Titus-3: Einstellung zur Welt

Aufruf zu guten Werken

 


 I.   Vers 1: Gegenüber Autoritäten

Die Kreter waren berüchtigt, in Aufruhr, Mord und mörderische Kämpfe verwickelt zu sein. Weshalb sollen wir Gläubigen uns der Regierung und den Behörden unterordnen? Weil wir von Gott so angeordnet werden! Weil alles was Gott befiehlt gut ist (Lk 18,19; Jak 1,17; 1Tim 1,8; Röm 7,12). Weil wir uns in erster Linie Gott unterordnen, wenn wir diese Anweisungen befolgen. Wir tun das (1Petr 2,13), „… um des Herrn willen …“ Wir sind verpflichtet, die Anordnungen Gottes zu befolgen: Röm 13,1-7. Auch Paulus liess sich zurechtweisen und unterordnete sich, weil er sich damit Gott unterordnete (Apg 23,1-5). Weil die gehorsame Unterordnung (ὑποτάσσω) gegenüber den Machthabern (ἀρχή) und Autoritäten (ἐξουσία) zum „guten Werk“ (ἀγαθός, ἔργον) eines Christen gehört.

Bei jeder Gelegenheit gilt es gutes zu tun und für Recht und Ordnung einzustehen (zu beten: 1Tim 2,1). Das gilt vor allem dort, wo wir gefragt oder aufgefordert werden. Damit ist nicht gemeint, dass wir uns in Streitigkeiten und Schlägereien einmischen sollten, dass wir in irgend einer Form Gewalt anwenden gegen die, die sich moralisch, ethisch, politisch usw. entgegen unseren Vorstellungen verhalten. Wir sind nicht aufgerufen, Polizisten zu spielen in unserer Gesellschaft!

Gute Staatsbürger halten sich gehorsam an die Gesetze ihres Staates. Wir sollen unsere Steuern zahlen (Mt 17,24-27; 22,15-22). Auf dieser Welt wird es nie eine perfekte Staatsform geben. Die wahre Gerechtigkeit ist von den fehlbaren Menschen mit ihren unvollkommenen Gesetzen weit entfernt. Wir dürfen uns auf die bestehenden Gesetze berufen, wenn es etwas auszufechten gibt. Christen nehmen nicht an Demonstrationen oder Kundgebungsmärschen teil, sondern verhalten sich politisch defensiv (das Wählen ist erlaubt).

 

 II.   Verse 2-3: Gegenüber den übrigen Menschen

Christen sind sozial starke Menschen, die positive Tugenden pflegen: Sie machen niemanden schlecht, (schlecht reden), lästern niemanden (Eph 4,29; Kol 4,6; 1Petr 3,9-10; Jak 3,1-12). Sie suchen keinen Streit, sind nicht streitsüchtig (1Tim 3,3). Sie sind freundlich, friedfertig (1Petr 2,18; Jak 3,17; Phil 4,5). Sie sind Milde gegenüber ihren Mitmenschen, mit aufrichtiger Freundlichkeit, sanftmütig (Gal 5,23; Kol 3,12; Eph 4,2; 2Tim 2,25).

Weshalb bemühen sich Christen unermüdlich, all das Gute auszuüben? Weil sie durch den Geist Gottes verändert und erneuert wurden! Weil sie Gottes Liebe und Barmherzigkeit erfahren haben (Gal. 2,20). Sie sind nicht hochmütig und kommen sich nicht besser vor! Weil der Herr uns unsere unbezahlbare Schuld erlassen hat, sind wir unendlich dankbar und sind bereit andern zu vergeben (Mt 18,35). Weil der Herr uns vergeben hat, gehen wir mit unseren Mitmenschen grosszügig um (wie Zachäus im Lk 19,8).

Wir erinnern uns allezeit, wer wir waren und woher wir kamen. Wir waren auch einst wie die unbekehrten Menschen.

- Unverständig, ohne Einsicht und Verständnis (ἀνόητος),

- Ungehorsam (ἀπειθής) gegenüber Gott,

- planlos umherirrend (πλανάω), verführt (engl. deceived) vom Bösen,

- dienten (δουλεύω, engl. enslaved= versklavt) allerlei Leidenschaften (ἐπιθυμία) und Begierden (ἡδονή).

Wir waren versklavt:

- Vom fleischlichen Vergnügen: 1. Petrus 4,2-3.

- Von unseren eigenen Vorteilen getrieben: Jakobus 4,1-3.

- Vom Alltag und von den Sorgen der Welt: Lukas 8,14.

Menschen ohne Christus leben, gemäss der Beschreibung des Paulus: Römer 1,29.

- in Bosheit (κακία): Phil 1,15; 1Tim 6,4.

- in Missgunst (φθόνος), Eifersucht (1Kor 13,4): Mt 27,18; 1Petr 2,1. Durch Eifersucht wurde Abel getötet. Wegen Neid wurde Joseph in eine Zisterne geworfen. Missgunst trieb die Rotte Korah an. Missgunst erfüllte Saul, so dass er David verfolgte.

- in Hass (στυγνητός - „verhasst einander hassend“): Hass ist ein Fluch, der kein Ende findet (Spr. 10,12). Die Agape-Liebe lehrt uns Christen zu lieben, selbst wenn wir gehasst werden: Römer 13,8. Die grösste Tugend ist die Liebe gegen jedermann (1Petr 1,7).

 

 III. Verse 4-7: Das ewige Leben ererben

Wie werden die Menschen auf Kreta und wir heute von Gott zum Heil gebracht? Nicht durch Streit, Besserwisserei und Argumenten der Rechthaberei. Nicht durch Kreuzzüge und durch Zwang zum Christentum. Es ist allein durch Gottes -

- Güte (χρηστότης): Römer 2,4.

- Menschenfreundlichkeit (φιλανθρωπία): Joh 3,16.

- Erbarmen (ἔλεος): Eph 2,4.

Gott sieht die Ablehnung, den Hass und die Vergehen der Menschen. Trotzdem liebt er uns in seinem Sohn (1Joh 4,10). Gott liebte uns, als wir noch seine Feinde waren (Röm 5,10; Kol 1,21-22).

Der allmächtige Gott liebt uns nicht aufgrund unserer gerechten Taten! Alle haben gesündigt und werden ohne Verdienste begnadigt (Röm 3,23). Wir sind nicht von uns aus fähig gutes zu tun, d.h. das Gesetz vollkommen einzuhalten (2Kor 3,5-6). Wir werden allein durch den Glauben und nicht durch Werke gerettet (Gal 2,16). Gottes Liebe ist es, die sich unser erbarmt und uns begnadigt (Eph 1,7; 2,5.8).

Was ist das Bad der Wiedergeburt? – Die Taufe! Die Taufe ist kein Werk, durch das wir uns den Himmel verdienen! Die Taufe ist ein Gehorsamsakt gegenüber Gottes Evangelium: Mt 28,19-20. Es ist interessant, dass gerade diese Bibelstelle einen starken Kontrast bildet zwischen gerechten Taten, d.h. Werken und der Taufe. Jesus rettet uns nicht durch unsere Werke, sondern durch die Taufe. Um nicht verloren zu gehen, brauchen wir Menschen dringend Rettung. Es sind verschiedene Faktoren, die uns retten (Taufe, Lektion 6):

- Gott: 1. Timotheus 2,4 (und die Erkenntnis Seiner Wahrheit).

- Unsere Liebe zur Wahrheit: 2. Thessalonicher 2,8-10.

- Die Predigt des Evangeliums: 1Kor 15,1-2 (und durch die Treue, Mt 10,22).

- Jesus: Lukas 19,10 (und durch Seinen Namen, Apg 4,12).

- Das Blut Jesu: Epheser 1,7.

- Gottes Gnade: Epheser 2,5.

- Unser Glauben: 1. Korinther 1,21.

- Unser Bekenntnis: Römer 10,9.

- Unsere Busse, Reue: 2. Korinther 7,10.

- Die Taufe: 1. Petrus 3,21.

- Das Bad der Wiedergeburt: Titus 3,5.

- All diese Dinge gehören zu unserer Rettung!

Die Taufe im Wasser ist das Bad (λουτρόν) der Wiedergeburt (παλιγγενεσία).

Ein Bad (λουτρόν) nehmen bedeutet sich körperlich und geistig zu reinigen. Im AT mussten die Juden sich immer wieder Waschungen unterziehen: Leviticus 15. Die levitischen Priester wuschen sich: bevor sie eingesetzt wurden (Lev 8,6), am grossen Versöhnungstag mehrmals (Lev 16,4.24.26.28), wenn sie mit Kranken, Toten oder mit Unreinem in Berührung kamen (Lev 14,8-9; 22,6).

Jesus wusch seinen Jüngern die Füsse vor dem Passamahl (Lev 13,10).

Ein Proselyt musste drei Bedingungen erfüllen, um im Judentum aufgenommen werden zu können: Beschneidung. Opfer darbringen. Rituelle Waschung.

Hesekiel bringt das erste Mal eine Waschung mit der Wiedergeburt in Verbindung: Ez 36,25-27.

Die Bedeutung der Wiedergeburt (παλιγγενεσία) in der Bibel:

Es wird unterschieden, zwischen der Geburt im Fleisch und der Geburt im Geist: 1Kor 15,40.44-48. Es gibt einen ersten und einen zweiten Adam. Es gibt ein irdisches und ein himmlisches Paradies (Gen 3,23; Offb 2,7). Es gibt eine fleischliche und eine geistliche Zeugung: Joh 1,12-13; 1Petr 1,22-24; Jak 1,18 (1Joh 2,29, 3,9; 4,7; 5,1.4.18). Es gibt einen irdischen und einen himmlischen Leib.

Wiedergeburt im NT: Mt 19,28; Tit 3,5. In Matthäus 19 bedeutet die Wiedergeburt das endzeitliche Geschehen. In Titus 3 bedeutet die Wiedergeburt die innere Erneuerung zu Lebzeiten eines Menschen.

Die innere Erneuerung (ἀνακαίνωσις): Römer 12,2. Die Wiedergeburt aus Wasser und Geist ist die innere, geistige Erneuerung (Joh 3,3-5). Dieser innere Erneuerungsprozess geschieht durch die Waschung bei der Taufe (= Bad der Wiedergeburt): 1Petr 3,21. Die Taufe ist die Beschneidung am Herzen: Kol 2,11-12 (Röm 2,29). In der Taufe ziehen wir Christus an (Gal 3,27). In der Taufe sterben wir mit Christus und werden zum neuen Leben in Christus auferweckt: Röm 6,4-5.

Durch unsere neue Geburt werden wir „Kinder Gottes“ (Joh 1,12; Röm 8,14.16.21; 9,8; Eph 5,1; 1Joh 3,1). Wir werden auch „Söhne Gottes“ genannt (Röm 8,14.19; 9,26; Gal 3,26). Als Gottes Kinder sind wir „Erben Gottes“ und „Miterben Christi“ (Gal 3,29; 4,7; Eph 1,11; Jak 2,5; Röm 8,17).

Um wiedergeboren zu werden, brauchen wir Christi Geist (Röm 8,9). Durch den Heiligen Geist wurde Gottes Liebe über uns ausgegossen: Röm 5,5. So werden wir zur lebendigen Hoffnung wiedergeboren: 1Petr 1,3-4.

 

 IV. Verse 8-11: Umgang mit Irrlehrern

Noch einmal sagt Paulus: Auf die Botschaft des Evangeliums ist Verlass! Zuverlässig ist das Wort (1Tim 1,15; 3,1; 4,9; 2Tim 2,11; Tit 3,8). Gottes Lehre ist gesund (1Tim 1,10; 4,6; 6,3; 2Tim 1,13; 4,3; Tit 1,9; 2,1.8). Das Evangelium leitet uns an zu guten Werken (1Tim 5,25; 6,18; 2Tim 3,17; Tit 1,16; 2,14; 3,1.814). Wozu hat uns Gott geschaffen? - Epheser 2,10 (um gutes zu tun! 2Kor 15,58).

Paulus möchte, dass Titus von der Botschaft des Evangeliums überzeugt ist und die Glieder in den Gemeinden mit allem Nachdruck lehrt (2,15). Die Botschaft beinhaltet all das, was Paulus im Brief geschrieben hat. Das Ziel seines Briefes ist, dass Titus all diese Dinge in Kreta lehrt, damit sich die Gläubigen mehr hingeben und gutes tun.

Welche guten Taten werden im Brief erwähnt?
Einige sollen in der Gemeinde die Verantwortung übernehmen und sich einsetzen lassen als Älteste mit all den Qualifikationen (1,5). Ältere Männer sollen im Glauben, in der Liebe und in der Geduld andern dienen (2,1). Ältere Frauen sollen gute Lehrmeisterinnen sein für die Jüngeren (2,4). Junge Frauen sollen haushälterisch sein und tüchtig (2,5). Junge Männer sollen besonnen sein und gutes tun wie Titus (2,6). Sklaven sollen der Lehre Christi eine Zierde sein durch einen Gott wohlgefälligen Lebenswandel (2,10). Alle Kreter sollen ein Volk Gottes sein, das fromm lebt und nach guten Werken strebt (2,11-15).

Wie soll sich Titus mit den Irrlehrern umgehen?
Er soll ihnen nicht nachgeben, sondern klar und deutlich widersprechen. Er soll sie wegschicken, wenn sie nicht hören wollen auf Gottes Wort.

Der Gegenspieler ist überall am Werk.
Die griechischen Philosophen befassten sich vielfach mit den subtilsten Problemen und die jüdischen Rabbinen mit imaginären Geschlechtsregistern, der im AT vorgekommenen Personen. Die Schriftgelehrten diskutierten endlos darüber, was am Sabbat erlaubt war und was nicht, was rein und was unrein war. Es geht nicht bloss ums Diskutieren über den Glauben, sondern ums Ausüben! Die gelernte Theorie muss in uns das Verlangen wecken, unser altes Leben zu ändern und Gott zu verherrlichen.

Paulus warnt Titus ein letztes Mal vor den ketzerischen Auseinandersetzungen der Gesetzeslehrer. Sie kümmern sich um Dinge, die in Gottes Augen nutzlos und sinnlos sind (z. Bsp. endlose Geschlechtsregister, siehe Kapitel 1,4.9). Sie richten Streitereien und Spaltungen an und sollen weggeschickt werden, wenn sie nicht von ihrer Verdrehtheit und Sünde ablassen wollen (Phil 1,15). Deshalb ist es wichtig für eine Gemeinde, dass sie Männer haben, die im Wort Gottes gut unterrichtet worden sind und feststehen im Glauben. Sie können die Unwahrheiten und unwichtigen Dinge schnell erkennen und die Gemeinde schützen vor den fiesen Attacken Satans (Röm 16,17-18): 2Thess 3,6. Die Wahrheit Gottes ist der Standard und Christus ist der Weg!

 

 V.  Verse 12-14: Persönliche Anweisungen

Paulus befindet sich irgendwo in Makedonien (ev. Philippi). Den Winter möchte er in Nikopolis verbringen (nördlich von Achaja, am adriatischen Meer). (Ein paar Kilometer nördlich vom heutigen Preveza.) Titus soll entlastet werden von seiner Verantwortung, indem er durch Artemas oder Tychikus ausgewechselt wird. Artemas und Tychikus waren weitere treue Mitarbeiter des Paulus. Von Artemas wissen wir nichts. Von Tychikus wissen wir nur, dass Paulus ihn an verschiedene Orte entsandte (Kol 4,7; 2Tim 4,12). Da Tychikus ein Jahr später nach Ephesus ging (2Tim 4,12), könnte es gut sein, dass Paulus den Artemas nach Kreta entsandte.

Nikopolis diente als gute Basis, um im Frühling in alle Himmelsrichtungen weiter zu reisen. Offenbar folgte Titus dem Ruf des Paulus und missionierte später in Dalmatien (heutiges Kroatien, 2Tim 4,10b). Während Paulus vermutlich im Frühling seinen lang ersehnten Wunsch erfüllte und nach Spanien reiste (Röm 15,24.28).

Offenbar befanden sich noch zwei weitere Mitarbeiter auf Kreta: Zenas und Apollos. Beide sollen mit Titus, gut ausgerüstet, nach Nikopolis reisen. Über Zenas wissen wir nichts, ausser, dass er ein jüdischer Gesetzeslehrer war mit einem griechischen Namen. Apollos hingegen war ein enger Freund des Paulus (1Kor 3,6). Er war ein Jude mit griechischem Namen und stammte aus Alexandrien (Apg 18,24). In Ephesus und Korinth verkündigte er mit Begeisterung das Evangelium (Apg 18,26; 19,1). Obschon er ein wortgewandter Redner war, in den Schriften bewandert, so kannte er nur die Taufe des Johannes (Apg 18,25b). Priszilla und Aquila legten ihm den Heilsplan Gottes genauer aus im Bezug auf die Taufe auf den Namen Jesu (Apg 18,26b). Dann wurde er mit einem Empfehlungsbrief nach Achaja entlassen, wo er den Gläubigen in Korinth ein grosser Segen war: Apg 18,27-28. Dann reiste Apollos wieder nach Ephesus (1Kor 16,12). Leider haben später einige Korinther mehr auf Menschen geschaut, als auf die Botschaft, deshalb musste Paulus ihre Spaltereien rügen: 1Kor 1,12.

Wie Titus ein Vorbild im Dienen ist, so sollen sich auch die übrigen Gläubigen auf Kreta bemühen, sich guter Werke zu befleissigen: Mt 7,15; 13,8.23; Joh 15,8; Gal 5,22.

Paulus schliesst seinen Brief an Titus -

- mit einem letzten Grusswort von allen, die sich bei ihm befinden,

- und wünscht allen Gläubigen auf Kreta Gottes Gnade. Die Gnade ist die Wurzel unseres Glaubens. Die guten Werke sind die Frucht unseres Glaubens.