ob er in die Schlacht ziehen sollte (1. Kön. 22,6-13). Da die Propheten sahen, dass der König Ramot-Gilead unbedingt zurückerobern wollte, willigten sie einstimmig zu. Der wahre Gottesmann aber, der den König als einziger warnte, weil er vom Herrn eine andere Botschaft erhielt, wurde in den Kerker geworfen (1. Kön. 22,14-28).

Diese Tatsache erinnert uns daran, dass die Geschichte voll von korrupten Lügenpropheten waren, die die Religion für ihre Zwecke missbrauchten. Die Welt ist heute nicht anders: 2. Petrus 2,1-3. Es gibt mehr Lügner als wahre Wortverkündiger. Falsche Propheten gibt es wie Sand an dem Strand! Vorsicht vor allen, die behaupten Engel, Jesus oder gar den Vater gesehen und göttliche Aufträge empfangen zu haben! Es gibt kein Erbarmen für falsche Lehrer und wir sollen auch kein falsches Mitleid haben für sie.

Die falschen Propheten werden in Vers 4 mit Schakalen verglichen. Schakale sind eine Art Windhunde von wolfsähnlicher Gestalt. Schakale rennen gern weg, wenn sie konfrontiert werden mit Mensch oder Tier. Genauso verhalten sich auch die falschen Propheten. Nachdem sie Schaden angerichtet haben, laufen sie weg, wenn sie damit konfrontiert werden.

Schakale fühlen sich von Ruinen und verlassenen Orten angezogen. Auch falsche Propheten fühlen sich besonders zu Menschen hingezogen, die entmutigt und verzweifelt sind. Mit ihren Lügenreden kitzeln sie den unterdrückten und oft alleinstehenden Menschen die Ohren und machen ihnen falsche Hoffnungen (2. Tim. 4,3-4). Sie schleichen sich in Häuser ein und sind auf Frauen aus, die sich mit Verfehlungen versündigt haben und leichtgläubig sind (2. Tim. 3,6).

Die falschen Propheten bemühten sich nicht um Schutz und Sicherheit für das Volk (Vers 5). Sie bewachten nicht die Breschen (Lücken) in der Befestigungsmauer. Ein guter Hirt bemüht sich um seine Schafe, indem er sie z. B. abends in einen Pferch führt. Nachdem alle Schafe im Pferch waren, legte sich der Hirt vor den Eingang. So wurde er wortwörtlich zur schützenden Tür. Deshalb sagte Jesus (Joh. 10,7): „Ich bin die Tür zu den Schafen ...“ Der Wolf musste zuerst den Hirten an der Tür bezwingen, bevor er sich an die Schafe ranmachen konnte.

Die falschen Propheten bemühten sich nicht darum, das Volk auf „den Tag des Herrn“ vorzubereiten. Mit dem Tag des Herrn ist der Untergang Jerusalems gemeint (586 v. Chr.), der grosse Gerichtstag Gottes. Statt das Volk zu warnen, wie das der wahre Prophet tat, predigten sie Friede und Sicherheit. „Jerusalem wird nicht eingenommen.“ „Der Tempel wird nicht zerstört werden.“ „Es wird keine Invasion der Babylonier geben.“ „Alle im Exil Lebenden werden in weniger als zwei Jahren nach Hause entlassen.“ „Wenn die Babylonier trotzdem angreifen, dann werden uns die Ägypter beistehen.“

Ein wahrer Prophet empfing Weissagungen von Gott (Vers 6-7), während ein falscher Prophet gar nichts empfing, seine Weissagungen waren erfunden und erlogen, seine Behauptung „Spruch des Herrn“ war eine Frechheit und eine skrupellose Anmassung (siehe Beispiel Chananjas in Jeremia 28,11), vergebens hoffte er auf die Erfüllung seiner Weissagungen.

(Vers 8) In Jeremia 23,32 lässt Gott verkünden: „Sieh, ich gehe gegen die vor, die Lügenträume weissagen, Spruch des Herrn, und diese erzählen und mein Volk irreführen mit ihren Lügen und ihrem Geflunker! Ich aber habe sie nicht gesandt und habe sie nicht beauftragt. Und diesem Volk nützen sie nichts! Spruch des Herrn.“

Gottes Hand gegen die falschen Propheten wird drei Konsequenzen haben (Vers 9): Sie werden aus dem Volk ausgeschlossen werden. Damit verlieren sie ihren Einfluss unter dem Volk.
b) Damit verlieren sie ihre Ehre und ihren Respekt. Sie werden nicht mehr im Verzeichnis der Bewohner Jerusalems zu finden sein. Sie werden aus der Stadt verbannt. Damit werden sie auch aus dem Buch des Lebens gestrichen.

Sie werden nie mehr in das Land Israel zurückkehren dürfen. Damit verlieren sie ihre Staatsbürgerschaft. Sie werden von Gott verstossen, wie Schemaja: Jeremia 29,30-32. Er predigte Abtrünnigkeit, d. h. er rief zum Ungehorsam auf. Der Herr hatte vor, dem Volk nach der Züchtigung wieder Gutes zu tun. Nachdem das Volk gereinigt wurde, darf ein Teil wieder ins Land zurückkehren (Hes. 11,14-20). Doch solche Propheten bekommen keinen Anteil am neuen Israel.

In Vers 10 braucht Hesekiel das Beispiel einer Wand, die zum falschen Schutz des Volkes gebaut wurde. Diese Wand (hebr. chayits) ist unstabil, weil die Steine bloss aufeinandergelegt wurden, ohne Zement dazwischen. Damit wird gesagt, dass das Volk sich eine eigene Wahrheit aufgebaut hat, in Bezug auf den Zustand der Stadt. Es hat auch eine völlig falsche Wahrnehmung entwickelt, in Bezug auf seinen geistlichen Zustand, seine Beziehung zum Herrn. Die Meisten sind sich keiner Schuld bewusst (Jer. 2,23.35; 8,11-12.19). Ihre eigenen Ansichten sind wie eine unstabile Wand, die schnell zusammenbricht, wenn sie den Tatsachen ins Auge sehen.

Doch was machen die falschen Propheten? Sie übertünchen diese Wand weiss und verdecken so ihre Unstabilität. Statt den Bewohnern die Wahrheit über den wirklichen Zustand der Stadt zu sagen, verkündigen sie Heil und Friede. Damit ist niemandem geholfen, im Gegenteil, es ist ein Scheinfriede, eine falsche Sicherheit, die bald in sich zusammenbricht wie eine unstabile Wand. Als Paulus dem Hohenpriester in Jerusalem „du getünchte Wand“ sagte (Apg. 23,3), deutete er an, wie widersprüchlich Ananias handelte, indem er ihn mit einem Gesetz verurteilte, an das er sich selbst nicht hielt. Genauso inkonsequent verhielten sich die falschen Propheten.

Bsp. Die heutige Gesellschaft tendiert auch zu dieser Haltung der falschen Propheten Israels: Sie wollen alles gut reden und alle Probleme überdecken. Sie weichen allem aus, was unbequem ist und machen sich selbst etwas vor. Sie wollen die Wahrheit nicht hören, die ihnen helfen könnte, sich auf die bevorstehenden und unausweichlichen Tatsachen vorzubereiten.

Der Herr lässt den falschen Propheten sagen, dass ihre weisse Tünche die Wand nicht stabiler macht (Vers 11-12). Der flutartige Regen wird kommen. Die Hagelsteine werden fallen. Ein gewaltiger Sturmwind wird losbrechen und die Wand zum Einstürzen bringen (Jes. 30,13). Wenn dann die Wand eingestürzt ist, werden die Menschen die falschen Propheten fragen, was mit ihren Weissagungen passiert sei.

In den Versen 13-16 wiederholt Hesekiel die göttliche Botschaft wie eine Zusammenfassung. Jeder Versuch, gegen Gottes Worte etwas zu unternehmen, wird scheitern. Es kommt so, wie es der allmächtige Gott beschlossen hat. Der Herr ist geduldig und wartet lange, bis der Becher seiner Wut und seines Zorns voll ist. Dann aber kommt die Zeit, in der Gott der Allmächtige die Welt richten wird, wie er die Stadt Jerusalem gerichtet hat (Heb. 10,31). Dann werden alle Ungläubigen und falschen Propheten ausgerottet. „Denn es offenbart sich Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit unterdrücken durch Ungerechtigkeit“ (Röm. 1,18). Niemand wird sich dem Gericht Gottes dagegenstellen können, am jüngsten Tag. Dann werden alle erkennen, dass Gott der Herr ist!

 

 II.   Verse 17-23: Gegen falsche Prophetinnen.

Obschon es im AT, wie im NT, Prophetinnen Gottes gab (Ex. 15,20; Ri. 4,4; 2. Kön. 22,14; Lk. 2,36-38; Apg. 21,9; 1. Kor. 11,5), ist hier in keinem Fall von solchen die Rede (V. 17). Diese selbsternannten und falschen Prophetinnen waren nichts anderes als Wahrsagerinnen, Zauberinnen und Hexen, die im Gesetz Mose verurteilt wurden (Lv. 19,26). Sie waren Dienerinnen des heidnischen Götzenkults, der sich im Land breit machte (wie Isebel und ihre Tochter Atalja, 1. Kön. 16,31-32; Offb. 2,20; 2. Kön. 8,18). Sie verkauften Glücksbringer (Talisman), Amuletts, Glaskugeln, astrologische Tabellen, Hasenfüsse usw.

In Vers 18 wird von Zauberbinden für das Handgelenk gesprochen und von magischen Schleiern oder Kopfbedeckungen. Die Armbänder waren gedacht, um Zaubermacht zu übertragen. Mit den Schleiern ist man sich heute nicht sicher, ob sie nur von den Prophetinnen benutzt oder auch an Dritte weitergegeben wurden. Das Ziel ist jedoch klar: Es ging darum, Macht über die Menschen zu besitzen. Diese Requisiten waren ihre Waffen, um Menschenseelen einzufangen und über ihr Leben zu bestimmen.

Für ein wenig Gerste und ein bisschen Brot, entweihten sie Gott beim Volk (Vers 19). Es kann sich dabei nicht um die Bezahlung ihrer Dienste handeln, sondern vermutlich um Gegenstände, die in ihren Riten eingesetzt wurden (vielleicht, um zu bestimmen, ob eine Person weiterleben oder sterben werde). Es ist nicht sicher, wie diese Frauen Menschen töteten, oder ob sie überhaupt Menschen töteten. Aus dem Text geht nicht hervor, dass diese Prophetinnen über magische Kräfte verfügten, um Menschenleben zu retten oder zu töten. Sicher ist, dass ihre Weissagungen auf Lügen aufgebaut waren. Sicher ist auch, dass sie einigen Menschen im Volk, die es nicht verdient hatten, Schaden zufügten und andere, die es verdient hätten, begünstigten. Das Gesetz Mose verurteilte nicht nur die Wahrsager und Zauberer im Land, sondern auch die, welche ihre Dienste in Anspruch nahmen.

In den folgenden Versen (Verse 20-23) wiederholt Gott seine Warnung und verhängt das Gericht über die falschen Prophetinnen im Land. Gemäss dem Gesetz Mose, mussten alle Propheten und Prophetinnen, die falsch weissagten, zum Tod verurteilt werden (Dt. 13,1-6; 18,9-22). Magier, Zeichendeuter, Wahrsager und falsche Propheten und Prophetinnen hatten im Land sowieso nichts zu suchen, sie sollten alle ausgerottet werden. Doch das Volk hörte zu gerne auf Lügenmärchen, statt auf Gottes Wahrheit.

 

 III. Schlussfolgerungen zu Kapitel 13

Das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. Wir leben in einer Welt, in der jeder den Tatsachen und der Belehrung möglichst ausweicht und lieber etwas hört, was sein Ego kitzelt.

Hochmut und Auflehnung gegen Gott und sein Wort, bestimmt das Denken unserer Gesellschaft. Deshalb können die Menschen heute so leicht von falschen Religionslehrern verführt werden. Sie lassen sich gerne erfundene Märchen erzählen, wie z. B. dass die Verstorbenen vom Himmel herabsehen und stolz sind, auf ihre Kinder und Enkel usw. Andere erzählen den Menschen, dass alle einmal in den Himmel kommen werden. Wieder andere machen mit ihren leeren Versprechungen im Fernsehen grossen Profit, indem sie den Menschen für ihre Dienste das Geld aus der Tasche ziehen. Dann gibt es auch viele Philosophen und Wissenschaftler, die die Menschheit belügen, indem sie behaupten, es gäbe gar keinen Gott.

Jesus und die Apostel warnten schon damals, dass viele falsche Propheten auftreten werden (Mt. 24,11; 1. Joh. 4,1). Heute gibt es mehr denn je viele religiöse und weltliche Propheten. Sie alle reden gerne von Frieden, Freiheit und Sicherheit (1. Thess. 5,3). Sie alle belügen und berauben die Menschen, die so gerne den Lügenmärchen zuhören und Gottes Wahrheit verschmähen.

Was suchen wir Menschen eigentlich? Ein falsches Evangelium wird uns genauso wenig nützen, wie die unstabile Mauer, die sich das Volk Gottes selbst aufbaute und mit weisser Tünche überfärben liess. Was nützt es mir bei Gott, wenn ich als Ungläubiger meine Angst vor dem Tod überwunden habe, weil die falschen Lehrer mich mit ihren falschen Argumenten überzeugt haben? Was nützt es mir einmal vor Gottes Thron, wenn mich von der Mehrheit überzeugen liess, dass es keinen Gott gibt und auch kein Weltgericht? Was nützt es mir am Tag des grossen Gerichts, wenn ich einem falschen Evangelium geglaubt habe, das mir Frieden und der Sicherheit versprach und ich dann ewiglich verloren gehe?

Darum, lasst uns an der Wahrheit Gottes festhalten auch wenn sie manchmal gegen uns spricht und unsere bösen Taten aufdeckt! Lasst uns nicht auf Menschen hören, sondern auf die Worte Jesu! „Denn ein anderes Fundament kann niemand legen als das, welches gelegt ist: Jesus Christus“ (1. Kor. 3,11). Der einzige Friede, der es Wert ist anzustreben, ist der Friede, den Gott uns in Jesus Christus schenkt (Röm. 5,1).