1. Petrus-0b: Einführung

Leiden, die sich lohnen

 

 

 I.   Verfasser

Simon Petrus, Apostel Jesu Christi (1,1; Mt 10,2; 16,16). Petrus bedeutet Stein oder Fels, aramäisch Kefas (Joh 1,42). Der Schreiber war Silvanus (5,12).

 

 II.   Empfänger

Mit den Fremdlingen in der Diaspora = Zerstreuung (1,1) könnten Juden gemeint sein, die sich vermutlich zu Pfingsten in Jerusalem (Apg 2,9-10) zu Christus bekehrten und sich anschliessend ins damalige Asien zurückzogen. Weil sie ausserhalb des verheissenen Landes lebten, wurden sie als Fremdlinge in der Zerstreuung betrachtet. Hinzu kommt, dass Petrus ein Apostel für die beschnittenen Juden war (Gal 2,7-10). Der Brief enthält aber eindeutige Hinweise an Heidenchristen in den kleinasiatischen Gemeinden (1,18; 2,9-10; 4,3).

 

 III. Zeit & Ort

Etwa 64 n. Chr., nachdem in Rom ein Feuer ausbrach. Babylon (5,13), vermutlich Rom.

 

 IV. Thema

Leiden, die sich lohnen.

 

 V.  Schlüsselwort

Leid, leiden (πάσχω), 12x

 

 VI. Schlüsselvers

„Im Gegenteil, freut euch, dass ihr damit an den Leiden Christi  teilhabt, so werdet ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit euch freuen und jubeln können“ (5,13).

 

 VII. Die Person Petrus

Geburtsname Simon, mit dem Beinamen Eiferer (Lk 6,15). Aramäisch Kefas (Joh 1,42). Griechisch Petrus = Fels, Mt 16,18).

Geburtsort Betsaida (Joh 1,44). Er war ein Galiläer, der Sohn des Johannes (Barjona, Joh 1,42; Mt 16,17), sein Bruder hiess Andreas. Er wurde in Betsaida geboren und arbeitete im Fischereibetrieb seines Vaters (Mt 4,18). Zivilstand: verheiratet (Lk 4,38; 1Kor 9,5), bezeichnet seinen Mitarbeiter und Gefährten Markus als seinen „Sohn” (5,13).

Apostel Christi (1,1; Apg 1,21-22). Er wurde von Jesus zum Apostel eingesetzt (Mt 10,2; Mk 3,16; Lk 6,13; Apg 1,13). Er war vermutlich ein Ältester (5,1) der Gemeinde zu Jerusalem, Rom oder einem anderen Ort. Auf seine Bitte hin wurde er in Rom (67 n. Chr.) mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, weil er sich nicht wert fühlte, wie Christus zu sterben.

Er war ein Eiferer, kühn, dynamisch und erfolgreich in seinem Beruf. Wenn wir in der Apostelgeschichte (Apg 4,13) lesen, dass die Apostel „einfache Menschen waren ohne besondere Ausbildung”, dann ist es wichtig zu verstehen, dass diese Einschätzung vom Sanhedrin kam (und nicht von Lukas, dem Autor). Diese abschätzige Äusserung kam vom Hohen Rat in Jerusalem. Es fehlte Petrus bloss eine höhere Bildung der Schriftgelehrten. Die beiden Petrusbriefe wurden in einem ausgezeichneten Griechisch abgefasst und zeigen, welch grosser Gelehrter er war. Petrus genoss die jüdische Elementarausbildung mit überdurchschnittlichem Grundwissen im Umgang mit Sprachen, Texten usw. Er las die Septuaginta  (LXX) sein ganzes Leben lang. Zudem war für ihn die griechische Sprache schon wegen des Fischereibetriebes notwendig. Er besass ein Haus, wahrscheinlich in Kafarnaum (Mt 8,14).

Sein erster Brief wurde ca. 64 n. Chr. geschrieben, kurz bevor Nero als römischer Kaiser an die Macht kam und eine Christenverfolgung begann. Silvanus war sein Sekretär (5,12), der vermutlich auf die ausgezeichnete griechische Abfassung des Briefes einen bedeutenden Einfluss hatte. Es ist ziemlich sicher, dass der Brief von Rom aus geschrieben wurde, obschon Babylon ausgewiesen wird (5,13). Keine Tradition bestätigt, dass Petrus je in Babylon war.

 

 VIII. Ereignisse im Leben des Apostels vor der Himmelfahrt Jesu

- Jesus berief Petrus zum ersten Apostel (Mt 10,2).

- Petrus kannte keinen anderen Herrn, als Jesus (Joh 6,68).

- Petrus bekannte Jesus als den Messias (Mt 16,16).

- Petrus wurde wegen der Leidenszeit Jesu zurechtgewiesen (Mt 16,23).

- Jesus heilte die Schwiegermutter des Petrus (Mt 8,14).

- Der grosse Fischfang (Lk 5,1-11).

- Petrus wandelte auf dem See (Mt 14,28).

- Petrus war bei drei wichtigen Ereignissen Jesu anwesend:

1. Bei der Auferstehung der Tochter des Jairus (Mk 5,37).

2. Bei der Verklärung Jesu auf dem hohen Berg (Mt 17,1).

3. Bei der Wache während des Gebets Jesu in Getsemane (Mt 26,37).

- Er eilte mit Johannes zum leeren Grab (Joh 20,1-10).

- Er sah, zusammen mit Johannes, einen Engel, der zu ihnen sprach (Mk 16,5-8).

- Er sah den auferstandenen Jesus vor allen übrigen Aposteln (1Kor 15,5; Lk 24,34).

- Er war beide Male mit den Elfen in Jerusalem, als Jesus ihnen erschien (Lk 24,36-49; Joh 20,24-29).

- Er war nackt im Fischerboot, als Jesus den Jüngern auf dem See erschien (Joh 21).

- Jesus vergab Petrus und ordnete ihm dreimal an (Joh 21,16): „Hüte meine Schafe!”

- Er war bei der Himmelfahrt Jesu anwesend (Apg 1,9).

 

 IX. Ereignisse im Leben des Apostels nach der Himmelfahrt Jesu

- Er erhielt den verheissenen Heiligen Geist aus der Höhe (zusammen mit den übrigen Aposteln) und verkündigte zu Pfingsten den Juden in Jerusalem das Evangelium (Apg 2). Er schrieb den ersten und zweiten Petrusbrief und folgte seiner Berufung (Joh 21,16). Vermutlich hatte er auch einen guten Einfluss auf Markus, der das Evangelium schrieb.

- Er heilte einen Gelähmten am Tempeltor (Apg 3).

- Er wurde mit den Aposteln gefangen genommen und von einem Engel befreit (Apg 5).

- Er verurteilte Ananias’ und Saphiras Lüge, sodass sie starben (Apg 5,9).

- Er verkündigte im Tempel und zu Hause das Evangelium (Apg 5,42).

- Als eine grosse Verfolgung über die Gemeinde in Jerusalem kam, blieb er mit den übrigen Aposteln in der Stadt (Apg 8,1).

- Er ging mit Johannes nach Samaria und legte einigen die Hände auf (Apg 8,14-17).

- Er wurde von Paulus während 15 Tagen besucht (Gal 1,18).

- Er predigte das Evangelium in Judäa und Samaria (Apg 9,32).

- Er heilte Äneas (Apg 9,34) und auferweckte Tabita (Apg 9,40).

- Petrus gerät in Verzückung und wird durch den Heiligen Geist aufgeklärt (Apg 10).

- Petrus verteidigt sich vor den Juden (Apg 11,1-18).

- Er wurde von Herodes gefangengenommen, um hingerichtet zu werden, doch ein Engel des Herrn befreite ihn aus dem Gefängnis (Apg 12).

- Petrus unterstützt den Paulus in Bezug auf die Heiden (Apg 15).

 

 X.  Petrus als Verleugner Jesu

- Bei der Gefangennahme Jesu floh er (Mt 26,56).

- Er verleugnete Jesus drei Mal und bereute es anschliessend schwer (Mt 26,75).

- Er glaubte zuerst nicht, dass Jesus auferstanden war (Joh 20,19-28).

- Er besuchte die Gemeinde in Antiochia, Syrien (Gal 2,11-17), wo er und Paulus aneinander gerieten, wegen der Beschneidung der Heidenchristen (Gal 2,11-14).

 

 XI. Was Petrus über Jesus sagte

- Der Sohn des lebendigen Gottes (Mt 16,16).

- Die einzige Quelle der Wahrhaftigkeit (Joh 6,68).

- Die Quelle der Hoffnung (1Petr 1,3).

- Das Opferlamm Gottes (1Petr 1,19).

- Der Eckstein (1Petr 2,6-8).

- Unser Vorbild im Leiden (1Petr 2,21-23).

- Der Träger unserer Sünden (1Petr 2,24).

- Der Hirte und Bischof unserer Seelen (1Petr 2,25).

- Der erhöhte Herr (1Petr 3,22).

 

 XII. Fragen zur Person des Petrus

1. Wurde die Gemeinde Jesu Christi auf dem Apostel Petrus gegründet? Nein! Die Gemeinde Jesu wurde auf dem Bekenntnis des Petrus gegründet und nicht auf seiner Person (Mt 16,13f.). Ein wenig später erwiderte Jesus dem Petrus, der ihm seine Leiden ersparen wollte (Mt 16,23): „Fort mit dir, Satan, hinter mich!” Damit war auch nicht Petrus gemeint, sondern der Gedanke, den Petrus geäussert hatte. Jesus war auf die unsichtbare Welt ausgerichtet und nicht auf das Sichtbare (Bsp. Mt 16,6; Joh 18,36).

2. Hatte Petrus eine besondere Stellung gegenüber den übrigen Aposteln? Nein! Denn es wird nicht von einem Thron gesprochen, sondern von zwölf oder gar vierundzwanzig Thronen, um den Thron Jesu (Mt 19,28; Offb 4,4; 21,14). Petrus stand Jesus nicht näher, als die übrigen Apostel (Mt 18,18). Er trat oft zusammen mit Johannes und Jakobus auf (Mt 17,1; 26,37; Gal 2,8-9). Petrus wies auf die Worte aller Apostel hin, auf die die Nachfolger Christi hören sollen (2Petr 3,2).

3. Wurden dem Petrus irgendwelche Schlüssel anvertraut, die ihm über das Reich Gottes besondere Vollmacht übertrugen? Es stimmt, dass Jesus dem Apostel Petrus den Auftrag gab, die Türen zum Himmelreich zu öffnen (Mt 16,19). Doch diese Vollmacht wurde auch den übrigen Aposteln Christi übermittelt (Mt 18,18). Petrus war tatsächlich der Erste unter den Zwölfen, der zu Pfingsten das Wort ergriff und den Juden in Jerusalem das Evangelium Christi verkündete (Apg 2,14). Damit öffnete er die Türen zum Himmelreich für die Juden (Apg 2) und später auch für die Heiden (Apg 10). Petrus spielte nach der Himmelfahrt Jesu eine besondere Rolle im Reich Gottes, aber er war in keiner Weise höher gestellt als die übrigen Apostel (Mt 20,20,28; 23,8-12; Lk 14,7-11).

4. Wurde nach Petrus ein Nachfolger eingesetzt, der die Macht und Vollmacht über die übrigen Apostel besass? Nein! Es gibt keinen, den Jesus als Stellvertreter über seine Gemeinde weltweit eingesetzt hat. Es wird im Neuen Testament nur einen Nachfolger bestimmt, der Judas, den Verräter ersetzte (Apg 1,21-26). Niemand auf Erden konnte oder kann einen Apostel Christi ersetzen, da es ein Augenzeuge sein musste, der sich durch den Heiligen Geist an das erinnern konnte, was Jesus zu seinen Lebzeiten gelehrt hatte (Joh 16,13-15; Apg 1,21-22).

Über zwei Jahrtausend entwickelte das Papsttum eine immer längere Liste von Nachfolgern, von denen alle behaupteten Stellvertreter Christi auf Erden zu sein. Damit widersetzten sie sich der Lehre und der Moral Christi und gründeten die grösste anerkannte Sektenbewegung, die es je gab. Etliche Führer waren so korrupt, wie sie die Welt je gesehen hat. Die Tradition der kat. Kirche ist unbiblisch und für jeden Bibelkenner klar zu verwerfen (Mt 15,9; Mt 23).

 

 XIII. Die Befehlsformen im ersten Brief

1,13: „Darum umgürtet die Hüften eurer Vernunft …!”

1,13: „Seid nüchtern!”

1,13: „Hofft auf die Gnade Gottes!”

1,13: Richtet euch ganz auf die Erscheinung Christi aus!

1,14: Seid gehorsame Kinder Gottes!

1,14: Lasst euch nicht von eigensüchtigen Wünschen leiten!

1,15: Führt ein geheiligtes Leben!

1,16: „Seid heilig, denn ich bin heilig.”

1,17: Führt ein Leben in Gottesfurcht.

1,22: „Liebt einander aus reinem Herzen, ohne nachzulassen!”

1,22: „Liebt einander aus reinem Herzen, ohne nachzulassen!”

2,11: „Haltet euch fern von den sinnlichen Begierden …!”

2,17: „Behandelt alle Menschen mit Respekt, … fürchtet Gott und ehrt den Kaiser!”

3,1: „Ebenso sollen sich die Frauen ihren Männern unterordnen!”

3,6: „… tut also Gutes und lasst euch durch nichts und niemanden einschüchtern!”

3,7: „Ebenso sollen die Männer verständnisvoll sein im Umgang mit dem schwächeren Geschlecht, dem weiblichen!”

4,7: „Seid besonnen und nüchtern, widmet euch dem Gebet!”

4,8: „Haltet vor allem an der Liebe zueinander fest, ohne nachzulassen!”

5,2: „Weidet die Herde Gottes, die euch anvertraut ist, und sorgt für sie, nicht unter Zwang, sondern aus freien Stücken, so wie es Gott gefällt!”

5,3: „Seid nicht Herren über eure Schützlinge, sondern ein Vorbild für eure Herde!”

5,5: „Ebenso ihr Jüngeren: Ordnet euch den Ältesten unter!”

5,8: „Seid nüchtern, seid wachsam!”

5,14: „Grüsst einander mit dem Kuss der Liebe!”

 

 Fortsetzung von Einleitung:  Überblick (Tabelle)