Hesekiel-22: Jerusalem, die Stadt voller Bluttaten

Die Herrlichkeit Gottes

 

 

 I.   Teil 1: Verse 1-16

Dieses Kapitel enthält drei Hauptteile:

1.  Die Unreinheit Jerusalems (V. 1-16).

2.  Die Reinigung durch den Brennofen Gottes (V. 17-22).

3.  Die Bosheit der Bewohner Judas (V. 23-31).

Der Untergang der Stadt Jerusalem ist besiegelt. Keine gerechte Seele kann gefunden werden, um die Stadt noch zu verschonen. Es ist auffallend, wie oft das Wort „Blut“ oder „Blut vergiessen“ in diesem Kapitel vorkommen. Es ist eine Blutstadt geworden, über die das Gericht kommt.

Verse 1-12: Stadt des Blutvergiessens.
Jerusalem sollte eine heilige Stadt sein, doch sie ist zu einer Blutstadt geworden. Wer kann dieser Stadt ihre Verbrechen vorhalten? Niemand, denn die Menschen sind alle korrupt und voller Bosheit. Keiner wäre berechtigt einem andern einen Vorwurf zu machen.

Deshalb fragt Gott den Propheten Hesekiel mit andern Worten (Hfa): „Sterblicher Mensch, bist du bereit, ein Urteil zu sprechen über die Stadt voller Bluttaten?“ Gott macht ihn zum Richter und zum Ankläger der Stadt, indem er ihm sagt (20,4; 23,36): „Halte ihr alle ihre Verbrechen vor.“ „Lass sie wissen, was sie böses tut.“ Hesekiel war bereits Augenzeuge von den „vier Abscheulichkeiten“ im Tempel, die er in einer göttlichen Vision sah (Kap. 8).

Mit dem Gesetz Mose, den Propheten und der grossartigen Geschichte hätte die Stadt glänzen können, vor allen Nationen. Doch Jerusalem verunreinigt sich, indem sie unschuldiges Blut vergiesst. Sie tun alles, was wider das Gesetz Gottes ist und leben schlimmer als die Gottlosen. In diesem Kapitel werden konkrete Sünden aufgelistet, mit der die Stadt ihrem Namen in keiner Weise Ehre macht:

- durch Götzendienst, indem sie ihre Kinder durchs Feuer gehen lassen, um sie dem Moloch zu opfern (V. 3-4.6: 16,21; 20,26.31; 23,37),

- Verachtung und Respektlosigkeit gegenüber den Eltern (V. 7a.10: Ex. 20,12; Lv. 18,7-8; 19,3),

- sie ist gewalttätig mit Fremden (V. (7b; Jer. 22,3),

- sie unterdrückt Waisen und Witwen (V. 7c; Jer. 7,5-6),

- sie entweiht die Sabbate (V. 8),

- sie verleumdet andere (1. Kön. 21,13) und lässt sich mit Geld bestechen, um falsche Todesurteile zu fällen (V. 9.12: Lv. 19,16),

- durch habgierige Forderungen von Wucherzinsen und Erpressungen (V. 8).

- sie versündigt sich durch Ehebruch und andere sexuelle Abscheulichkeiten (V. 11: 18,6; Lv. 18,19; 20,18),

Die Stadt ist gefährlich geworden wie Miami, eine Grossstadt in Florida. Mord und Totschlag gehören zur Tagesordnung. Ehebruch und sexueller Missbrauch aller Art, ist Gang und Gebe. Niemand kann die Trauben Gomorras essen und Gottes Segen erwarten! Niemand kann durch das Tor der Hölle gehen und meinen, so in den Himmel zu gelangen!

Hesekiel soll den Bewohnern klar machen, dass ihre Stadt von den andern Völkern verachtet wird. Statt zur Ehre Gottes, ist sie zum Spott geworden (16,57; 25,3.6). In den Völkern wird über die Stadt gelästert: „Hast du schon den neusten Witz über Jerusalem gehört?“ „Die Stadt, die so viel von sich hielt, ist verwahrlost.“

Die Regierenden missbrauchen ihre Macht, die sie von Gott erhalten haben, indem sie viel Blut vergiessen. In dieser ganzen Auflistung wird klar, was die Sünde der Bewohner von Juda ist. Sie haben Gott vergessen und seine Gebote verlassen (Jer. 2,32; 5,7-9; 6,13). Überall auf der Welt, wo Menschen Gottes Instruktionen und Prinzipien zum Leben nicht ausüben, sind solche trostlosen Symptome zu erkennen.

Verse 13-16: Gott droht mit dem Gericht.
Gott schlägt seine Hände über sich zusammen und macht drei Ansagen:

1.  Der Herr wird alle strafen, die auf unehrliche Weise sich bereichern und dafür Blut vergiessen.

2.  Der Herr steht zu seinem Wort und niemand sollte sich einbilden, er könnte dem Gericht Gottes standhalten, ohne den Mut zu verlieren.

3.  Der Herr wird die Einwohner unter die Völker zerstreuen, indem er sie in fremde Länder abführen lässt und sie werden verachtet sein.

Das alles haben sie sich selbst zuzuschreiben. Der Hauptgrund für dieses Gericht ist, damit sein Volk endlich erkennt, dass der lebendige Gott der Herr ist.

 

 II.   Teil 2: Verse 17-22

In diesem Abschnitt wird ein bekanntes Bild im AT, vom Ofen und vom Silber, gebraucht (Jes. 1,22.25; 48,10; Jer. 6,27-30; 9,7; Sach. 13,9; Mal. 3,2-3). Wenn kostbares Metall erhitzt wird, so dass es schmilzt, dann fliesst aus dem Metall eine dunkle Masse, die Schlacke genannt wird. Die Schlacke ist der Abfall des gereinigten Metalls.

Jerusalem ist geworden wie die Schlacke im Ofen, die beim Schmelzen zurückbleibt. Die Menschen waren einmal kostbare Metalle, wie Silber und Bronze. Nun sind sie aber total wertlos geworden, wie Schlacke (oder, wie unnützes Rebholz in Kapitel 15). Doch der Herr erteilt dem Volk eine Lektion; er sammelt sie in Jerusalem, wie silberne Metallklumpen und wirft sie ins Feuer, um sie zu schmelzen. Dieser Schmelzprozess ist Gottes Zorngericht, der über Jerusalem kommen wird (586 v. Chr.). Jeder, der diesen Schmelzprozess überlebt, wird erkennen, dass der Herr sein Volk im Zorn gestraft hat. Denn nicht die babylonischen Götzen können für den Untergang Jerusalems verantwortlich gemacht werden, sondern allein das Zorngericht Gottes. Das einzig Positive, das bei diesem ganzen Prozess herauskommt ist, dass Israel endlich erkennt, wer der allmächtige Gott ist.

 

 III. Teil 3: Verse 23-31

Bereits das dritte Mal fordert Gott den Propheten heraus, indem er zu ihm sagt: „Du [sterblicher] Mensch ...“ Der Herr bedrängt Hesekiel mit seinen dauernden Anweisungen. Es ist dem Herr ein grosses Anliegen, dass der Prophet gut zuhört und als Mittler zwischen Gott und den Menschen auftritt.

Hesekiel soll dem Volk Israel mitteilen, dass sie in einem unreinen Land wohnen. Die Bibel spricht oft von einem verunreinigten Land, durch Gottlosigkeit und Gräueltaten der Bewohner (36,17; Dt. 21,23): Numeri 35,33-34. Leider bemühten sich die Juden trotzdem nicht, ihr Land zu säubern (Zef. 3,3-4). Deshalb liess der Herr auch keinen Regen fallen, um das Land damit zu segnen.

Besonders die führenden Persönlichkeiten im Land, werden in den kommenden Versen angeklagt, denn sie hatten den Auftrag, Gott treu zu sein und als Vorbilder dem Volk voranzugehen (siehe Kap. 34!). Bereits in Kapitel 13 musste Hesekiel die falschen Propheten im Land tadeln, weil sie ihren eigenen Vorteil suchten, viele unterdrückten und töteten und viele Frauen zu Witwen machten (Jer. 15,8).

Die Propheten werden mit brüllenden Löwen verglichen, die über die Menschen herfallen, um Beute zu reissen (V. 25). Sie belügen die Menschen, indem sie behaupten, dass der Herr zu ihnen geredet habe (V. 28). Ganz genau wie es Prediger gibt, die behaupten, Gott habe zu ihnen gesprochen, obschon er das niemals tat.

Aber auch die Priester schneiden nicht besser ab (V. 26). Sie werden angeklagt, dass sie Gottes Gesetz nach ihrem eigenen Willen auslegen. Sie wurden damit betraut, Gottes Gesetz genau zu studieren und die Menschen zu lehren (wie z. B. Esra: Esr. 7,10). Doch sie sagen: „Wir wollen nicht intolerant sein.“ Was heilig ist, ziehen sie in den Schmutz. Den Sabbat haben sie entweiht. Und so haben die Menschen die Ehrfurcht vor Gott verloren.

Dann werden die Fürsten oder Richter erwähnt (V. 27). Sie sind wie hungrige Wölfe, habgierig und bereit, um des Gewinns Willen, Menschenleben auszulöschen. Dabei kommen ihnen die Propheten zu Hilfe, die alles Böse übertünchen, mit den Worten „Friede, Friede“ (13,10; Jer. 6,14). Damit lügen sie, indem sie alles Schönreden und prophezeien nicht die Wahrheit!

Schliesslich wird noch die letzte Gruppe erwähnt, die unter Gottes Gericht fällt; es ist das Volk (V. 29). Was ist ihre Sünde? Sie rauben und erpressen. Sie beuten die Armen und Schwachen aus. Sie übervorteilen Ausländer und tun ihnen Gewalt an. Auch Ausländer haben das Recht auf Gerechtigkeit und faire Behandlung.

Gott hat unter dem Volk nach einem Gerechten gesucht, doch er fand keinen einzigen (Gn. 18: Abrahams Fürbitte für Sodom). Der Herr hat vier Gruppen im Volk unter die Lupe genommen, doch nirgends fand er einen Mann, der dafür eingesetzt werden konnte, für das Land einen Schutzwall aufzubauen und die Lücken in den Mauern der Stadt zu verbessern. Leider liess sich keiner finden (13,5). Das Volk Gottes musste voller Korruption und Bosheit gewesen sein. Jeremia war zwar noch in der Stadt und suchte nach einem Menschen, doch auch er fand keinen, der die Bewohner zur Umkehr bringen konnte (Jer. 5,1). So hätte Jerusalem gegen Gottes Angriff gewappnet sein können. Hier wird Gott als Angreifer dargestellt. Der Herr sucht nach Lücken in der Mauer, durch die er in die Stadt eindringen und sie vernichten kann.

Jeremia sagte sogar (Jer. 15,1): „Selbst wenn Mose und Samuel vor mich träten, diesem Volk würde ich mich nicht zuwenden! Schick sie weg von mir, damit sie fortgehen.“ In Kapitel 14,14 sagte Hesekiel, dass selbst so gerechte Männer wie Noah, Daniel und Hiob nicht genügt hätten, um die Stadt vor dem Untergang zu verschonen.

Das Kapitel schliesst mit dem Gedanken, dass Gott seinen Zorn über das gottlos gewordene Volk ausgiessen wird. Feuer wird sie verzehren. Ihre bösen Taten fallen auf sie zurück. Darauf gibt der Herr sein Wort.

 

 IV. Schlussfolgerungen zu Kapitel 22

Das Volk Israel war ein vom Herrn gesegnetes Volk und genoss viele Vorteile: Es war wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen. Gott war mit seinem Volk und versorgte es mit allen, was es brauchte. Doch Jahr für Jahr verliessen sie den Herrn und seine Gebote immer mehr. Das Volk war vom lebendigen Gott geführt und hatte eine wunderbare Geschichte, die bis zum Höhepunkt führte, unter David und Salomo. Israel war in allen Nationen rings um bekannt, als ein von Gott geführtes und beschütztes Volk. Menschen von überall her kamen und bewunderten seine Pracht. Doch das Volk vergass, woher sie kamen und wer sie so segnete.

Die Geschichte Israels steht als gutes Beispiel für viele Gläubige. Sie fangen gut an, aber bald vergessen sie, wer sie aus dem Sumpf gezogen hat. Sie merken nur, wenn es ihnen schlecht geht. All das Gute im Leben, nehmen sie als selbstverständlich hin. Viele Menschen können mit dem Segen Gottes nicht umgehen. Friede und Zufriedenheit langweilen sie. Glück und Seligkeit lähmen sie. Luxus und Überfluss treibt sie zur Habgier und Gottlosigkeit.

Darum, lasst uns doch niemals vergessen, woher wir gekommen sind! Zähle deine Segnungen! Erinnere dich an jeden kleinen Fortschritt im Leben, seit du zum Glauben an Jesus Christus gekommen bist! Danke dem Herrn unermüdlich und diene ihm treu, damit er dich niemals verlässt! Denn niemand kann die Trauben Gomorras essen und dabei Gottes Segen erwarten. Niemand kann durch das Tor der Hölle gehen und dann meinen, so in den Himmel zu gelangen.