Hesekiel-21: Gleichnis vom Waldbrand

Die Herrlichkeit Gottes

 

 I.   Verse 1-5: Gegen Juda (im Süden).

Hesekiel, der in Babylonien lebt, soll in den Süden Judas blicken, nach Teman.  Teman war einer der Söhne Eliphas, des Sohnes Esaus, ein Fürst Edoms. Temans Nachkommen waren die Temaniter (siehe Freund Hiobs, Hi. 2,11). Das von den Temanitern bewohnte Gebiet, lag im Süden Judas und trug den Namen Teman. Mit Teman ist ein unbekanntes südliches Gebiet in Juda gemeint, das nahe (vermutlich östlich) von Negev lag (Ez. 25,13; Jer. 49,7). Negev war einerseits Wüstenland und andererseits Waldgebiet.

Im Süden Judas wird ein Feuer ausbrechen, das sich zu einem grossen Waldbrand ausbreitet. Das ist das Gericht Gottes, das über das Land Juda kommen soll. Feuer ist ein Begriff, der oft als Gericht Gottes gebraucht wird (5,4; 10,2.6; 15,4-7; 16,41; 19,12.14; 19,12.14; 21,37; 23,25.47; 24,10.12; 22,21.31; 38,19). Dieses Gericht wird sehr gründlich und vollständig sein. Denn es erfasst alle Bäume des Landes, ob morsch oder grün. Es wird sich vom Süden bis in den Norden durchfressen und die Haut der Gesichter der Menschen zum Schmelzen bringen. Hesekiel beteuert, dass dieses Gericht nicht durch die babylonische Streitmacht vollzogen wird, sondern vom Herrn ausgeht.

Die Leute fragten sich, was diese Reden sollen und weshalb Hesekiel in Gleichnissen zu ihnen sprach. Sie konnten überhaupt nicht verstehen, weshalb das ganze Land Juda verwüstet werden sollte. Sie dachten, Hesekiel rede ständig von der Stadt Jerusalem, in der der Herr wohnte und die ja immer noch stand. Diese Stadt konnte der Herr, in ihren Augen, niemals untergehen lassen. Noch viel weniger konnte es das Land Juda treffen. Doch da lagen sie völlig falsch, mit ihren Ansichten!

 

 II.   Verse 6-10: Gegen Jerusalem.

Hesekiel wird nun von Gott aufgefordert, nach Jerusalem zu blicken. Die Stadt Jerusalem wird untergehen, samt dem heiligen Tempel. Zum ganzen Land soll er sprechen: „Der Herr hat gesagt: Jetzt ist es vorbei, mit meiner Geduld!“ Die Zeit ist reif für den Zorn Gottes. Das Land, das von fremden Göttern und Höhenheiligtümern voll ist, soll jetzt endgültig zerstört werden. Der Herr hat sein Schwert gezückt und ist bereit, das Land zu richten.

Der Begriff „das Schwert des Herrn“, wird in verschiedenen prophetischen Aussagen im AT gegen fremde Nationen eingesetzt (Dt. 32,41; Jes. 31,8; 34,5-8; 66,16; Jer. 25,31; 50,35-37; Zef. 2,12). Soll das Schwert des Herrn nun tatsächlich gegen das eigene Volk eingesetzt werden? Ja, und zwar wird es dabei Gerechte und Ungerechte treffen, grüne und morsche Bäume (21,3). Das ist kein Widerspruch zu den vorangegangenen Aussagen im Hesekiel (14,12-20; 18,20). Ein Feuer kann vor gesunden Bäumen keinen Halt machen. Es wird auch die gesunden Bäume nicht verschonen, denn es kann keinen Bogen machen und drum herum fressen, ohne alles zu zerstören. Auch am endgültigen Gerichtstag werden alle Menschen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen; Gläubige und Ungläubige (2. Kor. 5,10). Gottes Gericht wird über alles Fleisch kommen, sagt Hesekiel (7,2; 21,4; Jer. 12,12). Es wird sogar so sein, dass Gute und Böse ihr Leben in der Schlacht verlieren werden (siehe Jos. 7,1-26). Die einen werden umkommen, zur ewigen Verdammnis. Die andern werden sterben, für ein besseres Leben. Der Tod ist nicht in jedem Fall tragisch, aber unabwendbar. Denn dieses Gericht ist gross und schrecklich. Es wird so gründlich und vollständig sein, dass nicht lange unterschieden werden kann, wer gerecht und wer ungerecht ist. Das Schwert wird nicht in seine Scheide zurückgesteckt, bis das Gericht vollständig vollzogen ist.

 

 III. Verse 11-22: Klagelied.

Der Herr gebietet seinem Knecht zu stöhnen, so dass die Israeliten es hören und fragen: „Warum stöhnst du?“ Hesekiel wird immer wieder aufgerufen, verrückte Dinge zu tun, damit das Volk ihn beachtet und auf ihn hört (Ez. 12,9; 24,19; 37,18). Vermutlich ist dem Propheten dieses Stöhnen nicht sehr schwer gefallen. Denn Hesekiel liebte seine Volksgenossen, die Stadt und den Tempel. Er jammerte um seine Brüder und die ganze israelitische Familie. Er hatte grossen Kummer und litt unter den Botschaften des Gerichts, die er dem Volk zu verkündigen hatte.

Diesmal soll die Schreckensbotschaft in seinen Hörern vier Reaktionen hervorrufen: Jedes Herz wird schmelzen. Alle Hände werden schlaff. Jeder Geist wird verzagt. Alle Knie beginnen zu schlottern.

Das Gericht Gottes ist unaufhaltsam. Es gibt keinen Grund zu hoffen, dass es vielleicht nicht so schlimm sein wird. Gott will sein Volk nicht bloss erschrecken, sondern wird alles Schlimme eintreffen lassen, das er vorangekündigt hat. Bsp. Es muss sich angefühlt haben, wie vor einer Operation zu stehen, kurz vor der Einschläferung. Es gibt kein Zurück. Es gilt nur eines: Augen zu und durch.

Die folgende Offenbarung, die Hesekiel von Gott empfängt, hört sich poetisch an, wie ein Klagelied; das Klagelied Hesekiels (V. 13-22). Das Schwert ist geschärft und geschliffen (V. 13). Wie ein Soldat, der vor der grossen Schlacht seine Waffen schärft und poliert. Es geht nicht darum, bloss zu verletzen, sondern um zu töten (V. 14-15a). Die Menschen haben keinen Grund zur Freude, denn das Gericht ist da! Jede Warnung haben sie in den Wind geschlagen.

„Das Zepter meines Sohns verachtet jedes Holz!“ (V. 15b).

- Das Zepter = die Königsherrschaft.

- Meines Sohns = Nebukadnezar, der Gott gehört.

- Verachtet jedes Holz = verachtet alle Herrscher.

- Der König Nebukadnezar begegnet allen Nationen mit Geringschätzung. Seine Truppen ziehen erbarmungslos und ohne Hemmungen durch das Land, um es zu verwüsten und hinterlassen überall Zerstörung und Tod.

Gott hat sein Schwert gezückt und übergibt es zum Schärfen und Polieren für die Schlacht, dann übergibt er es dem Henker, den er dafür ausgelesen hat (V. 16). Anschliessend soll Hesekiel aufschreien und laut heulen, wie wenn er soeben hingeschlachtet würde (V. 17). Seine schauspielerische Demonstration soll den Leuten einfahren. Seine Botschaft soll auf diese Weise den Leuten real vor Augen führen, was ihnen bevorsteht, damit sie endlich aufhorchen. Dann soll er sich auf die Hüften schlagen, was ein Ausdruck grosser Entrüstung und ein Eingeständnis der Schuld war (Jer. 31,19). Besonders die Führer Israels haben versagt und das Volk lief blind hinter ihnen her.

Gott hat sein Volk gut geprüft, bevor er zu diesen drastischen Massnahmen griff (V. 18). Doch das Volk hat jede Warnung in den Wind geschlagen. Darum werden sie jetzt von Gott gestraft.

Dann soll Hesekiel seine Hände zusammen schlagen, als Zeichen seiner grossen Trauer (V. 19-22). In der Hfa steht, dass er die Hände an die Brust schlagen soll. Damit kündigt er das Strafgericht Gottes an, das mit doppelter und sogar dreifacher Wucht zuschlägt:

- 605 v. Chr. schlugen die Babylonier gegen Juda das erste Mal zu.

- 598 v. Chr. schlugen die Babylonier ein zweites Mal zu.

- 586 v. Chr. schlugen die Babylonier ein drittes und endgültiges Mal zu.

Es könnte gut sein, dass Hesekiel diese Botschaft durch einen „Tanz mit dem Schwert“ veranschaulichte. Es könnte aber auch sein, das Hesekiel diese Prophezeiung gesungen hatte. Denn diese Worte sind so reichhaltig und poetisch. Das Schwert, durch das schon viele erschlagen wurden, wird auch den Grössten Treffen und das kann nur der König Zedekia20 sein. Zedekia versuchte mit seinen Leuten aus der Stadt zu fliehen. Doch dann wurde er von den babylonischen Truppen eingeholt und abgeführt (2. Kön. 25,4-7). Das Schwert wird unzählige Menschen töten, denn es ist zum Morden geschärft und geschliffen. In jede Richtung, in das es zuschlägt tötet es. Bsp. Wie ein Samurai, der von Angreifern umzingelt ist und einen nach dem andern um sich niedersticht. Zum Schluss wird der Herr in die Hände klatschen, wie ein König, der dem Treiben vor seinem Thron ein Ende bereitet.

 

 IV. Verse 23-32: Das Schwert Babels.

Hesekiel erhält von Gott eine weitere Prophezeiung (verständlicher Text von Hfa!).

Er soll den Weg aufzeichnen, den Nebukadnezar mit seiner Armee von Norden gegen den Süden zieht (vermutlich dem Jordan entlang). An dem Ort, wo sich die Wege trennen (ev. auf der Höhe Samarias), soll er symbolisch zwei Wegweiser aufstellen (V. 23-25): Der eine Weg führt ins Land Ammon, nach Rabba oder Rabbat-Ammon. Der andere Weg führt ins Land Juda, nach Jerusalem. Der König von Babel hat vor, beide Länder einzunehmen, weiss aber nicht, welches er zuerst angreifen soll. Deshalb befragt er das „Losorakel“ (V. 26). Zuerst schüttelt er Pfeile in einem Köcher und wirft sie auf den Boden (ähnlich wie Würfel). Dann befragt er die angefertigten Terafim, das sind kleine Taschengötzen (etwa so gross wie der König der Schachfiguren).
(3) Schliesslich betrachtet er die Leber eines Opfertieres (eine typisch babylonische Praxis, die später von den Römern fortgeführt wurde). Die Antwort, die daraus resultiert, ist: Jerusalem soll zuerst eingenommen werden.

Die Babylonier greifen Jerusalem an (V. 27).
Sie belagern die Stadt rings um und machen ein lautes Kriegsgeschrei. Dann schütten sie einen Belagerungswall auf und bauen Angriffsrampen. Mit Rammböcken schlagen sie gegen die Tore der Stadt.

Die Menschen in Jerusalem glauben nicht an diese Orakelentscheidung (V. 28).
Die falschen Propheten in der Stadt unterstützten sie mit Friedensbotschaften. Schliesslich hatte ihr König einen Friedensvertrag mit Nebukadnezar. Doch König Zedekia verbündete sich mit den Ägyptern gegen Babylon und so brach er damit den Bund mit dem fremden Volk (2. Chr. 36,13). Israel wurde nicht bloss ihrem Gott untreu, sondern sie brach auch den Bund mit anderen Völkern. Damit erwies sich das Volk durch und durch untreu (Ps. 106,36-41).

Gott klagt sein Volk an, indem er sagt mit andern Worten (V. 29):

„Ihr seid überführt.“

„Eure Schuld ist aufgedeckt.“

„In aller Öffentlichkeit begeht ihr eure Verbrechen.“

„Euer Ungehorsam und eure Auflehnung ist offenbar.“

„Ihr sorgt dafür, dass eure Schuld nicht vergessen wird!“ (Hfa).

„Deshalb gebe ich euch in die Hand eurer Feinde, die grausam mit euch umgehen werden.“

Dann wendet Gott sich an den König Zedekia20 und sagt mit andern Worten (V. 30):

„Du gottloser Herrscher.“

„Nichts ist dir heilig.“

„Der Tag der Abrechnung mit dir ist angebrochen.“

Das Ende der Monarchie wird folgendermassen beschrieben (V. 31):
Der Turban (Kopfschmuck) des Hohenpriester wird abgelegt. Die Herrschaftskrone des Königs wird weggenommen. Es wird keine Priester und Könige mehr geben in Israel. In der Gefangenschaft werden die früheren Positionen niemandem mehr nützen. Wer gering geachtet war, wird erhöht. Wer gross geachtet war, wird unbedeutend.

Der Herr macht Jerusalem zur Ruine (V. 32).
Trotz der Untergangsstimmung, kann aus diesem Vers Hoffnung entnommen werden. Eine Hoffnung auf einen kommenden König, der würdig und gerecht regieren wird, wenn der Herr das Land wieder herstellt. Ein König, der qualifiziert ist für sein Amt als König und Priester (Sach. 6,12-13). Denn das Zepter wird nicht weichen von Juda (Gn. 49,10). Dies kann sich nur auf Jesus Christus beziehen (Ez. 37,24-28). Dann wird das weltliche Jerusalem endgültig zerstört werden, weil es um das himmlische Jerusalem geht (Heb. 12,22; 13,14).

 

 V.  Verse 33-37: Gegen die Ammoniter (und die Babylonier).

Was ist aber mit den Ammonitern? Sie sollen nicht schadenfreudig sein, über die gefallene Stadt Jerusalem und den zerstörten Tempel (Ez. 25,1-7; Jer. 49,1-6). Auch sie werden noch dran kommen (V. 33). Denn das Schwert des Feindes ist gezückt, um zu töten. Sie sollen sich nicht von Lügenpropheten falsche Hoffnungen auf ihre Rettung machen (V. 34). Denn das Schwert ist ihnen bereits an den Hals gelegt. Die Ammoniter sind Verbrecher und dem Tod geweiht. Die Zeit der endgültigen Abrechnung ist auch für sie gekommen. Aus der Geschichte entnehmen wir, dass Ammon 581 v. Chr. eingenommen und zerstört wurde, wobei der König umkam. Die Ammoniter wurden jedoch nicht ausgerottet. Es gab sie noch einige Jahrhunderte, bis sie langsam ausstarben.

Dann wendet sich Hesekiel mit einem letzten drohenden Wort an Babylon (V. 35-37).
Es ist nicht sicher, ob dieser Text tatsächlich an die Babylonier adressiert oder ob er weiter an die Ammoniter gerichtet ist. Vorsicht mit liberalen Übersetzungen (GN; Hfa). Die Frage stellt sich schon, was wohl mit dem Feind in Babylon geschieht. Die Frage ist auch, was überhaupt mit Israels Feinden geschieht. Die Weissagungen in Kapitel 25-32 geben dazu zum Teil eine Antwort. Tatsache ist, dass Weissagungen gegen fremde Nationen, Teil der Wiederherstellung des Bundes Gottes mit Israel war (Lv. 26,40-45; Dt. 30,1-10). Wenn diese Worte als Drohung gegen Nebukadnezar zu verstehen sind, dann musste Hesekiel sich sehr vorsichtig und gewählt ausdrücken, damit er und sein Volk im Exil nicht unnötig in Schwierigkeiten gerieten (Bsp. Zedekia). Das babylonische Reich besass nur kurze Zeit die Weltherrschaft (606-538 v. Chr.). Nebukadnezar wurde tatsächlich in seiner eigenen Stadt, die uneinnehmbar schien, durch die Meder und Perser getötet.

Obschon der Herr fremde Nationen dazu benutzte, um sein eigenes Volk zu bestrafen, werden auch sie zur Rechenschaft gezogen (Ez. 36; Jer. 46-51). Denn niemand legt Hand an Gottes Eigentum, ohne dafür die entsprechenden Konsequenzen zu tragen. Dt. 30,7: „Und all diese Flüche wird der Herr, dein Gott, auf deine Feinde und auf deine Hasser legen, die dich verfolgt haben.“ Der Herr ist nicht bloss eine regionale Gottheit, wie die fremden Völker von ihren Göttern oft glaubten. Gott wird seine überlegene Macht den anderen Völkern demonstrieren, sei es nun gegenüber Ammon oder Babylon.

 

 VI. Schlussfolgerungen zu Kapitel 14

Viele haben ein falsches Verständnis von Gott. Sie meinen, dass der Schöpfergott immer nur lieb und barmherzig handeln müsse. In diesem Kapitel lernen auch wir Gott besser kennen. Unser allmächtiger Schöpfergott ist ein Gott des gerechten Gerichts, des Zorns, der Gebrauch machen kann, vom Schwert des Todes.

Weil wir Menschen zu sehr auf unsere fleischlichen Augen limitiert sind, verstehen wir Gottes Wirken oft nicht und sagen zum Beispiel: Der blöde Nachbar, der dumme Autofahrer, die schwierige Mitarbeiterin, der verständnislose Ehepartner usw. Wie die Babylonier Gottes Werkzeuge waren, so ist es heute in unserem Leben. Wir kämpfen gegen alles und jedermann und verstehen nicht, dass der allmächtige Gott dahinter steckt. In Wirklichkeit kämpfen wir gegen Gott!

Wer Gott untreu wird, der erweist sich auch auf anderen Gebieten des Lebens untreu! Ein Gläubiger wird sich nie freuen, wenn Ungläubige gezüchtigt werden. Wahre Gläubige trauern und beten für alle, die von Sünden behaftet sind (Ez. 21,12; Mt. 5,4).