Hesekiel-38: Wider Gog und Magog

Die Herrlichkeit Gottes

 I.   Einleitung

Kapitel 38 und 39 sind sehr gut aufgebaut und enthalten sieben unterschiedliche Weissagungen, die jeweils mit den Worten beginnen: „So spricht der Herr.“

1.  Weissagung (38,3-9): Gog und seine Macht.

2.  Weissagung (38,10-13): Gogs böser Plan.

3.  Weissagung (38, 14-16): Gott erweist sich gegenüber Israel als heilig.

4.  Weissagung (38,17-23): Gottes Eifer und Zorn für sein Volk.

5.  Weissagung (39,1-16): Untergang Gogs.

6.  Weissagung (39,17-24): Gott wird seine Herrlichkeit offenbaren.

7.  Weissagung (39,25-29): Gott verspricht sein Volk zurückzuführen.

Um diese beiden Kapitel zu verstehen, ist es wichtig, dass wir uns einen Gesamtüberblick über das Buch Hesekiel verschaffen. In den ersten 24 Kapiteln prophezeit Hesekiel das Gericht über Jerusalem und ganz Judäa. In den Kapiteln 25-32 prophezeit Hesekiel das Gericht über die umliegenden Nationen. Ab Kapitel 33 spricht Hesekiel davon, dass Gott das Land, sowie sein Volk wiederherstellen werde. Er spricht von einem neuen Hirten, der das Land führen wird (Kap. 34). Er spricht vom Gericht über Edom (Kap. 35). Er spricht von der Wiederherstellung Israels (Kap. 36-37). Er spricht von einem neuen Tempel, von Frieden und Sicherheit im Land (Kap. 40-48). Und nun könnte das Volk Hesekiel fragen: „Aber was ist mit Babylon?“ „Sind die Babylonier nicht die grösste Bedrohung für uns?“ „Sie führten uns gefangen und sie allein könnten uns hindern, in unser Land zurückzukehren?“

In Kapitel 38 und 39 schenkt Gott seinem Volk neue Hoffnung für die Zukunft. Der Herr verspricht sein Volk zu beschützen und zu verteidigen. Selbst der grösste Feind, ist nicht mächtig genug, gegen Israel. Das Volk darf Gott völlig vertrauen und sich entspannen, denn es wird sich nicht einmal verteidigen müssen. Wenn der Feind, „Gog“, aus dem Norden, mit seiner grossen Armee gegen Israel heranrückt, dann wird Gott selbst einschreiten und die Eindringlinge hinschlachten. Das Land wird voller Toten sein und übersät mit geschlagenen Waffen. Die Leichen werden von wilden Tieren gefressen. Die hölzernen Waffen werden Israel sieben Jahre lang als Heizmaterial dienen (39,9-10).

Hesekiel war sich bewusst, dass er von Ereignissen sprach, von denen schon frühere Propheten redeten (38,17; 39,8). Seine Worte hallten wie ein Echo Jeremias (Jer. 4,5 - 6,26) und Joels (Jo. 2,20). Er gab auch die Erklärung für die Tage, von denen die Propheten oft sprachen (Joel 2,28-32; Am. 5,18-20; Zeph. 1,14-18; Jes. 29,5-8; 66,15ff.; Sach. 12,1-9; 14,1-15).

 

 II.   Verse 3-9: Gog und seine Macht.

Lutherübersetzung
„... richte dein Angesicht auf Gog, der im Lande Magog ist und der Fürst von Rosch, Meschech und Tubal, und weissage gegen ihn ...“

Elberfelderübersetzung
„... richte dein Gesicht gegen Gog [zum] Land Magog, [gegen] den Fürsten von Rosch, Meschech und Tubal ...“

Hoffnung für alle
„... sprich zu Gog, dem Herrscher über die Völker Meschech und Tubal im Land Magog ...“

Alte Zürcherübersetzung
„... richte dein Angesicht nach dem Lande Magog wider Gog, den Fürsten von Ros, Mesech und Thubal ...“

Neue Zürcherübersetzung
„... richte dein Angesicht gegen Gog, gegen das Land Magog, gegen den Grossfürsten von Meschech und Tubal ...“

Der Name Gog erscheint einmal im AT (1. Chron. 5,4) und einmal im NT (Offb. 20,7). Niemand kann sagen, wer Gog ist. Es gibt viele Meinungen und Interpretationen darüber. Lange Zeit wurde angenommen, dass Gog aus Nordeuropa komme, angeführt von Russland. Meschech und Tubal bedeute Moskau und Tobolsk (das Tor nach Sibirien). Ros oder Rosch stehe für Russland. Es wurde befürchtet, dass Russland Israel angreifen würde. Doch spätestens seit dem Untergang der Soviet Union, haben viele Kommentatoren diese Ansicht fallen gelassen.

Wer immer auch mit Gog gemeint ist, eins steht fest: Er kriegt Ärger mit dem allmächtigen Gott. Denn Gott macht sich für sein Volk wieder stark. Nicht wie zu der Zeit, als die Babylonier über das Land herfallen konnten (587/6 v. Chr.). Gott ist wieder bereit für sein Volk zu kämpfen.

Wie ein Fisch, wird Gog am Angelhaken hängen, ähnlich wie das Krokodil (29,3-5). Trotzdem darf er ausziehen, mit seiner grossen Streitmacht, die begleitet wird von Paras (Persien), Kusch (Äthyopien) und Put (Nordafrika). Dazu gesellt sich das unbekannte Gomer mit seinen Truppen, das nicht klar identifiziert werden kann. Der älteste Sohn von Japhet hiess Gomer (Gn. 10,2). Einige Gelehrte verbinden Gomer mit den Assyrern, andere mit den Kimmerern (griechischer Name für die Armenier, 27,14; Gn. 10,3), aus der Gegend Galatiens. Kurz, Israel wird von allen Himmelsrichtungen angegriffen.

Dem Heeresführer wird ironischerweise empfohlen, sich und sein Heer für den Kampf gut zu rüsten, obschon sein Untergang sicher ist. Denn nach langer Zeit wird der Fürst von Gott aufgeboten werden, um gegen Israel Krieg zu führen. Daraus erkennen wir, dass Gott an der Macht ist und bestimmt, wer wann wen angreift. Dann heisst es:  „... in fernen Jahren ...“ „... am Ende der Jahre [oder in den letzten Tagen] ...“ Diese Aussage ist im AT ein weiter Begriff und kann demzufolge nicht auf eine allgemein bekannte Zeitperiode gedeutet werden (siehe Gn. 49,1; Nu. 24,14; Jer. 23,20; Dan. 2,28; 8,17.19.26; 10,14; Jes. 2,2; Hos 3,5). Wir würden dem Text Gewalt antun, wenn wir diese „letzten Tage“ auf das Ende der Welt deuten. Dies alles wird in der Zeit sein, nachdem Israel sich wieder in seinem Land angesiedelt hat, d. h. „fern vom Schwert“ (das oft genug schon im Hesekiel auf Babylon hinwies; 21,1-9).

Zusammenfassend gesagt: Wir wissen nicht, wer Gog ist. Wir wissen nicht, wo Magog liegt (in der Offb. 20,8 ist es eine weitere Person). Wir wissen nicht, wann der Tag sein wird, an dem die gewaltige Armee, wie ein riesiges Unwetter aus dem Norden, über Israel aufziehen wird. Was wissen wir überhaupt? Wir wissen auf jeden Fall nichts von all dem, was hier moderne Kommentatoren über das Ende der Welt interpretieren wollen. Wir erfahren aber die Hauptbotschaft Hesekiels, die für Israel lautet: „Habt keine Angst, denn ich bin euer Gott und beschütze euch vor allen Feinden!”

Diesen beiden Kapiteln wurde viel zu viel Beachtung geschenkt. Falsche Analysen und Spekulationen haben Gläubige bis heute irregeführt und verunsichert. Manchmal lässt uns Gott in vielen Details im Unklaren. Trotzdem kann der grosse Zusammenhang deutlich erkannt werden. Hier geht es ganz sicher nicht um Ereignisse, die in der heutigen Zeit stattfinden werden, sondern allein um Hesekiel und das Volk Israel.

 

 III. Verse 10-13: Gogs böser Plan.

Diese Verse bestätigen den freien Willen Gogs. Er wird nicht gezwungen, gegen Israel vorzugehen. Er schmiedet von sich aus einen bösen Plan und erfüllt damit Gottes Wille, ohne es zu wissen (Jes. 10,5-19; Hab. 1,5-11).

Seine Strategie ist es, über ein wehrloses Land herzufallen, dessen Bewohner in Ruhe und Sicherheit leben. Diese Ruhe und Sicherheit bezieht sich nicht etwa auf ein tausendjähriges Friedensreich Israels. Prämillianismus ist die falsche Lehre über die letzten Dinge. Sie geht davon aus, dass die Wiederkunft Christi von einer weltweiten Friedensperiode begleitet sein wird, die tausend Jahre dauert. Dabei werde Christus tausend Jahre hier auf Erden über Israel herrschen und über alle Völker der Erde. Das Volk Gottes wird als Volk beschrieben, das im Zentrum der damaligen Welt wohnt, am „Nabel der Erde“ (5,5; Ri. 9,37).

Zusätzlich werden sich Gog weitere Nationen anschliessen: Saba (im Süden; 27,22-23) und Dedan (im Osten; 25,13; 27,15.20), die Händler von Tarschisch (im Westen; 27,12), mit all seinen Dörfern („alle seine Löwen“).

Er will sich an den Israeliten bereichern und grosse Beute machen.

 

 IV. Verse 14-16: Gott erweist sich gegenüber Israel als heilig.

Der Angriff Gogs wird dazu führen, dass sich der Herr vor allen Völkern als heilig erweisen kann. Weshalb? Weil es Gott nicht zulassen wird, dass diese gewaltige Armee aus dem Norden sein Volk plündert und ausraubt. Der Angreifer, Gog, erhofft sich natürlich den Sieg. Schliesslich ist das Land eine leichte und reiche Beute. Israel selbst wird sicher wohnen und überrascht sein.

Doch da hat Gog „die Rechnung ohne den Wirt“ gemacht. Der allmächtige Gott wird eingreifen. Jeder, der bisher dachte, Gott würde das Böse übersehen, oder Gott wäre machtlos zu helfen, der wird das Gegenteil erfahren.

 

 V.  Verse 17-23: Gottes Eifer und Zorn für sein Volk.

Die Propheten haben das Ende Gogs längst angekündigt.

Gog illustriert alle Menschen und Nationen, die sich gegen Gott stellen.

Dabei stand Babylon schon immer im Mittelpunkt der Propheten: Jesaja (47,1.5; 48,14-20). Jeremia (25,12; 50,35.45; 51;1-45). Daniel (5,7-30). Habakuk (1,5-11).

Wenn Gog mit seinem Heer in Israel einfällt, wird Gottes Zorn losbrechen. Gott wird im ganzen Land die Erde beben lassen (Jes. 24,18-20; Jo. 3,16; Hag. 2,6-7). Gott wird auf den Bergen Israels einen Streit ausbrechen lassen, in dem Gogs Soldaten sich gegenseitig mit dem Schwert töten (21,3-5; 28,23; Jer. 25,29; Ri. 7,22). Viele Krieger fallen in der Schlacht oder sterben an der Pest (Nu. 14,12; Jer. 27,8; Hab. 3,5). Gott lässt eine Regenflut hereinbrechen, die den Feind wegschwemmt (Gn. 6,17). Gott lässt Hagel niederfallen, um die Feinde zu erschlagen (Jos. 10,11; Ps. 11,6; 18,12-14; Jes. 28,17). Gott lässt Feuer vom Himmel fallen, wie über Sodom und Gomorra (Gn. 19,1-25; Lv. 10,1-2; Ps. 11,6; Jes. 30,30). Gott lässt Schwefel spucken, aus vulkanischen Aktivitäten (Gn. 19,24; Ps. 11,6; Jes. 34,9).

Das alles wird geschehen, damit Gottes Name vor allen Nationen wieder gross sein wird. (Fortsetzung mit Schlussfolgerungen in Kapitel 39!)