Jesus-08: Jesus und die Samariterin

Jesus, der Christus

 

 

 Einleitung

Johannes 4,1-42 (lesen): Jesus und die Samariterin am Brunnen.

 

 I.   Samarien (V. 1-6)

Als Johannes der Täufer in Betanien (nahe Jerusalem) taufte, wurde er von den Juden gefragt, wer er denn sei (1,19-28). Johannes bezeugte ihnen, dass er weder Elia noch der Christus sei. Er sei nur der Vorbote des prophezeiten Messias, wie Jesaja ankündigte (Jes 40,3). Später taufte Johannes in Änon bei Salim (3,23).

Doch die Jünger Jesu hatten einen grösseren Zulauf als Johannes. Dies erfuhren die Pharisäer und Jesus musste vorsichtig sein, dass er nicht zu früh gefangengenommen wurde. So verliess er Judäa und zog mit seinen Jüngern Richtung Norden (Galiläa), mitten durch Samarien. Er hätte auch, wie die meisten Juden, östlich des Jordans durch Peräa wandern können. Doch er zog es vor, durch die heidnische Stadt Samarien zu reisen. So war es nur eine drei Tages Reise. Andernfalls hätte es mindestens das Doppelte an Zeit gekostet. Weshalb Jesus diesen Weg wählte wissen wir nicht. Es könnte mit den Pharisäern zu tun haben (Mt 10,23). Hinzu kam, dass er in Samarien eine ganz besondere Begegnung vor sich hatte.

Jesus kam in eine Ortschaft namens Sychar. Die Jünger besorgten etwas zu essen (Fastfood wie bei MacDonalds). Jesus ging müde zum berühmten Jakobsbrunnen wo er sich setzte. Es war etwa um die Mittagszeit.

 

 II.   Die Samariterin (V. 7-26)

Da kommt eine Frau zum Brunnen um Wasser zu schöpfen. Allein diese Tatsache offenbart einiges. Um die Mittagszeit gingen Frauen normalerweise nicht zum Brunnen. Es war einerseits zu heiss und die Zeit, in der das Essen zubereitet wurde. Zudem ging man auch zum Brunnen um soziale Kontakte zu pflegen und Neuigkeiten auszutauschen (damals gab es noch keine Zeitung).

Die Frau wanderte mit ihrem Wasserkrug etwa einen Kilometer weit. Ausgrabungen ergaben, dass es vor den Toren Sychars einen alten Brunnen gab. Schon Jakob und seine Herden haben aus diesem Brunnen Wasser getrunken (Gen 33,18-19; 48,22). An diesem Ort fand Jakob später auch seine letzte Ruhestätte (Jos 24,32). Mit Recht darf angenommen werden, dass sie zu den Ausgestossenen zählte. Denn sie wählte bewusst die heisse Mittagszeit, um Wasser zu schöpfen. Bestimmt wollte sie die tötenden Blicke und das Gerede der Frauen hinten durch nicht mitbekommen.

Ohne Hintergedanken spricht Jesus die Frau an und bittet sie um Wasser. Ohne Schöpfgerät war es unmöglich an das Wasser des tiefen Sickerbrunnens heranzukommen. Die Samariterin ist erstaunt, dass ein Jude sie anspricht.

Juden und Samariter hassten einander und redeten kaum miteinander. Das geht zurück bis zur Reichsspaltung über 900 Jahre v. Chr. durch Rehabeam (1 Kön 12). Die 10 Stämme im Norden die sich vom Volk Gottes lösten, liessen sich mit fremdländischen Frauen ein. Das hatte der Herr ausdrücklich verboten (Dtn 7,3; Esra 10). Als Strafe wurden sie schliesslich 722 v. Chr. in die assyrische Verbannung geführt (2 Kön 17,6). Die Kinder aus diesen Mischehen wurden Samariter. Damit zerstörten sie die reine jüdische Rasse samt ihrem Glauben und deshalb wurden sie von den treuen Juden gehasst (2 Kön 17,29). Ja, es war für die Juden eine Sünde, die nicht mehr vergeben werden konnte. Noch heute werden streng religiöse Juden einen Sohn oder eine Tochter für gestorben betrachten, wenn er oder sie ausserhalb ihres Volkes heiratet (auch Moslems!).

Auch die Tatsache, dass ein Rabbi in der Öffentlichkeit eine Frau ansprach, war unangebracht und schadete seinem Ansehen. Besonders diese berüchtigte Frau, die Jesus ansprach, die in der Bevölkerung als halbe Hure galt. Kein anständiger Mann, geschweige denn ein Rabbi, hätte sich in ihrer Gesellschaft sehen lassen und erst recht kein Wort mit ihr gewechselt. Und nun verlangte Jesus von ihr auch noch Wasser zu trinken. Es war revolutionär, skandalös, gegen die Bräuche und Sitten, was Jesus da machte.

Jesus behandelt alle Menschen mit dem gleichen Respekt und der gleichen Liebe. Ob es ein Pharisäer war, wie Nikodemus mit einem hohen moralischen Standard und Macht unter dem Volk. Oder ob es eine Samariterin war, die keinen hohen moralischen Standard besass und ein „Flittchen“ war. Jesus liebt alle Menschen und versucht alle Menschen zu retten (Lk 19,10). Keine Sünde ist zu gross, für die Jesus nicht sein Leben hingegeben hat! Er ist für alle Menschen am Kreuz gestorben (Joh 3,16): ob arm oder reich, ob männlich oder weiblich, ob gut oder böse.

Mit dieser Begegnung überwindet Jesus gleich mehrere zwischenmenschliche Hindernisse: rassistische geschlechtliche und sittliche Schranken.

Jesus leitet die Gedanken in eine geistliche Diskussion und sagt zur Frau mit andern Worten: „Bist du dir eigentlich bewusst wen du vor dir hast? Ich bitte dich nur um ein bisschen Trinkwasser, aber was ich dir anzubieten habe, ist lebendiges Wasser! Du hättest also allen Grund, mich um Wasser zu bitten.“

Jetzt verstand die Samariterin überhaupt nichts mehr. Jesus hatte kein Schöpfgefäss, aber wollte ihr nun Wasser zu trinken geben. Wollte er etwa behaupten, er habe besseres Wasser, als das aus dem Brunnen, den der alte Jakob ausgraben liess und seither Generationen von Menschen und Tieren davon lebten? Ja genau! Das wollte Jesus sagen, aber die Frau verstand ihn nicht, weil sie nicht geistlich denken konnte. Denn schon die Propheten haben von Gott als dem lebendigen Wasser gesprochen (Jes 49,10):

(Ps 36,10) „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht.“

(Ps 42,2-3): „Wie der Hirsch lechzt an versiegten Bächen, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, dem lebendigen Gott.“

Jeremia klagt mit Gottes Worten (Jer 2,13): „Denn eine doppelte Bosheit hat mein Volk begangen: Mich haben sie verlassen, die Quelle lebendigen Wassers, um sich dann Brunnen auszuhauen, rissige Brunnen, die das Wasser nicht halten“ (das sind Götzen). Jesus wollte ihre geistlichen Bedürfnisse nach Liebe und Beziehungen stillen, nach denen sie offensichtlich so sehr dürstete. Sie suchte leider am falschen Ort wie das die meisten Menschen tun.

Jesus fuhr fort mit den Worten (NGÜ): „Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr durstig sein …“ Dies ist wahr für alles in diesem Leben. Wir trinken und werden wieder durstig. Wir haben eine schöne Zeit, doch schnell ist sie vorbei und wir suchen erneut wieder das Vergnügen. Alles in diesem Leben verschwindet so schnell wie es gekommen ist. Doch die Frau verstand immer noch nicht. Sie bat Jesus, ihr von dem fliessenden Wasser zu geben, das ihren Durst für immer stillen würde. So müsse sie niemals mehr in der Hitze des Tages zum Brunnen kommen, um Grundwasser zu schöpfen.

Jesus sprach aber vom Wasser des ewigen Lebens. Er versuchte ihr zu verstehen zu geben, dass er der Messias ist, von dem die Propheten gesprochen haben. Er hat lebendiges Wasser, d.h. Leben im Überfluss anzubieten! Mindestens hatte er damit ihre Aufmerksamkeit gewonnen.

Deshalb macht Jesus einen weiteren Schritt auf ihr Leben zu, indem er sagt, sie solle ihren Mann herzurufen. Der Frau fehlte es nicht an Worten. Ohne zu zögern gab sie ehrlich zur Antwort, dass sie zur Zeit mit keinem Mann verheiratet sei. Jesus wusste das und bestätigt ihr das. Jetzt begriff sie, dass Jesus mehr war, als ein gewöhnlicher Jude. Wenn er wusste, wie viele Männer sie bereits gehabt hatte, dann war er ein Prophet, denn sie hatte diesen Mann vorher noch nie gesehen. Folglich konnte er ihr endlich ein paar lebenswichtige Fragen beantworten in Bezug auf ihren Glauben und auf ihre Weltanschauung.

Sie sagt (V. 20): „Unsere Vorfahren haben Gott auf diesem Berg hier angebetet. Ihr Juden dagegen sagt, der richtige Ort, um Gott anzubeten, sei Jerusalem.“ Was ist nun richtig? Beides kann doch nicht wahr sein! Damit erhält Jesus Zugriff zu ihrem Herzen. Mit dieser Frage hatte sie sich ihm geöffnet. Damit bewies sie, dass ihr der allmächtige Gott nicht egal war. Obschon sie eine untreue Ehefrau und Sünderin war, so enthüllte sie tief aus ihrem Herzen einen Durst nach Gott. Auch wenn der samaritanische Glaube im Schauen auf den Berg Garizim Leben versprach, so fand sie dort bloss Informationen und Pflichtübungen über einen unbekannten, fernen Gott. Ihr Glaube befriedigte sie nicht. Diese Frau war suchend und wollte für Gott leben. Doch der samaritanische Glaube bestand nur aus versteinerten Traditionen, mehr nicht. Die Samariter lebten nach den fünf Büchern Mose. Nachdem Nehemia ihnen nicht erlaubte mitzuhelfen beim Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem, bauten sie ihren eigenen Tempel auf dem Berg Garizim, das in der Nähe von Sychar liegt (Neh 4,1-3; 6,1-4). Dazu fingen sie an zu behaupten –

dass auf diesem Berg Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte (Gen 22 – auf Moria bei Jerusalem),

dass auf diesem Berg Abraham dem Melchisedek den Zehnten gab (Gen 14 – auch das war in Jerusalem),

dass auf diesem Berg der erste Opferaltar gebaut wurde, nachdem die Israeliten das verheissene Land eroberten (Dtn 27,4; Berg Ebal).

Um den Berg Garizim zu verherrlichen missbrauchten sie die Schriften und die Geschichte Israels. Auf diese Weise sind schon viele Religionen entstanden! Diese Frau wurde so erzogen, im Berg Garizim den heiligsten Ort der Welt zu sehen und Jerusalem zu verachten. Mit dem Eingeständnis ihrer fünf Ehen bekannte sie Jesus, dass sie eine Sünderin war. Wegen ihrer Sünden musste sie Opfer darbringen, um mit Gott wieder ins Reine zu kommen. Doch wo sollte sie opfern? Wohin sollte sie gehen? Wo findet sie Gott? Auf dem Berg Garizim oder im Tempel in Jerusalem?

Jesus gibt ihr unmissverständlich zu verstehen, dass das Heil der Welt von den Juden kommt (V. 22). Sie müsse nach Jerusalem gehen und nicht auf den Berg Garizim. Auf dem Berg Zion ist der Ort, an dem sie ihre Sünden bekennen und dem Herrn opfern soll. Dann fährt er fort und erklärt ihr, dass eine Zeit kommen werde, wo die Menschen an gar keinem besonderen Ort anbeten müssen, um mit dem allmächtigen Gott eine geistliche Beziehung zu pflegen. Denn der Herr ist überall wo die Menschen ihn anrufen und hört ihnen zu (Zef 2,11; Mal 1,11). Gott lässt sich nicht in Tempeln einsperren (Apg 17,24). Gott ist Geist und wer ihn anbeten will, der muss ihn im Geist und Wahrheit anbeten. Wer wahrhaftig anbetet, der findet Gott überall! Mit der alten Rivalität wird es also bald zu Ende sein.

Aus Jesu Worten geht hervor, dass es im Neuen Bund nicht mehr um Äusserlichkeiten sondern nur noch um den Geist und die Wahrheit geht. Die Frage stellt sich also: Wie will Gott angebetet werden? Wie erreichen wir mit unserem Geist den Geist Gottes? Was versteht der allmächtige Gott unter Wahrheit? Es geht nicht darum, dass wir Menschen Gott irgendwie anbeten, wie wir uns das vorstellen, sondern nach Gottes Wahrheit! Wenn unsere Anbetung nicht nach Gottes Geist und Wahrheit geschieht, dann sind alle Bemühungen umsonst! Der Ort spielt keine Rolle, aber die Art und Weise ist entscheidend! Viele Menschen beten an ohne zu wissen, was oder wen sie anbeten. Auch die Samariter taten das (V. 22). Doch die Juden haben den lebendigen Gott zum Vater der sie aus Ägypten herausgeführt und ins verheissene Land Kanaan geführt hat. Durch den Messias erklärt Gott seinem Volk den Heilsplan für die ganze Menschheit. Alle dürfen mit dem allmächtigen Gott eine Beziehung pflegen, durch den einzigen Sohn und Erlöser, Jesus Christus. Das ist es, was Jesus ihr versucht zu erklären.

Doch sie sagt: „Ich weiss, dass der Messias kommen wird …, er wird uns alle diese Dinge erklären“ (V. 25). Sie verstand immer noch nicht, dass der Gesalbte König direkt vor ihr stand und dabei war, ihr alles zu erklären. Immerhin hatte sich ihr Glaube in diesem Gespräch ziemlich entwickelt. Zuerst war Jesus für sie bloss „ein Jude“, der sie um Wasser bat (V. 9). Dann sprach sie ihn an mit „Herr“, woher willst du mir lebendiges Wasser geben (V. 11). Dann erkannte sie, dass Jesus „ein Prophet“ war (V. 19). Und schliesslich war sie noch nicht ganz sicher, ob Jesus tatsächlich der „Christus“ sei (V. 29).

 

 III. Die Jünger (V. 27-42)

Nun kamen die Jünger mit den Einkäufen zurück und sahen, wie Jesus am Brunnen mit einer Frau redete. Sie waren zwar bestürzt, aber keiner traute sich Jesus oder die Frau zu fragen, weshalb sie miteinander redeten. Das ist leider eine typisch menschliche Verhaltensweise, die die Spannung nur noch vergrössert.

Die Frau liess den Wasserkrug stehen und eilte in die Stadt. Während Jesus vermutlich immer noch auf dem Trockenen sass. Sie wollte ihr ungewöhnliches Erlebnis den Leuten in Sychar mitteilen. Niemand musste ihr erklären, was Evangelisation ist. Sie war ganz einfach getrieben ihre Entdeckung mit anderen zu teilen. Dieses Verlangen liess sie das Gefühl für ihre Schande vergessen. Vielleicht gab ihr die Tatsache, dass ein Heiliger mit ihr sprach bei ihren Volksgenossen neues Ansehen. So konnte sie einige Leute aus der Stadt mobilisieren, mit ihr an den Brunnen zu kommen wo Jesus sich aufhielt.

Die Jünger drängten Jesus etwas zu essen. Doch Jesus war noch ganz mit der Aufgabe beschäftigt, der Frau und den Menschen in Sychar das Reich Gottes näher zu bringen. Deshalb antwortete er ihnen (V. 34): „Meine Nahrung ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat.“ Haben wir das nicht auch schon erlebt, als wir einer Sache ganz hingegeben waren? Wir können manchmal zu beschäftigt sein, um ans Essen zu denken. Einmal mehr verstanden die Jünger Jesus nicht. Sie gingen extra in die Stadt, um etwas zu Essen zu besorgen und nun wollte Jesus gar nicht essen. Weshalb nicht? Gab ihm vielleicht schon jemand zu Essen? Jesus hatte einen klaren Auftrag vom himmlischen Vater empfangen, den es zu vollenden gab:

Johannes 5,36: „Denn die Werke, die mir der Vater übergeben hat, damit ich sie vollende, eben die Werke, die ich tue, legen Zeugnis dafür ab, dass der Vater mich gesandt hat.“

Johannes 17,4: „Ich habe dich auf Erden verherrlicht, indem ich das Werk vollendet habe, das zu tun du mir aufgetragen hast.“

 

 Schlussfolgerungen

Jesus war der einzige Mensch auf Erden, der nie seinen eigenen Willen suchte. Er tat immer was Gott gefiel (Joh 5,30; 8,29). Gott gefiel es, die Menschen zu retten durch seinen Sohn (Joh. 6,38-39).

An Jesus Christus können wir lernen, was echte Hingabe für die Sache des Herrn bedeutet. Denn nur wer hungrig und durstig ist nach Gottes Gerechtigkeit, der wird gesättigt werden (Mt 5,6). Jesus sah, dass die Felder schon reif waren zur Ernte. Das meinte Jesus in Bezug auf den geistigen Zustand der Samariter. Sie waren Seelen, die bereit waren, gerettet zu werden. Es war also geistliche Erntezeit, in der besonders hart gearbeitet werden musste. Vielleicht sah Jesus sie schon von weitem kommen, mit ihren weissen Gewändern. Nach dem Tod Jesu setzte Philippus die Ernte fort, als er in Samarien das Evangelium verkündigte (Apg 8).

Lasst uns dürsten nach dem lebendigen Wasser, das uns reinigt und neue Lebenskraft schenkt! Lasst uns das Evangelium allen Menschen verkündigen, damit sie nicht uns glauben, sondern durch solche Berichte wie im Johannes 4 berührt werden in ihren Herzen und erkennen dass Jesus Christus der Retter der Welt ist!