Gnade-05: Gnade und Gerechtigkeit

Gottes Gnade

 

 Einleitung

Lukas 23,13-25 (Mt 27,15-26; Mk 15,6-15; Joh 18,38-40): Die Freilassung des Barabbas.
Barabbas war ein berüchtigter Gefangener, der für die römische Macht eine grosse Gefahr darstellte (Mt 27,16). Denn er war entschieden, gegen die Fremdherrschaft im Lande sein Leben einzusetzen und jeden Römer zu töten. Wenn es nach ihm ginge, dann hätte er die lästige römische Besatzung längst entmachtet und vertrieben. Er war den Behörden bekannt als Aufrührer des Volkes und als Mörder (Lk 23,19). Zudem war er von den Einwohnern der Stadt gefürchtet als Räuber (Joh 18,40). Gab es irgendeinen Grund einen solchen Menschen freizulassen und auf das Volk loszulassen? Nein!

Barabbas sass zu Recht im Gefängnis.
Gelangweilt schaute er aus dem Fenster und sah auf den Hügel, wo er in wenigen Stunden für seine bösen Taten gekreuzigt werden sollte. Er wusste, dass der Tod auf ihn wartete und dass es keinen Ausweg mehr gab. Mindestens, dachte er, er wüsste was mit ihm geschehen würde. Doch wir wissen es besser!

Wir wissen, dass sich seine Situation von einer Minute auf die andere völlig unerwartet zu seinen Gunsten veränderte. Aus der Bibel erfahren wir, was sich ungefähr hundert Meter von seinem Gefängnis abspielte. Im Vorhof der Burg Antonia versammelten sich die religiösen Führer Israels, um Jesus den Prozess zu machen. Vor ihnen stand der römische Statthalter Pilatus mit dem angeklagten Zimmermann aus Galiläa. Die Juden, mit ihren langen Gewändern und Bärten waren aufgebracht und voller Hass gegen Jesus. Sie wussten, dass ihre Zeit endlich gekommen war, um diesen angeblichen „Sohn Gottes“ zum Tode zu verurteilen. Deshalb liessen sie nicht mehr locker, denn diese einmalige Gelegenheit wollten sie sich nicht noch einmal entgehen lassen (Mt 26,4.16).

 

 I.   Pilatus wollte Jesus freilassen (Lk 23,13-19)

Er hatte keinen Grund, Jesus noch länger gefangen zu halten. Er konnte mit Jesus nichts anfangen. Jesus brachte ihm weder einen Nutzen, noch stellte er eine Gefahr dar. Für Pilatus brachte es keinen Vorteil, Jesus freizulassen.

Doch eines konnte er nicht verstehen: Warum sollte er Jesus töten lassen? Nachdem er Jesus verhört hatte, fand er nichts Falsches an ihm. Im Höchstfall hatte Jesus eine Lektion verdient, vielleicht durch einige Peitschenhiebe, aber keines Falls die Todesstrafe. Und so kam es, dass Pilatus vor dem Volk bekannte (Joh 18,38b): „Ich finde keine Schuld an ihm.“ Das ist doch eine erstaunliche Aussage, die Pilatus hier über Jesus macht. Hat das je ein Mensch über Dich sagen können? Pilatus war sich nicht bewusst, wie gewichtig seine Aussage war. Er war der Erste, der das bekannte, was Paulus und Johannes später in ihren Briefen bestätigten.

Paulus sagte (2 Kor 5,21): „Den, der von keiner Sünde wusste, hat er [Gott] für uns zur Sünde gemacht ...“

Johannes sagte (1 Joh 3,5): „... Sünde ist nicht in ihm [Jesus].“

Jesus hatte keine Sünde und deshalb konnte er auch das vollkommene Opfer für unsere Sünden sein (Hebr 7,26; 9,14). Es war keineswegs so, dass er nicht fähig gewesen wäre zu sündigen! Jesus hätte mit dem Teufel Brot essen können in der Wüste (Mt 4). Jesus hätte sich in Gethsemane gegen die Rangordnung mit dem himmlischen Vater auflehnen können (Mt 26,39). Jesus hätte sofort zwölf Legionen Engeln befehlen können, den Kampf aufzunehmen, als die mächtige Römertruppe ihn gefangen nehmen wollte (Mt 26,53). Ein einziger Engel hätte genügt, um Jesus zu helfen. Der Sohn des Menschen hätte sündigen können, denn er wurde von der Sünde versucht. Es heisst, er wurde Mensch wie wir und „in allem auf gleiche Weise versucht ...“ wie wir, doch, er blieb „ohne Sünde“ (Hebr 4,15).

Können wir uns vorstellen, dass ein Mensch ein Leben führen kann ohne Sünde? Salomo fordert uns heraus in seinen Sprüchen, indem er fragt (Spr 20,9): „Wer darf sagen: Ich habe mein Herz geläutert, ich bin rein geworden von meiner Sünde?“ Wer kann das von sich behaupten? Kein Mensch, denn wir „alle haben ja gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verspielt“ (Röm 3,23). Leider kann ich von mir niemals behaupten, ohne Sünde zu sein! Die Worte des Paulus spornen uns an, trotzdem das Beste zu geben (1 Kor 9,27b; NGÜ): „Denn ich möchte nicht anderen predigen und dann als einer dastehen, der sich selbst nicht an das hält, was er sagt.“

 

 II.   Gottes Gerechtigkeit

Der heutige Zeitgeist lehrt (Eph 2,1), dass wenn es einen Gott gibt, dann schaut er nicht so genau hin und nimmt es nicht wirklich Ernst mit unserer Sünde. Denn Gott ist wie ein alter und schwacher Mann. Gott ist zu gnädig und zu barmherzig, um uns das Böse anzurechnen. Gott hat übermenschliches Verständnis für unsere Schwachheiten. Wir Menschen sind seine Geschöpfe, die er alle unendlich liebt als seine Kinder. Er möchte doch nicht, dass jemand verloren geht (2 Petr 3,9). „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er den einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16).

Gott mag uns unsere Sünden nicht anrechnen. Er wird nicht kleinlich sein und unsere Sünden nicht aufschreiben. Denn es liegt ihm alles daran, dass wir gerettet werden. Das klingt doch positiv und gut, besonders an Beerdigungen, oder?

Aber stimmt es, dass unser Schöpfer über unsere Sünden hinwegsieht? Wir brauchen eine Schere, um solche Stellen wie die Folgende heraus-zuschneiden und aus unseren Gedanken zu verbannen.

Offenbarung 20,11-15: Das grosse Weltgericht.
Hier wird gesagt, dass Gott Bücher besitzt, in denen alle unsere Taten geschrieben stehen. Gott wird uns nicht bloss nach unserem Erkenntnis im Glauben richten, sondern nach unseren Taten! Menschen glauben heute nicht an einen gerechten Gott. Viele glauben nicht an einen Gott, der Ungerechtigkeiten sieht und sie gerecht richtet (Röm 1,18). Viele glauben nicht an einen Gott, der einen unveränderlichen Charakter besitzt (Röm 3,3-6). Viele Prediger, die ein gutes Ansehen geniessen wollen, machen sich beliebt, indem sie Gott nicht als gerechten Richter verkündigen, sondern als Gott der endlosen Gnade, der Liebe und Barmherzigkeit. Doch Gott ist gleichzeitig auch ein gerechter Gott, der kein Wohlgefallen an der Ungerechtigkeit findet.

Wenn wir einmal in uns gehen, dann können wir doch ganz klar unser Bedürfnis nach Gerechtigkeit erkennen. Wenn wir Menschen dieses Bedürfnis haben, wie viel mehr dann unser Gott, der uns geschaffen hat? Wie sollte denn der Herr, der vollkommen und heilig ist, kein Bedürfnis nach Gerechtigkeit haben? Oder was machen wir mit der Stelle aus Römer 14,12: „Es wird also jeder von uns für sich selbst Rechenschaft ablegen müssen vor Gott“? Oder in 2. Korinther 5,10 steht: „Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen, damit ein jeder empfange, was seinen Taten entspricht, die er zu Lebzeiten getan hat, seien sie gut oder böse“?

Wollen wir, dass Gott sich und seine Grundsätze über Bord wirft, indem er seine Gerechtigkeit herabsetzt? Wollen wir etwa, dass es im Himmel einmal so weiter geht, wie es hier auf Erden zu und her geht, mit Korruption und Kriegen, die grosses Leid verursachen? Möchten wir, dass im Himmel die Prinzipen weiterleben, wie z. Bsp.: „Geld regiert die Welt“? Möchten wir auch im himmlischen Reich, dass der Stärkere gewinnt? Sind diese irdischen Prinzipien nicht der Grund, weshalb wir in dieser Welt ein solches Kaos haben und so viel Leid, weil wir das Gute böse und das Böse gut nennen? (Jes 5,20).

 

 III. Gottes Plan

Der allmächtige Gott hat uns Menschen „das Geheimnis seines Willens“ kundgetan: Epheser 1,7-12. Unser himmlischer Vater hat einen genauen Plan. Er möchte uns erlösen von dieser vergänglichen, korrupten und elenden Welt, die nur Böses im Sinn hat und zerstörerisch ist! Unser Vater möchte uns in sein Himmelreich führen, wo es keine Sünde und nichts Böses mehr gibt. Das Reich Gottes besteht nicht aus irdischen Dingen, sondern aus Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist (Röm 14,17). Der Herr möchte uns gerecht machen durch das Blut Jesu Christi. Denn die Gerechtigkeit kann keine Gemeinschaft mit der Gesetzlosigkeit haben, ebenso wenig das Licht mit der Finsternis (2 Kor 6,14). Deshalb müssen Menschen gerecht werden, bevor sie mit Gott Gemeinschaft pflegen können.

Durch das Opfer Jesu am Kreuz wird Gottes Gerechtigkeit nicht herabgesetzt, sondern zufrieden gestellt oder erfüllt. Dazu musste jemand den Preis der Sünde bezahlen. Denn Gott hat nicht über die Sünden hinweggeschaut, sie unter den Teppich gekehrt und damit seine Gerechtigkeit in Frage gestellt. Der allmächtige Gott hat die Sünden der Menschen erkannt und für sie bezahlt durch den Tod seines geliebten Sohnes. Nur so konnte die Gerechtigkeit Gottes aufrecht erhalten bleiben. Nur so ist es möglich geworden, dass sündhafte Menschen gerecht werden und mit Gott wieder in Gemeinschaft treten können. Auf diesem Weg darf der verstossene Mensch wieder ins Paradies Gottes zurückkehren (Gen 3,23).

Das Bewusstsein unserer eigenen Sünden und Schwächen öffnet unseren Geist für Barabbas! Denn wie Barabbas, haben auch wir nichts anderes verdient, als die Todesstrafe. Wie Barabbas, sind auch wir des Aufruhrs und der Auflehnung gegen unseren König schuldig geworden. Auch wir haben viele Menschen verletzt und haben die Gebote des „himmlischen Kaisers“ missachtet.

Auch wir sassen in einer Gefängniszelle wie Barabbas: im Gefängnis unserer Schuld, im Gefängnis der Angst vor dem Tod, im Gefängnis des Hasses und des Zorns. Durch unsere Sünden haben wir uns selbst von Gott isoliert. Auch wir warteten darauf, die Schritte der Vollstrecker zu hören, die sich unserer Gefängniszelle nährten. Dann endlich war es soweit: Wir hörten die Schritte der Vollstrecker immer näher kommen. Als der Gefängniswärter die Zellentür öffnete, blieben unsere Blicke auf den Boden gerichtet, denn wir wussten genau, was nun passieren würde. Doch dann hörten wir eine Stimme etwas völlig unerwartetes zu uns sagen: „Du bist frei!“ „Jesus hat den Platz für Dich eingenommen.“ „Sie bestrafen Jesus an Deiner Stelle.“ Als wir aus dem Gefängnis entlassen wurden, sahen wir hinter uns die Mauern und vor uns die Morgensonne aufsteigen. Wir verstanden die Welt nicht mehr und stöhnten leise: „Unglaublich!“ Was ist passiert? (Römer 3,24-26).

Durch die Gnade Gottes werden wir freigesprochen! Gott in seiner grossen Gnade erklärt uns für nicht schuldig. Es ist Gottes Geschenk, dass Jesus Christus unsere Sünden auf sich nahm und uns damit befreite. Denn Gott sandte Jesus, um die Strafe für unsere Sünden hinweg zunehmen und Gottes Zorn gegen uns abzuwenden. Daran erkennen wir Gottes Gerechtigkeit! Wenn wir glauben, dass Jesus sein Blut für uns geopfert hat, damit wir leben, dann sind wir gerecht, wie ER gerecht ist.

Das alles war allein Gottes Wille und sein freier Entschluss. Unser Schöpfer sandte Jesus und löste durch ihn unseren Heilsplan aus. Gott kreierte diesen einzigartigen Plan für Dich und mich. Denn er sah, dass wir uns auflehnten gegen ihn. Statt sich beleidigt von uns zurück zu ziehen, nahm er sich unser an. In seiner Gerechtigkeit fand er einen Weg, um uns zu vergeben, ohne sein Wesen und seinen Charakter zu verleugnen. Tatsache ist, dass Gott seinen Plan vollendet hatte, bevor er die Welt erschuf. Er hat uns losgekauft mit dem kostbaren Blut eines Opferlammes, „an dem nicht der geringste Fehler oder Makel war - das Blut von Christus. Schon vor der Erschaffung der Welt war Christus als Opferlamm ausersehen, und jetzt, am Ende der Zeit, ist er euretwegen auf dieser Erde erschienen“ (1 Petr 1,19-20). Bevor es einen Sünder gab, gab es einen Erlöser. Bevor es eine Krankheit gab, gab es schon ein Medikament. Bevor es Barabbas gab, stand Gottes Heilsplan durch Jesus Christus bereits fest.

Was tat Jesus denn genau? Er befreite uns von unseren Sünden. Er kehrte sie nicht unter den Teppich. Er tat nicht so, als ob wir niemals gesündigt hätten. Nein! Er führte die Macht und Grausamkeit der tödlichen Sünde öffentlich zur Schau, indem er sie ans Kreuz heftete (Kol 2,14-15). Unsere Sünden wurden auf Jesus übertragen, sodass er die gerechte Strafe für die Sünden von uns Menschen empfing (2 Kor 5,21). Denn der gerechte Lohn der Sünde ist der Tod (Röm 6,23). Wie dem Jungstier am Jom Kippur die Sünden des Volkes übertragen wurden, so geschah es mit Jesus und den Sünden der ganzen Welt (Lev 16,21; Hebr 10,10; 13,12). Durch Jesus Christus werden Gläubige gerecht gemacht für Gott. Das ist Gottes Geschenk an uns, das es gilt dankbar anzunehmen (Röm 6,23). Auf diese Weise hat sich Gottes Plan in Jesus Christus erfüllt, denn wir sind gerecht gesprochen worden durch das Blut seines Sohnes (Röm 5,1). Weil Gott mit uns Gemeinschaft haben will, muss er uns zuerst gerecht machen, wie ER gerecht ist. Das geht nur dadurch, dass der Herr die Sünde gerecht bestraft durch das einzige und vollkommene Menschenopfer; Jesus Christus.

 

 IV. Die Begnadigung des Barabbas

Es bestand ein Brauch, dass der Statthalter jedes Jahr an diesem grossen Fest einen Gefangenen freiliess (Mt 27,15-26). Pilatus erkannte, dass die Juden Jesus aus Neid überlieferten. Deshalb nahm er den gefährlichsten Gefangenen, den er hatte und erhoffte sich dabei, dass das Volk sich für den unschuldigen Jesus entschied. Selbst die Frau des Pilatus erkannte, dass Jesus ein Gerechter war. Doch das manipulierte Volk schrie, dass Jesus gekreuzigt werden sollte. Dabei war das Volk so sehr überzeugt, dass sie bereit waren, Jesu Blut über sich und ihre Kinder ergehen zu lassen, wenn sie falsch handelten. Pilatus blieb schliesslich nichts anderes mehr übrig, als den Mörder Barabbas freizulassen und den gerechten Jesus der Kreuzigung auszuliefern.

Leider lesen wir nichts darüber, was in Barabbas vorging, als er mit der Tatsache konfrontiert wurde, begnadigt und frei zu sein. Eins steht fest: Barabbas wurde nicht von Pilatus begnadigt, sondern von Jesus! Vielleicht war er so arrogant und stolz, dass er sagte: „Ich brauche niemanden, der für mich sterben muss!“ Eine dumme, arrogante und stolze Haltung. Doch der Stolz ist niemals mehr fehl am Platz als dann, uns von dem Gnadengeschenk Gottes fernzuhalten. Vielleicht dachte er genau das Gegenteil, stellte sich in eine Ecke und sagte mit Scham erfüllt: „Ich bin nicht gut genug, dass jemand für mich sein Leben gibt!“ Damit hat er zwar Recht, denn niemand von uns Menschen ist dafür gut genug. Doch diese Haltung ist genauso dumm und falsch. Gott will nicht, dass wir sein Gnadengeschenk ablehnen, weder durch unseren Stolz noch durch falsche Schamgefühle. Gott will uns mit seiner Gnade stark machen und zum Guten motivieren. Gott will, dass wir ihn dankbar loben und preisen und unser Leben in seinen Dienst stellen.

 

 Schlussfolgerungen

Wir wissen nicht was aus Barabbas wurde, weil die Bibel uns nichts weiteres über ihn berichtet.

Lasst uns den Barabbas sein -

der aufsteht und sein neu geschenktes Leben mit neuen Vorsätzen in die Hand nimmt,

der am Morgen das Gefängnis verlässt mit grosser Dankbarkeit und Freude für das, was Jesus für ihn getan hat,

der in der Stadt Jesus begegnet auf dem Weg nach Golgatha,

der den blutigen Fussspuren Jesu folgt bis zum Hügel, wo er gekreuzigt wird,

der unter dem Kreuz steht und allen Menschen, die vorübergehen zuruft, dass dieser Gekreuzigte sein Leben hingab für alle Sünder, damit sie erlöst und gerettet werden.

Lasst uns den Herrn anbeten und IHM ewig danken für seine Gnade durch das Opfer seines Sohnes Jesus am Kreuz!

Möge der Herr uns helfen, seine Gnade immer besser zu verstehen, zu empfangen und weiterzugeben mit unserem Leben!