Epheser-01: Christus ist das Haupt und ihr seid Glieder

Das Haupt der Gemeinde ist Christus

 

 I.   Einleitung: Gruss an die Heiligen

Vers 1: „Paulus, Apostel von Jesus Christus durch den Willen Gottes, schreibt diesen Brief an alle in Ephesus, die Gott für sich ausgesondert hat und die durch Jesus Christus zum Glauben an ihn gekommen sind.“

Verfasser: Der Apostel Paulus (1,1; 6,20, der den Brief vermutlich dem Timotheus diktierte (wie in 2. Thess. 3,17), und ihn durch Tychikus übermittelte (6,21).

Empfänger: Die Gemeinde in Ephesus und heidnische Christen in den kleinasiatischen Gemeinden in der Gegend (dieser Brief muss auch als Rundschreiben betrachtet werden: Kol. 4,16).

Vers 2: „Gnade und Frieden sei mit euch von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, dem Herrn!“

Paulus wünscht allen Gläubigen das allerbeste, weil er sie wie leibliche Geschwister liebt und für sie beim Herrn um Segen bittet. Gliederung des Briefes (siehe Gliederung & Überblick).

 

 II.   Kapitel 1,3-14: Das Siegel der Gotteskindschaft

Vers 3: „Gepriesen sei unser Gott, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Denn durch Christus hat er uns Anteil gegeben an der Fülle der Gaben seines Geistes in der himmlischen Welt.“
Was ist unter der Fülle der Gaben in Christus zu verstehen? Wir sind Kinder Gottes, unseres Vaters. Wir gehören zu Christus, zur Familie Gottes.

Was bedeutet es, einer Familie anzugehören? Wir haben verschiedene Privilegien. Wenn wir zur Tür hereinkommen, dann fragt niemand: „Wer hat dich hereingelassen?“ Niemand erschreckt und ruft die Polizei, wenn ich zur Tür hineinkomme, weil ich zur Familie gehöre. Die Engel sind nicht eifersüchtig, weil Gott uns vergeben hat und uns seine Kinder nennt. Jeder Einzelne in der Familie Gottes ist bereit mich aufzunehmen und die himmlische Erbschaft mit mir zu teilen.

Mit was wurden wir in Christus sonst noch beschenkt? Mit dem Heiligen Geist Gottes, der uns in allen Lebenslagen beisteht. Mit der Hoffnung auf das ewige Leben. Mit Heiligkeit, Gerechtigkeit, Herrlichkeit, Macht und Ehre. Mit Friede und Freude usw.

Wir zählen zu den glücklichsten Menschen auf dieser Welt, weil wir zu Christus und seiner Familie gehören! (2. Petrus 1,3).

Vers 4: „Schon bevor er die Welt erschuf, hat er uns vor Augen gehabt als Menschen, die zu Christus gehören; in ihm hat er uns dazu erwählt, dass wir heilig und fehlerlos vor ihm stehen.“
Wir wurden erwählt (ἐκλέγομαι) bevor die Welt entstand. Was heisst das? Gott hatte vor der Erschaffung der Welt einen Erlösungsplan, durch den er alle Menschen erwählt hat zum Heil. Das heisst, jeder, der an Christus glaubt, ist erwählt zum Heil: Joh. 1,12.

Der Erlösungsplan, den Gott im Himmel aufstellte, war ein grosses Geheimnis - das den vorherigen Generationen, d. h. den Propheten verborgen blieb: Eph. 3,4, das sogar die Engel gelüstete, hineinzublicken: 1. Pet. 1,10-12.

Gott wusste von Anfang an, dass der Mensch der Sünde verfällt, die ihn zum Tod führt und von seinem Schöpfer trennt. Gottes Ziel war es, einen Weg zu finden, um mit seinen Geschöpfen trotz Sünde wieder in Gemeinschaft zu treten. Dieses Ziel konnte nur erreicht werden, wenn der Mensch heilig und fehlerlos war. Tierblut konnte diese Reinheit niemals wieder herstellen. Deshalb musste Jesus als vollkommenes Opferlamm sterben, damit wir alle durch sein Blut wieder Zugang zu Gottes Gegenwart bekamen (Heb. 10,4.11-12.18-22).

Vers 5: „Aus Liebe 5 hat er uns dazu bestimmt, seine Söhne und Töchter zu werden - durch Jesus Christus und im Blick auf ihn. Das war sein Wille und so gefiel es ihm, …“
Die göttliche Liebe hat uns vorherbestimmt (προορίζω) zur Adoption. Hier behauptet die calvinistische Lehre, dass der Mensch zum Heil oder zur Verdammnis vorherbestimmt sei. Doch Gottes Gerechtigkeit wäre damit massiv in Frage gestellt. Denn Gott beurteilt nicht nach menschlicher Weise (Apg. 10,34; Röm. 2,11; 1. Sam. 16,7). Zudem wäre damit auch der freie Wille des Menschen manipuliert.

Wir sind adoptierte (υἱοθεσία) Kinder Gottes („zur Annahme an Sohnes statt“). In der damaligen Zeit hatte eine Adoption grosse Konsequenzen. W. Barclay schreibt: „Der Adoptivsohn genoss in der neuen Familie alle Rechte eines legitimen Sohnes, büsste aber gleichzeitig alle Rechte in der Familie ein, der er entstammte. Vor dem Gesetz war er ein völlig anderer, neuer Mensch geworden. Das ging soweit, dass sogar all seine Schulden und Verpflichtungen aus der Zeit vor der Adoption als getilgt galten und annulliert wurden, als hätten sie nie existiert.“ Auch wir waren der Gewalt der Sünde und der Welt völlig ausgeliefert und so in Schulden geraten, dass es keine Hoffnung mehr gab für uns (Eph. 2,12). Durch die Adoption wird nun unsere Vergangenheit ausgelöscht und wir werden zu neuen Menschen. Dank Jesus Christus, der dies für uns möglich gemacht hat: Gal. 4,4-5. Aus Kindern des Bösen und der Welt werden wir zu Kindern Gottes. Gott erweist uns dadurch seine unermesslich grosse Liebe: Röm. 5,8. Wir werden Kinder Gottes genannt: 1. Joh. 3,1.

Vers 6: „… damit der Lobpreis seiner Herrlichkeit erklingt: der Lobpreis der Gnade, die er uns erwiesen hat durch Jesus Christus, seinen geliebten Sohn.“
Mit andern Worten: Es war Gottes Wille, uns seine Herrlichkeit und Gnade zukommen zu lassen, die ihn dadurch so wunderbar, anziehend und lobenswert für uns macht. Darum beten wir Gott an und lobpreisen ihn für seine Herrlichkeit und Gnade, die er uns erwiesen hat, zusammen mit der himmlischen Schar: Offb. 4,8-11.

Vers 7: „Durch dessen Blut sind wir erlöst: Unsere ganze Schuld ist uns vergeben. So zeigte Gott uns den Reichtum seiner Gnade.“
Wie zeigte Gott uns den Reichtum seiner Gnade? Indem er seinen einzigen, geliebten Sohn in diese Welt sandte. Indem er ihn als Opfer für uns am Kreuz sterben liess, damit wir leben dürfen: Joh. 3,16. Hier wird Jesus Christus als Mittler der Gnade und Grund zum Lobpreis Gottes in die Szene eingespielt.

Ohne Christus Jesus wäre Gottes Gnade, Gottes Erlösungsplan und Gottes Liebe nicht zu uns Menschen gelangt. Vergebung (ἄφεσις) kommt von einem Verb das „fortlassen, schicken, freilassen, verlassen, entsenden“ bedeutet. Dieses Fortschicken geschah im AT am Jom Kippur (Lv. 16): Der Priester nahm einen Ziegenbock, stützte beide Hände auf den Kopf des Tieres und las alle Verschuldungen des Volkes laut vor. Damit übertrug er alle Sünden des Volkes Israels auf das Tier. Anschliessend wurde das Tier in die Wüste gejagt und zwar so weit, bis es den Weg nicht mehr zurückfand. Im NT ist Jesus Christus unser Sündenbock geworden. Er nahm unsere Sünden auf sich und erlebte die völlige Trennung von Gott, dem ewigen Vater (Mt. 27,46). Der Unterschied vom AT zum NT besteht darin, dass kein weiteres Opfer mehr nötig ist, weil Jesu Blut alle Generationen von allen vergangenen und kommenden Sünden zu befreien vermag (Heb. 10).

Deshalb gibt es keinen Lobpreis Gottes ohne den Mittler und Erlöser Jesus Christus: Röm. 3,24; 2. Kor. 8,9; Kol. 1,27; 2,2; Tt. 3,6.

Vers 8: „In seiner überströmenden Güte schenkte er uns Einsicht und liess uns seine Wege erkennen.“
Wie hat Gott seine Gnade uns übermitteln lassen? Durch sein Wort schenkte er uns die Einsicht von seinem Erlösungsplan. Es ist eine riesige Gnade, dass wir Gottes Weg zu unserem Heil erkennen dürfen! (Röm. 11,33). Es ist eine unermessliche Gnade, wer an Gottes Güte und Liebe glauben kann.

Vers 9: „Er hielt sein Geheimnis vor allen verborgen; niemand erfuhr etwas von seinem Plan, den er durch Christus ausführen wollte. Uns aber hat er bekannt gemacht, …“
Warum blieb dieses wunderbare Geheimnis des Erlösungsplans Gottes allen Menschen und allen Engeln verborgen? Satan hätte vielleicht verhindern können, dass Jesus am Kreuz starb. Gott beweist seine Überlegenheit gerade darin, dass er ein Geheimnis für sich behalten kann. Der allmächtige Gott macht keine Fehler, denn er ist vollkommen!

Erst nach dem Tod und der Auferstehung Christi hat Gott seinen Plan durch die Apostel und Propheten der ganzen Menschheit kundgetan (Eph. 3,5): 1. Korinther 2,6-10 (Mt. 13,11).

Vers 10: „… wie er nach seiner Absicht die Zeiten zur Erfüllung bringt: Alles im Himmel und auf der Erde wollte er zur Einheit zusammenführen unter Christus als dem Haupt.“
Was wird in der Bibel als „die Zeit der Erfüllung“ bezeichnet? Gal. 4,4; Mk. 1,15; Apg. 2,16-17; 1. Pet. 1,20 (Ende der Zeiten). Gottes Wege sind nicht unsere Wege! Seine Pläne gehen oft seltsame Wege (Jes. 55,8). Doch der Herr führt seine Pläne alle aus bis zum Ende.

Was war das Ziel seines ganzen Erlösungsplans? Es war die Gemeinde, die von Christus als dem Haupt regiert wird. Sein Ziel war es, Menschen zur Einheit zu führen unter Christus (V. 22!).

Vers 11: „Durch Christus haben wir Anteil bekommen am künftigen Heil. Dazu hat Gott uns von Anfang an bestimmt nach seinem Plan und Willen - er, der alle Dinge bewirkt.“
Wir leben in einer Welt von vielen Versprechungen. Wenn Gott etwas verspricht, dann wird niemand enttäuscht: Jes. 49,23b. Versprechungen an Abraham (ca. 2000 v. Chr.): Ziehe hinweg in das verheissene Land, das ich dir geben werde (Gn. 12,1; 17,8). Ich will dich so zahlreich machen wie die Sterne am Himmel (Sara war damals alt und unfruchtbar: Gn. 15,4-5). Erfüllungen Gottes an Abraham (ca. 1500 v. Chr.): Sara wurde schwanger und gebar Isaak (Gn. 21,1). Das grosse Volk Israel erwarb das verheissene Land durch Mose und Josua (Dt. 34,4; Jos. 1,2-4.13; 11,15; 21,43-45).

Gott hält seine Versprechungen: Seine Worte werden nicht vergehen (Mt. 24,35). Gott ist treu: Heb. 10,23. Wir dürfen Gott vertrauen, weil er auch fähig ist, seine Versprechen einzuhalten: Röm. 4,21.

Welche Verheissungen stehen also noch aus? Das Ende der Welt: Mt. 28,18-20. Die Wiederkunft Christi: Mt. 26,64. Ewiges Leben im Himmel bei Gott: 1. Thess. 4,15-18.

Vers 12: „Denn ein Lobpreis seiner Herrlichkeit sollen wir sein - wir alle, die wir durch Christus von Hoffnung erfüllt sind!“
Jeder, der fest an Gottes Versprechungen glaubt, wird zum Lobpreis seiner Herrlichkeit. Unsere Erlösung bringt Gott Lob und Ehre. Weil es uns mit Hoffnung und Freude erfüllt und wir Gott schon jetzt dafür danken. Weil Gott durch die Erfüllung seiner Versprechungen vor allen Lebewesen als Sieger und treuer Herrscher dasteht.

Vers 13: „Durch Christus hat Gott auch euch sein Siegel aufgedrückt: Er hat euch den Heiligen Geist gegeben, den er den Seinen versprochen hatte - nachdem ihr zuvor das Wort der Wahrheit gehört hattet, die Gute Nachricht, die euch die Rettung bringt, und ihr zum Glauben gekommen seid.“
Was hat Gott uns hinterlegt als Beweis, dass wir seine Kinder und Erben des Reiches sein dürfen? Der Heilige Geist ist das Siegel unserer Gotteskindschaft: Eph. 4,30. Der Heilige Geist ist die Anzahlung, die uns bei der Wiederkunft vollen Zugang ins Reich gewährt: 2. Korinther 1,21-22.

Der Heilige Geist macht uns zu Nachkommen Abrahams in Christus Jesus: Galater 3,14.26-29. Weil der Empfang des Heiligen Geistes so fundamental wichtig ist für unsere Rettung, ist die biblische Bekehrung von grösster Bedeutung.

Wie werden wir gezeugt?
Durch den Samen = Wort Gottes: 1. Pet. 1,23.

Wie werden wir wiedergeboren?
Durch das Wort der Wahrheit: Jak. 1,18. Dieses Wort der Wahrheit ist nichts abstraktes, das uns retten kann!

Was ist das Wort der Wahrheit?
Das Evangelium: 1. Kor. 15,1-2.

Was gebietet uns das Evangelium?
Die Glaubenstaufe: Apg. 2,38. In der Taufe empfangen wir den Heiligen Geist - das Siegel der Gotteskindschaft, mit dem wir gekennzeichnet werden.

Wie wurde Abrahams Bund besiegelt?
Durch die Beschneidung: Röm. 4,11. Die Taufe ist die Beschneidung Christi, die nicht am Fleisch mit Händen geschieht. Sie ist eine geistige Beschneidung: Kol. 2,11-12 (Röm. 2,28-29). Sie ist eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen: 1. Pet. 3,21. Sie ist heilsnotwendig, weil wir durch sie besiegelt werden!

Vers 14: „Dieser Geist ist das Angeld dafür, dass wir auch alles andere erhalten, alles, was Gott uns versprochen hat. Gott will uns die Erlösung schenken, das endgültige, volle Heil - und das alles wird geschehen zum Lobpreis seiner Herrlichkeit.“

Was ist für uns die Bestätigung, der Beleg, dass Gott uns das volle Heil versprochen oder zugesprochen hat?
Der Geist, den wir als Angeld (Anzahlung, Eintrittsbillet) erhalten haben: 2. Korinther 5,5. Ohne das Angeld (= Siegel) gibt es kein Zutritt ins Himmelreich! (Joh. 3,5). Dieses Angeld gilt es auf gar keinen Fall zu verlieren! Dieses Angeld macht uns - zum auserwählten Geschlecht, zur königlichen Priesterschaft, zum heiligen Volk Gottes: 1. Pet. 2,9-10, zu adoptierten Kindern Gottes: Röm. 8,23 (8,15-17; Gal. 4,6). Wie kann das Angeld verloren werden? Der Geist kann betrübt werden: Epheser 4,30-32. Man kann im Glauben Schiffbruch erleiden (1. Tim. 1,18-20). Man kann vom Glauben abfallen (Heb. 6,4-10). Man kann sündigen und die Busse verweigern (1. Joh. 1,8-10).

Wenn wir am Ziel dieses versprochenen Heils angekommen sind, dann wird Gott dafür gelobt und geehrt - für seinen wunderbaren Heilsplan, den er sich ausgedacht hat für uns und weil er alles eingehalten hat, was er uns versprochen hat.

 

 III. Kapitel 1,15-23: Das Haupt der Gemeinde

Verse 15-16: „Weil das so ist und weil ich von eurem Glauben und eurer Liebe gehört habe - dem Glauben, der durch Jesus, den Herrn, in euch lebt, und der Liebe zu allen Christen -, darum danke ich Gott unermüdlich für euch, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke.“
In diesen Versen erfahren wir etwas über die Gemeinde in Ephesus. Welche Merkmale trägt die Gemeinde? Es sind die Merkmale des Glaubens und der Liebe. Erinnern uns diese Begriffe an etwas? (Gemeinde in Thessalonich 1,3 und Kol. 1,4).

Stellen wir uns Paulus vor, um ca. 60-62 n. Chr., gefangen in Rom: Seit ca. 4 Jahren hatte er die Geschwister in Ephesus nicht gesehen. Auf seiner zweiten Missionsreise (49-52) lernte er sie zum ersten Mal kennen: Apg. 18,19. Auf der dritten Missionsreise (52-57) kam Paulus nach Ephesus zurück und blieb ca. drei Jahre (20,31) dort: Apg. 19,8-10. Weil Paulus aus Ephesus vertrieben wurde, hielt er (ca. 56/57) auf seiner Rückreise in Milet und liess die Ältesten zu sich rufen (Apg. 19,17-38). Ein Bruder, der in Ephesus war, kam nach Rom und erzählte ihm viel Gutes über die Gemeinde. Paulus freut sich sehr über diese Nachricht. Er dankt Gott in seinen Gebeten für den Glauben und der Lieber der Geschwister in Ephesus.

Was ist hier mit Glaube gemeint? Glaube an den Herrn Jesus Christus (Apg. 16,31). Der Glaube ist unser Schild, mit dem wir die feurigen Pfeile des Bösen abwehren (Eph. 6,16). Glaube ohne Werke ist tot (Jak. 2,26). Glaube bedeutet Treue zum Wort und zur Gemeinde (1. Tim. 3,15). Glaube bedeutet auch Ausdauer im Kampf gegen das Böse (Offb. 2,2-3).

Was ist hier mit Liebe gemeint? Die Liebe zu den übrigen Geschwistern (Offb. 2,4). Die Christen in der damaligen Welt hatten ähnliche Probleme wie wir in der heutigen Zeit. Sie mussten lernen teamfähig - gemeinschaftsfähig - zu werden. Es ist nicht schlecht geredet, wenn wir behaupten, dass die meisten Menschen heute, die in die Gemeinde kommen oft nicht viel Ahnung haben vom Umgang und Verhalten in einer Gruppe. In unserer Zeit bedeutet Abhängigkeit Schwäche zeigen. Rechenschaft ablegen bedeutet versklavte Unterdrückung. Unterordnung bedeutet Diktatur usw. Die Vorstellung, sich selbst aufzugeben für den Vorteil der ganzen Gruppe, ist für die meisten heute fremd. Deshalb betont Paulus in seinen Briefen immer wieder das Zusammengehörigkeitsgefühl: gegeneinander (Rom: Röm. 12,10.16; 15,7), füreinander (Korinth: 1. Kor. 12,25; Jak. 5,16), einander (Thessalonich: 1. Thess. 4,9.18; 5,11.15), einander (Epheser: Eph. 4,2.32; 5,21; Gal. 6,2).

Vers 17: „Und ich bitte den Gott unseres Herrn Jesus Christus, den Vater, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört, euch durch seinen Geist Weisheit und Einblick zu geben, sodass ihr ihn und seine Heilsabsicht erkennen könnt.“

Zürcherübersetzung: „Gott gebe euch den Geist der Weisheit (σοφία) und der Offenbarung ...“ (ἀποκάλυψις)?

Wer empfängt den Geist der Weisheit und der Offenbarung?
Jeder, der nach Gott sucht und sich ihm nähern möchte (Mt. 7,7). Jeder, der sich für Gottes Wesen interessiert wird durch das Gebet und durch Meditationen diesem Geist näher kommen. Ein Weltmensch, der Gottes Geist widerstrebt, wird nie Gottes Weisheit und Offenbarung erfahren! Gottes Geist und Offenbarung wird uns durch sein Wort zuteil. Dieses Wort kann uns von andern Menschen übermittelt werden (Röm. 10,17). Sei es in Bezug auf die Lehre: Ps. 119,1 … Sei es in Bezug auf die christliche Ethik: Jak. 3,17-18. Dieses Wort kann uns auch im Selbststudium vieles vom Geist Gottes eröffnen (2. Tim. 3,16-17).

Die Apostel und Propheten erhielten im ersten Jahrhundert von Gott direkt inspirierte Weisheiten und Offenbarungen: Lk. 12,12; 21,15; Joh. 14,17.26. Auch Glieder in der Gemeinde wurden mit besonderen Gaben des Heiligen Geistes ausgestattet: 1. Kor. 12,8; 14,6. Sie alle empfingen nicht mehr Weisheiten und Offenbarungen, als die, die wir heute auch kennen. Wir sind also keineswegs im Nachteil, wenn wir diese Weisheiten und Offenbarungen heute nicht mehr direkt von Gott inspiriert empfangen. Die besonderen Weisheiten und Offenbarungen sollen dazu dienen, den Heilsplan Gottes zu begreifen (der uns heute allen wohlbekannt ist).

Gott freut sich, wenn er sieht, wie wir (wie Paulus) für andere Gläubige beten, damit sie die Herrlichkeit Gottes und seine Heilsabsicht erkennen dürfen: Kolosser 1,9; 2,3.

Vers 18: „Er öffne euch das innere Auge, damit ihr seht, welche Hoffnung er euch gegeben, zu welch grossartigem Ziel er euch berufen hat. Er lasse euch erkennen, wie reich er euch beschenken will und zu welcher Herrlichkeit er euch in der Gemeinschaft der heiligen Engel bestimmt hat.“
Paulus bittet Gott um Erleuchtung für die Epheser. Was ist mit den Augen des Herzens gemeint? = die Glaubensaugen. Wenn wir das kostbare Heil in Jesus Christus erkennen und fest daran glauben können. Wenn es uns, wie bei Paulus oder den Aposteln, wie Schuppen von den Augen fällt: Apg. 9,18; Lk. 24,45. Die Finsternis (=Hass) kann die Glaubensaugen auch blind machen: 1. Joh. 2,11; Mt. 13,13-16. Die Bibel spricht von Licht (Heil) und Dunkelheit (Unheil, Welt, Bosheit): Mt. 4,16; Lk. 2,32; Joh. 1,5.9; Eph. 5,8; 2. Kor. 4,4. Der Auftrag des Paulus war es, den Heiden die Augen zu öffnen für das Heil in Jesus Christus: Apg. 26,16-18 (Lydia, Apg. 16,14).

Drei fantastische Dinge sollen die Epheser mit den Augen ihres Herzens erkennen (alle drei können mit physischen Augen nicht gesehen werden!): Die Hoffnung (ἐλπίς) der Berufung Christi. Nur Christen können die Hoffnung sehen (Kol. 1,5; 1. Pet. 1,3b). Die Hoffnung wird aber auch eines Tages vergehen (1. Kor. 13,13). Der Reichtum der Herrlichkeit des Erbes (κληρονομία) Christi. Das Erbe Christi = das Reich Gottes. In der Übergangszeit, in der wir heute noch stehen, wird das Reich Gottes = die Gemeinde (ἐκκλησία) genannt (siehe Vers 22). Die überschwängliche Grösse seiner Macht (δύναμις) in Vers 19!

Verse 19-20: „Ihr sollt begreifen, wie überwältigend gross die Kraft ist, mit der er an uns, den Glaubenden, wirkt. Es ist dieselbe gewaltige Kraft, 20mit der er an Christus gewirkt hat, als er ihn vom Tod auferweckte und in der himmlischen Welt an seine rechte Seite setzte.“
Wie beweist Gott seine überwältigende Macht an uns Menschen? Indem er seinen Sohn von den Toten auferstehen liess (1. Kor. 15). Mit der Auferstehung beweist Gott seine unübertreffbare Macht über alles! Mit der Auferstehung beweist Gott, dass er sich durch nichts von seinen Plänen und Zielen abbringen lässt (Geburt Mose & Jesu).

Gottes Pan ist es, auch uns zu auferwecken und neues Leben zu schenken: Röm. 6,5-11.

Vers 21: „Dort thront jetzt Christus über allen unsichtbaren Mächten und Gewalten, über allem, was irgend Rang und Namen hat, in dieser Welt und auch in der kommenden.“
Jesus wurde auferweckt und thront jetzt zur Rechten Gottes (Apg. 2,32-35). Gott hat seinen Sohn erhöht: Phil. 2,9-10. Christus ist das Haupt jeder Gewalt und Macht: Kol. 2,11 (Mt. 28,18). Jesus wurde sogar über die Engel im Himmel gestellt: Heb. 1,4.

Die Augen der Gottlosen: Menschen, die in der Finsternis stehen, können dieses wunderbare Heil in Christus nicht erkennen, weil es nur mit den Augen des Herzens gesehen werden kann. Fleischliche Augen können nicht sehen, dass Jesus Christus auf dem Thron sitzt und über jede Macht und Gewalt herrscht.

Es geht nicht um eine weltliche Macht, die für alle sichtbar ist, sondern um die göttliche Macht, die mit ganz andern Mitteln demonstriert wird.

Vers 22: „Alles hat Gott ihm unterworfen, ihn aber, den Herrn über alles, gab er der Gemeinde zum Haupt.“
Der Plan Gottes endet in einem grossen Ziel: Die Königsherrschaft Christi. Noch ist es nicht für alle Menschen sichtbar, was in Christus bereits seinen Höhepunkt erreicht hat: 1. Kor. 15,23-27. Noch eine kurze Zeit und dann werden alle erfahren, was jetzt nur mit den Glaubensaugen gesehen werden kann. Wer auf Gottes Macht vertraut, der wird mit Christus siegen (1. Kor. 15,57).

Die Herrschaft Christi begann mit seiner Auferstehung. Christus ist nun das Haupt seiner Gemeinde. Um unter die Herrschaft Christi kommen zu können, braucht es die örtliche Gemeinde (sie ist der Aufzug ins oberste Stockwerk!). Die Gemeinde ist der Vorgeschmack vom himmlischen Reich. Das Ziel des Heilsplans Gottes für uns Menschen ist die Gemeinde!

Vers 23: „Die Gemeinde ist sein Leib: Er, der alles zur Vollendung führen wird, lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle.“
Durch die Gemeinde führt Christus uns zur himmlischen Vollendung. Christus ist das Haupt und wir sind die Glieder an selben Leib: 1. Kor. 12,12-31. Als Gemeinde bilden wir den Abglanz Christi und seiner Macht als König in seinem Reich.