Gnade-11: Wachsen in der Gnade

Gottes Gnade

11. Wachsen in der Gnade

 

 

 Einleitung

Hast Du auch schon Stimmen gehört? Ich meine damit Gedanken, die sich im Kopf abspielen. Die meisten können dem zustimmen. Es ist nicht immer einfach unsere Gedanken richtig einzuordnen, die sich durch unsere Erlebnisse und Erfahrungen in unseren Köpfen abspielen. Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass viele Gedanken, die wir wahrnehmen, uns oft nicht unterstützen. Sie sind vielmehr kritisch und verurteilend. Manchmal empfangen wir Stimmen von unseren Mitmenschen, von Mitarbeitern, Freunden, Eltern, ja sogar von unseren eigenen Kindern. Meistens hören wir aber unsere eigenen Stimmen und Gedanken. Dabei können wir mit uns selbst ganz stark ins Gericht gehen. Wie sollen wir mit unserer kritischen Haltung gegen uns selbst umgehen?

Vieles im christlichen Leben hat damit zu tun, wie wir unsere eigenen Gedanken steuern. Wir können sie in eine gute oder eine schlechte Richtung lenken. Wie gehen wir mit Schuldgedanken um?

In Johannes 8 lesen wir von der Ehebrecherin. Diese Frau musste mit ihrer Schuld irgendwie umgehen. Lesen wir dazu Johannes 8,1-11.

 

 I.   Verurteilende Stimmen

Können wir uns vorstellen, wie sich die Frau gefühlt haben musste, als die religiösen Führer sie verurteilte mit den Worten: „Steh auf, du Hure!“ „Schämst du dich nicht?!“ „Komm mit uns!“

Sie zerrten sie halb nackt aus dem Bett hinaus auf die Strasse Jerusalems. Im letzten Moment konnte sie gerade noch nach einem Tuch greifen, um sich wenigsten ein bisschen zu bedecken. Die Leute auf der Strasse wussten sofort was mit ihr los war, als sie die religiösen Führer mit ihr sagen. Sie schauten sie verächtlich an. Einige murmelten: „Das geschieht dir Recht, du Ehebrecherin.“ In der ganzen Stadt wurde sie von Menschen verurteilt, obschon sie noch gar nicht vor Gericht geführt wurde. Und, als ob das alles noch nicht genug war, sie wurde von den religiösen Führern mitten in eine Morgenbibelstunde zum Tempel geführt.

Im Tempelhof sass Jesus und lehrte. Er wurde von Menschen umgeben, die ihm gerne zuhörten. Respektlos wie die religiösen Führer waren, fielen sie mitten in die Bibelklasse hinein und unterbrachen die geistliche Stunde, indem sie die Frau in die Mitte stellten. Mit erhobenen Zeigefingern brachten sie ihre Anklage vor Jesus, der völlig überrascht und plötzlich herausgefordert war, das richtige zu sagen. Sie fragten Jesus (V. 4): „Meister, diese Frau ist beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt worden. Im Gesetz aber hat Mose uns vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Du nun, was sagst du dazu?“ Dabei hoben sie bereits Steine auf, um das Todesurteil zu vollstrecken. Doch Jesus blieb ruhig und überlegt. Für die Frau musste dies die schlimmste Situation ihres Lebens gewesen sein. Sie fühlte sich so beschämt und erniedrigt. Sie war sich bewusst, dass es keinen Ausweg mehr für sie gab. Sie konnte ihre Tat nicht verleugnen, denn sie war zu offensichtlich. Niemand stand ihr bei und niemand würde für sie das Wort ergreifen. Sie war einfach nur des Todes schuldig. Auch Weglaufen konnte sie nicht.

 

 II.   Die Reaktion Jesu

Wie reagierte Jesus in dieser Situation? In Vers 8 erfahren wir, dass Jesus sich bückte und auf die Erde schrieb. Entgegen unserer Erwartungen stand Jesus nicht mit zurückgedrückten Schultern auf, um mit Autorität zu reden. Nein, er bückte sich. Eine ungewöhnliche Haltung. Wir hätten eine andere Reaktion erwartet und fragen uns vielleicht, was Jesus damit bezwecken wollte.

Damals war es so üblich, dass Lehrer nicht stehend, sondern sitzend lehrten. Doch der sitzende Jesus bückte sich noch tiefer. Damit nahm er die tiefste Position von allen ein. Vielleicht denken wir, dass die Ehebrecherin die tiefste Position unter allen Anwesenden einnahm. Doch das ist nicht so, Jesus nahm die tiefste Position ein. Was hat das zu bedeuten?

Es bedeutet, dass sich Gottes Gnade beugt und erniedrigt. Gott erniedrigte sich so sehr, dass er sich als Baby in den Schoss einer jüdischen jungen Frau begab. Gott erniedrigte sich so sehr, dass er als Menschenkind in einer feindlichen Welt in Nazaret aufwuchs bis er dreissig Jahre alt war. Gott erniedrigte sich so sehr, dass er einen verwundeten Leprakranken anfasste. Gott erniedrigte sich so sehr, dass er sich sogar kreuzigen liess für uns. Gott ist ein Gott, der sich beugen und erniedrigen lässt für uns. Bis heute tut er das, um jedem von uns in seiner Welt zu begegnen.

Was in der Welt schrieb Jesus bloss in den Sand (V. 6b)? Die religiösen Leiter fragten ihn immer wieder und erwarteten von ihm eine Antwort (V. 7). Sie wollten Jesus auf die Probe stellen und dachten, dass sie damit gleich zwei Fliegen auf einen Klapps fangen könnten (V. 6). Doch Jesus schrieb ganz ruhig etwas in den Sand. Schliesslich antwortete er: „Ist gut, steinigt sie, aber ... wer unter euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie!“ (V. 7b). Diese Antwort hätte keiner erwartet. Was für eine unübertreffliche Antwort!

Angefangen mit der ältesten Person, liessen sie ihre Steine fallen und verliessen den Ort (V. 9). Dieses Detail, das uns Johannes hier gibt zeigt, dass je grauer die Haare sind, desto grösser ist auch das Verständnis für Sünden und Fehler. Denn je älter wir werden, desto mehr müssen wir zugeben, dass wir nicht wirklich gute Gründe haben Steine auf andere zu werfen. Wir kennen uns selbst gut genug um zu wissen, dass wir selbst die Steine verdient hätten. Das zeigt, dass die religiösen Leiter der damaligen Zeit trotz ihrer Falschheit doch noch ein sensibles und ehrliches Gewissen besassen. Nicht viele Zeitgenossen würden so reagieren, obschon sie genauso schuldig sind. Kurz danach sah Jesus auf, schaute die Frau an und sagte zu ihr (V. 10): „Frau, wo sind sie? Hat keiner dich verurteilt?“ Diese Frage gilt nicht nur dieser Frau, sondern sie hat mit uns zu tun.

 

 III. Unsere Ankläger

Wohin müsstest Du gehen, um Deinen Anklägern zu begegnen? Wo sind Deine Stimmen - die Deine Vergangenheit hervorholen, die Deine Fehler hervorheben und Dir vorenthalten?

Wo sind Deine Ankläger?

Vielleicht befinden sie sich an der Arbeitsstelle.

Vielleicht haben wir einen Vorgesetzten, der nur unsere Fehler hervorheben kann und die Stärken ausser Acht lässt.

Vielleicht finden wir aber unseren grössten Ankläger zu Hause bei unserem Ehepartner.

Vielleicht hören wir immer noch die Stimmen unserer Eltern gegen uns, obschon wir schon lange erwachsen geworden sind.

Vielleicht rächen sich unsere Kinder an uns für alles, was wir Eltern bei der Erziehung falsch gemacht haben mit ihnen.

Es gibt Eltern, die sind wie ein Touristenbüro, das spezialisiert ist für Schuldreisen. Eltern haben eine grosse Verantwortung, weil sie einen grossen Einfluss auf ihre Kinder haben. Was die Eltern uns Kindern einmal gesagt haben, vergessen wir nie wieder. Besonders Anklagen tragen wir lebenslänglich mit uns herum.

Manchmal kommen die Ankläger auch von Predigern, die mehr Betonung auf die Verurteilung legen als auf Gnade. Sie zeigen mit einem warnenden Finger auf uns und klagen an. Sie definieren uns über unsere Fehler, die wir gemacht haben.

Doch die Anklagen dieser Welt sind nichts im Verhältnis zu den Klagen, die wir in unseren Köpfen gegen uns selbst führen. Diese Stimmen treten immer wieder gegen uns auf und sagen: „Du bist blöd, kurzsichtig, dick, deine Situation ist hoffnungslos“ usw. Diese Stimmen sind sehr destruktiv und hindern unser Wachstum. Werden diese Stimmen je verstummen? Die Antwort liegt auf der Hand: „Nein, sie verstummen nicht von selbst!“ Denn Satan wird nicht schweigen, solange es Menschen auf dieser Erde gibt. Seine Aufgabe ist es uns durch Anklagen in unseren Herzen aufzuwühlen. Sein Ziel ist es uns zu entmutigen, schlechte Gefühle zu geben, schuldig zu sprechen und uns von Gott für immer zu trennen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese negativen Stimmen erkennen und auf Christus werfen, damit wir in der Gnade wachsen können (1 Petr 5,7-11).

In der Offenbarung 12,10c lesen wir: „Denn hinabgeworfen ist der Ankläger unserer Brüder und Schwestern, der sie Tag und Nacht verklagt hat vor unserem Gott.“ Satan ist unermüdlich, unnachgiebig und unbarmherzig. Täglich geht er uns nach und versucht uns niederzumachen oder gar unseren Glauben zu zerstören.

Der Apostel Johannes sagte (Offb 12,12b): „Wehe aber der Erde und dem Meer, denn der Teufel ist zu euch herabgekommen; er ist voller Zorn, weil er weiss, dass ihm wenig Zeit bleibt.“ Er weiss, dass ihm sein Ende bevorsteht und er weiss auch, dass er nur noch wenig Zeit hat. Er setzt seine Dämonen ein, die ihm dabei helfen, Stimmen gegen uns sprechen zu lassen. Dabei benutzt er auch unsere Nächsten gegen uns; unsere geistlichen Geschwister und Freunde. Das Hauptprodukt, mit dem er uns ernähren will, ist „Schuld“. Er wiederholt die Szene mit der Ehebrecherin täglich auch mit uns, damit wir uns schuldig fühlen. Er klagt uns an und verurteilt uns, um das Wachstum in der Gnade zu hindern.

 

 IV. Wachsen in der Gnade

Der Grund, weshalb die Ehebrecherin in der Bibel aufgeschrieben wurde ist nicht, um zu zeigen was Jesus für sie tat, sondern was Jesus für Dich und mich getan hat und immer noch tut! Was tat er denn für die Frau? Er beugte sich. Er beugte sich tief genug, um in ihre Welt einzutauchen. Genau das tut er auch für uns! Er beugte sich tief genug, um uns freizusprechen und uns seine Gnade zu schenken. Er beugte sich tief genug, um unsere Sünden ans Kreuz zu heften. Er beugte sich tief genug, um für uns zu sterben und begraben zu werden.

Doch Jesus starb nicht nur für uns und wurde vom Tod festgehalten. Nein, Er auferstand am dritten Tag und wurde in den Himmel entrückt. Er sitzt jetzt auf dem höchsten Thron und spricht zu uns, indem er sagt: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh, und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Jesus spricht täglich zu uns, um uns zu ermutigen, wie er auch die Ehebrecherin ermutigte gutes zu tun. Er gibt uns keinen Freipass zur Sünde, sondern ER will, dass durch seine Gnade sich unser Leben zum Guten zu wendet. Er lässt uns immer wieder von neuen beginnen, weil er will, dass wir in seiner Gnade wachsen. Deshalb heisst es (2 Petr 3,18): „Wachst vielmehr in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus.“

 

 V.  Unser Fürsprecher

Jesus wusste ganz genau auf wen er sich einlässt mit uns, bevor wir geboren wurden. Er entschied sich für uns einzutreten, wie er für die Ehebrecherin eintritt. Unser Fürsprecher steht vor Gottes Thron. Wenn Satan uns anklagt und entmutigt, spricht Jesus für uns. Römer 8,34: „[Jesus] sitzt zur Rechten Gottes, er tritt für uns ein.“ Jesus tritt für uns ein als Fürsprecher für unsere Sünden (1 Joh 2,2).

„Auch haben wir nun einen grossen Priester über das Haus Gottes. Lasst uns also hinzutreten mit aufrichtigem Herzen in der Fülle des Glaubens das Herz gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser. Lasst uns festhalten am unverrückbarem Bekenntnis der Hoffnung, denn treu ist, der die Verheissung gab“ (Hebr 10,21-23). Wir sind durch die Taufe gereinigt worden, von allen unseren Sünden. Durch die Taufe haben wir das Blut Christi berührt, so dass unser Herz gereinigt wurde (Offb 7,14; 22,14; Tit 3,4-7; Hebr 10,22). Wir sind freigesprochen worden von allen Anklagen und jeder Verurteilung. Das gilt nicht nur für unsere vergangenen Sünden, sondern auch für die zukünftigen. Die Bibel nennt das Gnade. Hebräer 7,25: „Darum kann er auch für immer retten, die durch ihn zu Gott kommen, weil er ja allezeit lebt, um für sie einzutreten.“ Jesus bleibt unser Fürsprecher solange er lebt, das heisst für immer. Nur Jesus vermag uns zu retten!

Jesus schenkt uns eine neue Identität! Wenn wir unser Herz Jesus geben, dann schenkt er uns ein neues Herz. Das ist der Grund, weshalb es für uns keine Verurteilung mehr gibt. Das ist der Grund, weshalb niemand uns anklagen kann, denn Gott ist es ja, der uns gerecht spricht (Röm 8,33). Wenn Gott uns sieht, dann sieht er Jesus Christus! Er sieht das Herz Christi. Nicht, weil wir so viel Gutes taten, sondern wegen den Taten Christi. Nicht, weil wir uns irgendetwas vor Gott verdient hätten, sondern weil Gott uns liebt und zu uns spricht: „Komm zu mir, ich will Dich in meinem Reich!“ Um uns in sein Reich zu versetzen, schenkte er uns ein ganz neues Herz. Gott nahm unser altes und vergiftetes Herz mit Stolz und mit Schmerzen heraus und ersetzte es mit dem Herz Jesu Christi.

 

 Schlussfolgerungen

Niemand auf dieser Welt hat zu oft oder zu schlimm gesündigt, so dass ihm nicht mehr vergeben werden könnte. Gottes Gnade ist für alle Menschen da, egal was sie angestellt haben in ihrem Leben. Gottes Gnade ist ein Geschenk und verändert unser Leben zum Guten. Die beste Idee, die Gott jemals hatte war Gnade und sie ist grösser, als wir uns vorstellen können.

Wenn wir selbst als Christen Anklagen hören wie: „Deine Sünden sind zu viele oder zu gross für die Gnade, Gott hat sich von Dir abgewendet ...“ usw. Dann antworten wir (Röm 8,1): „Es gibt jetzt also keine Verurteilung für die, die in Christus Jesus sind.“ Denn Jesus hat uns freigesprochen mit denselben Worten, die er zur Frau sprach: „Geh hin und sündige nicht mehr!“ In der Taufe wurden wir durch das Blut Jesu von allen Sünden reingewaschen.

Es mag seine Zeit dauern, bis wir das verstanden haben und immer mehr auf die Stimme Jesu als auf die verurteilenden Stimmen hören. Doch seit unserer Taufe ist der positive Veränderungsprozess voll im Gange (Röm 6,1-14). Durch Gottes Gnade wurden wir gerecht gesprochen! Wer will uns verurteilen? (Röm 8,33). Menschen und Gedanken haben keine Macht mehr über uns, denn nur Jesus Christus hat die Vollmacht das letzte Wort zu sprechen (2 Kor 5,10).

Gottes Gnade verändert unser Leben zum Guten und lässt uns in seiner Gnade wachsen. Unser Herz wurde ersetzt durch das Herz Christi. Das heisst; der Freispruch macht aus uns bessere Menschen. Gottes Barmherzigkeit schenkt uns immer wieder einen neuen Anfang.

Unser neues Herz wächst immer mehr in der Gnade Gottes. Es hat unser Leben völlig verändert und unser Leben hat sich zum Guten gewendet. Wir sind Kinder Gottes und haben nichts zu befürchten (1 Joh 3,1). Wir brauchen uns vor den Menschen nicht zu rechtfertigen, denn Jesus ist unsere Rechtfertigung. „Denn ich bin mir dessen gewiss: ... [nichts] vermag uns zu scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,39b). Darum sind wir dem Herrn so dankbar und dienen IHM mit Freuden!